Der Facharzt für Neurologie wird umgangssprachlich in Deutschland auch oftmals als Nervenarzt bezeichnet. Doch wie genau kommt es zu dieser Bezeichnung des Nervenarztes? Und was macht ein Neurologe? Wofür genau ist er zuständig? Diese Fragen werden in folgendem Informationsartikel beantwortet.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Neurologe?
Ein Neurologe ist ein ausgebildeter Facharzt für Neurologie, welcher sich mit Erkrankungen des menschlichen Nervensystems sowie der Muskulatur beschäftigt. Zum menschlichen Nervensystem gehören beispielsweise Gehirn und Rückenmark.
Das Wort Neurologie stammt aus dem Griechischen und setzt sich aus den beiden Bestandteilen „Neuro“ und „logie“ zusammen. Der erste Teil des Wortes „Neuro“ stammt von dem altgriechischen Wort „Neuron“ ab, welches auf Deutsch „Nerv“ bedeutet. Der zweite Teil „logie“ stammt von dem Wort „lógos“ ab, welches wiederum auf Deutsch „Lehre“ bedeutet und im Deutschen normalerweise die Wissenschaft eines bestimmten Fachgebietes bezeichnet. Beispiele sind die medizinischen Fachgebiete wie Radiologie, Dermatologie, Urologie, Gynäkologie oder auch die Neurologie.
Folglich ist das medizinische Fachgebiet der Neurologie übersetzt die Lehre der Nerven beziehungsweise die Lehre des Nervensystems. Somit ist klar, warum ein Neurologe auch als Nervenarzt bezeichnet wird.
Neurologie – Lehre des Nervensystems
Die Neurologie als Lehre des Nervensystems ist im neunzehnten Jahrhundert in Deutschland aus der inneren Medizin entsprungen.
Das Fachgebiet beschäftigt sich mit dabei mit folgenden Organsystemen:
- Zentrales Nervensystem (ZNS)
- Peripheres Nervensystem (PNS)
Das zentrale Nervensystem (ZNS) wird durch das Gehirn und das Rückenmark gebildet. Das periphere Nervensystem (PNS) setzt sich zusammen aus allen Nerven außerhalb des Hirns und des Rückenmarks, also allen Nerven außerhalb des zentralen Nervensystems. Hierzu zählen die 12 Hirnnerven, die 31 Spinalnerven und das enterische Nervensystem (ENS).
Was macht ein Neurologe?
Jeder Mensch weiß mit welchen Beschwerden man seinen Hausarzt aufsucht und was dieser tut, doch was macht ein Neurologe genau?
Der Neurologe untersucht und behandelt die Krankheiten wie Epilepsie, Schlaganfall, Parkinson und multiple Sklerose, das heißt er behandelt körperliche Störungen des Nervensystems. Dazu gehört die Untersuchung, Diagnose und Therapie von folgenden Symptomen und Störungen:
- Lähmungen des Gesichts sowie der Arme und Beine
- Muskel- und Nervenschmerzen der Arme und Beine
- Zittern und Bewegungsstörungen von Kopf sowie Armen und Beinen (z.B. Zuckungen)
- Gefühlsstörungen (z.B. Taubheitsgefühle)
- Gleichgewichtsstörungen
- Sehstörungen
- Sprachstörungen
- Schlafstörungen
- Bewusstseinsstörungen
- Kopfschmerzen und Migräne
- Schwindel
- Epilepsie
- Gehirn- und Nerventumore
- Entzündungen des Nervensystems
Im Rahmen der Untersuchung befragt der Neurologe zuerst den Patienten nach seinen Beschwerden und Vorerkrankungen im Rahmen der neurologischen Anamnese.
Anschließend führt der Facharzt für Neurologie eine neurologische Untersuchung durch, das heißt eine Inspektion des Patienten. Im Rahmen dieser prüft er beispielsweise die Körperhaltung des Patienten auf Bewegungs- und Gleichgewichtseinschränkungen und hört das Herz und die Lunge.
Ausgehend von den Symptomen setzt der Neurologe danach verschiedene medizinische Methoden, Tests und Geräte ein. Hierbei kann vom Gehirn bis zum Fuß alles neurologisch untersucht werden, je nachdem welche Bereiche des Körpers von den Beschwerden betroffen sind.
Hierzu zählen folgende neurologische Untersuchungen:
Untersuchung der 12 Hirnnerven
Im Rahmen der neurologischen Untersuchung der 12 Hirnnerven prüft der Neurologe den Patienten auf die folgenden Fähigkeiten und Eigenschaften hin:
- Sehen
- Riechen
- Hören
- Schmecken
- Sprechen
- Augenbewegungen
- Mimik
Dazu werden Funktionstests durchgeführt. Die Gesichtsmimik und der Gesichtsnerv können geprüft werden, in dem der Patient das Gesicht bewegen muss und zum Beispiel Krimassen schneiden muss. Für das Schmecken muss der Patient beispielsweise Zucker und Salz unterscheiden. Der Riechnerv kann mit Hilfe von Aromastoffen wie Zimt oder Kaffee getestet werden.
Prüfung von Motorik, Koordination und Reflexe
Eine Reflexprüfung kann mit Hilfe eines Reflexhammers durchgeführt werden. Mit Hilfe des Hammers wird ein leichter Schlag auf eine Sehne ausgeführt. Daraus ausgehend erfolgt eine unwillkürliche Reaktion in Form einer Muskelkontraktion. Allseits bekannt ist hierbei das Klopfen des Reflexhammers auf die Kniesehne. Bei der Motorikprüfung untersucht der Neurologe den gesamten Bewegungsapparat inklusive Wirbelsäule, Gelenke und Gliedmaße, um verminderte Muskelkraft oder Muskellähmungen zu erkennen. Hierzu muss der Patient zum Beispiel Arme und Beine bewegen, sich um die eigene Achse drehen, Knöpfe öffnen und schließen oder Übungen mit geschlossenen Augen machen. Auf dieser Art und Weise kann der Neurologe zum Beispiel Lähmungen als Folge eines Schlaganfalles feststellen.
Prüfung der Empfindungsfähigkeit / Sensibilität
Hierbei prüft der Neurologe, ob die Empfindung des Patienten funktionstüchtig ist, hinsichtlich:
- Schmerz
- Temperatur
- Druck
- Berührung
Das Schmerzempfinden kann zum Beispiel mit spitzen Gegenständen wie einer Nadel geprüft werden und die Berührungsempfindung mit Watte.
Prüfung des vegetativen Nervensystems
Viele Vorgänge des menschlichen Körpers werden unwillkürlich gesteuert wie Herzschlag, Atmung, Schwitzen oder Verdauung. In diesem Teil der neurologischen Untersuchung werden Atmung beobachtet, Puls und Blutdruck gemessen, Veränderungen der Haut überprüft durch Auslösung von Kratzreiz oder Gänsehaut sowie die Blasen- und Darmfunktion abgefragt.
Prüfung der kognitiven Fähigkeiten
Zur neurologischen Untersuchung gehört auch die Prüfung der kognitiven Fähigkeiten wie Erinnerung, Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Problemlösung und Kreativität. Diese Fähigkeiten werden anhand von Tests wie Sprache verstehen, Rechnen oder auch Fragen zur Merkfähigkeit überprüft.
Weiterführende Untersuchungen
Neben diesen genannten neurologischen Untersuchungen kann sich der Neurologe für weiterführende Untersuchungen entscheiden. Dazu zählen beispielsweise:
- EEG (Elektroenzephalographie) = Messung der Gehirnströme, der elektrischen Aktivität des Gehirns
- EMG (Elektromyographie) = Messung der Muskelaktivität mit nadelförmigen Messelektroden
- ENG (Elektroneurographie) = Messung der Nervenleitgeschwindigkeit durch elektrische Stimulation
- UDS (Ultraschall-Dopplersonographie) = Untersuchung Halsschlagader mittels Ultraschall bei Schwindel und Ohrgeräuschen
Nach Abschluss der neurologischen Untersuchung bespricht der Neurologe mit dem Patienten die Untersuchungsergebnisse und legt die Therapie fest.
Neurologische Erkrankungen – welche kommen am häufigsten vor?
Laut der fallpauschalenbezogenen Krankenhausstatistik für 2020 (veröffentlicht am 22.09.2021) haben Neurologen in deutschen Krankenhäusern 1.019.074 Patienten bezüglich neurologischen Erkrankungen behandelt.
Im Durchschnitt blieben die Patienten dabei bei neurologischen Erkrankungen 7,3 Tage im Krankenhaus.
Folgend ein Auszug aus den wichtigsten neurologischen Erkrankungen:
Epilepsie
Tatsächlich sind etwa 0,5 bis 1 Prozent der Deutschen von Epilepsie betroffen. Somit ist die Epilepsie eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Die Epilepsie ist eine chronische Erkrankung des Nervensystems. Sie kann im Jugendalter und im fortgeschrittenen Alter beginnen. Ausgelöst wird diese Funktionsstörung des Gehirns durch akute Hirnerkrankungen oder genetische Veranlagungen. Die Epilepsie äußert sich in Form von epileptischen Anfällen, welches in der Regel Krampfanfälle sind. Diese beginnen mit örtlichen Zuckungen und gehen dann später über in Kieferschlagen und Speicheln sowie Bewusstlosigkeit. Dies dauert oft nur weniger Sekunden oder Minuten. Viele epileptische Anfälle enden dann von selbst, bei länger andauernden Anfällen besteht die Gefahr permanenter Hirnschäden.
Schlaganfall
Der Schlaganfall, auch Hirnschlag genannt, ist ein der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Vor allem ältere Menschen sind von dieser neurologischen Erkrankung betroffen. Der Schlaganfall ist eine plötzlich auftretende neurologische Erkrankung des Gehirns, der ein schlagartige Mangel der Nervenzellen an Sauerstoff zu Grunde liegt. Er äußert sich in einer Minderdurchblutung des Gehirns oder einer akuten Hirnblutung. Die Betroffenen haben oftmals eine gelähmte Gesichtshälfte und sprechen langsam und undeutlich.
Parkinson-Krankheit (Morbus Parkinson)
Bei Betroffenen der Parkinson-Krankheit sterben Nervenzellen im Mittelhirn mit der Folge eines Mangels des Neurotransmitters Dopamin. Dopamin leitet Signale zwischen Neuronen weiter und sorgt für die Steuerung körperlicher und geistiger Bewegungen. Der Dopaminmangel führt bei Parkinson Patienten zu der so genannten „Schüttellähmung“, die sich durch Zittern, Kopfwackeln, gehemmtem Gang, Ungeschicklichkeit und Gedächtnisstörungen äußert.
Multiple Sklerose
Die multiple Sklerose ist eine unheilbare neurologische Erkrankung, von welcher in Deutschland über hunderttausend Menschen betroffen sind. Die Ursachen sind bis heute unklar. Die Krankheit äußert sich in Form von Gefühls- und Empfindungsstörungen an Armen und Beinen, Muskelschwäche, Sehschwäche, Lähmungen, Sprechstörungen sowie Krämpfen uns Spastik.
Hirnhautentzündung
Eine Hirnhautentzündung (Meningitis) ist Entzündung der Hirnhaut und der Rückenmarkshaut. Diese bilden die Hülle des zentralen Nervensystems. Die Symptome der Hirnhautentzündung zeigen sich durch Fieber, Kopfschmerzen und Nackensteifheit. Verursacht wird die Hirnhautentzündung durch Viren, Bakterien und Mikroorganismen. Eine bakterielle Hirnhautentzündung kann innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich sein. Insbesondere Zecken gelten als Verursacher von Hirnhautentzündungen.
Gehirntumor
Auch der Gehirntumor zählt zu den neurologischen Erkrankungen, ist doch auch hier das Gehirn als Teil des zentralen Nervensystems betroffen. Der Hirntumor ist eine Zellwucherung, vom der das Gehirn, die Hirnhäute und die Hirnnerven betroffen sein können. Symptome sind Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sowie die neurologischen Anzeichen wie Schwindel, Schwerhörigkeit und Sprechstörungen. Die Heilungschancen sind von Lage des Hirntumors und Art der Tumorzellen abhängig.
Kopfschmerzen / Migräne
Kopfschmerzen und Migräne gelten in Deutschland als Volkskrankheit, behauptet doch mehr als die Hälfte der Bevölkerung immer wieder an Kopfschmerzen zu leiden. Während die genauen Ursachen oftmals unbekannt bleiben, gelten aber oftmals Stress und Schlafmangel als Gründe für Migräne. Einfache Schmerzmittel wie Paracetamol oder Ibuprofen helfen oftmals aus, um den Betroffenen eine Linderung zu verschaffen.
Facharzt für Neurologie – die Ausbildung
Wer Facharzt für Neurologie werden will, auf den warten insgesamt 60 Monate Weiterbildungszeit.
Die Monate teilen sich wie folgt auf:
- 24 Monate in der stationären neurologischen Patientenversorgung.
- 12 Monate in Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Psychiatrie und Psychotherapie und/ oder Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.
- 6 Monate in der intensivmedizinischen Versorgung neurologischer Patienten
Alle Infos dazu unter Weiterbildung Facharztausbildung Neurologie.
Bei praktischArzt gibt es zahlreiche Neurologie Stellenangebote, insbesondere Nachwuchsmedizinern stehen zahlreiche Assistenzarzt Neurologie Stellenangebote zur Auswahl.
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Quelle: Wikipedia Commons