In ihrem Fachgebiet kann eine Fachärztin / ein Facharzt für Physiologie eine vielseitige und spannende Tätigkeit erwarten. Allgemein ist die Definition der Physiologie die Lehre von Lebensvorgängen in allen Lebewesen und der Natur. Die Physiologie des Menschen umfasst somit die Lehre der Funktionen des gesunden menschlichen Körpers vom kleinsten Molekül bis zur Funktion des gesamten Organismus. Es gibt zahlreiche Spezialisierungsmöglichkeiten, daher kann man als Physiologe/-in in verschiedensten Einrichtungen und Branchen arbeiten.
In diesem Artikel geben wir einen Einblick in das Gebiet der Physiologie, in Untersuchungsmethoden, Werdegang und Gehaltsmöglichkeiten für Mediziner/innen dieser Facharztrichtung.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein/e Physiologe/-in?
Ein/e Facharzt/-ärztin für Physiologie beschäftigt sich mit den Abläufen des menschlichen Körpers. Dabei erforschen die Fachärzte/-innen zum Beispiel den Energiestoffwechsel, das Wachstum der Zellen oder die Fortpflanzung und versuchen diese Mechanismen zu verstehen. Die Physiologie gehört wie die Anatomie und Biochemie zu den vorklinischen Fächern und ist mit weniger als 100 berufstätigen Fachärzten/-innen ein sehr kleines Fach in der Medizin. Physiologen/-innen sind häufig in der Forschung und Lehre tätig. Sie können aber ebenso in ambulanten Diensten oder stationär in einer Klinik tätig sein oder in anderen Branchen und Bereichen arbeiten, zum Beispiel bei einer Behörde oder einem Pharmaunternehmen.
Was macht ein/e Physiologe/-in?
Als Facharzt/-ärztin für Physiologie hat man im Gegensatz zu vielen anderen Fachärzten/-innen typischerweise keinen Patientenkontakt. Physiologen/-innen beschäftigen sich mit biochemischen und biophysikalischen Funktionen im menschlichen Organismus. Dazu gehören zum Beispiel die Funktionen der Sinnesorgane, des Nervensystems oder der Muskulatur. Daher gibt es verschiedene Themengebiete der Physiologie, auf welche sich Fachärzte/-innen spezialisieren können. So geht es bei der Herz-Kreislauf-Physiologie um die Analyse der Durchblutung und des Stoffwechsels des Herzens. Weiterhin gibt es die Neurophysiologie, Pathophysiologie, Verdauungsphysiologie oder Sinnesphysiologie. Außerdem kann sich ein/e Physiologe/-in ebenfalls mit der Physiologie von tierischen und pflanzlichen Organismen, Pilzen und Mikroorganismen wie Einzellern, Bakterien oder Viren beschäftigen.
Neurophysiologie
Die Neurophysiologie befasst sich mit der Funktionsweise des Nervensystems. Dabei handelt es sich sowohl um ein Teilgebiet der Physiologie als auch der Tierphysiologie sowie um eine jüngere Disziplin der Neurowissenschaften. In diesem Fachgebiet geht es um spezielle zellphysiologische Grundlagen der Nervenerregung. Dabei wird untersucht, wie die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen vonstattengeht und wie einzelne Nervenzellen Informationen verarbeiten. Weiterhin messen Fachärzte/-innen die Leistungsaktivität des Gehirns. Das Teilgebiet kann außerdem weiterhin unterteilt werden in die Elektrophysiologie und Sinnesphysiologie.
Pathophysiologie
Die Pathologie ist die Lehre von krankhaften Veränderungen des Körpers. So befasst sich ein/e Facharzt/-ärztin für Physiologie in der Pathophysiologie mit der Frage wie der Körper unter krankhaften Veränderungen abweichend funktioniert und welche Funktionsmechanismen zu der krankhaften Veränderung führen. Dabei wird anerkannt, dass auch krankhafte Veränderungen noch eine gewisse physiologisch sinnvolle Normalfunktion haben können. Dies spielt insbesondere für die Diagnostik eine erhebliche Rolle, weil zwischen einem gesunden und kranken Körper nicht strikt unterschieden wird und es stattdessen als ein Kontinuum betrachtet wird.
Verdauungsphysiologie
Die Verdauungsphysiologie beschäftigt sich mit dem Vorgang der Verdauung von der Nahrungsaufnahme bis zur Ausscheidung der Nahrung. Dabei geht es in erster Linie um die Frage, wie die Nährstoffe aus der Nahrung zu einer Form abgebaut werden, die von den Körperzellen resorbiert werden kann. Die Fachrichtung umfasst die Grundvorgänge der Verdauung, wie den Schluckvorgang der Verdauung und Vorgänge der Nahrung im Magen und im Duodenum, die Sekretion des Pankreas und der Galle, sowie die Digestion der Nahrung im Dünndarm und Abläufe im Dickdarm. Neben den Funktionsweisens geht es außerdem auch um Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts.
Sinnesphysiologie
In diesem Teilgebiet untersucht ein/e Facharzt/-ärztin für Physiologie die Bedingungen der Wahrnehmung aus der Perspektive der Physiologie. Es geht damit um die Aufnahme von Reizen durch die Sinnesorgane einschließlich der Bildung neuronaler Signale und der Verarbeitung dieser Reize im Nervensystem. Dabei kann man neben den klassischen fünf Sinnen zwischen weiteren Sinnesmodalitäten unterscheiden. Die Sinnesphysiologie umfasst demnach das Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, das Gefühl der Lageänderung im Raum, das Gefühl für Stellung und Spannung einer Ruhehaltung, die Kraft und Geschwindigkeit einer Bewegung, das Fühlen von Berührung, Druck, Vibration, Wärme, Kälte und Schmerzen der Körperoberfläche.
Physiologie von pflanzlichen Organismen
Die Physiologie ist weiterhin ein Teil der Biologie, daher kann die Untersuchung von pflanzlichen Organismen ebenso zum Fachgebiet gehören. Im Fokus steht die Photosynthese, an die sich die Bildung anderer Substanzen anschließt. Dazu gehören zum Beispiel Glucose, Polysaccharide, Lipide, Proteine und Nukleinsäure. Physiologen/-innen untersuchen dabei die Wachstumsprozesse, die Differenzierung von Organen, Reaktionen auf Umweltreize, Stofftransporte und die Kommunikation zwischen Zellen, Geweben sowie Organen.
Physiologie von tierischen Organismen
Neben pflanzlichen Organismen kann sich ein/e Facharzt/-ärztin für Physiologie ebenfalls mit der Physiologie tierischer Organismen befassen. Dabei untersuchen sie, wie die unterschiedlichen Prozesse auf verschiedenen Hierarchieebenen zur Funktion des Gesamtsystems beitragen. Das Fachgebiet ist interdisziplinär ausgerichtet und betrachtet die Genetik, Molekularbiologie, Zellbiologie sowie Evolution und Ökologie. Somit kann man die Funktion und das Verhalten von Tieren in ihren Lebensräumen verstehen.
Physiologie – Untersuchungsmethoden
Der Berufsalltag als Fachärztin und Facharzt für Physiologie kann je nach Arbeitsort sehr unterschiedlich aussehen. Sie führen Versuche mit Labortieren, zum Beispiel genmanipulierten Mäusen, oder Studien mit Probanden/-innen durch. Dabei werden physikalische, chemische sowie molekularbiologische Methoden angewandt. Weiterhin verfassen sie Befunde und Gutachten, zum Beispiel für die Entwicklung von Medikamenten. Sie dokumentieren Versuchsabläufe, verfassen Forschungsbriefe, erstellen wissenschaftliche Modelle anhand der Forschungsergebnisse und publizieren diese. Zu den gängigen Untersuchungsmethoden als Facharzt/-ärztin für Physiologie gehören unter anderem das Elektrokardiogramm (EKG), der Fahrrad-Belastungstest, Messungen der Lungenfunktion und Pulswellengeschwindigkeit, Knochendichtenmessung sowie die indirekte Kalorimetrie.
Elektrokardiogramm (EKG)
Mithilfe eines Elektrodiagramms kann ein/e Facharzt/-ärztin für Physiologie die Impulse und Erregungen, welche am Herzen entstehen, direkt an der Körperoberfläche ohne einen invasiven Eingriff messen. Dabei werden Elektroden, die mit dem Messgerät verbunden sind, am Oberkörper angebracht. Dies gibt Aufschluss über die Herzfrequenz, den Herzrhythmus sowie die Lage des Herzens. Somit kann man mit einem EKG mögliche Herzrhythmusstörungen oder Störungen der Erregungsleitung feststellen.
Fahrrad-Belastungstest
Mit einem Fahrrad-Belastungstest, offiziell Spiroergometrie genannt, kann man die Leistungsfähigkeit von Herz und Lunge testen. Während die Patienten/-innen auf einem Fahrrad fahren, sind sie an das EKG angeschlossen und tragen darüber hinaus eine Atemmaske, welche an ein weiteres Messystem geschlossen ist. Somit lässt sich mit dem Belastungs-EKG neben der Herzfunktion auch die Atemfrequenz, das Atemvolumen sowie die Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe messen.
Messung der Lungenfunktion
Das Lungen und Atemvolumen kann man mithilfe der Lungenfunktionsprüfung gemessen und graphisch darstellen. Damit kann ein/e Facharzt/-ärztin für Physiologie feststellen, ob zum Beispiel eine Verengung der Bronchien vorliegt oder die Atemausdehnungen in der Lunge im Normalbereich liegt. Dafür atmet man in ein Mundstück eines Messgerätes, welches das Volumen bestimmt, indem es die Kraft beim Ein- und Ausatmen sowie die Menge der ausgeatmeten Luft in dem bestimmten Zeitrahmen misst.
Messung der Pulswellengeschwindigkeit
Mithilfe der Pulswellengeschwindigkeit können Physiologen/-innen die Gefäßelastizität bestimmen. Diese verändert sich mit zunehmendem Alter und mit steigendem Grad einer Arterienverkalkung (Arteriosklerose). Eine Herzkreislauferkrankung kann dagegen zur Abnahme der Gefäßelastizität führen. Gemessen wird die Elastizität der Gefäße ähnlich wie bei einer Blutdruckmessung mithilfe einer Manschette. Diese legt man am Oberarm sowie am Knöchel an.
DXA (dual x-ray absorptiometry)
DXA ist ein Röntgenverfahren mit einer sehr geringen Strahlenbelastung. Diese ermöglicht es die Körperzusammensetzung und Knochendichte sehr genau zu bestimmen und weiterhin zu erkennen, wie viel Knochenmineralgehalt vorhanden ist. Bei der DXA-Untersuchung wird die Absorption der Röntgenstrahlen von zwei unterschiedlichen Wellenlängen analysiert. Somit kann ein/e Physiologe/-in zum Beispiel eine Osteoporose und ihre Symptome feststellen oder bei einer Ernährungsstudie den Fettgehalt und die Fettverteilung im Körper bestimmen.
Indirekte Kalorimetrie
Mit der indirekten Kalorimetrie wird der Grundumsatz, also die Energiemenge, welche der Körper in 24 Stunden im Ruhezustand für die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen benötigt, bestimmt. Da der Grundumsatz abhängig von Alter, Gewicht, Muskelmasse und Geschlecht variiert, kann dieser nur mit einer solchen Messung exakt bestimmt werden. Dies geschieht über die Sauerstoffaufnahme und CO2-Ausatmung. Dabei liegt die Person ungefähr 30 Minuten unter einer Haube, welche über den Oberkörper und den Kopf aufgelegt wird. Wichtig ist, dass die Messung in einem vollkommen entspannten Zustand unter gleichmäßiger Atmung durchgeführt wird.
Wie wird man Facharzt/-ärztin für Physiologie?
Um als Facharzt/-ärztin für Physiologie arbeiten zu können, benötigt man ein abgeschlossenes Medizinstudium, die Approbation und eine abgeschlossene Facharztausbildung. Die Facharztweiterbildung zum/-r Physiologen/-in läuft über eine Weiterbildungszeit von vier Jahren (48 Monate). Alles in allem muss man also mindestens 10 Jahre lernen. Davon können 12 Monate in anderen Facharztrichtungen absolviert werden. Während der Weiterbildung lernen angehende Physiologen/-innen die Vegetative Physiologie, Neurophysiologie, verschiedene Untersuchungstechniken sowie übergreifende Inhalte wie die Grundlagen der Physik, Biologie, Genetik, Immunologie und Anatomie kennen. Darüber hinaus werden Themen zu Forschung und Lehre der Physiologie behandelt. Am Ende steht die Facharztprüfung.
Was verdient ein/e Facharzt/-ärztin für Physiologie?
Die Vergütung als Physiologe/-in kann sich unterscheiden abhängig von der konkreten Arbeitsstätte und Branche, der Tarifbindung, dem Bundesland sowie der Berufserfahrung. So liegt das Facharzt-Gehalt in einer Einrichtung, die Ärzte/innen nach Tarif bezahlen, in der Regel ein besseres Gehalt als in Einrichtungen ohne Tarifbindung. In anderen Branchen, zum Beispiel der Pharmazie, kann die außertarifliche Vergütung deutlich höher ausfallen. Im Durchschnitt verdient ein/e Physiologe/-in 5.500 Euro bis 7.100 Euro brutto im Monat.
Häufige Fragen zu Physiologie
- Was ist ein/e Physiologe/-in?
- Wie wird man Facharzt/-ärztin für Physiologie?
- Was ist der Unterschied zwischen Physiologie und Anatomie?
- Wie viel verdient man als Physiologe/-in?
Ein/e Physiologe/-in ist ein/e Facharzt/-ärztin für Physiologie und beschäftigt sich mit den Funktionsmechanismen und Abläufen des menschlichen Körpers.
Um Facharzt/-ärztin für Physiologie werden zu können, muss man zunächst das Medizinstudium und anschließend die Facharztweiterbildung zum/-r Physiologe/-in abschließen. Nach erfolgreich absolvierter Facharztprüfung können die Fachärzte/-innen in dem Fachgebiet der Physiologie tätig werden.
In der Anatomie geht es um den Aufbau, also die Gestalt und Struktur, des Körpers und der Organe. Die Physiologie befasst sich mit den Lebensvorgängen im Organismus, also den physikalischen und biochemischen Abläufen.
Als Physiologe/-in verdient man im Durchschnitt zwischen 5.500 Euro und 7.100 Euro brutto im Monat. Die individuelle Vergütung kann jedoch abweichen.