![Epilepsie](https://www.praktischarzt.de/wp-content/uploads/2019/08/epilepsie.jpg)
Bei einer Epilepsie leiden Betroffene an einer anfallsartigen Ohnmacht, die durch eine Krankheit im Gehirn ausgelöst werden kann – jedoch ist hier vieles noch unklar und muss noch weiter erforscht werden. In diesem Artikel finden Sie Wissenswertes von der Definition bis hin zu der Diagnose von Epilepsie.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Epilepsie?
Epilepsie wurde früher oft Fallsucht genannt. Dieser Ausdruck beschreibt ziemlich genau, was diese Krankheit ausmacht. Der Betroffene wird von einer anfallsartigen Ohnmacht befallen. Die Ursache der Krankheit liegt im Gehirn, allerdings sind viele Abläufe bis heute noch völlig unklar. Die meisten Wissenschaftler nehmen an, dass mehrere Nervenzellen gleichzeitig Impulse abschicken und die Anfälle durch eine zu starke elektrische Erregung ausgelöst werden.
Die Internationale Liga für Epilepsie hat festgelegt, wann eine Fallsucht vorliegt. Nicht jede kurzzeitige Bewusstseinseintrübung ist ein epileptischer Anfall. Die Anfälle können ohne einen erkennbaren äußeren Reiz entstehen (der Mediziner nennt diese „nicht provoziert“) oder durch ein Ereignis (Licht, Geräusch, warmes Wasser) ausgelöst werden.
Die zweite Form heißt dann „provozierter epileptischer Anfall“. Die Krankheit liegt vor, wenn entweder mindestens zwei Anfälle im Abstand von mehr als 24 Stunden auftreten oder nach einem Anfall die Wahrscheinlichkeit für ein weiteres Ereignis bei 60 Prozent oder höher liegt. Diagnostiziert der Arzt ein Epilepsiesyndrom ist kein weiterer Anfall notwendig. Von einem Syndrom spricht man, wenn mehrere Untersuchungsergebnisse (Anfallsart, EEG, Alter des Erkrankten) die Krankheit charakterisieren.
Häufigkeit von Epilepsie
In Deutschland, wie auch in anderen Industrieländern, sind zwischen fünf und neun von 1.000 Menschen von Epilepsie betroffen. Pro Jahr kommt es bei circa 40 bis 70 von 100.000 Menschen zu Neuerkrankungen. Das Erkrankungsrisiko ist bei Kindern und bei Menschen ab einem Alter von 50 bis 60 Jahren am höchsten. Allerdings kann eine Epilepsie in jedem Lebensalter auftreten.
Das Risiko selbst eine Epilepsie im Laufe des Lebens zu entwickeln, liegt lediglich bei drei bis vier Prozent. Die Tendenz steigt jedoch, da der Anteil der älteren Bevölkerung in Deutschland steigt.
Epilepsie bei Kindern
Auch Kinder und Jugendliche können von einer Epilepsie betroffen sein. Die Epilepsie gehört zu den häufigsten Erkrankungen des zentralen Nervensystems in dieser Altersgruppe. In Industrieländern wie Deutschland kommen pro Jahr bei 50 von 100.000 Kindern Neuerkrankungen hinzu.
Die epileptischen Anfälle kann man mit Medikamenteneinnahme verhindern und ist bei Kindern meist gut behandelbar. Die Epilepsie beeinträchtigt in keinem Fall die Entwicklung des Kindes. Wichtig ist aber darauf zu achten, dass das Kind einen gesunden Lebensstil führt und nicht mit möglichen Auslösern für die Epilepsie, wie Schlafmangel, flackerndes Licht und bestimmten Geräuschen in Berührung kommt.
Epilepsie – Anfallsarten nach Erscheinungsbild
In der Literatur gibt es verschiedenen Formen der Erkrankung. Die einfachste Einteilung bezieht sich auf die betroffenen Hirnregionen. Epilepsie wird zunächst nach dem Erscheinungsbild eingeteilt und daraufhin in die Ursache der Anfälle. In der Regel wird eine grobe Klassifikation verwendet. Die Epilepsie wird hier in die „generalisierte Epilepsie“ und die „fokale Epilepsie“ eingeteilt. Beide werden in den folgenden Abschnitten näher erläutert. Allerdings gibt es neben diesen beiden Hauptgruppen Anfallsarten, die nicht genau klassifizierbar sind. Diese nennt man unter anderem „gemischte fokale und generalisierte Anfälle“. In seltenen Fällen treten sie vor allem bei etwa 10% der Kinder, die von Epilepsie betroffen sind, auf.
Generalisierte Epilepsie
Generalisierte Epilepsien betreffen die gesamte Hirnregion und machen 30% der Epilepsien aus. Der Anfall zeigt sich in einer Verkrampfung der Muskeln (tonischer Anfall) oder in Zuckungen der Muskulatur (klonischer Anfall). Die Anfälle sind allerdings nicht auf bestimmte Hirnregionen oder Hirnhälften zurückzuführen. Beide Ausprägungen treten manchmal auch gemeinsam auf. Der Arzt nennt das einen tonisch-klonischen Anfall oder manchmal auch Grand Mal. Der Hauptteil der generalisierten Epilepsien ist genetisch beziehungsweise idiopathisch bedingt.
Die generalisierte Epilepsie wird in primär und sekundär generalisierte Anfälle aufgeteilt. Die primären Anfälle sind häufig genetisch bedingt und treten in Bezug auf generalisierte Epilepsieformen auf, während sekundär generalisierte Anfälle zunächst, wie fokale Anfälle, lokal im Gehirn beginnen und sich dann über beide Hirnhälften verbreiten.
Fokale Epilepsie
Neben einem generalisierten Anfall gibt es auch noch fokale Epilepsien, die 60 bis 70% der Epilepsien ausmachen. Dabei ist nur ein Teil des Gehirns betroffen und somit auch nur ein bestimmter Bereich des Körpers. Manche Patienten haben zum Beispiel Sehstörungen oder der rechte Arm verkrampft sich. Manchmal beginnt die Epilepsie fokal und entwickelt sich später zu einer generalisierten Krankheit. Diese Anfälle werden auch als teilweise, partielle oder herdförmige Anfälle bezeichnet.
Bei einem einfach-fokalen Anfall ist der Betroffene bei vollem Bewusstsein und es gibt unterschiedliche Symptome, wie beispielsweise Bewegungs-Auffälligkeiten mit Zuckungen, Körperdrehungen oder ungewöhnliche Sinneswahrnehmungen, wie beispielsweise Geruchs- oder Geschmacksstörungen. Weitere typische Symptome finden Sie im weiteren Verlauf des Artikels in dem Abschnitt „Epilepsie – Symptome“.
Neben dem einfach-fokalen Anfall gibt es den komplex-fokalen Anfall. Oftmals beginnt dieser wie ein einfacher-fokaler Anfall, jedoch trübt sich hier das Bewusstsein und der Patient ist nicht mehr ansprechbar.
Epilepsie – Anfallsarten nach Ursache
Epilepsien werden zuerst nach ihrer Anfallsart eingeteilt und daraufhin nach ihrer Ursache. In diesen Untergruppen gibt es noch eine zusätzliche Aufteilung nach dem Alter der Betroffenen. Die folgenden Abschnitte stellen drei der möglichen Ursachen für epileptische Anfälle vor.
Symptomatische Epilepsie
Bei einer symptomatischen oder strukturell-metabolischen Epilepsie verursachen strukturelle Defekte oder Defekte des Stoffwechsels im Gehirn die Anfälle. Mögliche Ursachen für die Defekte sind hier:
- Sauerstoffmangel im Gehirn
- Durchblutungsstörung im Gehirn
- Blutungen im Gehirn
- Missbildungen von Gefäßen
- Entzündungen im Gehirn
- Tumore im Gehirn
- Hirnverletzungen durch Unfälle
- Stoffwechselstörungen
Die genannten Ursachen hinterlassen in sehr ungünstigen Fällen eine Narbe im Gehirn, welche umliegende Nervenzellen irritieren kann und somit leichter Anfälle in diesem Hirnareal entstehen können.
Idiopathische Epilepsie
Bei einer idiopathischen Epilepsie handelt es sich um einen oder mehrere genetische Defekte. Diese sind in manchen Fällen bereits dem Betroffenen bekannt, jedoch können sie auch noch unbekannt sein. Das Risiko an einer Epilepsie aufgrund von Vererbung zu erkranken ist recht gering. Auch wenn beide Elternteile unter Epilepsie leiden, liegt das Risiko der Kinder bei gerade mal 10 bis 15 Prozent.
In manchen Fällen haben Menschen aufgrund ihrer Veranlagungen ein erhöhtes Risiko für epileptische Anfälle. Unter anderem Schlafmangel, Flimmerlicht oder Fieber können einen epileptischen Anfall auslösen. Diese Veranlagung kann familiär durchaus häufiger vorkommen und ist somit vererbbar. Dies bedeutet jedoch nicht, dass man nur wegen einer vorhandenen Veranlagung tatsächlich an Epilepsie erkranken muss.
Kryptogene Epilepsie
Kryptogene Epilepsien sind unbekannte Epilepsien. Man vermutet einen strukturellen Defekt bei Betroffenen, jedoch konnte diese Vermutung noch nicht bestätigt werden. Auch eine symptomatische Epilepsie wird als Ursache vermutet, da die Symptome oft den Eindruck geben, dass es eine konkrete Ursache geben muss. Mit aktuellen und gängigen Untersuchungsverfahren kann man diese Ursachen jedoch noch nicht untersuchen.
Epilepsie – Ursachen und Risikofaktoren
In vielen Fällen ist keine Ursache erkennbar und die Entstehung ist komplex und vielfältig, es gibt lediglich ein paar Hinweise im Gehirn. Mediziner nennen die Krankheit kryptisch. Im Folgenden stellen wir Ihnen mögliche Ursachen und Risikofaktoren vor.
Genetische Veranlagung
Die Begrifflichkeit „Genetische Veranlagung“ wird heutzutage auch oft als „genetische Epilepsie“ bezeichnet. Man vermutet genetische Veränderungen beispielsweise an Bindungsstellen für Nervenbotenstoffe, die eine Epilepsieentstehung begünstigen könnten. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie vererbbar ist. Lediglich Anfälligkeiten können weiter vererbt werden, welche dann durch äußere Faktoren ausgelöst werden könnten.
Bei einem idiopathischen Anfall ist weder im Gehirn noch im Stoffwechsel irgendeine Veränderung festzustellen. Immer mehr Ärzte gehen dazu über, dies als Ursache in einer genetischen Veränderung der Nervenzellrezeptoren zu sehen. Das heißt aber nicht, dass die Krankheit vererbbar sei. In den Genen ist meist nur eine Disposition für die Krankheit feststellbar.
Veränderungen im Gehirn
Bei vielen Patienten sind strukturelle Veränderungen im Gehirn Ursache für epileptische Anfälle. Mögliche Auslöser für Veränderungen im Gehirn sind:
- Probleme bei der Geburt
- Hirntumor
- Schlaganfall
- Hirnhautentzündung
- Angeborene Fehlbildung des Gehirns
- Schädel-Hirn-Traumata
- Stoffwechselstörungen
Weitere Ursachen
Neben den bereits genannten Ursachen gibt es weitere, die nicht auf genetische Veranlagungen oder nur teilweise auf Veränderungen im Gehirn zurückgeführt werden können. Dazu gehören:
- Sauerstoffmangel im Gehirn
- Durchblutungsstörung im Gehirn
- Hirnblutung
- Missbildung von Gefäßen
- Gehirnentzündung
- Hirnverletzungen
- Stark reduzierter Blutzuckerspiegel
Viele Symptome und Befunde deuten darauf hin, dass es oft eine konkrete Ursache für die Epilepsie geben muss. Jedoch kann man dies mit heutigen Untersuchungsverfahren noch nicht feststellen.
Auslöser (Trigger)
Es gibt verschiedene Auslöser und Trigger, die eine Epilepsie auslösen können. Oftmals hängen die Ursachen auch vom Alter ab und kann prinzipiell jeden Menschen treffen. Meist sind mehrere Auslöser für den Anfall verantwortlich. Dazu gehören:
- Schlafmangel
- Überanstrengung
- Angst, Ärger
- Stress
- Alkoholentzug
- Medikamentenentzug
- Drogenentzug
- Zu hohe oder zu niedrige Blutzuckerwerte
- Hormonelle Schwankungen
- Flackerlicht
- Laute Geräusche
- Fernsehen
- Videospiele
Epilepsie – Symptome
Einen allgemeingültigen Verlauf gibt es nicht. Es hängt immer vom Grad der Krankheit ab. Sind nur bestimmte Gehirnbereiche betroffen, kommt es bei einzelnen Körperteilen zu einem Krampf und Zuckungen. Bei leichteren Formen wirkt der Patient nur ein wenig abwesend.
Bei einem großen Anfall mit tonischen und klonischen Phasen versteift sich der Körper des Patienten zuerst und beginnt dann zu zucken. Dabei sind die Betroffenen ohnmächtig. Viele erleben zu Beginn des Anfalls eine Aura mit ungewöhnlichen Sinneseindrücken, Sehstörungen, Konzentrationsstörungen und Halluzinationen.
Eine besondere Beachtung verdient der Status epilepticus. Dieser Anfall dauert länger als fünf Minuten. Es kann sich aber auch um mehrere Anfälle kurz hintereinander handeln. Der Patient kommt zwischen den Anfällen nicht zu Bewusstsein. Bei solchen epileptischen Anfällen muss sofort der Notarzt verständigt werden.
Symptome fokaler Anfälle
Fokale Anfälle beginnen in bestimmten Hirnregionen, beispielsweise um eine Hirnnarbe, die durch einen Schlaganfall entstanden ist, herum. Typische Symptome sind:
- Zuckungen einzelner Körperteile
- Unkontrollierbare Drehungen des Körpers
- Lautäußerungen
- Ungewöhnliche Sinneswahrnehmungen
- Kribbeln
- Blitze-Sehen
- Schwindel
- Geruchsstörung
- Geschmacksstörung
- Höreindrücke
- Sprachstörungen
- Halluzinationen
- Angstgefühle
- Déja vu Erlebnisse
Die genannten Wahrnehmungsstörungen werden auch unter dem Begriff „Aura“ zusammengefasst.
Ein komplex-fokaler Anfall beginnt mit den Symptomen des einfach-fokalen Anfalls. Außerdem wird das Bewusstsein des Betroffenen trüber und ist nicht mehr ansprechbar. Es kommt zu einem merkwürdigen Verhalten der Betroffenen wie beispielsweise schmatzen, grimassieren, zielloses umherlaufen und unverständliche Dinge stammeln.
Symptome generalisierter Anfälle
Generalisierte Anfälle betreffen das gesamte Gehirn und zeigen sich in verschiedenen Symptomen. Die folgende Tabelle gibt Ihnen einen Überblick über die verschiedenen Arten der generalisierten Anfälle und deren Symptome.
Art des Anfalls | Symptome |
Absence “Petit Mal” |
|
Myoklonischer Anfall |
|
Klonischer Anfall |
|
Tonischer Anfall |
|
Tonisch-klonischer Anfall “Grand Mal” |
|
Epileptischer Anfall
Bei einem epileptischen Anfall denken die meisten Menschen an den sogenannten „Grand Mal“. Der Patient verkrampft am ganzen Körper, stürzt zu Boden. Oft beißt er sich auf die Zunge, verliert Kot und Urin. Es gibt aber auch leichtere Formen. Manchmal sind Patienten nur ein wenig abwesend. Der Anfall dauert oft nur wenige Minuten und ist für den Betroffenen normalerweise nicht gefährlich. Gefährlich ist manchmal eine falsche erste Hilfe.
Erste Hilfe – So geht’s richtig
Für Außenstehende wirkt ein epileptischer Anfall oft verstörend. Ein solcher Anfall ist meist nicht gefährlich und ist nur von kurzer Dauer. Damit die Betroffenen vor Verletzungen geschützt werden, sind folgende Regeln während einem Anfall wichtig:
- Ruhig bleiben!
- Den Betroffenen niemals alleine lassen und ihn beruhigen!
- Den Betroffenen vor Verletzungen schützen!
- Den Patienten nicht festhalten!
Weiterführende und detaillierte Informationen zur Ersten Hilfe bei einem Epileptischen Anfall gibt es im Artikel: Krampfanfall
Epilepsie – Diagnose
Hat man einen epileptischen Anfall erlebt, ist es wichtig sich von einem Arzt untersuchen zu lassen, damit geklärt werden kann, ob der Anfall auf eine Epilepsie zurückzuführen ist oder nicht. Zunächst sollte man sich an seinen Hausarzt wenden, welcher bei Bedarf auch eine Überweisung für einen Facharzt für Nervenerkrankungen erstellt. In den nächsten Abschnitten finden Sie alle wichtigen Informationen zu der Diagnose einer Epilepsie.
Anamnese
Zunächst ermittelt der Arzt die Krankengeschichte des Patienten. Bei dem ausführlichen Gespräch wird der epileptische Anfall von dem Betroffenen selbst oder von einer Begleitperson, die den Anfall miterlebt hat, genaustens beschrieben. Oftmals kann sich der Betroffene selbst kaum noch an das Geschehene erinnern. Mithilfe der Schilderung erstellt der Arzt ein Anfallsbild. Hilfreich sind hier auch Fotos oder Videos des epileptischen Anfalls. Beim Filmen sollte man darauf achten, die Kamera auf das Gesicht des Betroffenen zu richten, da dies enorme Auskunft über wichtige Symptome und Anfallsarten geben kann.
Des Weiteren fragt der Arzt nach weiteren möglichen Auslösern, wie flackerndes Licht, Grunderkrankungen oder bekannte Epilepsiefälle in der Verwandtschaft.
EEG
Auf die Anamnese folgt eine körperliche Untersuchung, in der das Nervensystem mit verschiedenen Tests geprüft wird. Unter anderem werden mit einer Elektroenzephalografie, kurz EEG, die Hirnströme des Patienten gemessen. Eine Epilepsie kann man in manchen Fällen durch Kurvenveränderungen im EEG erkennen – jedoch kann ein EEG auch unauffällig sein.
MRT
Neben dem EEG ist ein MRT, also eine Magnetresonanztomografie, sehr wichtig, um einen epileptischen Anfall zu untersuchen. Bei dieser Untersuchung werden detaillierte Schnittbilder vom Gehirn erstellt, die der Arzt auf mögliche Schäden und Fehlbildungen untersuchen kann.
Manchmal wird zusätzlich auch ein Computertomogramm, kurz CT, des Schädels erstellt. Dies kann vor allem kurz nach dem Anfall hilfreich sein, da beispielsweise Hirnblutungen als Auslöser für den Anfall ausgemacht werden können.
Differentialdiagnose
Eine Differentialdiagnose ist vor allem wichtig, wenn vermutet wird, dass die epileptischen Anfälle durch eine Gehirnentzündung oder durch andere Grunderkrankungen ausgelöst werden. Eine Blutuntersuchung gibt beispielsweise Hinweise auf Stoffwechselveränderungen oder bestehende Entzündungen. Auch wenn ein Drogenkonsum möglicher Auslöser für den Anfall war, kann ein Bluttest Klarheit bringen.
Mit einer Lumbalpunktion kann überdies die Hirn-Rückenmarksflüssigkeit untersucht werden. Sie gibt an, ob möglicherweise eine Entzündung im Gehirn oder eine Hirnhautentzündung Auslöser der epileptischen Anfälle ist. Auch Hirntumore können mit dieser Untersuchung nachgewiesen werden.
Epilepsie – Behandlung
Die Behandlung eines epileptischen Anfalls hängt von Art und Anzahl der Ereignisse ab. Handelt es sich um ein einmaliges Ereignis, ist oft keine Behandlung notwendig. Eine Behandlung durch einen Neurologen ist in der Regel erst ab dem zweiten Anfall sinnvoll. Dieser verschreibt ein Antiepileptikum, das die Aktivitäten der Nervenzellen im Gehirn hemmt. Bekannte Wirkstoffe sind Levetiracetam oder Valproinsäure. Das Medikament heilt die Krankheit nicht, es verhindert nur die Krampfanfälle. Reicht ein Mittel nicht aus, ist eine Kombinationstherapie möglich. Diese erfordert eine genaue Überwachung, da mit der Anzahl der Medikamente auch das Risiko für Nebenwirkungen ansteigt.
Akutbehandlung
Die Akutbehandlung, oder auch Akuttherapie genannt, bezieht sich auf die Behandlungsmaßnahmen, die während eines Anfalls oder einem Anfallsstatus durchgeführt werden. Meist handelt es sich hier um eine medikamentöse Notfallbehandlung, welche die plötzlich auftretenden Beschwerden sofort behandelt und lindert.
Medikamentöse Behandlung
Damit Betroffene ein Leben ohne Anfälle leben können, greifen viele zu einer medikamentösen Behandlung in Form von Antiepileptika. Sie sind in der Lage die übermäßige Aktivität von Nervenzellen im Gehirn zu hemmen, sodass das Risiko für einen Krampfanfall gesenkt werden kann. Da dieses Mittel krampfhemmend wirkt, nennt man sie auch Antikonvulsiva. Gegen die Ursache der Epilepsie sind Medikamente jedoch hilflos. Antiepileptika wirken also symptomatisch, sie heilen die Epilepsie jedoch nicht.
In Antiepileptika kommen verschiedene Wirkstoffe zum Einsatz, wie beispielsweise Levetiracetam oder Valproinsäure. Diese werden als Tablette, Kapsel oder Saft eingenommen. In wenigen Fällen verabreicht man das Medikament auch per Spritze, Infusion oder Zäpfchen. Der betreuende Arzt entscheidet, welcher Wirkstoff bei dem Patienten besser wirkt. Daher ist die genaue Bestimmung der Art des Anfalls und die Form der Epilepsie enorm wichtig. Auch die möglichen Nebenwirkungen beeinflussen die Dosierung des Medikaments. Es kann durchaus sein, dass mehrere Medikamente ausprobiert werden müssen, bis die gewünschte Wirkung gefunden ist. Das Antiepileptikum wird in der Regel als Monotherapie eingesetzt. Nur wenige Patienten bekommen zwei oder mehr Antiepileptika verschrieben. Wichtig ist, dass eine Kombinationstherapie sehr gut geplant und auch konstant überwacht wird.
Die Medikamente werden in der Regel mehrere Jahre eingenommen und können, falls über einen längeren Zeitraum keine epileptischen Anfälle mehr aufgetreten sind, möglicherweise abgesetzt werden. Dies muss unbedingt mit einem Arzt besprochen werden und das Medikament darf keineswegs abrupt und auf eigene Faust abgesetzt werden, sondern sollte langsam mit abnehmender Dosierung verringert werden. Wird das Medikament ohne ärztliche Entscheidung abgesetzt, kann dies lebensgefährlich enden. Es kann durchaus sein, dass die epileptischen Anfälle zurückkehren. In diesem Fall müssen die Medikamente wieder eingenommen werden. Alternativ kann es auch sein, dass der Betroffene nach dem Absetzen anfallsfrei bleibt. Dies geschieht vor allen Dingen, wenn die eigentliche Ursache der Anfälle abgeheilt ist. In anderen Fällen ist das Absetzen der Medikamente nicht möglich. Es hängt immer von der individuellen Situation des Patienten und dessen Anfallsrisiko ab. Antiepileptika helfen nur, wenn sie regelmäßig eingenommen werden!
Epilepsiechirurgie
In manchen Fällen reicht eine medikamentöse Therapie nicht aus und eine Epilepsiechirurgie könnte hilfreich sein, um zukünftige Anfälle zu verhindern. Die gängigste Operation ist die Resektion, also die Entfernung von einem Teil des Gehirns. Vor allem Betroffene, deren epileptische Anfälle im Schläfenlappen des Gehirns entstehen, können von dieser Operation profitieren. Diese wird aber nur durchgeführt, wenn das Herausschneiden dieser Hirnregion auch wirklich ohne Gefahren möglich ist. Auch darf der Patient keine Nachteile, wie eine Beeinträchtigung von Hirnfunktionen, durch diesen Eingriff erleiden.
In seltenen Fällen werden auch noch weitere chirurgische Eingriffe durchgeführt. Leiden Patienten beispielsweise an schweren Sturzanfällen, sprich Anfälle, bei denen sie plötzlich stürzen und sich womöglich verletzen, kann eine Balkendurchtrennung, auch Kallosotomie genannt, in Betracht gezogen werden. Dabei wird der Balken im Gehirn durchtrennt, welcher die rechte und die linke Hirnhälfte verbindet. So verringert sich die Zahl der Sturzanfälle – allerdings löst dieser Eingriff kognitive Beeinträchtigungen aus.
Neurostimulation
Sofern Medikamente nicht ausreichend wirken, kann eine Neurostimulation hilfreich sein. Hier werden Bereiche im Gehirn oder bestimmte Nerven mit einer niedrigen Stromstärke stimuliert. Das bekannteste Verfahren ist die Vagusnervstimulation. Man pflanzt dem Patienten ein kleines, batteriebetriebenes Gerät unter die Haut unterhalb des linken Schlüsselbeins und verbindet es mit einem Kabel mit dem linken Vagusnerv. In diversen Intervallen gibt das Gerät leichte Stromstöße an den Nerv ab, was die Häufigkeit von Anfällen reduzieren kann. In manchen Fällen dauert es einige Zeit, bis die Methodik effektiv wird.
Mögliche Begleiterscheinungen sind:
- Heiserkeitsgefühl
- Hustenreiz
- Missempfindungen im Körper
- Beeinflusst bestehende Depressionen positiv
Neben der Vagusnervstimulation gibt es die “Tiefe Hirnstimulation”. In der Epilepsie-Behandlung ist sie jedoch noch recht unbekannt. Hierbei bekommen Patienten kleine Elektroden im Gehirn implantiert, die das Nervengewebe mit elektrischen Impulsen stimulieren. Die Häufigkeit der Anfälle sinkt. Diese Methodik hat jedoch auch Nebenwirkungen, wie Depressionen und Gedächtnisstörungen.
Ketogene Diät
Seit den 1920ern geht man davon aus, dass eine ketogene Diät die Anzahl epileptischer Anfälle reduzieren kann. Allerdings wurde diese Theorie bis heute nicht bestätigt, da der genaue Wirkungs-Mechanismus nicht bekannt ist und Studienergebnisse nicht miteinander übereinstimmen. Man vermutet, dass dem Gehirn damit mehr Energie zur Verfügung steht, da der Stoffwechsel sich verändert hat, wodurch sich die hirnelektrische Aktivität stabilisieren kann.
Die ketogene Diät ist in strenger Verbindung mit Diätassistenten, Krankenpflegern und Ärzten durchzuführen. Vor allem der Beginn der Diät muss unter stationären Bedingungen mit einer intensiven Überwachung durchgeführt werden. Hierbei wird vor allem die Stoffwechselbelastung und der Austausch von Kohlenhydraten und Eiweißen durch Fette beobachtet. Auch das Umfeld muss über die Diät informiert werden. Kinder und Jugendliche empfinden die Diät zwar nicht als schmackhaft, jedoch bemerken sie schnell eine Verbesserung und eine Minderung der Anfälle.
Frühestens nach zwei Monaten kann man Erfolge spüren. Die Diät selbst sollte man mindestens zwei Jahre fortführen und stets regelmäßig und umfassend in spezialisierten Kliniken untersuchen lassen. Selbst wenn die Anfallhäufigkeit sich verbessert, kann es zu Nebenwirkungen kommen. In diesem Fall muss man die Diät entweder anpassen oder beenden.
Bei einer ketogenen Diät muss die Ernährung täglich und individuell nach erfordernden Kalorien, Vitaminen, Spurenelementen und dem Gewichts-Verhältnis von Fett zu Kohlenhydraten und Eiweiß eingestellt werden. Daher ist es wichtig sich ausführlich und regelmäßig von Spezialisten beraten zu lassen.
Anfallsselbstkontrolle
Da nicht alle Menschen durch Medikamente komplett anfallsfrei werden, gibt es die Anfallsselbstkontrolle. Betroffene setzen sich hier damit auseinander, welche Umstände ihre Anfälle fördern oder hervorrufen könnten. Dazu lernen sie, mit welchen Verhaltensweisen ein epileptischer Anfall teilweise oder sogar ganz verhindert werden kann. Mit dieser erlernten Strategie können Betroffene ihre Gesundheit aktiv fördern.
Eine Anfallsselbstkontrolle hilft das Selbstbewusstsein zu stärken und minimiert die Angst, einem Anfall ausgeliefert zu sein. Die Epilepsie hat weniger Bedeutung im Leben des Patienten und man fühlt sich gesünder und befreiter.
Komplementäre Therapien
Abgesehen von den oben genannten Möglichkeiten eine Epilepsie und deren Anfälle zu behandeln, gibt es noch komplementäre beziehungsweise alternative Methoden, die zusätzlich zu der medikamentösen Behandlung ebenfalls hilfreich sein könnten. Zu diesen gehören:
- Akupressur
- Biofeedback
- Homöopathie
- Reki
- Autogenes Training
- Kinesiologie
- Osteopathie
- Yoga
Diese Methoden machen die Einnahme von Medikamenten jedoch nicht überflüssig!
Auch eine Verhaltenstherapie kann hilfreich sein, um die Angst vor möglichen Anfällen zu bekämpfen. Der Betroffene muss sich mit der Epilepsie und den Anfällen aktiv auseinandersetzen, damit er weiß, was diese begünstigt und was nicht. So kann man sein Leben umstellen und fühlt sich den Anfällen weniger ausgeliefert.
Behandlung bei Status epilepticus
Leidet jemand an einem Status epilepticus, also dauert ein Anfall außergewöhnlich lange, muss sofort der Notarzt (112) gerufen werden. Bei diesem Zustand besteht Lebensgefahr! Zunächst sollte der Patient ein Beruhigungsmittel erhalten. Manche Patienten haben dies als Notfallmedikament immer bei sich und es kann auch von einem Laien verabreicht werden. Es handelt sich hier um eine Buccaltablette, die in eine Wange gelegt wird oder eine Creme, die in den After des Patienten eingeführt werden muss.
Trifft der Notarzt ein, verabreicht er dem Patienten ein Beruhigungsmittel und bringt ihn schnell ins Krankenhaus, wo die Behandlung fortgesetzt wird. Ist der Status epilepticus nach 30 bis 60 Minuten noch nicht vorüber, bekommen Patienten oft eine Narkose und werden zunächst künstlich beatmet.
Leben mit Epilepsie
Sobald die Epilepsie mit einer Behandlung unter Kontrolle ist, sind Betroffene in der Lage ein fast normales Leben zu führen. Allerdings sollten einige Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, damit es nicht zu möglichen Gefahrensituationen kommt:
- Nutzung von elektrischen Messern oder Schneidemaschinen vermeiden
- Duschen statt Baden
- Nicht ohne Begleitung schwimmen gehen
- Fahrradfahren mit Helm und wenig befahrene Strecken bevorzugen
- Niedriges Bett
- Scharfe Kanten Zuhause sichern
- Sicherheitsabstand zu Straßen
- Sicherheitsabstand zu Gewässern
- Nicht einschließen
- Nicht im Bett rauchen
Es ist fraglich, ob man als Epilepsie-Patient den Führerschein behalten darf. Dies hängt von der jeweiligen individuellen Fahrtauglichkeit ab. Setzt man sich trotz Fahruntauglichkeit ans Steuer ist man eine Gefahr für sich selbst und auch für andere.
Viele Berufe und Sportarten sind weiterhin für Epileptiker möglich, vor allem wenn es durch die Therapie zu keinen weiteren Anfällen mehr kommt. Da jede Epilepsie individuell verläuft, sollte man jedoch in Absprache mit dem behandelnden Arzt bleiben.
Anfälle vorbeugen
Um Anfälle zu vermeiden helfen die bereits erwähnten Behandlungsmöglichkeiten. Zusätzlich können Betroffene jedoch auch auf weitere Dinge achten, um Anfälle vorzubeugen. Viele Patienten profitieren von ausreichendem Schlaf und regelmäßigen Einschlafzeiten.
Auch sollte man darauf achten, bestimmte Auslöser, die einen epileptischen Anfall hervorrufen können, zu vermeiden. Damit man diese Auslöser auch genau kennt, kann ein Anfallskalender nützlich sein. In diesem notiert man den Tag, Uhrzeit und die Art des Anfalls sowie die aktuelle Medikamenteneinnahme. Wichtig sind auch Begleitumstände, die mögliche Auslöser sein könnten. So kann man bestimmte Triggerfaktoren identifizieren und in der Zukunft vermeiden.
Verhütung und Kinderwunsch
Bei Epilepsie und Verhütung sowie einem Kinderwunsch gibt es einiges zu bedenken. Wichtig ist, dass manche Epilepsie-Medikamente die Wirkung der Antibabypille schwächen können oder auch, dass die Pille die Wirkung des Epilepsie-Medikaments beeinträchtigt. Solche möglichen Wechselwirkungen sollten mit dem behandelnden Arzt besprochen werden und es werden alternative Verhütungsmittel empfohlen.
Gibt es einen Kinderwunsch, sollten Frauen, die an Epilepsie leiden, dies mit ihrem Neurologen im besten Fall vor der Schwangerschaft absprechen. In manchen Fällen muss die Medikation bei einer Schwangerschaft angepasst werden, da eine erhöhte Dosierung die Entwicklung des Kindes stören kann und eventuell sogar Missbildungen verursacht. Nimmt die Frau eine Kombinationstherapie ein, ist die Gefahr zusätzlich um einiges höher. Häufig werden Schwangeren Folsäure-Präparate empfohlen. Allerdings senken Antiepileptika den Folsäurespiegel bereits, weshalb eine höhere Dosierung des Präparates womöglich nötig ist.
Während einer Schwangerschaft kann es zu epileptischen Anfällen kommen, jedoch ist dies zunächst kein Grund zur Sorge und geschieht nur in sehr seltenen Fällen. Ein solcher Anfall schadet dem Ungeboren meist nicht. Lediglich wenn es sich um einen lang anhaltenden, generalisierten Anfall handelt und die werdende Mutter sich womöglich dabei verletzt. Die Kinder von Epileptikerinnen sind in den meisten Fällen gesund. Auch wenn beide Elternteile unter Epilepsie leiden, liegt das Risiko der Kinder bei gerade mal 10 bis 15 Prozent.
Mehr zu Epilepsie
1. U. Beise, S. Heimes, W. Schwarz: Gesundheits- und Krankheitslehre, Springer Medizin Verlag, 2. Auflage, 2009
2. P. Berlit: Basiswissen Neurologie, Springer Medizin Verlag, 5. Auflage, 2007
3. H.-W. Delank, W. Gehlen: Neurologie, Georg Thieme Verlag, 11. Auflage, 2006
4. T. Ziegenfuß: Notfallmedizin, Springer Medizin Verlag, 5. Auflage, 2011
5. Formen der Epilepsie, www.epilepsie-gut-behandeln.de (Abrufdatum: 24.05.2020)
6. Diagnostik und Behandlung, www.epilepsie-vereinigung.de (Abrufdatum: 25.05.2020)