Phenobarbital gehört zur Gruppe der Antiepileptika und Barbiturate und wird zur Therapie verschiedener Formen von Epilepsie verwendet. Wir erklären alle wichtigen Eigenschaften in diesem Artikel.
Inhaltsverzeichnis
Verwendung
Phenobarbital als auch andere Mittel der Wirkstoffgruppe Barbiturate bzw. Antiepileptika werden zur Behandlung verschiedener Formen der Epilepsie eingesetzt. Es ist jedoch nicht wirksam bei Absencen und nicht für die Vorbeugung oder Behandlung von Fieberkrämpfen geeignet.
Darüber hinaus kann Phenobarbital in Form einer Injektionslösung zur Vorbereitung auf eine Narkose verabreicht werden.
Verschiedene Handelsnamen
Phenobarbital ist als Wirkstoff in verschiedenen Präparaten auf dem Markt. Dazu zählen Aphenylbarbit, Luminaletten und Luminal. Die Produkte sind meist als Tabletten erhältlich.
Wirkung
Barbiturate wie Phenobarbital wirken, indem sie die GABA-Rezeptoren am postsynaptischen Membran verstärken, wo sie mit Alpha- und Beta-Untereinheiten des GABA-A-Rezeptors interagieren. Dies führt zu einer Erhöhung des Chloridioneneintritts, was zu einer GABA-induzierten postsynaptischen Hemmung führt.
Sowohl Barbiturate als auch Benzodiazepine interagieren mit GABA-A-Rezeptoren. Im Gegensatz zu Benzodiazepinen verlängern Barbiturate jedoch die Dauer der GABA-induzierten Kanalöffnung durch den GABA-Rezeptor, selbst bei niedrigen GABA-Konzentrationen. Dies bedeutet, dass die Wirkung nicht nur schlaffördernd ist. Sie können bei höheren Dosen auch eine Schlafanforderung erzwingen.
Es ist wichtig zu beachten, dass Barbiturate eine schmale therapeutische Breite aufweisen und ihre Wirkung dosisabhängig entweder Sedierung, Schlaf, Anästhesie oder Koma einleitet.
Verabreichung
Die übliche Dosierung der “Beruhigungs-Tablette” beträgt bei Erwachsenen zur Behandlung der Epilepsie je nach Bedarf 1 bis 3 mg Phenobarbital pro Kilogramm Körpergewicht. Kinder erhalten 3 bis 4 mg Phenobarbital pro Kilogramm Körpergewicht. Die Verabreichung kann je nach Produkt unterschiedlich sein.
Allgemein sollten Barbiturate mit Vorsicht angewendet werden bei:
- akuter hepatischer Porphyrie
- schweren Nieren- oder Leberfunktionsstörungen
- schweren Herzmuskelschäden
- Vorgeschichte von Suchterkrankungen
- Atemwegserkrankungen, insbesondere bei begleitender Atemnot und Obstruktion
- positiver (Familien-)Vorgeschichte einer affektiven Störung
- Patienten mit Bewusstseinsstörungen
Bei längerer Anwendung (über eine Woche) sollte die Dosis schrittweise reduziert werden.
Nebenwirkungen
Zu den gefährlichsten Nebenwirkungen von Phenobarbital zählen das starke Suchtpotenzial des Wirkstoffs und das relativ hohe Risiko einer Überdosierung. Überdosierungen gehen oft mit Atemdepression, Koma oder Nierenversagen einher.
Bei bestimmungsgemäßer Anwendung sind Verwirrtheitszustände, kognitive Störungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Koordinationsstörungen (Ataxie), verminderte Reaktionsfähigkeit und paradoxale Erregungszustände die häufigsten Nebenwirkungen von Phenobarbital. Weitere sehr häufige Nebenwirkungen sind starke Beruhigung und Schläfrigkeit/Mattigkeit sowie Störungen der Sexualfunktion mit verminderter Libido und Impotenz.
Wechselwirkungen
Bei der Anwendung von Phenobarbital sind folgende Wechselwirkungen zu beachten:
Andere zentral wirkende Arzneimittel (bestimmte Psychopharmaka, Narkotika, Schmerzmittel und Antihistaminika) sowie Alkohol können die Nebenwirkungen verstärken.
Barbiturate können die Bildung von Enzymen steigern, die den Abbau einiger Medikamente beschleunigen, wie orale Antikoagulanzien, Kortikoide, Lamotrigin, Oxcarbazepin, Schilddrüsenhormone, Doxycyclin, Chloramphenicol, Antimykotika vom Azol-Typ, Griseofulvin und orale Kontrazeptiva (Pille).
Die Plasmakonzentration von Phenobarbital kann bei gleichzeitiger Anwendung von Felbamat erhöht und bei gleichzeitiger Anwendung von Valproinsäure verstärkt werden.
Barbiturate können die Methotrexat-Toxizität verstärken und die Wirkung von Glukokortikoiden vermindern.
Phenytoin kann die Plasmakonzentration von Phenobarbital erhöhen, während Phenobarbital die Phenytoin-Konzentration sowohl erhöhen als auch verringern kann.
Gegenanzeigen
Phenobarbital darf nicht angewendet werden bei:
- Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder anderen Barbituraten
- Akuter Alkohol-, Schlafmittel- oder Schmerzmittelvergiftung sowie bei Vergiftung durch Anregungsmittel oder dämpfende Psychopharmaka
- Als Injektion darf Phenobarbital nicht bei akuter hepatischer Porphyrie, schweren Leberfunktionsstörungen oder schwerer Atemdepression verabreicht werden.
Schwangerschaft
Bei Kindern, die im Mutterleib Phenobarbital ausgesetzt waren, wurden erhöhte Raten von Mikrozephalie, kranialen Dysmorphien, niedrigerem Geburtsgewicht und verminderter Körperlänge beobachtet. In einigen Studien wurde auch ein erhöhtes Risiko für Herzfehler festgestellt.
Phenobarbital sollte während der Schwangerschaft nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung angewendet werden. Dabei müssen die Risiken für den Embryo sorgfältig gegen die Risiken abgewogen werden, die sich aus einer unbehandelten Epilepsie für Mutter und Kind ergeben.
Wenn Phenobarbital unverzichtbar ist, sollte die niedrigste Dosierung verwendet werden, die zur Anfallskontrolle erforderlich ist. Um Fehlbildungen zu verhindern, sollten Phenobarbital-Dosen, insbesondere während der sensiblen Phase der Embryonalentwicklung zwischen dem 20. und 40. Schwangerschaftstag, in mehreren kleinen Dosen über den Tag verteilt werden.
Die Serumkonzentration von Phenobarbital kann im ersten Monat der Schwangerschaft abfallen und steigt oft nach der Geburt wieder auf das vorherige Niveau. Während der Schwangerschaft, insbesondere bis zum 40. Tag, sollte die Serumkonzentration im unteren therapeutischen Bereich liegen. Die regelmäßige Überwachung der Serumkonzentration bis zum Ende der Stillzeit ist ebenfalls erforderlich, um Intoxikationen nach der Geburt zu vermeiden.
Da die Kombination von Phenobarbital mit anderen Antikonvulsiva oder Arzneimitteln das Risiko von Fehlbildungen erhöht, sollte sie vermieden werden, insbesondere bei Frauen im gebärfähigen Alter und während der Schwangerschaft.
Während der Therapie mit Phenobarbital kann es zu einem Folsäuremangel kommen, der zu Fehlbildungen führen kann, insbesondere Neuralrohrdefekte. Daher sollte Folsäure vor und während der Schwangerschaft ergänzt werden.
Bei Neugeborenen, die im Mutterleib Phenobarbital ausgesetzt waren, wurden vermehrt Vitamin K-abhängige Gerinnungsstörungen beobachtet. Daher wird empfohlen, schwangere Frauen in den letzten vier Wochen der Schwangerschaft mit oralem Vitamin K zu versorgen und Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt Vitamin K zu verabreichen.
Neugeborene von Müttern, die mit Phenobarbital behandelt wurden, können Entzugserscheinungen zeigen, insbesondere wenn sie nicht gestillt werden. Daher sollten diese Säuglinge sechs bis sieben Wochen lang sorgfältig überwacht werden. Die Behandlung mit Phenobarbital sollte während der Schwangerschaft nicht ohne ärztliche Zustimmung abgebrochen werden, da ein plötzlicher Abbruch oder eine unkontrollierte Reduzierung der Dosis zu epileptischen Anfällen führen kann, die Mutter und Kind schaden können.
Stillzeit
Phenobarbital wird in die Muttermilch ausgeschieden. Frauen, die hohe Dosen von Phenobarbital erhalten, sollten nicht stillen. Bei Frauen, die niedrige Dosen von Phenobarbital erhalten, sollte die Entscheidung, ob sie stillen sollten, sorgfältig zwischen dem Risiko von Entzugserscheinungen beim nicht gestillten Säugling und den pharmakologischen Wirkungen beim gestillten Säugling (Sedation mit vermindertem Saugreflex und daraus resultierendem Gewichtsverlust) abgewogen werden.
In den ersten Lebenswochen kann die Serumkonzentration von freiem Phenobarbital beim gestillten Neugeborenen höher sein als bei der Mutter, da Phenobarbital sowohl durch intrauterine Exposition als auch durch die Milch akkumuliert wird. Daher sollten gestillte Säuglinge sorgfältig auf Sedierungsanzeichen überwacht werden. Das Abstillen sollte langsam über mehrere Wochen erfolgen, um Entzugserscheinungen beim Kind zu vermeiden. Ein abruptes Abstillen erfordert eine ärztliche Überwachung des Säuglings.
Beeinflussung der Fahrtüchtigkeit
Selbst bei bestimmungsgemäßem Gebrauch kann Phenobarbital die Reaktionsfähigkeit so stark beeinflussen, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr und zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird. Dies gilt besonders, wenn Alkohol im Spiel ist. Daher sollten während der ersten Behandlungstage das Führen von Fahrzeugen, das Bedienen von Maschinen oder andere gefährliche Tätigkeiten vermieden werden.
Dieser Artikel ist nur zur Information bestimmt. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbst Diagnosen zu stellen sowie Behandlungen anzufangen oder abzusetzen. Die Informationen können keinen Arztbesuch ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen ist leider nicht möglich.