
Die Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Nephrologie dient als Ergänzung zur Facharztkompetenz von Medizinern/-innen und spezialisiert sie auf Vorbeugung, Erkennung und Erkrankungen der Niere und ableitenden Harnwege bei Kindern und Jugendlichen. Ziel ist eine konservative Akut- oder Langzeitbehandlung der Erkrankung inklusive Planung und Steuerung der Rehabilitation.
Inhaltsverzeichnis
Kinder- und Jugend-Nephrologie im Überblick
- Anzahl Fachärztinnen und -ärzte: Etwa 120 Ärzte/-innen in Deutschland haben die Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugend-Nephrologe/-in und arbeiten in diesem Bereich, mehrheitlich in spezialisierten Behandlungszentren.
- Geschlechterverteilung: Etwa 40% der Mediziner/innen mit der Weiterbildung Kinder- und Jugend-Nephrologie sind weiblich.
- Dauer: Die Weiterbildungszeit beträgt 24 Monate.
Bedeutung des Fachgebiets Kinder- und Jugend-Nephrologie
In der Kinder- und Jugend-Nephrologie werden Nierenerkrankungen von Heranwachsenden behandelt. Es gibt verschiedene Nierenerkrankungen, die typischerweise bei Kindern und Jugendlichen auftreten können. Einige dieser Erkrankungen sind:
- Nephrotisches Syndrom
- Hämolytisch-urämisches Syndrom
- Angeborene Nierenanomalien
- Pyelonephritis
- Glomerulonephritis
Mediziner/innen mit der Weiterbildung in der Kinder- und Jugend-Nephrologie behandeln alle diese sowie weitere Erkrankungen des Harnsystems bei Kindern und Jugendlichen. Zu ihren Aufgaben gehören die Diagnose, Überwachung und Behandlung von Nierenerkrankungen sowie die Verwaltung von Nierenersatztherapien wie Dialyse und Nierentransplantationen.
Nierenerkrankungen können bei Erwachsenen und Kindern unterschiedlich verlaufen, da sich die Nierenfunktion und die zugrunde liegenden Ursachen bei beiden Gruppen unterscheiden. Einige der Unterschiede bei Nierenerkrankungen zwischen Erwachsenen und Kindern sind:
Unterschiedliche Ursachen: Die häufigsten Ursachen für Nierenerkrankungen bei Erwachsenen sind Diabetes und Bluthochdruck, während bei Kindern genetische Störungen, Fehlbildungen der Nieren und Harnwege sowie akute Infektionen der Nieren (Nephritis) die häufigsten Ursachen sind.
Unterschiedliche Symptome: Kinder können möglicherweise nicht alle Symptome einer Nierenerkrankung wie Erwachsene ausdrücken. Bei Kindern können Symptome wie Appetitlosigkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen, Fieber, Bluthochdruck und Verzögerungen im Wachstum auf eine Nierenerkrankung hinweisen.
Unterschiedliche Behandlung: Kinder benötigen möglicherweise spezielle Dosen von Medikamenten, und ihre Behandlung kann von einem multidisziplinären Team durchgeführt werden, das aus Nephrologen/-innen, Pädiatern/-innen, Diätassistenten/-innen und anderen Spezialisten/-innen besteht. Bei Erwachsenen liegt der Schwerpunkt oft auf der Kontrolle von Diabetes und Bluthochdruck sowie auf der Durchführung von Dialysen.
Voraussetzungen für die Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Nephrologie
Kinder-Nephrologen/-innen sind Kinderärzte/-innen, die eine umfassende medizinische Ausbildung absolviert haben. Zur Erlangung der Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugendnephrologe/-in bedarf es also dieser Facharztausbildung:
Dauer der Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Nephrologie
Die Zusatz-Weiterbildung Kinder-Nephrologie umfasst zwei Jahre, also 24 Monate, in denen die Ärzte/-innen das theoretische Wissen erwerben und in Kliniken oder spezialisierten Behandlungszentren ihre Fertigkeiten in den erlernten Kompetenzen verfeinern.
Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Nephrologie
Die Musterweiterbildungsordnung (MWBO) der Bundesärztekammer empfiehlt die folgenden Kompetenzen und Weiterbildungsinhalte (Richtzahlen in Klammern):
Übergreifende Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Nephrologie
Kognitive und Methodenkompetenz (Kenntnisse)
- Grundlagen der Epidemiologie nephrologisch-urologischer Erkrankungen
- Molekulargenetische, embryologische, infektiologische und immunologische Grundlagen
- Wirkungsweise von und Indikationen für Immunsuppressiva und Biologika
- Indikationen für Impfungen unter Immunsuppression
- Palliativmedizinische Versorgung
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Indikationsstellung zur genetischen Diagnostik
- Koordination der interdisziplinären und interprofessionellen Zusammenarbeit
- Langzeitversorgung in Kooperation mit spezialisierten Einrichtungen
- Ernährungsberatung Schulungsmaßnahmen unter Einbindung von Bezugspersonen
- Einleitung von präventiven und rehabilitativen Maßnahmen bei chronischen Erkrankungen
- Indikationsstellung zur psychosozialen Therapie
- Indikationsstellung und Befundinterpretation bildgebender Verfahren, z. B.
Angeborene und hereditäre Fehlbildungen der Nieren und ableitenden Harnwege
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Weiterführende Diagnostik und Therapie der angeborenen und hereditären Fehlbildungen der Nieren und ableitenden Harnwege
- Interdisziplinäre Indikationsstellung zu urologisch-chirurgischen Behandlungsverfahren
Blasenentleerungsstörungen
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Weiterführende Diagnostik und Therapie von Blasenentleerungsstörungen
Infektiöse Erkrankungen der Nieren und ableitenden Harnwege
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Diagnostik und Therapie der komplizierten Infektionen der Nieren und ableitenden Harnwege
Glomerulopathien
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Weiterführende Diagnostik und Therapie des nephrotischen Syndroms Diagnostik und Therapie akuter und chronischer Glomerulopathien, auch im Rahmen von Systemerkrankungen
Tubulopathien
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Weiterführende Diagnostik und Therapie von Tubulopathien
- Weiterführende Diagnostik und Therapie von Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushaltes
Tubulointerstitielle Erkrankungen
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Weiterführende Diagnostik und Therapie von tubulointerstitiellen Erkrankungen, Nephrokalzinosen und Nierensteinen
Arterielle Hypertonie
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Weiterführende Diagnostik und Therapie bei arterieller Hypertonie
Akutes Nierenversagen
Kognitive und Methodenkompetenz (Kenntnisse)
- Ursachen und Management
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Weiterführende Diagnostik und Therapie bei akutem Nierenversagen
Chronisches Nierenversagen
Kognitive und Methodenkompetenz (Kenntnisse)
- Ursachen und Management sowie Nephroprotektion
- Neurokognitive Entwicklung
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Diagnostik und Therapie bei chronischem Nierenversagen einschließlich der hormonellen, metabolischen, ossären und kardiovaskulären Folgeerkrankungen
Nierentransplantation
Kognitive und Methodenkompetenz (Kenntnisse)
- Ethische und rechtliche Aspekte
- Therapieoptionen maligner Komplikationen
- Transplantationsstandards
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Immunsuppressive Therapie Differentialdiagnostik und Therapie infektiologischer Komplikationen
- Differentialdiagnostik und Therapie von akuter und chronischer zellulärer und humoraler Transplantatabstoßung
- Vorbereitung sowie prä- und postoperative Versorgung von Kindern mit Nierentransplantation (10)
- Langzeitversorgung einschließlich Steuerung und Überwachung der immunsuppressiven Medikation (25)
- Doppler-/Duplex-Untersuchungen der Transplantatnieren (25)
Pharmakotherapie bei Störungen der Nierenfunktion
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
Medikamentöse Therapie bei Nierenfunktionseinschränkung einschließlich Monitoring
Technische Verfahren
Kognitive und Methodenkompetenz (Kenntnisse)
- Grundlagen, Technik und Indikation von Blutreinigungsverfahren, Apheresemethoden, Entgiftungsverfahren, Peritonealdialyse und apparativer Nierenersatztherapie Dialyse-Standards
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Doppler-/Duplex-Untersuchungen der Nieren- und Abdominalgefäße einschließlich bei Transplantierten (100)
- Sonographie der Halsgefäße als „vascular access“ für Blutreinigungsverfahren (10)
- Shuntsonographie (10)
- Nierenbiopsie einschließlich bei Transplantatnieren (10)
- Hämodialyse und verwandte Techniken wie Filtration, Adsorption und Separation in unterschiedlichen Altersgruppen (500)
- Peritonealdialyse in unterschiedlichen Altersgruppen (1.000)
- Extrakorporale Blutreinigungsverfahren bei Intoxikationen, Stoffwechselerkrankungen, Stoffwechselkrisen (10)
Wichtiger Hinweis: Da die MWBO den zuständigen Landesärztekammern lediglich zur Orientierung dient, kann es je nach Bundesland zu unterschieden kommen. Alle notwendigen Informationen gibt es bei der zuständigen Ärztekammer.
Abschluss der Weiterbildung
Um sich für die Abschlussprüfung zur Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Nephrologie anmelden zu können, müssen Ärzte/-innen das Logbuch für die Weiterbildung vollständig ausgefüllt haben und alle Inhalte der Ausbildung absolviert haben. Das Logbuch dient dabei als Nachweis für die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten während der Weiterbildung. Die Prüfung selbst beinhaltet eine Überprüfung des theoretischen Wissens, manchmal ergänzt durch praktische Übungen, um sicherzustellen, dass das Weiterbildungsziel erreicht ist, sprich: dass Ärzte/-innen alle notwendigen Fähigkeiten beherrschen, um in ihrer medizinischen Fachrichtung erfolgreich zu arbeiten. Sie dauert mindestens 30 Minuten, der Zeitraum kann je nach Ärztekammer und Prüfenden erweitert werden.
Karrieremöglichkeiten mit Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugend-Nephrologe/-in
In Deutschland wird die kindernephrologische Versorgung hauptsächlich von den 17 spezialisierten Nierenzentren für Kinder und Jugendliche übernommen, die mit den entsprechenden Universitäts- und Kinderkliniken kooperieren bzw. ihnen angeschlossen sind. Hier erhalten die jungen Patienten/-innen eine umfassende und auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Behandlung, bei der auch Eltern und Familienmitglieder einbezogen werden. Hier sind viele der Ärzte/-innen mit der Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Nephrologie tätig. Weiterbildungen ermöglichen die Chance auf Stellen als Oberarzt/-ärztin oder Chefarzt/-ärztin-Jobs.
Als Fachärzte/-innen mit eigener Praxis können Kinderärzte mit der Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugend-Nephrologe ihr Tätigkeitsfeld erweitern.
Gehaltsperspektiven für Kinder- und Jugend-Nephrologen/-innen
Das Facharzt-Gehalt liegt in der Regel aufgrund tariflicher Bezahlung zwischen 6.400 Euro und 8.400 Euro. Dies ändert sich durch und während der Zusatz-Weiterbildung erstmal nicht. Ausschlaggebend sind Karrierelevel und Erfahrung. Die Höhe des Gehalts richtet sich dabei nach den Tarifverträgen des Arbeitgebers. Gehälter privater Träger können davon abweichen. Je mehr Weiterbildungen und damit auch Kenntnisse und Fertigkeiten Ärzte/-innen während ihrer Karriere erwerben, verbessert sich damit die Chance auf eine Führungsposition. Damit sind auch höhere Gehälter, z.B. als Oberarzt/-ärztin oder Chefarzt/-ärztin zu erwarten. Als Arzt/Ärztin mit eigener Niederlassung verbessert sich die Behandlungspalette und damit auch die Aussicht auf einen höheren Praxisreinertrag.
Häufige Fragen zu Kinder- und Jugend-Nephrologie
- Was ist Kinder- und Jugend-Nephrologie?
- Wie erhält man die Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugend-Nephrologe/-in?
- Wie lange dauert die Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Nephrologie?
Die Kinder- und Jugend-Nephrologie ist ein medizinischer Spezialbereich, der sich auf die Diagnostik und Behandlung von Nierenerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen konzentriert. Im Rahmen einer Zusatz-Weiterbildung lernen die Pädiater/innen, wie sie Nierenfunktionsstörungen und Nierenkrankheiten bei jungen Patienten/-innen erkennen, behandeln und präventiv handeln können.
Die Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugend-Nephrologe/-in kann in Deutschland von Fachärzten/-innen in Kinder- und Jugendmedizin abgeschlossen erworben werden. Um die Zusatzbezeichnung zu erwerben, müssen Mediziner/-innen eine zweijährige Weiterbildung in Kinder- und Jugend-Nephrologie absolvieren.
Die Weiterbildung zum Erwerb der Zusatzbezeichnung umfasst insgesamt 2 Jahre.