Unsere Nieren sind lebensnotwendige Organe. Jeden Tag fließt das gesamte Blut des Körpers durch die Nieren. Um zu überprüfen, ob sie gesund sind, Funktionsstörungen oder Erkrankungen vorliegen, werden die Nierenwerte bestimmt. Dabei gibt es verschiedene Parameter und Marker, die Hinweise über den Zustand der Nieren geben. Welche unterschiedlichen Werte es gibt, was sie aussagen und wo die Normwerte liegen – ein Überblick.
Inhaltsverzeichnis
Was sind Nierenwerte?
Als Nierenwerte werden Laborwerte bezeichnet, die aufzeigen, wie gut die Nieren funktionieren. Man kann Nierenwerte im Blut und Urin bestimmen. Wichtige Blutlaborwerte sind Kreatinin, Harnstoff und die Harnsäure sowie der GFR (glomeruläre Filtrationsrate) und die Elektrolyte (Natrium, Kalium, Chlorid).
Kreatinin- und Inulin-Clearance
Kreatin ist ein Eiweiß, das in der Muskulatur Energie speichert und unter Belastung wieder abgegeben wird. Etwa 1-2 Prozent des Kreatins wird täglich abgebaut, über die Niere gefiltert und wieder ausgeschieden. Das ist der Kreatininwert. Bei einem Kreatinin-Clearance wird der Wert aus dem Kreatinin im Blutserum, im Urin und der Urinmenge, die innerhalb von 24 Stunden ausgeschieden wird, errechnet. Muskeln haben Einfluss auf diesen Wert, dementsprechend liegt er bei muskulöseren Menschen etwas über der Norm. Ein erhöhter Kreatininspiegel gibt Hinweise auf eine Nierenerkrankung, aber auch auf Muskelverletzungen oder ein Austrocknen des Körpers. Erniedrigte Kreatinin-Werte sind ohne Aussagekraft.
Mit dem Inulin-Clearance wird die glumeruläre Filtrationsrate (kurz: GFR) bestimmt. Sie ist eines der wichtigsten Hinweise auf die Funktionsleistung der Niere. Sie sagt aus, wieviel Milliliter die Niere pro Minute filtern kann. Der Wert bezieht auch immer das Alter und Geschlecht mit ein. Für stark über- oder stark untergewichtige Menschen ist dieser Wert zur Abschätzung einer Nierenleistung nicht geeignet.
Harnstoff
Harnstoff ist ein Stoffwechselendprodukt von Eiweißen. Wenn im Körper Eiweiß abgebaut wird, bildet sich über das giftige Zwischenprodukt Ammoniak der ungiftige Harnstoff, der über die Niere ausgeschieden wird. Erhöhungen können eine chronische Nierenerkrankung anzeigen. Erhöhte Werte können aber auch bei Verbrennungen, Hungerzuständen oder Krebserkrankungen vorkommen. Harnstoff ist auch unter einem anderen Namen bekannt – Urea. Diesen Stoff findet man oft in Cremes und Kosmetika.
Zur Früherkennung von Nierenfunktionsstörungen eignen sich Kreatinin und Harnstoff allerdings nur bedingt, da sie erst ansteigen, wenn die Nieren ihre Aufgaben schon langfristig nicht mehr erfüllt haben. Erst nach 50 Prozent des Nierenausfalls steigt der Kreatininwert an und bei 70 Prozent der Harnstoffwert. Das bedeutet: Die Niere versucht, diese harnpflichtigen Substanzen aus dem Blut zu filtern. Schafft sie das aber nicht mehr gut genug, steigen diese beiden Werte an.
Harnsäure
Harnsäure entsteht beim Abbau von Zellkernen. Der größte Teil der Harnsäure wird über die Niere ausgeschieden. Steigt der Wert, liegt auch hier wieder eine Funktionseinschränkung der Niere vor. Allerdings kann es aber auch andere Ursachen dafür geben, dass der Harnsäure-Spiegel steigt, beispielsweise durch die vermehrte Nahrungszufuhr, die Zellkerne enthalten – das ist bei Innereien und Fleisch der Fall. Ist der Spiegel deutlich erhöht, können sich Harnsäurekristalle in den Gelenken bilden und zu Gicht-Anfällen führen.
Liegt der Verdacht auf eine Nierenfunktionsstörung nimmt man außerdem den Cystatin C-Wert ab. Dies ist ein sehr sensibler Marker – steigt dieser an, ist das ein deutlicher Hinweis dafür, dass die Nieren genauer betrachtet werden sollten. So können Schäden früh erkannt werden.
Elektrolyte
Eine weitere Gruppe, die Rückschlüsse auf die Niere zulassen, sind die Elektrolyte. Die Niere ist das Organ des Elektrolythaushalts. Sie sorgt dafür, dass Natrium zurück resorbiert wird. Ist die Leistung eingeschränkt, wird vermehrt Natrium ausgeschieden und der Wert im Blut sinkt. Genau umgekehrt ist es mit Kalium und Chlorid – die steigen dann im Blut, da sie normalerweise ausgeschieden werden.
Was sind die Aufgaben der Niere?
Jeder Mensch hat zwei Nieren, wir können aber durchaus auch mit einer gesunden Niere leben. Sie ist ein kraftvolles Entgiftungsorgan und reinigt das Blut. Die Niere reguliert den Blutdruck, sorgt für das Elektrolytgleichgewicht und das Filtern von Schadstoffen und unnötigen Bestandteilen. Diese werden im Urin ausgeschieden. Die Niere und das Harnsystem bilden also eine enge Einheit bei diesen Funktionen. Es gibt einige Stoffwechselprodukte, die zwingend ausgeschieden werden müssen – diese nennt man harnpflichtige Substanzen. Täglich fließen etwa 1.800 Liter Blut durch die Niere, von denen 180 Liter Primärharn herausgefiltert und auf 2 Liter Endharn konzentriert werden. Daher spielt der Urin bei der Nierendiagnostik eine wichtige Rolle und beim Verdacht einer Nierenstörung wird daher auch meist eine Urinuntersuchung durchgeführt.
Wann werden Nierenwerte gemessen?
Die Nierenwerte werden bestimmt, wenn der Verdacht einer Nierenerkrankung vorliegt, aber auch um ihre Funktion bei bereits bestehenden Erkrankungen, wie Nierenschwäche, zu überprüfen und zu kontrollieren. Einzelne Nierenwerte, wie beispielsweise die Harnsäure, spielen aber auch eine wichtige Rolle bei der Gicht. Um diese zu diagnostizieren oder den Verlauf der Therapie zu kontrollieren, wird dieser Wert abgenommen. Bei Bluthochdruck oder Stoffwechselerkrankungen wird außerdem auch der Kreatininwert bestimmt.
Typische Nierensymptome sind eine allgemeine Kälteintoleranz, Antriebslosigkeit, Knieprobleme oder auch dumpfe Rückenschmerzen im unteren Lendenwirbelsäulenbereich und der Flanken.
Nierenwerte – Normwerte nach Geschlecht
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Normwerte für Frauen und Männer. Die Angaben mg/dl stehen für Milligramm pro Deziliter, die Einheit ml/min für Milliliter pro Minute.
Nierenwert | gemessen in | Normwerte Frauen | Normwerte Männer |
Kreatinin | Blutserum | 0,7 bis 1,1 mg/dl | 0,8 bis 1,3 mg/dl |
Kreatinin | 24 h Sammelurin | 30 bis 220 mg/dl | 40 bis 260 mg/dl |
Kreatinin-Clearance | Blutserum | 80 bis 120 ml/min. | 100 bis 130 ml/min |
Harnstoff | Blutserum | 15 bis 40 mg/dl | 17 bis 43 mg/dl |
Harnsäure | Blutserum | bis 6,0 mg/dl | bis 7,0 mg/dl |
Cystatin C | Blutserum | 0,53 bis 0,95 mg/l | 0,53 bis 0,95 mg/l |
Meist lässt sich an einem abweichenden Wert keine konkrete Ursache ablesen. Für ein genaues Nierenbild sollte man immer alle Werte miteinander vergleichen.
Nierenwerte – Wann zu hoch?
Jeder erhöhte Nierenwert kann einzeln betrachtet auf unterschiedliche Schädigungen und Krankheiten hinweisen. Ein erhöhter Kreatininwert deutet auf eine Verengung der Nierengefäße und einem daraus resultierenden Blutdruck hin, kann aber auch bei einem akuten Nierenversagen, beispielsweise durch Gifte oder allergische Reaktionen, eintreten. Auch ein chronisches Nierenversagen kann Ursache sein, wie bei einer Diabetes oder einer Bindegewebserkrankung. Muskelverletzungen und ein starker Flüssigkeitsverlust und Austrocknen des Körpers sind ebenfalls mögliche Gründe.
Ist der Harnsäurespiegel erhöht, nennt man das auch Hyperurikämie, die durch fettreiche Ernährung, eine schlecht eingestellte Diabetes, Vergiftungen oder eine Störung der Schilddrüse ausgelöst werden kann.
Ein erhöhter Harnstoff kann auf einen Funktionsverlust der Nieren und eine Niereninsuffizienz hindeuten, aber auch auf sehr eiweißreiche Kost, Dehydration oder zu viele Medikamente.
Nierenwerte – Wann zu niedrig?
Erniedrigte Kreatininwerte sind ohne Aussagekraft. Sie können bei Personen mit Untergewicht oder einer geringen Muskelmasse auftreten. Niedrige Harnsäurewerte liegen meist bei einer Überdosis von Medikamenten vor. Bei einem erniedrigtem Harnstoff kann der Proteinabbau in der Leber gestört sein oder es fallen zu wenige Proteine an, die abgebaut werden müssen. Das kann bei einer Mängelernährung oder in der Schwangerschaft passieren.
Nierenwerte – Was tun bei Abweichungen?
Sind die Nierenwerte zu hoch, muss herausgefunden werden, ob eine Nierenerkrankung vorliegt. Neben Nierenschäden können auch andere Krankheiten für veränderte Nierenwerte in Frage kommen. Um den Zustand der Niere abzuschätzen, ist eine ausführliche Anamnese wichtig, die oft auch schon die ersten Rückschlüsse auf die Niere geben kann. Außerdem erhält man durch eine Urinuntersuchung weitere Hinweise auf Blut, Eiweiße und Zucker. Um ein genaueres Bild über die Struktur und die Größe der Nieren zu bekommen, wird der Arzt eine Ultraschall-Untersuchung durchführen.
Bei erhöhten Werten empfiehlt es sich, viel zu trinken. Mit mehr Flüssigkeit im Körper kann auch mehr herausgefiltert werden. Wer erhöhte Harnsäurewerte hat, sollte seine Ernährung umstellen und besonders die Aufnahme von Purin reduzieren – also Lebensmittel mit tierischen Zellen, wie Fleisch, Wurst, aber auch Alkohol. Außerdem sollte man weniger Mahlzeiten zu sich nehmen, um den Nieren mehr Zeit zu geben, das Purin abzubauen.
Eine starke Toxizität, viele Giftstoffe und ein hoher Medikamentenkonsum (Schmerzmittel, ACE-Hemmer, Antibiotika etc.) beeinflussen ebenfalls die Nierenfunktion. Eine dauerhafte Einnahme kann zu Nierenschädigungen führen. Wer schon bereits bestehende Probleme mit der Niere hat, sollte auf diese Medikamente verzichten oder die Dosierung anpassen.
Übrigens: Nach der traditionellen chinesischen Medizin liegt die Organzeit der Nieren zwischen 17 und 19 Uhr. Hier gibt es eine Funktionseinheit mit der Blase, die zwischen 15 und 17 Uhr ist. Das heißt: In der Zeit von 15 bis 19 Uhr ist es optimal nierenstärkende Pflanzen, wie Brennnessel oder Löwenzahn, einzunehmen.
Mehr zu Nierenwerten
1. Beise, U., Heimes, S., Schwarz, W.: Gesundheits- und Krankheitslehre, Springer Medizin Verlag, 2. Auflage, 2009
2. Bastigkeit, M.: Meine Laborwerte, Stiftung Warentest, 5. Auflage, 2020
3. Schaenzler, N., Bieger, W. P.: Laborwerte (GU Großer Kompass Gesundheit), GRÄFE UND UNZER Verlag, 6. Auflage, 2009
4. Understanding Your Lab Values, www.kidney.org (Abrufdatum: 24.11.2020)
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