Nach dem Examen ist alles vorbei? Nie wieder Prüfungen? Das ist nicht ganz richtig. Mindestens eine steht Medizinern auf ihrem Karriereweg noch bevor: Die Facharztprüfung. Mit der Facharztprüfung wird der Facharzttitel erlangt und somit erfolgt der finale Abschluss eines langen Bildungsweges über das Abitur, das Medizinstudium und die jahrelange Tätigkeit als Assistenzarzt bzw. Arzt in Weiterbildung.
Inhaltsverzeichnis
Alles wichtige zur Facharztprüfung im folgenden Informationsartikel.
Voraussetzungen für die Facharztprüfung
Wer sich zur Facharztprüfung anmelden will, muss zuvor eine Mindestausbildungszeit im Rahmen der Facharztausbildung absolviert haben. Wie lange und umfangreich sich eine Facharztausbildung gestaltet, ist in der Weiterbildungsordnung der jeweiligen Landesärztekammer festgelegt. Je nach Fachrichtung sind 4-6 Jahre Ausbildungsdauer Voraussetzung.
Die Ausbildungsdauer der wichtigsten Fachbereiche ist laut Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer wie folgt festgelegt:
- Allgemeinmedizin 60 Monate
- Anästhesiologie 60 Monate
- Chirurgie (Allgemeinchirurgie) 72 Monate
- Innere Medizin 60 Monate
- Neurologie 60 Monate
- Hals-Nasen-Ohrenheilkunde 60 Monate
- Radiologie 60 Monate
In der Weiterbildungsordnung sind die Inhalte und Dauern der Facharztausbildung festgelegt. Während der Ausbildungszeit muss der Assistenzarzt die Anforderungen der Weiterbildungsordnung erfüllen und auch in seinem Logbuch dokumentieren. Die Weiterbildungsordnung ist eine Art Anforderungskatalog und besteht aus verschiedenen, fachspezifischen Kenntnissen, Behandlungen, Untersuchungsmethoden und Eingriffen oder Operationen, die der Assistenzarzt während seiner Weiterbildungszeit selbstständig durchgeführt haben muss.
Insgesamt gibt es drei Voraussetzungen für die Anmeldung zur Facharztprüfung:
- Erfüllung der Mindestweiterbildungszeiten
- Erfüllung der Weiterbildungsinhalte
- Facharztzeugnis
Bescheinigung der Facharztreife – das Facharztzeugnis
Als dritte Voraussetzung muss der ausbildende Arzt dem Assistenzarzt die Facharztreife bescheinigen. In einem ausführlichen schriftlichen Facharztzeugnis muss zur Ausbildung Stellung genommen werden. Es werden die erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse beschrieben, es wird beurteilt, ob die Weiterbildungsziele erreicht wurden und insbesondere, ob der Kandidat sich fachlich und persönlich zum Facharzt eignet.
Laut Hausärzteverband sind insbesondere folgende Inhalte im Zeugnis über die Facharztreife zu berücksichtigen (Quelle: hausaerzteverband.de)
- Grund für die Ausstellung des Zeugnisses
- Name und Geburtstag des auszubildenden Arztes
- Zeitraum der Facharztausbildung inklusive der wöchentlichen Arbeitszeit (Vollzeit/Teilzeit)
- Fehlzeiten sollten erwähnt werden, inklusive wenn diese bedeutend sind
- Beschreibung der Praxis oder des Klinikums, in dem die Weiterbildung absolviert wurde
- Darstellung der erworbenen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten
- die Inhalte der Weiterbildungsordnung sollten aufgeführt werden
- besondere Fähigkeiten und erworbene Kenntnisse sollten erwähnt werden.
Wichtig ist insgesamt, dass aus dem Facharztzeugnis hervorgeht, dass der Arzt sein Gebiet beherrscht und die Facharztreife aus Sicht des Ausbilders erreicht wurde.
Anmeldung zur Facharztprüfung
Mindestens zwei Monate vor der Prüfung muss sich der angehende Facharzt bei der Landesärztekammer zur Prüfung anmelden.
Zur Anmeldung notwendig sind folgende Dokumente:
- Anmeldeformular (kann in der Regel online abgerufen werden)
- Arbeitszeugnisse aller durchlaufenen Ausbildungsstätten (inklusive der dort abgeleisteten Untersuchungszahlen)
- Logbuch der Landesärztekammer (in dem jährlich die Untersuchungszahlen sowie die Gespräche mit dem für die Weiterbildung verantwortlichen Arzt dokumentiert werden)
Zudem sollte geprüft werden, ob die jeweilige Landesärztekammer weitere Dokumente verlangt. Hierzu können folgende gehören:
- Approbationsurkunde / Promotionsurkunde
- Lebenslauf
- Arbeitsvertrag
- Liste der Vorträge und Publikationen
Die Einladung zur Prüfung erfolgt abschließend mindestens 14 Tage vor Prüfungstermin.
Ablauf, Dauer und Inhalte der Facharztprüfung
In der Einladung zum Prüfungstermin werden Datum der Prüfung, Prüfungsort und Uhrzeit der Prüfung mitgeteilt. Bei der Anreise für den Termin sollten entsprechend Verkehrsverhältnisse und Parkmöglichkeiten bei Anreise mit dem PKW rund um den Prüfungsort berücksichtigt werden, um zu diesem wichtigen Termin nicht zu spät zu erscheinen. Daneben muss für die Prüfung ein Identitätsnachweis erfolgen, also bitte Personalausweis nicht vergessen.
Je nach Bundesland können dem angehenden Facharzt die Namen der Prüfer mitgeteilt werden. Das Prüfungskomitee (auch Prüfungskommission genannt) besteht in der Regel aus einem Prüfungsvorsitzenden und 3 Prüfern, die Fachärzte des zu prüfenden Faches sind. Die Auswahl der Prüfer erfolgt zufällig, konkrete Prüfer können nicht gewählt werden, jedoch kann bei Besorgnis auf Befangenheit ein Prüfer abgelehnt werden. Bei nicht Bestehen der Prüfung und dem Stattfinden einer Wiederholungsprüfung wird gewährleistet, dass abweichende Prüfer eingesetzt werden.
Die Facharztprüfung selbst ist eine nicht-öffentliche, mündliche Prüfung, die etwa 30-45 Minuten dauert. Zunächst begrüßt dabei der Prüfungsvorsitzende den Prüfling und stellt die Prüfer sowie den vorgesehenen Ablauf der Prüfung vor.
Anschließend stellen die Prüfer entsprechend Ihre Fragen, die auf der Weiterbildungsordnung basieren und dem erworbenen Wissen sowie Kenntnissen und Fähigkeiten des Prüflings basieren. Geprüft wird der komplette Inhalt der Weiterbildung, dazu gehören auch Laboruntersuchungen und Teilradiologie, sofern dieser Bestandteil der Facharztweiterbildung laut Weiterbildungsordnung sind. Grundlagenwissen wie Pathogenese, Pathophysiologie und Anatomie und Kenntnisse der Fachliteratur, der Begutachtung, der Nachbehandlung und Rehabilitation werden außerdem vorausgesetzt. Im Rahmen der Beantwortung der Fragen ist wichtig, dass der Prüfling zeigt, dass er in Diagnostik und Therapie insbesondere auch von schwierigen Situationen in dem jeweiligen Fachgebiet vertraut ist. Um möglichst konkret zu werden, werden die Fragen häufig auch auf Basis von Befunden wie Röntgenbilder oder Labordaten gestellt. Neben historischen Fragestellungen sind auch aktuelle Entwicklungen im Fachgebiet bei den Fragen von Bedeutung.
Insgesamt geht es bei den Fragen darum den so genannten “Facharztstandard” festzustellen. Die Prüfung wird am Ende mit „bestanden“ oder „nicht bestanden“ bewertet. Noten werden nicht vergeben.
Ausführlichere Inhalte über Ablauf und Inhalte gibt es in einem Informationsdokument der Ärztekammer BW.
Tipps für die Facharztprüfung
Folgende hilfreiche Tipps sollten bei der Facharztprüfung berücksichtigt werden.
1. Auf den Prüfer eingehen
Manche Prüfer wollen lange und ausführliche Antworten hören, andere haben wenig Geduld und sind schnell genervt – dies kann man durch Aufmerksamkeit an der Körpersprache erkennen und bei seinen Antworten berücksichtigen.
2. Den Prüfern nie wiedersprechen
Es gilt der Grundsatz: die Prüfer haben immer Recht. Auch wenn die Prüfer falsch liegen sollten, am Ende haben sie doch Recht. Daher sollte man sich die Prüfer zum Freund machen und ihnen nicht widersprechen.
3. Mensch sein
Es ist in Ordnung nervös zu sein und die Nervosität auch zu zeigen. Es ist nicht schlimm, ungeschickt zu sein. Das bringt die Prüfer zum Schmunzeln und macht einen menschlich.
4. Gesprächig sein
Ausgeprägtes Schweigen sollte vermieden werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Prüfer zur nächsten Fragen übergehen. Lieber anfangen das Thema allgemein anzugehen und zu umschreiben, um gleichzeitig nachdenken zu können und dann konkreter zu werden. Wenn einem gar nichts einfällt Übergangssätze verwenden wie “Ich muss kurz nachdenken.”
5. Fragen stellen
Bei den Fragen der Prüfer wird häufig eine Diagnose als Antwort erwartet. Hier sollte man stets mit der Anamnese beginnen, um alle relevanten Informationen und Symptome zu erhalten und somit ein konkretes Krankheitsbild erstellen zu können.
6. Systematisch erläutern
Symptome, Ursachen und Diagnose sowie Behandlung sollten systematisch erläutert werden. Antworten sollten immer mit Logik und System aufgebaut werden: Befragung zu den Symptomen, Erläuterung von möglichen Ursachen und Diagnose, Beschreibung der Behandlungsmethoden.
Die Facharzturkunde
Nach bestandener Prüfung erhält der frisch gebackene Facharzt vom Prüfungsvorsitzenden seine Facharzturkunde, das sogenannte Facharztdiplom. Damit ist der Arzt nun berechtigt sich als Vertragsarzt der gesetzlichen Krankenkassen niederzulassen.
Sollte die Prüfung nicht bestanden werden, erhält der Prüfling eine schriftliche Begründung sowie eine Auflage, die bis zum Antrag auf Prüfungswiederholung zu erfüllen ist.
Und nun wünschen wir euch viel Erfolg bei der Facharztprüfung!
Die Facharztweiterbildung
Die Inhalte der Facharztausbildung sind in folgenden Informationsartikeln beschrieben:
Übersicht Facharztweiterbildung inkl. aller Fachrichtungen
Weiterbildung Facharzt Allgemeinmedizin
Weiterbildung Facharzt Intensivmedizin
Weiterbildung Facharzt Chirurgie