Antidepressiva gehören zu den Psychopharmaka und werden bei einer Vielzahl verschiedener psychischer Erkrankungen eingesetzt. Ihr Hauptanwendungsgebiet im Bereich der Depressionen, lässt sich aus dem Namen bereits ableiten.
Inhaltsverzeichnis
Hier bekommen Sie einen Überblick, der die wichtigsten Fragen beantwortet: Was sind Antidepressiva? Wie wirken Antidepressiva? Welche Nebenwirkungen können entstehen? Alles im großen Überblick inklusive übersichtlicher Tabellen zu den Wirkmechanismen und verfügbaren Medikamenten.
Was sind Antidepressiva?
Antidepressiva sind Medikamente, die bevorzugt zur Behandlung der verschiedenen Ausprägungsformen von Depressionen eingesetzt werden. Die ersten Vertreter der Antidepressiva wurden eher zufällig entdeckt und kamen eigentlich in der Therapie der Tuberkulose zur Anwendung, wo sie, neben der eigentlichen Wirkung, auch stimmungsaufhellende Effekte zeigten.
Der medikamentöse Angriffspunkt unterscheidet sich bei den verschiedenen Medikamenten teilweise stark voneinander. Demzufolge können je nach zu behandelnder Symptomatik ganz unterschiedliche Präparate zum Einsatz kommen. Gemeinsam ist – mehr oder weniger – allen Antidepressiva eine Wirkung auf die Neurotransmitter Noradrenalin, Dopamin und Serotonin. Diese sind maßgeblich an der Signalübertragung im Gehirn beteiligt. Eine verringerte Verfügbarkeit dieser Transmitter kann zu psychischen Erkrankungen führen. Antidepressiva erhöhen durch verschiedene Wirkmechanismen die Konzentration bestimmter Neurotransmitter.
Antidepressiva – Anwendung und Dosierung
Antidepressiva sind zur Anwendung für eine Reihe psychischer Erkrankungen zugelassen. Neben der Behandlung von Depressionen verschiedener Schweregrade, kommen sie beispielsweise auch bei Angst- und Zwangsstörungen, Panikattacken, posttraumatischen Belastungsstörungen, Schlafstörungen oder während der Entzugsbehandlung zum Einsatz.
Welches konkrete Antidepressivum im Einzelfall und in welcher Dosierung verordnet wird, hängt von einer Vielzahl individueller Einflussfaktoren ab. Neben der spezifisch gewünschten Wirkung, müssen zum Beispiel auch patientenbedingte Risikofaktoren, Nebendiagnosen oder andere Interaktionen bedacht werden. Darüber hinaus müssen Patienten darüber aufgeklärt werden, dass die gewünschte Wirkung erst nach bis zu mehreren Wochen eintritt und sich Symptome zu Beginn der medikamentösen Behandlung sogar noch verschlechtern können. Auch müssen Nebenwirkungen besprochen werden, um einen plötzlichen Therapieabbruch möglichst zu vermeiden.
Antidepressiva werden in der Regel über einen längeren Zeitraum eingenommen. Zu Beginn der Behandlung geht es primär um die rasche Symptomkontrolle und eine Verbesserung. Um einem Rückfall vorzubeugen erfolgt die Einnahme normalerweise aber noch über das Behandlungsziel hinaus. Während der gesamten Behandlungsphase sind engmaschige ärztliche Kontrollen sehr wichtig.
Änderungen in der Medikation sollten niemals selbstständig vorgenommen werden. Vor allem zum Ende der Behandlung ist es wichtig die Dosis langsam auszuschleichen. Ein abruptes Beenden der Einnahme von Antidepressiva kann starke unerwünschte Wirkungen auslösen.
Antidepressiva – Arten
Die gängigen Antidepressiva lassen sich entsprechend ihrem Wirkmechanismus in verschiedene Gruppen untergliedern. Allerdings sind, genau wie die konkreten Krankheitsmechanismen der Depression selbst, auch noch einzelne Wirkmechanismen der Antidepressiva nicht vollständig verstanden. Die aktuelle Forschung beschäftigt sich daher sehr intensiv mit dieser Wirkstoffgruppe.
Trizyklische Antidepressiva (TZA)
Die trizyklischen Antidepressiva (TZA) sind nach ihrer chemischen Struktur benannt. Sie zählen zu den ersten Medikamenten, die gegen die Depression entwickelt wurden und haben sich seit Ende der 50er Jahre zur wichtigsten Substanzgruppe entwickelt.
Trizyklische Antidepressiva (TZA) greifen an verschiedenen Stellen in den Hirnstoffwechsel ein. Sie beeinflussen die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Noradrenalin, Serotonin und Dopamin. Darüber hinaus entfalten sie auch an verschiedenen Rezeptoren eine Wirkung. Dazu zählen Adreno-, Acetylcholin- und Histaminrezeptoren. Die einzelnen Wirkstoffe beeinflussen immer mehrere Neurotransmittersysteme gleichzeitig, werden aber anhand ihres Hauptwirkungsortes noch weiter klassifiziert.
Die vielen Angriffspunkte der trizyklischen Antidepressiva erklären auch die Vielzahl möglicher Nebenwirkungen, die während der Einnahme auftreten können. Neuere Substanzen haben wegen ihrer besseren Verträglichkeit daher Trizyklische Antidepressiva als Mittel der ersten Wahl häufig abgelöst.
Tetrazyklische Antidepressiva
Tetrazyklische Antidepressiva enthalten im Gegensatz zu den trizyklischen Antidepressiva einen vierten Ring in ihrer chemischen Struktur. Beide Wirkstoffgruppen sind sich hinsichtlich der pharmakologischen Eigenschaften sehr ähnlich. Tetrazyklische Antidepressiva hemmen allerdings in der Regel nicht die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Serotonin, sondern erhöhen durch ihre Wirkung am alpha-2-Rezeptor deren Freisetzung.
Beide Mechanismen haben allerdings eine Konzentrationserhöhung der Neurotransmitter im synaptischen Spalt zur Folge. Tetrazyklische Antidepressiva wirken darüber hinaus auch stark am H1-Rezeptor, weswegen neben einer stimmungsaufhellenden auch eine sedierende Wirkung einsetzt.
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer greifen bevorzugt in den Serotonin-Stoffwechsel ein. Sie hemmen ihrem Namen entsprechend die Wiederaufnahme von Serotonin. In der Folge steigt die Serotonin-Konzentration im synaptischen Spalt an. SSRI weisen ein günstiges Nebenwirkungsprofil auf und werden in der Regel recht gut vertragen. Sie steigern den Antrieb, wirken antidepressiv und spannungslösend (Anxiolyse).
Letztere Wirkung rechtfertigt den Einsatz von SSRI auch bei Angst-, Panik- oder posttraumatischen Belastungsstörungen. Vorsicht ist bei der gleichzeitigen Einnahme von bestimmten Blutgerinnungshemmern geboten. Die Kombinationstherapie kann das Blutungsrisiko erhöhen.
Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer)
Zwei Enzyme, die Monoaminoxidasen A und B, sind Angriffspunkte der MAO-Hemmer. Die physiologische Funktion der Monoaminoxidasen besteht darin Monoamine (z.B. Dopamin, Noradrenalin, Serotonin, Melatonin, Histamin etc.) abzubauen. Monoaminoxidase-Hemmer blockieren die Enzymwirkung, wodurch in der Folge die Monoamin-Konzentration steigt.
Die MAO-Hemmer werden hinsichtlich ihrer konkreten Wirkung noch weiter klassifiziert. MAO-A-Inhibitoren hemmen nur die Monoaminoxidase A. Sie wirken antidepressiv und werden in der Regel gut vertragen. MAO-B-Hemmer wirken nur auf die Monoaminoxidase B und kommen bei der Behandlung des Morbus Parkinson zum Einsatz. Unselektive MAO-Hemmer inhibieren sowohl die MAO-A als auch die MAO-B. Sie werden bei Depressionen und Angststörungen verordnet.
Neben der Selektivität können MAO-Hemmer auch nach Art der Bindung unterschieden werden. Reversible MAO-Hemmer lösen sich wieder vom Enzym, welches dann nach Abbau des Medikaments wieder wirksam zur Verfügung steht. Dahingegen lösen sich irreversible MAO-Hemmer nicht wieder von der Zielstruktur, sodass der Körper erst wieder neue Enzyme synthetisieren muss. Dies kann unter Umständen mehrere Tage bis Wochen dauern.
Patienten, die irreversible, unselektive MAO-Hemmer einnehmen, müssen deswegen einige Besonderheiten beachten. Dazu gehört beispielsweise eine Tyrosin-arme Diät um schwerwiegende Nebenwirkungen zu vermeiden. Nach Möglichkeit wird daher auf den Einsatz der irreversiblen MAO-Hemmer verzichtet.
Atypische Antidepressiva
Unter den Atypischen Antidepressiva werden diejenigen Medikamente zusammengefasst, die sich entsprechend ihrer Wirkung nicht in eine andere Substanzgruppe klassifizieren lassen. Teilweise handelt es sich um einzelne Wirkstoffe mit ganz individuellem Wirkprofil.
Selektive Serotonin-Noradrenalin-Reuptake-Hemmer (SSNRI)
Die selektiven Serotonin-Noradrenalin-Reuptake-Hemmer (SSNRI) hemmen, wie der Name schon sagt, die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin aus dem synaptischen Spalt. In der Folge erhöht sich deren Konzentration.
Selektive Noradrenalin-Dopamin-Reuptake-Hemmer (SNDRI)
Die selektiven Noradrenalin-Dopamin-Reuptake-Hemmer (SNDRI) hemmen die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Dopamin. Sie ähneln in ihrer Stoffstruktur den Amphetaminen und werden neben der Therapie von Depressionen auch häufig zur Behandlung von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit/-Hyperaktivitätsstörung) eingesetzt.
Selektive Noradrenalin-Reuptake-Hemmer (NARI)
NARI hemmen selektiv die Wiederaufnahme von Noradrenalin aus dem synaptischen Spalt. Allerdings deuten Studien darauf hin, dass auf Grund der relativ schlechten Verträglichkeit dieser Wirkstoffe, auch deren Wirkung gegenüber anderen Antidepressiva abgeschwächt ist.
Trazodon
Trazodon wirkt einerseits als Serotonin-Wiederaufnahmehemmer. Darüber hinaus hat er ebenfalls eine Wirkung am 5HT2-Rezeptor, der vor allem im Bereich von Schlaf- und Ruhelosigkeit eine Rolle spielt. Aus diesen Wirkungen ergeben sich die Anwendungsbereiche des Präparats. Trazodon ist zugelassen zur Therapie der Major Depression. Weiterhin wird Trazodon im Off-Label-Use gegen Schlafstörungen eingesetzt.
Pflanzliche Antidepressiva
Es gibt einige pflanzliche Antidepressiva, die zur Behandlung leichter bis mittelschwerer Depressionen zum Einsatz kommen. Zu den bekanntesten Vertretern gehört das Johanniskraut, das bereits seit der Antike als Heilpflanze verwendet wird. Die Wirksamkeit von Johanniskraut gegen seelische Beschwerden wurde zwischenzeitlich auch in einer Vielzahl von klinischen Studien belegt. Allerdings gilt es zu bedenken, dass neben teilweise starken Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auch eine erhöhte Lichtempfindlichkeit ausgelöst wird. Patienten, die Johanniskrautpräparate anwenden, sollten ausgiebiges Sonnenbaden daher vermeiden.
Eine weitere Vertreterin aus der Gruppe der pflanzlichen Antidepressiva ist die Passionsblume. Sie wirkt unter anderem angstlösend und beruhigend. Neben dem Einsatz gegen Verstimmungen wird sie auch bei Schlafstörungen angewendet und ist in verschiedenen Darreichungsformen verfügbar. Pflanzliche Antidepressiva werden von Betroffenen oft besser angenommen und sind bei leichten bis mittelschweren Symptomen eine gute Alternative.
Antidepressiva – Wirkung und Wirkstoffe
Antidepressiva unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Wirkung. Je nachdem, welche(r) der vielen Neurotransmitter oder Rezeptoren beeinflusst wird, können sie sowohl antriebssteigernd, als auch sedierend und hemmend sein. Wenn beispielsweise die führende Symptomatik Schlaf- und Ruhelosigkeit ist, so ist eher eine sedierende Wirkung gewünscht. Bei starken Depressionen, begleitet von zum Beispiel Antriebslosigkeit, soll hingegen eine antriebssteigernde Wirkung erzielt werden. Demzufolge wären sedierende Medikamente unpassend und es wird in der Regel eher auf antriebssteigernde Präparate zurückgegriffen.
Ein weiteres Einsatzgebiet für Antidepressiva findet sich in der adjuvanten Schmerztherapie. Als unterstützende Medikamente können sie in Kombination mit Schmerzmitteln die analgetische Wirkung dieser verstärken. Antidepressiva kommen daher in der modernen Schmerztherapie unterstützend, beispielsweise zur Prävention von Migräne oder bei neuropathischen Schmerzen, zum Einsatz.
Die folgende Grafik zeigt die verschiedenen Angriffspunkte von Antidepressiva im Hirnstoffwechsel:
Antidepressiva Liste – Alle Medikamente im Überblick
Im Folgenden finden Sie eine tabellarische Übersicht zu den am häufigsten verwendeten Wirkstoffen von Antidepressiva. Welches Mittel am besten für jemanden geeignet ist, muss mit dem betreuenden Arzt abgesprochen werden.
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)
Wirkstoff | Dosierung | Indikation | Nebenwirkungen |
Allgemeine Nebenwirkungen der SSRI Schwindel, Kopfschmerz, Schlafstörungen, Sexuelle Dysfunktion, Durchfall, Zittern, Unruhe, Schweißausbrüche, verstärkte Reflexe | |||
Citalopram | initial: 10-20 mg; Erhaltungsdosis: 20-40 mg; 1-mal täglich | Depressionen, Panikattacken |
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Escitalopram | initial: 5-10 mg; Erhaltungsdosis: 10-20 mg; 1-mal täglich | Schwere Depression, Panik- und Zwangsstörungen |
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Fluoxetin | initial: 20 mg; Erhaltungsdosis: 20-60 mg; 1-mal täglich | Schwere Depression, Zwangsstörungen, Bulemie |
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Fluvoxamin | initial: 50-100 mg; Erhaltungsdosis: 100-300 mg; 1-mal täglich | Schwere Depression, Zwangsstörungen |
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Paroxetin | initial: 20 mg; Erhaltungsdosis: 20-50 mg; 1-mal täglich | Schwere Depression, Zwangs-, Angst- und Panikstörungen |
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Sertralin | initial: 25-50 mg; Erhaltungsdosis: 50-200 mg; 1-mal täglich | Schwere Depression, Zwangs-, Angst- und Panikstörungen |
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Trizyklische Antidepressiva (TZA)
Wirkstoff | Dosierung | Indikation | Nebenwirkungen |
Allgemeine Nebenwirkungen der TZA Mundtrockenheit, Verstopfung, Schwitzen, Sedierung, Zittern, Unruhe, Verwirrtheit, Blutdruckschwankungen, Herzrhythmusstörungen, Gewichtszunahme, Abnahme von Libido und Potenz |
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Amitriptylin |
initial: 50 mg; |
Depression, Migräneprophylaxe, Nervenschmerzen |
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Clomipramin |
initial: 50-75 mg; |
Schwere Depression, Panikstörungen, Zwangsstörungen |
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Imipramin |
50-150 mg; |
Schwere Depression |
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Trimipramin |
initial: 25-50 mg; |
Schwere Depression, Angst, Unruhe, Schlafstörungen |
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Selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI)
Wirkstoff | Dosierung | Indikation | Nebenwirkungen |
Allgemeine Nebenwirkungen der SSNRI Blutdruckerhöhung, Übelkeit, Kopfschmerz, Unruhe, Mundtrockenheit, Verstopfung, Schwindel, Müdigkeit, Schwitzen | |||
Duloxetin | initial: 60 mg; Erhaltungsdosis: 60-120 mg; 2-mal täglich | Schwere Depression, neuropathischer Schmerz, Angststörungen |
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Venlafaxin | initial: 75 mg; Erhaltungsdosis: 75-375 mg | Schwere Depression, Angststörungen, Panikstörungen |
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Tetrazyklische Antidepressiva (TetraZA)
Wirkstoff | Dosierung | Indikation | Nebenwirkungen |
Allgemeine Nebenwirkungen der TetraZA Sedierung, Benommenheit, gesteigerter Appetit, Blutbildveränderungen, Restless-Legs-Syndrom, Hautreaktionen, Krampfanfälle | |||
Mirtazapin | initial: 15-30 mg; Erhaltungsdosis: 30-45 mg | Schwere Depression |
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Mianserin | initial: 30 mg; Erhaltungsdosis: 30-90 mg | Schwere Depression |
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Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer)
Wirkstoff | Dosierung | Indikation | Nebenwirkungen |
Allgemeine Nebenwirkungen der MAO-Hemmer
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Isocarboxazid |
initial: 10 mg; |
Depression, Panikstörungen, Demenz |
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Phenelzin |
initial: 15 mg; |
Depression, bipolare Störung, posttraumatische Belastungsstörung |
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Selegilin, transdermal |
initial: 6 mg; |
Mb. Parkinson, Depression (USA) |
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Tranylcypromin |
initial: 10 mg; |
Schwere Depression |
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Pflanzliche Antidepressiva
Wirkstoff | Dosierung | Indikation | Nebenwirkungen |
Allgemeine Nebenwirkungen: Können Leberstoffwechsel beeinflussen und starke Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auslösen. |
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Johanniskraut | Abhängig von der Darreichungsform | Leichte Depression, Erschöpfung, Verstimmung |
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Passionsblume | Abhängig von der Darreichungsform | Schlafstörungen, Unruhe |
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Antidepressiva – Nebenwirkungen und Langzeitfolgen
Das breite Wirkspektrum von Antidepressiva bringt in der Folge auch eine Vielzahl von Nebenwirkungen und Langzeitfolgen mit sich. Grundsätzlich sind einige Fragen bezogen auf die Wirksamkeit dieser Substanzklasse noch ungeklärt. Beispielsweise steigt die Konzentration der Monoamide (Dopamin, Noradrenalin, Serotonin etc.) relativ rasch nach der ersten Medikamentengabe an. Trotzdem setzen die stimmungsaufhellende und andere Wirkungen erst wesentlich später ein.
Außerdem gibt es paradoxe Wirkungen vor allem zu Beginn der Therapie, durch die sich beispielsweise die Suizidalität steigern kann. Bis zur Besserung kann initial sogar eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes unter der Behandlung mit Antidepressiva eintreten. Häufig finden sich vor allem bei den unselektiven Medikamenten anticholinerge Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, hypotone Kreislaufstörungen, Obstipation oder Schlafstörungen. Auch Störungen der Sexualfunktionen oder Gewichtszunahme sind keine Seltenheit. Zudem berichten Betroffene teilweise auch von einer unzureichenden Wirksamkeit der Antidepressiva.
Patienten, die über einen langen Zeitraum hinweg Antidepressiva eingenommen haben, berichten darüber hinaus auch über Langzeitfolgen der Therapie. Beispielsweise ist eine starke Gewichtszunahme während der Behandlung häufig noch sehr lange ein Problem. Außerdem deuten Untersuchungen darauf hin, dass sich durch die langfristige Einnahme von bestimmten Antidepressiva das Risiko für bestimmte Folgeerkrankungen erhöhen könnte.
Antidepressiva und Alkohol
Der Konsum von Alkohol gemeinsam mit der Einnahme von Antidepressiva kann folgenschwer sein. Daher sollte während der Behandlung möglichst unbedingt auf Alkoholgenuss verzichtet werden. Konkret kann Alkohol die Wirkung der Antidepressiva aufheben und zu einer massiven Verschlechterung der Symptome führen.
Darüber hinaus können sich auch Nebenwirkungen verschlechtern und sich bis zu einem lebensbedrohlichen Maß steigern. Weiterhin erhöht sich durch die gleichzeitige Einnahme von Antidepressiva und Alkohol auch das Risiko für Suchterkrankungen. Diese Erkenntnisse überraschen nicht, denn Alkohol hat dosisabhängig einen starken Einfluss auf fast alle Funktionen im Gehirn.
Antidepressiva absetzen – Das gibt es zu beachten
Ein sehr wichtiger Punkt bei der Behandlung mit Antidepressiva ist die Aufklärung über das richtige Vorgehen beim Absetzen der Medikamente. Häufig unterliegen Patienten dem Trugschluss, dass es aufgrund der gebesserten Symptomatik an der Zeit sei, die Einnahme ihrer Medikamente zu beenden, und tun dieses ohne ihren behandelnden Arzt zu konsultieren.
Oft fehlen dann an dieser Stelle wichtige Informationen, denn ein abruptes Beenden der Einnahme von Antidepressiva, kann eine Vielzahl an unerwünschten Effekten bis hin zu starken Entzugserscheinungen auslösen. Dazu zählen beispielsweise Übelkeit, Schüttelfrost, Muskelschmerzen, Schwindel, Angstzustände, Reizbarkeit, Schlaflosigkeit und Müdigkeit. Die Therapiebeendigung sollte daher dringend in ärztlicher Absprache und sehr langsam erfolgen. Dadurch sinkt auch das Risiko schwerer Rückfälle deutlich.
Häufige Fragen
- Welche Antidepressiva gibt es?
- Können Antidepressiva abhängig machen?
- Wie wirken Antidepressiva?
- Sind Antidepressiva rezeptfrei erhältlich?
- Können Antidepressiva Langzeitschäden verursachen?
- Was sind die besten Antidepressiva?
- Welche Antidepressiva kann man miteinander kombinieren?
Es gibt bei den Antidepressiva verschiedene Wirkstoffgruppen. Zu den bekanntesten und ältesten Präparaten zählen die Trizyklischen Antidepressiva. Darüber hinaus existieren eine Vielzahl modernerer und teilweise verträglicherer Alternativen.
Antidepressiva lösen keine Abhängigkeit aus. Dennoch müssen sie langsam ausgeschlichen werden, da ein plötzliches Absetzen negative körperliche Folgen haben kann.
Antidepressiva wirken im Gehirn. Sie beeinflussen den Hirnstoffwechsel zugunsten einer beispielsweise antidepressiven, entspannenden oder angstlösendenen Wirkung. Die Neurotransmitter und deren Rezeptoren bilden dabei die bevorzugten Angriffspunkte.
Antidepressiva sind grundsätzlich rezeptpflichtig. Die einzige Ausnahme können pflanzliche Präparate darstellen, die in verschiedenen Darreichungsformen auch ohne ärztliches Rezept gehandelt werden.
Es gibt Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass Antidepressiva die Entstehung bestimmter Krankheiten begünstigen, wenn sie über einen sehr langen Zeitraum eingenommen werden. Abgesehen davon können auch die Nebenwirkungen, wie beispielsweise eine starke Gewichtszunahme, langfristige Folgen haben.
Es hängt von vielen individuellen Einflussfaktoren ab, welches Antidepressivum in welcher Dosis geeignet sein könnte. Zu den gut wirksamsten und gleichzeitig auch gut verträglichen Antidepressiva gehören zum Beispiel die Wirkstoffe Escitalopram, Paroxetin, Mirtazapin, Sertralin und Agomelatin. Zu diesem Ergebnis kam eine Metaanalyse aus dem Jahr 2018.
Da die Wirkung der zugelassenen Antidepressiva sehr ähnlich ist und eine Erhöhung der Neurotransmitter im synaptischen Spalt erzielt, ist eine Kombination zweier Antidepressiva in den meisten Fällen nicht sinnvoll. Die Behandlungs-Leitlinie sieht nur eine einzige Ausnahme vor, die aber von Patienten häufiger abgebrochen wird, als eine Monotherapie.
- Fritzsche, K., Wirsching, M.: Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Springer Medizin Verlag, 2006
- Kochen, M. M.: Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Georg Thieme Verlag, 2006
- Medikamente – ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige, https://www.uk-erlangen.de/... (Abrufdatum: 22.10.2022)
- Antidepressiva, https://www.psychotherapie-neumuenster.de/... (Abrufdatum: 22.10.2022)
- Leitliniengerechte Pharmakotherapie der Depression, https://www.akdae.de/... (Abrufdatum: 22.10.2022)
- Machen Antidepressiva abhängig? Der sinnvolle Einsatz von Antidepressiva, https://www.limes-schlosskliniken.de/... (Abrufdatum: 22.10.2022)