Clonazepam gehört zur Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine. Das sind psychoaktive Substanzen, die anxiolytisch (angstlösend), sedierend (beruhigend) und muskelrelaxierend (muskelentspannend) wirken. Einige Benzodiazepine – so auch Clonazepam – haben darüber hinaus eine antikonvulsive (krampflösende) Wirkung, was sie als Antiepileptikum prädestiniert.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Clonazepam?
In Deutschland ist der Wirkstoff Clonazepam aus der Gruppe der Benzodiazepine primär zur Epilepsie-Behandlung zugelassen:
- als Zusatztherapie bei Epilepsien von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen
- als Therapie bei bestimmten Epilepsien, wenn andere Antiepileptika nicht ausreichen oder nicht anwendbar sind
- bei fokalen (auf bestimmte Hirnareale begrenzten) epileptischen Anfällen von Erwachsenen
Im Handel ist das Medikament unter den Namen Antielepsin, Rivotril oder Clonazepam neuraxopharm erhältlich. Es wird in Tabletten- und in Tropfenform angeboten. Tabletten gibt es in den Dosierungen 0,5 mg, 1 mg, 2 mg und 2,5 mg, Tropfen üblicherweise in 2,5 ml-Dosierungen. Darüber hinaus ist es möglich, das Mittel per Injektion intravenös oder intramuskulär (letzteres nur in Ausnahmefällen) zu verabreichen.
Clonazepam – Wirkung
Clonazepam beeinflusst die Bindung des Neurotransmitters GABA an den GABA-Rezeptoren der Nervenzellen im Gehirn.
Neurotransmitter sind chemische Botenstoffe, die zentrale Bedeutung für die Kommunikation zwischen den Nervenzellen besitzen. Das Kürzel GABA steht für Gamma-Aminobuttersäure. GABA ist neben Glutamat einer der wichtigsten Botenstoffe. Während Glutamat eine anregende bzw. erregende Wirkung hat, hat GABA genau den gegenteiligen Effekt – der Botenstoff wirkt hemmend. Wenn der GABA-Botenstoff an die GABA-Rezeptoren in Gehirnzellen andockt, können diese vorübergehend keine Signalimpulse empfangen oder aussenden.
Clonazepam bindet ähnlich wie GABA an den GABA-Rezeptoren. Es verstärkt dadurch die hemmende Wirkung von bereits natürlich vorhandener GABA.
Der Wirkstoff wird nach der Einnahme relativ schnell vom Magen-Darm-System aufgenommen. Aufgrund seiner Fettlöslichkeit reichert er sich bevorzugt im Gehirn an – ein gewünschter Effekt. Der höchste Spiegel wird nach etwa drei bis vier Stunden erreicht. Die Leber baut den Wirkstoff in einige unwirksame Abbauprodukte um. Die Abbauprodukte werden primär mit dem Urin, zum geringeren Teil über den Stuhl ausgeschieden. Die Halbwertszeit beträgt 30 bis 40 Stunden – danach ist der Clonazepam-Spiegel um 50 Prozent gesunken.
Clonazepam – Anwendung und Dosierung
Neben der Anwendung bei Epilepsie findet in manchen Ländern ein “off label”-Einsatz von Clonazepam statt – ein Einsatz außerhalb des eigentlichen Anwendungsgebiets. Dabei wird neben der krampflösenden Wirkung auf die sonstigen Benzodiazepin-Eigenschaften des Medikaments abgestellt. In diesem Sinne findet das Mittel Anwendung bei Angststörungen, bei Somnambulismus (Schlafwandeln), bei weiteren Schlafstörungen (REM-Schlaf-Verhaltensstörung) und zur Behandlung von bestimmten Bewegungsstörungen wie Restless-Legs-Syndrom, Sitzunruhe oder Krämpfen der Kaumuskulatur. Gelegentlich begleitet das Medikament auch eine Alkoholentzugsbehandlung, da hier epilepsieähnliche Krampfanfälle auftreten können.
In den USA ist Clonazepam ein gängiges Benzodiazepin gegen Panikattacken, Angststörungen und andere psychische Leiden. In Deutschland ist das Mittel für solche Anwendungen nicht zugelassen, die Verabreichung kommt nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht.
Wie wird Clonazepam richtig eingenommen?
Die Dosierung hängt vom Alter, der Verträglichkeit und der klinischen Reaktion des/-r Patienten/-in ab. Bei Erwachsenen beträgt die Erhaltungsdosis 4 mg/ml bis 8 mg/ml pro Tag. Die Therapie beginnt einschleichend mit einer Anfangsdosis von 1mg/ml (0,5 mg bei älteren Personen) und einer schrittweisen Erhöhung um 0,5 mg bis 1 mg alle drei bis fünf Tage bis zum Erreichen der Erhaltungsdosis. Ebenso langsam ist das Medikament wieder auszuschleichen. Kinder erhalten niedrigere Dosen. Tabletten werden unzerkaut mit etwas Flüssigkeit eingenommen, Tropfen in etwas Flüssigkeit verdünnt.
Was gibt es bei der Einnahme noch zu beachten?
Clonazepam sollte nie plötzlich abgesetzt werden, da es zu Entzugserscheinungen kommen kann. Diskontinuierliche Einnahmen sind zu vermeiden, weil die Wirkung beeinträchtigt sein kann.
Clonazepam – Nebenwirkungen
Die Nebenwirkungen des Medikaments sind ähnlich wie bei anderen Benzodiazepinen. Wegen der sedierenden Wirkung tritt nach Einnahme häufig Müdigkeit, Mattigkeit oder Schläfrigkeit auf. Gerade zu Beginn von Behandlungen oder bei höheren Dosierungen sind auch Gefühle von Benommenheit, Schwäche oder Schwindel möglich. Damit einhergehen können Koordinationsstörungen, Konzentrationsstörungen und verlängerte Reaktionszeiten. Autofahren oder Maschinenbedienung nach der Medikamenteneinnahme sollte gerade bei Behandlungsbeginn vermieden werden.
Weitere – selten auftretende – Nebenwirkungen sind u.a.:
- Übelkeit
- Kopfschmerzen
- Muskelschwäche
- Augenzittern
- Sehstörungen
- Hautreaktionen
- Haarausfall
- Blasenschwäche
- Libido-Beeinträchtigung
Bei Patienten/-innen mit Depressionen ist eine Verstärkung der depressiven Symptomatik bis hin zu Suizid-Gedanken möglich. Eine engmaschige Überwachung ist geboten.
Wie alle Benzodiazepine besitzt Clonazepam ein Abhängigkeitspotential. Bei mehrwöchiger Einnahme kann es zur Toleranzentwicklung bei gleichzeitiger Abschwächung der Wirkung kommen. Es besteht ein Risiko sowohl der psychischen als auch der körperlichen Abhängigkeit. Beim plötzlichen Absetzen des Medikaments sind typische Entzugserscheinungen (innere Unruhe, Schlafstörungen, Psychosen usw.) möglich.
Clonazepam – Wechselwirkungen
Wird Clonazepam zusätzlich zu anderen Antiepileptika eingesetzt (Zusatztherapie), kann es zu einer Wirkungsverstärkung kommen. Deshalb empfiehlt sich in diesem Fall eine niedrigere Dosierung.
Arzneimittel, die eine höhere Konzentration abbauender Enzyme in der Leber bewirken, schwächen die Wirkung von Clonazepam ab, weil der Wirkstoff schneller abgebaut wird. Einen solchen Effekt haben auch einige Antiepileptika, zum Beispiel Phenobarbital, Phenytoin, Carbamazepin und Oxcarbazepin. Medikamente, die die Konzentration abbauender Enzyme verringern, bewirken das Gegenteil. Sie verstärken bzw. verlängern die Wirkung von Clonazepam. Das ist bei einigen Antibiotika, Arzneimitteln zur Pilzbekämpfung und bei manchen HIV-Medikamenten der Fall.
Besondere Vorsicht ist bei gleichzeitiger Einnahme von Antidepressiva, Antipsychotika, Hypnotika, Narkotika, Opioiden und Lithium geboten, weil die dämpfende Wirkung der Arzneimittel sich gegenseitig verstärkt. Das gilt auch für den gleichzeitigen Konsum von Alkohol. Hier kann es zu unvorhergesehenen Wechselwirkungen kommen. Deshalb ist bei der Einnahme von Clonazepam grundsätzlich auf Alkohol zu verzichten.
Clonazepam – Kontraindikationen
Folgende Kontraindikationen bestehen bei Clonazepam:
Abhängigkeiten
Besteht bei dem/der Patienten/-in eine Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängigkeit, ist vom Clonazepam-Einsatz dringend abzuraten – wegen des Abhängigkeitspotentials und möglicher unkontrollierbarer Wechselwirkungen.
Funktionsstörungen
Schwere Leber- und Lungenfunktionsstörungen sind Gegenanzeigen für Clonazepam.
Überempfindlichkeit/Unverträglichkeit
In seltenen Fällen kann es zu Unverträglichkeiten und allergischen Reaktionen (zum Beispiel Hautausschlag, Juckreiz) kommen.
Schwangerschaft und Stillzeit
Clonazepam überwindet die Plazenta-Schranke und geht in geringen Mengen in die Muttermilch über. Negative Auswirkungen auf das ungeborene bzw. neugeborene Kind können daher nicht ausgeschlossen werden. Andererseits kann eine Schwangerschaft Epilepsie verstärken. Eine Anwendung von Clonazepam sollte daher nur auf zwingend notwendige Fälle und in geringstmöglicher Dosierung beschränkt bleiben.
Häufige Fragen zu Clonazepam
- Was sind die Nebenwirkungen von Clonazepam?
- Clonazepam – wann einnehmen?
- Für was ist Clonazepam gut?
- Wann darf man Clonazepam nicht einnehmen?
Aufgrund seiner sedierenden Wirkung tritt nach der Einnahme häufig Müdigkeit oder Schläfrigkeit auf. Bei höheren Dosen und bei Behandlungsbeginn kann es zu Benommenheit und Schwindel kommen. Damit einhergehen manchmal Konzentrations- oder Koordinationsstörungen sowie verlängerte Reaktionszeiten.
Clonazepam wird drei bis viermal am Tag (Erhaltungsdosis) eingenommen. Die Einnahme kann unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen. Es sollten möglichst gleichbleibende Einnahmezeiten eingehalten werden.
Clonazepam wird in erster Linie zur Epilepsie-Behandlung eingesetzt – oft als Zusatztherapie oder wenn andere Antiepileptika ausscheiden. “Off label” wird das Medikament auch bei Angststörungen, bestimmten Schlafstörungen und Bewegungsstörungen angewandt. Für psychiatrische Indikationen besteht in Deutschland keine Zulassung.
Bei bekannter Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit, bei schwerer Leber- oder Lungeninsuffizienz sowie bei Unverträglichkeit. Bei Schwangerschaft und in der Stillzeit sollte das Medikament nur ausnahmsweise verordnet werden.