
Bei einem Krampfanfall verlieren Betroffene kurzzeitig die Kontrolle über ihren Körper. In vielen Fällen sinken sie plötzlich zu Boden und fangen an zu zucken und zu krampfen. Eine Störung im Gehirn löst den Krampfanfall aus und ist in manchen Fällen eine Form der Epilepsie. Hier lesen Sie alle wichtigen Informationen zu einem Krampfanfall.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Krampfanfall?
Ein Krampfanfall ist ein plötzlich eintretendes Erlebnis, bei dem der Betroffene Verkrampfungen, Zuckungen und Bewusstseinsausfälle erleidet. Häufig ist ein Krampfanfall ein Synonym für einen epileptischen Anfall, auch wenn es nicht zwingend zu einer Verkrampfung kommt. Es kann nämlich auch nur zu Bewusstseins- und Wahrnehmungsstörungen kommen. Man muss einen Krampfanfall auch von anderen Erkrankungen und Störungen unterscheiden, da diese ebenfalls zu Muskelverkrampfungen führen können.
Fokaler Krampfanfall
Ein fokaler Krampfanfall betrifft nur einen bestimmten Teil des Gehirns, daher sind die Symptome aufgrund der verschiedenen betroffenen Areale oft sehr unterschiedlich. So kann es beispielsweise zu Bewegungsstörungen im linken Bein kommen, wenn der Krampfanfall durch genau diese Hirnregion ausgelöst wird. Neben Bewegungsstörungen, Krämpfen und Zucken kann der Betroffene auch Empfindungs- und Bewusstseinsstörungen erleben. Jedoch verliert der Betroffene bei einem einfachen fokalen Krampfanfall nicht das Bewusstsein.
Generalisierter Krampfanfall
Im Gegensatz zu dem fokalen Krampfanfall, ist bei einem generalisierten Krampfanfall das gesamte Gehirn betroffen. Einen generalisierten Krampfanfall teilt man in fünf Untergruppen ein. Zu diesen gehören Absence, klonischer Krampfanfall, tonischer Krampfanfall, atonischer Krampfanfall und der tonisch-klonische Krampfanfall. Die Symptome der einzelnen Untergruppen werden im nächsten Abschnitt behandelt. Ein Krampfanfall kann auch fokal beginnen und steigert sich dann zu einem generalisierten Anfall. Dies bezeichnet man als sekundär generalisierten Krampfanfall.
Krampfanfall – Symptome
Da Krampfanfälle durch verschiedene Tätigkeiten im Gehirn ausgelöst werden, gibt es viele unterschiedliche Symptome, die man zwischen fokalen und generalisierten Anfällen unterscheidet.
Symptome bei fokalen Anfällen
- Plötzliche abnorme Empfindungen und Wahrnehmungsstörungen, beispielsweise Sehstörungen oder Unwirklichkeitsgefühl
- Muskelzuckungen in einzelnen Bereichen
- Kurzer Bewusstseinsverlust der Automatismen, beispielsweise unwillkürliches Schmatzen oder Schlucken
Symptome bei generalisierten Anfällen
Bei generalisierten Anfällen gibt es eine Bandbreite an Symptomen. Im folgenden Abschnitt stellen wir die möglichen Symptome nach Anfallsart vor:
Absence
- plötzlicher Bewusstseinsverlust
- dauert nur wenige Sekunden
- Betroffene sind nicht ansprechbar und reagieren nicht
- keine Sturzgefahr
- Betroffene kann sich an nichts erinnern
Klonischer Krampfanfall
- rhythmische und krampfartige Kontraktion von Muskelgruppen
- Zuckungen
Tonischer Krampfanfall
- Muskelanspannung
- keine Zuckungen
- Betroffene krümmen sich am Boden
Atonischer Krampfanfall
Teil der Körpermuskulatur erschlafft, zum Beispiel sinkt der Arm ab oder das Kinn fällt auf die Brust
Tonisch-klonischer Anfall
- wird auch „großer Krampfanfall“ oder „Grand Mal“ genannt
- beginnt mit einem tonischen Krampfanfall und geht in Zuckungen über
- vor dem Anfall fühlen sich Betroffene meist unwohl, haben seltsame Sinneseindrücke oder Halluzinationen
- Sturz
- Verkrampfung am ganzen Körper
- Zungen- oder Wangenbiss
- nässen sich ein
- stoßen zu Beginn des Anfalls einen Schrei aus
- danach fallen Betroffene in den Schlaf oder sind benommen
Krampfanfall – Ursachen und Auslöser
Ein Krampfanfall wird durch die Funktionsstörung von Neuronen, beziehungsweise Nervenzellen, in der Hirnrinde ausgelöst. Nervenzellen erzeugen jede Sekunde millionenfach Signale im Gehirn und leiten diese geordnet weiter. Diese Ordnung geht bei einem Krampfanfall verloren und eine bestimmte Gruppe von Nervenzellen entladen sich gleichzeitig, indem sie ihre Signale unkoordiniert weitergeben. Die empfangenden Nervenzellen werden von diesem Vorgang angesteckt und so breitet sich dies weiter und weiter aus.
In der Regel treten Krampfanfälle in Kombination mit einer Epilepsie auf. Hier sind die Neuronen der Betroffenen anfälliger für eine solche Kettenreaktion im Gehirn. Meist gibt es keinen erkennbaren Grund, jedoch kann ein Krampfanfall auch eine Reaktion auf folgende Reize sein:
- Verletzungen im Gehirn
- Erhöhter Hirndruck
- Stoffwechselstörung, Unterzuckerung
- Optische Reize, wie Discolicht
- Hirntumor
- Entzündung im Gehirn
- Durchblutungsstörungen, beispielsweise bei einem Schlaganfall
- Vergiftungen durch Medikamente wie Antidepressiva
- Sauerstoffmangel
- Drogenentzug
- Alkoholentzug
- Schlafmangel
Tritt ein Krampfanfall nur einmalig auf, muss es sich nicht um eine Epilepsie handeln. Es handelt sich vielmehr um einen Gelegenheitsanfall.
Epileptischer Anfall (Grand Mal) – Ablauf
Der Ablauf eines Grand-Mal Anfalls verläuft in mehreren Phasen ab. In manchen Fällen bemerken Patienten schon vor dem Anfall, dass etwas nicht stimmt. Dies nennt man eine Aura, jedoch ist sie kein zwingender Bestandteil eines Krampfanfalles.
Die präiktale Phase
Den Zeitraum bevor ein epileptischer Anfall beginnt, bezeichnet man als präiktale Phase oder Prodromalphase. Diese Phase dauert wenige Minuten bis mehrere Tage und Betroffene verhalten sich eventuell anders oder fühlen sich merkwürdig. Das sogenannte Warnsignal des Körpers bezeichnet man als Prodrom und es wird auch oft mit der Aura in Verbindung gebracht. Eine Aura findet jedoch unmittelbar vor dem Anfall statt.
Typische Anzeichen, die oft einem Migräne-Anfall ähneln, einer Prodromalphase sind:
- Nervosität
- Ängstlichkeit
- Schwindel
- Kopfschmerzen
Die iktale Phase
Der Zeitraum während eines Anfalls nennt sich iktale Phase. Hier herrscht ein Gewitter im Kopf und es kommt zu physikalischen Veränderungen. Diese können mit medizinischen Geräten, wie EEG und EKG gemessen werden. Die Werte geben Hinweise auf die Art und den Ort des Ursprungs des Krampfanfalls.
Die postiktale Phase
Eine postiktale Phase bezeichnet das Ende vom Anfall und den Übergang in den körperlichen Normalzustand. Sie wird gekennzeichnet durch die Erholungsphase des Gehirns und kann wenige Sekunden bis Stunden andauern. Abhängig ist die Dauer von verschiedenen Faktoren, wie der betroffene Bereich des Gehirns oder die medikamentöse Therapie.
Die interiktale Phase
Die interiktale Phase beschreibt die Zeit zwischen zwei Krampfanfällen. Vor allem in diesem Zeitraum haben Betroffene mit psychischen Störungen zu kämpfen, die sich in Ängstlichkeit und Depressionen ausdrücken. Typische Symptome sind hier:
- Reizbarkeit
- Geringe Frustrationstoleranz
- Stimmungsschwankungen
Diese Beschwerden dauern wenige Stunden bis mehrere Tage an und verschwinden dann meist spontan. Betroffene und deren Familien empfinden die interiktale Phase als einen normalen Teil der Epilepsie.
Weiterführende und detaillierte Informationen über Epilepsie finden Sie im gleichnamigen Artikel: Epilepsie
Epileptischer Anfall – Erste Hilfe Maßnahmen
Epileptische Anfälle äußern sich oft unterschiedlich und Betroffene fühlen sich danach verunsichert oder ängstlich. Es ist enorm hilfreich ihnen in diesem Zeitpunkt beizustehen und Sicherheit zu geben. Auch während dem Anfall gibt es viele verschiedene Erste Hilfe Maßnahmen, die beachtet werden müssen. Es ist wichtig ruhig zu bleiben und die folgenden Punkte während eines Anfalls zu beachten.
Gefährliche Gegenstände entfernen
Damit Verletzungen vermieden werden können, sollten gefährliche Gegenstände aus dem Umfeld des Krampfenden entfernt oder abgesichert werden.
Vor Verletzungen schützen
Neben dem Entfernen von gefährlichen Gegenständen im Umfeld, ist es auch wichtig auf den Kopf des Betroffenen zu achten. Es kann helfen unter den Kopf einen weichen Gegenstand, wie eine Jacke oder ein Kissen, zu legen und dann den Betroffenen nicht mehr zu berühren und abzuwarten, bis der Anfall vorüber ist. Zusätzlich kann es helfen naheliegende Kanten, Treppen oder ähnliches abzusichern.
Nichts zwischen die Zähne
Dem Betroffenen sollten auf keinen Fall Gegenstände als Beißkeil in den Mund gesteckt werden, um zu verhindern, dass man sich auf die Zunge oder Backen beißt. Dies könnte die Situation nur verschlimmern, indem der Gegenstand womöglich verschluckt oder eingeatmet wird.
Patient nicht festhalten
Man sollte den Patienten während dem Anfall nicht festhalten, sondern daneben warten, bis der Krampfanfall abgeklungen ist.
Patient nicht alleine lassen
Wichtig ist es auch, dass der Betroffene nicht alleine gelassen wird – man sollte den Krampfenden nur dann verlassen, wenn das Hilfeholen unumgänglich ist, weil der Anfall nicht aufhört.
Auch nach dem Anfall sollte man bei der Person bleiben. Es dauert einige Zeit, bis die Person wieder ganz zu sich kommt und sie braucht zunächst Orientierung. In manchen Fällen wollen Betroffene sofort schlafen und sollten dann in eine stabile Seitenlage gebracht werden.
Handelt es sich um einen Anfall in der Öffentlichkeit, ist es wichtig Schamgefühle zu beachten und zu vermeiden. Es kann durchaus sein, dass sich mehrere Menschen aufgrund des Anfalls ansammeln und der Betroffene sich beispielsweise vor der Masse ungewollt eingenässt hat. Eine Decke oder Jacke bieten hier Schutz und Wärme.
Anfallsdauer messen
Es ist wichtig während einem Anfall auf die Uhr zu schauen, um zu beobachten, wie lange der Anfall dauert. In der Regel beginnt der Anfall plötzlich und endet nach wenigen Minuten. Sobald der Anfall länger als fünf Minuten dauert, muss der Notarzt unter der 112 gerufen werden.
Atemwege kontrollieren
Sitzt die Kleidung durch die Krampfposition des Betroffenen zu eng am Hals, hilft es diese zu lockern. Nach einem solchen Anfall muss man unbedingt kontrollieren, ob die Atemwege frei sind. Dies kann man vor allem mit der stabilen Seitenlage erreichen.
Stabile Seitenlage
Um die Atemwege zu sichern, sollte der Patient in die Bauch- oder stabile Seitenlage gedreht werden. So kann kein Erbrochenes in die Luftröhre oder Lunge geraten und man schützt den Betroffenen vor einer lebensbedrohlichen Anfalls-Komplikation.
Notfallmedikament
Manche Betroffene haben ein extra Notfallmedikament bei sich, welches Begleitpersonen während einem Anfall einsetzen können. Sobald der Anfall länger dauert, kann man das Medikament in Tablettenform in die Wangentasche legen oder als Creme mit einer kleinen Tube in den After spritzen. Das Medikament beendet den Anfall dann. Sofern der Notarzt kommt, verabreichen diese meist ebenfalls ein Medikament über die Vene.
Wann sollte ein Arzt gerufen werden?
In vielen Fällen dauert ein Anfall nur wenige Minuten und die Betroffenen sind danach wieder voll funktionsfähig. Hier wird keine ärztliche Hilfe benötigt.
Handelt es sich um einen großen Anfall, muss immer ein Notarzt gerufen werden. Charakteristisch dafür ist:
- Der Krampfanfall dauert mehr als fünf Minuten.
- Es finden mehrere Anfälle hintereinander statt.
- Der Patient hat Atemprobleme.
- Es kam zu Verletzungen.
- Es handelt sich um den ersten Anfall.
- Die Person kommt nicht zu sich.
Ist der Arzt zur Stelle hilft eine genaue Schilderung des Krampfanfalles. Dies kann auch bei der Diagnose hilfreich sein.
Krampfanfall – Komplikationen und Folgeschäden
Bei einem Krampfanfall kann es durchaus zu Komplikationen und Folgeschäden kommen. Zu diesen gehören das Beißen auf Zunge und Wange und starke Muskelkontraktionen, die zu Knochenbrüchen führen können. Zusätzlich stürzen Betroffene von Krampfanfällen oft und können sich bei dem Sturz verletzen.
Dauert ein Anfall mehr als zwanzig Minuten, handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Notfall, auch Status epilepticus genannt. In sehr seltenen Fällen kann es durch diesen Krampfanfall zu einem Herzstillstand kommen.
Wie gefährlich ist ein Krampfanfall?
Ein Krampfanfall kann auf Außenstehende sehr dramatisch und gefährlich wirken, jedoch ist das bei den meisten nicht der Fall. Handelt es sich um einen einzelnen Anfall ist dieser nicht gefährlich für das Gehirn und endet auch nach ein bis zwei Minuten.
Gefährlich ist ein Krampfanfall meist durch das bestehende Verletzungsrisiko beispielsweise durch einen Sturz oder das Beißen auf die Zunge.
Kann ein Krampfanfall tödlich enden?
In sehr seltenen Fällen kommt es zu einem Herz-Kreislauf-Versagen und einem plötzlich unerwarteten Tod durch Epilepsie. Da dieses Risiko meist vorhanden ist, wird Epilepsie auch bei nur wenigen Anfällen behandelt.
Der Status epilepticus ist ebenfalls lebensgefährlich, jedoch gehört dies ebenfalls zu den sehr seltenen Fällen. Allerdings kann das Gehirn bei diesem Krampfanfall zu Schaden kommen.
Krampfanfall – Diagnose und Behandlung
Ein Arzt klärt zunächst ab, ob es sich tatsächlich um einen Krampfanfall gehandelt hat. Hier müssen andere mögliche Ursachen mit ähnlichen Symptomen ausgeschlossen werden. Dabei hilft es eine genaue Schilderung der Symptome parat zu haben, die der Patient entweder selbst oder durch einen Angehörigen, der den Anfall mitbekommen hat, dem Arzt mitteilt. Unterstützend können hier Fotos und Videos des Anfalls sein.
Für weitere Untersuchungen wird ein EEG, also ein Elektroenzephalogramm, durchgeführt. Damit werden die Hirnströme untersucht, welche Auskunft über den Krampfanfall geben können. Zusätzlich führt man auch oft ein MRT, Magnetresonanztomographie, durch. Hier werden abnorme Strukturen des Gehirns sichtbar.
Treten Krampfanfälle häufiger auf oder es wird eine Epilepsie festgestellt, behandelt man diese mit speziellen Medikamenten, wie Antiepileptika. Diese heilen die Krankheit zwar nicht, reduzieren aber die Anfallhäufigkeit. Die Medikamente haben häufig zahlreiche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen. Falls die Wirkung der Medikamente nicht ausreicht, gibt es auch chirurgische Eingriffe, die in Frage kommen könnten.
Krampfanfall – Wie vermeiden?
Selbst wenn der letzte Krampfanfall schon einige Zeit zurückliegt, sollte man die Erkrankung auf keinen Fall vergessen oder unterschätzen. Mit Medikamenten kann man die Häufigkeit zwar reduzieren, jedoch nicht komplett ausschließen. Daher sollten folgende Dinge zusätzlich beachtet werden:
- Risikoreiche Berufe abwägen
- Lenken von Fahrzeugen eventuell vermeiden
- Arbeiten in großer Höhe vermeiden
- Genügend Schlaf
- Reduzierter Alkoholgenuss
Mehr zu Krampfanfall
1. U. Beise, S. Heimes, W. Schwarz: Gesundheits- und Krankheitslehre, Springer Medizin Verlag, 2. Auflage, 2009
2. Epileptische Anfälle, www.epilepsie-gut-behandeln.de (Abrufdatum: 24.06.2020)
3. Notfall: Krampfanfall, www.anaesthesisten-im-netz.de (Abrufdatum: 24.06.2020)
4. Epilepsie – Erste Hilfe, www.epilepsie-vereinigung.de (Abrufdatum: 26.06.2020)
4. Bei anhaltendem epileptischen Anfall Notarzt rufen, www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org (Abrufdatum: 26.06.2020)