
Das erste Betreten eines Operationssaals ist für jeden Medizinstudenten und auch für Assistenzärzte, die erst kürzlich in den Arztberuf eingetreten sind, etwas ganz Besonderes. Um auf die Arbeit im OP gut vorbereitet zu sein lohnt es sich daher, sich mit den wichtigsten Verhaltensregeln im OP auseinanderzusetzen.
Inhaltsverzeichnis
Verhaltensregeln im OP: Dos
Wer in Kenntnis der folgenden Verhaltensregeln im OP ist, hinterlässt sowohl beim Operateur als auch beim OP-Personal einen guten ersten Eindruck.
Wichtige Informationen über den Eingriff einholen
Bevor man die „heiligen Hallen“ betritt lohnt sich ein Blick in die Patientenakte und das Auseinandersetzen mit dem geplanten operativen Eingriff. Die Akteneintragungen von Seiten des Anästhesisten verraten beispielsweise, ob der Eingriff in Vollnarkose oder mittels einer sogenannten Spinalanästhesie erfolgt (bei letzterer Variante ist der Patient während der Operation bei Bewusstsein und ansprechbar). Wenn Knochenbrüche gerichtet werden oder dem Patienten eine Gelenksprothese eingesetzt wird, wird während der Operation mittels Röntgengeräts überprüft, ob die Knochen wieder in die anatomische Position verbracht wurden. Im Falle eines solchen Eingriffs muss während der Operation unbedingt eine Bleiweste zum Schutz vor Strahlung getragen werden. Wer über diese Information verfügt, kann sich bereits vor Betreten des OPs mit der entsprechenden Ausrüstung ausstatten.
Essen und Trinken nicht vergessen
Üblicherweise wird für jeden operativen Eingriff eine geplante Dauer festgelegt und diese dann im OP-Programm eingetragen. Dennoch können sich Verzögerungen ergeben und man steht schließlich länger am Operationstisch als zunächst gedacht. Daher ist es besonders wichtig, vor Beginn der OP ausreichend zu essen und zu trinken und bestenfalls noch einmal die Toilette aufzusuchen.
Die passende OP-Kleidung tragen
Im OP ist spezielle Kleidung zu tragen. Vor dem Betreten muss man sich daher der normalen Arbeitsbekleidung entledigen und in die bereitgestellten OP-Hosen und Kasacks schlüpfen. Das Tragen einer OP-Haube und eines Mund-Nasen-Schutzes ist ebenfalls Pflicht. Darüber hinaus werden sogenannte OP-Clogs getragen. Hierbei handelt es sich um Gummischuhe, deren Material bei Verschmutzung mit Blut und anderen Köperflüssigkeiten unempfindlich ist und sich darüber hinaus besonders einfach und effizient säubern lässt.
Chirurgische Händedesinfektion
Wenn man im OP lediglich bei einem Eingriff zuschauen möchte, ist es ausreichend die benötigten OP-Kleider zu tragen. Wer jedoch selbst als Operateur tätig ist oder bei einem Eingriff assistiert, muss vor dem Anziehen des sterilen OP-Kittels und der sterilen Handschuhe eine chirurgische Händedesinfektion vornehmen. Hierbei sind die folgenden Schritte zu beachten:
- Zunächst wird das Desinfektionsmittel mittels Drückens des Spenderhebels mit dem Ellenbogen aus dem Spender entnommen. Bei der Menge des Desinfektionsmittels sollte man nicht sparsam sein.
- Im Anschluss werden die Hände und Unterarme bis zu den Ellenbogen mit dem Desinfektionsmittel mindestens 90 Sekunden eingerieben. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass die Haut der Hände und Unterarme allseits mit Desinfektionsmittel befeuchtet wird. Besonders wichtig sind zudem auch die Fingerkuppen, die Fingerzwischenräumen und die Fingernägel.
- Während des Desinfektionsvorgangs muss unbedingt der Kontakt der Desinfektionsflächen mit nicht-desinfizierten Hautbereichen vermieden werden.
Lies hierzu außerdem:
Pünktlich erscheinen und sich vorstellen
Eine unausgesprochene Regel im OP besagt: der Assistent erscheint vor dem Oberarzt und der Oberarzt vor dem Chef. Wenn man also weiß, dass man dem Vorgesetzten bei einer Operation assistieren darf, lohnt es sich, früh genug im Saal zu erscheinen, um dem OP-Personal gegebenenfalls noch behilflich sein zu können und den Patienten für den Eingriff zu lagern und das OP-Feld mit abzudecken und vorzubereiten. Darüber hinaus ist es wichtig, sich mit seinem Vornamen vorzustellen und gesetzt dem Fall, dass man zum ersten Mal im OP steht, alle Anwesenden auch hierauf hinzuweisen. Üblicherweise bekommt man dann nämlich die eine oder andere Hilfestellung.
Abstand halten
Wenn man nicht aktiv am Operationstisch assistiert, sollte man ausreichend Abstand halten. Üblicherweise besteht jedoch die Möglichkeit, den Operationsverlauf von der „Kopfseite des Patienten“ aus zu beobachten. Um das Operationsfeld einsehen zu können darf man sich in solch einem Fall üblicherweise auf die Arbeitsseite des Anästhesisten stellen und über das OP-Tuch hinweg zuschauen.
Hände richtig platzieren
Es gilt: Die Hände sollten niemals unterhalb des Bauchnabels platziert werden. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte man daher, nachdem man vom Fachpersonal mit der sterilen OP-Bekleidung ausgestattet wurde, entweder die Hände vor der Brust verschränken oder – sobald man seine Position am OP-Tisch eingenommen hat – die Hände auf dem sterilen Abdecktuch ablegen.
Unsterilität unverzüglich melden
Es kann selbstverständlich einmal passieren, dass man sich aus Unachtsamkeit den Mund-Nasenschutz zurechtrückt oder einen Handschuh beschädigt. Es ist jedoch wichtig eine mögliche Unsterilität unverzüglich zu melden, sodass die Handschuhe umgehend ausgewechselt werden können. In einigen Fällen wird es sogar notwendig, komplett neu eingekleidet zu werden. Schüchterne Zurückhaltung ist an dieser Stelle jedoch nicht angebracht, da im OP zwingend auf die Sterilität des OP-Feldes zu achten ist, damit eine Kontamination des OP-Gebiets und eine Infektion des Patienten vermieden wird. Dieser Artikel stellt den Umgang mit Sterilgut genauer vor:
Abtreten bei Kreislaufproblemen
Es kann durchaus ungewohnt sein, wenn man das erste Mal in steriler OP-Bekleidung längere Zeit am OP-Tisch steht und dabei womöglich noch eine schwere Bleiweste trägt. Nicht selten haben gerade OP-Neulinge mit Kreislaufproblemen zu kämpfen. Wenn man also einen ersten Anflug von Schwindel oder Übelkeit verspürt, sollte man dies dem OP-Personal direkt melden und mitteilen: „Ich muss vom OP-Tisch abtreten.“ Nach einer kurzen Pause und einem Schluck Wasser darf man sich für gewöhnlich wieder „einwaschen“ und dem OP-Verlauf weiter folgen.
Verhaltensregeln im OP: Donts
Die folgenden Verhaltensweisen sollten im OP unbedingt vermieden werden.
Lange Fingernägel und Nagellack vermeiden
Lange Fingernägel und Nagellack sind ein absolutes No-Go im OP. Die Nägel sind stets kurz zu tragen, sodass sich keine Verschmutzungen darunter ansammeln können. Durch das Tragen von Nagellack kann das Desinfektionsmittel bei der chirurgischen Händedesinfektion die Nageloberfläche nicht ausreichend desinfizieren. Wenn dem OP-Personal auffällt, dass man Nagellack trägt, hat man damit zu rechnen an der Operation nicht teilnehmen zu dürfen.
Niemals Team-Time-Out unterbrechen
Bevor eine Operation beginnt, wird von Seiten der Anästhesie das sogenannte Team-Time-Out vorgenommen. Hierbei werden nochmals abschließend die Identität des Patienten, der Eingriffsort und mögliche Besonderheiten und Schwierigkeiten, die sich während der Operation ergeben könnten (Beispiel: zu erwartender Blutverlust), besprochen. Es gilt als letzter Sicherheitscheck vor OP-Beginn und soll maßgeblich dazu beitragen Verwechslungen zu vermeiden. Während des Team-Time-Outs ist daher äußerste Aufmerksamkeit geboten.
Nicht Rückwärts laufen
Die Rückseite des OP-Kittels gilt als unsteril. Daher sollte man beim Abtreten vom OP-Tisch unbedingt drauf achten nicht rückwärtszulaufen, damit man nicht versehentlich den sterilen Instrumententisch oder den Operateur berührt.
Keine Instrumente selbstständig zurücklegen
Alle im Rahmen einer Operation benötigten Instrumente werden dem Operateur von speziell ausgebildetem Personal angereicht. Hierbei wird beispielsweise ganz besonders darauf geachtet, dass es nicht zu Verletzungen durch spitze oder scharfe Gegenstände (Beispiel: Skalpell, Messer, Pinzetten) kommt. Instrumente, die am OP-Tisch nicht mehr verwendet werden, müssen der instrumentierenden Person auch immer persönlich zurückgegeben werden. Es wird nicht gerne gesehen, wenn man Instrumente selbstständig auf dem Instrumententisch ablegt. Hierdurch soll zudem auch das Risiko minimiert werden, Gegenstände im OP-Feld zu vergessen (Beispiel: Tupfer, Bauchtücher).
Den OP-Saal nicht direkt nach der OP verlassen
Nach Beendigung der Hautnaht wird die OP-Wunde sauber abgedeckt. Der Patient nochmals auf das normale Bett gelagert. Wenn man nicht unmittelbar hierzu aufgefordert wird, sollte man den OP-Saal nicht einfach fluchtartig verlassen. Vielmehr sollte man dem OP-Personal seine Hilfe beim Umlagern und Ausschleusen des Patienten anbieten.