
Die Handhabung von Sterilgut sowie dessen Lagerung sind essentiell für ein einwandfreies Hygienekonzept in medizinischen Einrichtungen. Damit zum Beispiel eine Operation unter sterilen Bedingungen stattfinden kann, werden sterile Instrumente sowie Einmalmaterialien verwendet.
Was ist Sterilgut?
Unter dem Begriff Sterilgut werden chirurgische Instrumente sowie Einmalmaterialien, die in einen keimfreien, sterilen Zustand gebracht wurden, verstanden. Sterile chirurgische Instrumente sind die Instrumente/OP-Werkzeuge, die für eine Operation benötigt werden.
Mittels verschiedener Sterilisationsverfahren werden lebensfähige Vegetativ- und Dauerformen von pathogenen sowie apathogenen Mikroorganismen abgetötet oder entfernt, damit keine Erreger in das OP-Gebiet eindringen können. Ein Produkt wird als „steril“ bezeichnet, wenn die theoretische Wahrscheinlichkeit, dass sich ein lebensfähiger Mikroorganismus auf dem Produkt befindet, kleiner oder gleich eins in einer Million Produkten ist.
Sterilgut: Verschiedene Sterilisationsverfahren
Es gibt verschiedene Sterilisationsverfahren (Entkeimungsverfahren), die im klinischen Alltag in unterschiedlicher Art und Weise zum Einsatz kommen.
Zunächst unterscheidet man zwischen physikalischen und chemisch-physikalischen Verfahren.
Physikalische Verfahren
Physikalische Verfahren sind unter anderem:
- Sterilisation mit feuchter Hitze (Autoklavierung)
- Sterilisation mit Wasserdampf mittels Vaporisator
- Heißluftsterilisation
- Sterilisation mit ionisierenden Strahlen
Für die Sterilisation mit feuchter Hitze (Autoklavierung) sind dampfdurchlässige Verpackungen wie spezielle Folien, Papier oder Container notwendig und kommen für folgende Anwendungsgebiete zum Einsatz:
- OP-Wäsche
- Verbandmaterial
- Instrumente
- Glas, Porzellan
- Flüssigkeiten
Die Sterilisation mit ionisierenden Strahlen stellt die industrielle Anwendung mittels Abtötung der Keime durch Strahlung, beispielsweise durch Gammastrahlung, dar. Anwendungsgebiete sind:
- Infusionsbesteck
- Injektionsspritzen
- Verbandstoffe
- Handschuhe
Chemisch-physikalische Verfahren
Das chemisch-physikalische Verfahren kommt für thermolabile Materialien zum Einsatz und kann mittels Formaldehyd oder Plasmasterilisation durchgeführt werden.
Anwendungsgebiete für ein chemisch-physikalisches Verfahren sind unter anderem:
- Optiken
- Endoskope
- Elektronische Instrumente
Sterilgut: Verpackungsarten
Die Verpackung von Sterilgut muss zum Einen vor einer Kontamination durch Keime schützen und zum Anderen ermöglichen können, dass das Sterilgut unter aseptischen Bedingungen entnommen werden kann.
Zu den weiteren Anforderungen an die Verpackung von Sterilgut zählen:
- Ersichtlichkeit des Inhalts
- Angabe zur Art der Sterilisation, zum Beispiel Sterilisationsverfahren auf Gegenstand abgestimmt
- Angabe zum Datum der Sterilisation
- Angabe zum Verfallsdatum
- Angabe zur Chargennummer, um zum Beispiel nachträglich als kontaminiert oder fehlerhaft deklarierte Produkte auszusortieren
- Vorhandensein von Kontrollstreifen, die sich bei Erreichen der Sterilisationstemperatur verfärben
Man unterscheidet zwei Verpackungsarten für Sterilgut: Mehrwegverpackungen und Einwegverpackungen. Mehrwegverpackungen sind zum Beispiel Sterilisationsbehälter aus Edelstahl (in sogenannten Containern) mit Öffnungen und Filtern für Dampf und Luft. Hier können eine Vielzahl von Instrumenten sortiert und sterilisiert werden. Unter Einwegverpackungen werden beispielsweise Klarsichtverpackungen verstanden, die den Vorteil besitzen, dass das verpackte Sterilgut direkt gesehen und entnommen werden kann.
Sterilgut: Lagerung
Die Lagerung von Sterilgut ist geregelt durch die E DIN 58953 und erfolgt nach folgenden gewissen Prinzipien:
- Anforderungen an die Lagerräume: staubarm, trocken, Innenflächen der Räume entsprechen hygienischen Anforderungen, geschlossene Schränke und Schubladen zu empfehlen
- Bodenfreiheit der Schränke für die Reinigung mindestens 30cm
- Schutz vor Feuchtigkeit: Feuchtes Sterilgut gilt als unsteril; eine Lagerung zum Beispiel unter einem Waschbecken ist nicht gestattet
- Schutz vor mechanischer Beanspruchung, zum Beispiel: kein Schleifen der Verpackungen durch überfüllte Schubladen
- Schutz vor UV-Strahlen: Verpackungen nicht in der Nähe von Fenstern oder direkter Sonneneinstrahlung lagern
- kein Horten von Sterilgut, das heißt Vorratshaltung dem Bedarf anpassen
- Verbrauch nach dem „First-in-first-out-Prinzip“: Neu erhaltenes Sterilgut nach hinten räumen und das Verfallsdatum berücksichtigen
- die Lagerfristen schriftlich festlegen (Hygieneplan)
Steriles Arbeiten
Bei der täglichen Arbeit im Krankenhaus oder in einer Praxis ist steriles Arbeiten die wichtigste Grundvoraussetzung, um Krankenhausinfektionen von Patienten durch Keimverschleppung zu verhindern. Das Arbeiten unter sterilen Bedingungen ist insbesondere bei Operationen oder aseptischen Eingriffen unabdingbar.
Chirurgische Händedesinfektion
Eine chirurgische Händedesinfektion wird grundsätzlich vor jeder operativen Eingriff präoperativ von der instrumentierenden Kraft und den OperateurInnen durchgeführt und unterscheidet sich von der hygienischen Händedesinfektionen. Bei der chirurgischen Händedesinfektion werden anhand einer bestimmten Technik die Hände, Fingerzwischenräume, Fingernägel, Unterarme bis Ellebogen mit einem Hautdesinfektionsmittel desinfiziert. Die Dauer der Desinfektion richtet sich nach der Herstellerangabe des jeweiligen zu verwendeten Hautdesinfektionsmittel. Bei der chirurgischen Händedesinfektion kommt es zu Vernichtung der transienten (flüchtigen) und Reduzierung der residenten (normalen) Keimflora inklusive Staphylococcus epidermidis.
Weiterführende und detaillierte Informationen über Chirurgische Händedesinfektion gibt es im Artikel: Chirurgisches Händewaschen: Vorbereitung und Durchführung
Umgang mit sterilen Handschuhen
Neben der chirurgischen Händedesinfektion schützen sterile Handschuhe den Patienten vor Infektionen. Als Beispiel: bei der Anlage eines transurethralen Blasenkatheters sind sterile Handschuhe zu tragen. Zu den Grundsätzen sterile Handschuhe zu verwenden zählen unter anderem:
- Außenfläche der Handschuhe steril halten
- Handschuhe sind in einer vom Körper entfernten Handhabung anzuziehen, damit eine Kontamination durch die Arbeitskleidung vermieden werden kann
- ausreichend Platz sollte geschaffen sein
- beim Anziehen kontaminierte Handschuhe sind durch ein neues Paar sterile Handschuhe unmittelbar zu ersetzen
- Um eine Kontamination der sterilen Handschuhe zu vermeiden, zum Beispiel durch eine zweite Person, können Instrumente (zum Beispiel eine sogenannte Kornzange) als „verlängerter Arm“ herangezogen werden
Entnahme von Sterilgut
Bevor das Sterilgut aus der Verpackung entnommen wird, erfolgt zunächst die Kontrolle der Sterilgutverpackung. Hierbei ist unter anderem auf Beschädigungen, zum Beispiel durch spitze Instrumente, die sich in der Verpackung befinden, zu achten. Darüber hinaus ist zu kontrollieren, ob sich Feuchtigkeit, zum Beispiel Kondenswasser, in der Verpackung befindet – dann darf das Sterilgut nicht verwendet werden. Auch auf das Sterilisationsverfassdatum ist zu achten: bei abgelaufenem Verfallsdatum darf der Inhalt der Verpackung ebenfalls nicht mehr verwendet werden, da dieser nicht mehr als steril gilt.
Als Vorbereitung zur Entnahme von Sterilgut ist Folgendes zu nennen:
- hygienische Händedesinfektion vor dem Öffnen der Verpackung
- ausreichend große Arbeitsfläche
- über steriles Arbeiten informieren, damit die Sterilität nicht versehentlich von Anderen aufgehoben wird
- Auf eine sachgerechte Entnahme von Sterilgut ist zu achten. Darunter wird verstanden:
- die Verpackung erst unmittelbar vor Benutzung des Sterilguts öffnen
- die Verpackung vorsichtig an der Peel-Öffnung (markierte Stelle der Verpackung, welche ausschließlich verwendet werden sollte) auseinanderziehen
- die Verpackung nicht durchstoßen oder aufreißen
- während des Öffnens der Verpackung: nicht sprechen, husten oder niesen
- Staubaufwirbelungen vermeiden
- Inhalt auf sterilem Arbeitsfeld ablegen
- Steriles Material von unsterilem Material trennen
Risikofaktoren: Infektionsursachen
Hygienisch korrektes Verhalten ist die Grundvoraussetzung, damit Infektionen vermieden werden können. In Einrichtungen des Gesundheitswesens, wie zum Beispiel das Krankenhaus, spricht man bei Infektionen, die erworben sind bzw. vor dem Krankenhausaufenthalt noch nicht bestanden, von nosokomialen Infektionen. In Deutschland gibt es jährlich zwischen 40.000 und 60.000 nosokomiale Infektionen, welche in 10.000 bis 15.000 Fällen tödlich enden.
Folgende Risikofaktoren, die Patienten aufweisen können, können die Entstehung einer nosokomialen Infektion begünstigen:
- chronische Erkrankungen, wie zum Beispiel Diabetes mellitus
- Dialysepflichtigkeit
- Geschwächtes Immunsystem
- Operative Eingriffe
- Großflächige Wunden, zum Beispiel Dekubitus oder Verbrennungen, die eine Eintrittspforte für Erreger darstellen
- Nosokomiale Infektionen können durch bestimmte Maßnahmen trotz allem bedingt vermieden werden.
Folgende Maßnahmen können ergriffen werden:
- Ausbildung von Hygienepersonal und regelmäßige Schulung
- Händedesinfektion
- Hygienisches Arbeiten
- Impfungen des Personals
- Sachgerechte Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von Instrumenten, Geräten und deren Umgang
- Kontrolle der Antibiotikaanwendung
- korrekte präoperative Haarentfernung
- zeitnahes Entfernen von Sonden, Drainagen und Kathetern
Um eine allgemeine Infektionsgefahr zu reduzieren sollten immer hygienische Grundprinzipien beachtet und hygienisches Verhalten gezeigt werden.