Der Leistenbruch stellt in Deutschland mit etwa 280.000 Patienten pro Jahr eine der häufigsten Erkrankungen dar. Es geht hier um ein Gesundheitsproblem, dass im Laufe des Lebens viele Menschen betrifft, wobei Männer weitaus häufiger betroffen sind. Anatomische Schwachstellen in der Bauchwand und schweres Heben zählen zu den größten Risikofaktoren. Auch ein vermeintlich komplikationsloser Leistenbruch muss in aller Regel operiert werden. Meistens kommen minimal-invasive Verfahren zum Einsatz. Das bekannte Sprichwort ‘sich einen Bruch heben’ ist auf die Leistengegend zu beziehen, wobei es aber auch zu angeborenen Formen kommt.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Leistenbruch?
Mediziner bezeichnen mit einem Leistenbruch einen Eingeweidebruch aufgrund einer Schwachstelle in der Bauchwand oder im Leistenkanal. Charakteristisch ist, dass Teile des Bauchfells oder auch Darms als so genannter Bruchsack durch eine Lücke gelangen. Der Bruchsack bahnt sich je nach Art des Bruches einen Weg durch die Bauchwand oder in den Leistenkanal, wo er oft als Schwellung sicht- und auch spürbar ist.
Bei einer Leistenhernie kommt es nicht zu einem Knochenbruch, sondern Gewebe in der Leistengegend wird beschädigt und somit durchlässig. Meistens sind Leistenhernien harmlos und nur mit leichten Schmerzen verbunden. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ein Leistenbruch eigentlich immer operiert werden muss.
Leistenbruch erkennen – Typische Symptome
Das Hauptsymptom eines Leistenbruchs ist eine sichtbare und tastbare Schwellung im Leistenbereich. Die meisten Betroffenen sprechen von Druck im Bauchraum und Schmerzen in der Leiste.
Je nach Ausprägung können die Beschwerden mehr oder weniger intensiv sein und bis in den Genitalbereich ausstrahlen. Bei Männern betrifft dies die Hoden, bei Frauen die Schamlippen.
In der Mehrheit der Fälle dürften die Schmerzen rechts auftreten, da hier die meisten Brüche zu lokalisieren sind. Die Beschwerden können einseitig sein, aber auch ausstrahlen. Die Symptome können von Person zu Person sehr unterschiedlich sein. Treten starke schmerzen auf und weitere Symptome wie Fieber, Übelkeit oder Erbrechen, sollte unbedingt direkt ein Arzt konsultiert werden.
Auch ohne Schwellung möglich
Auch Leistenbrüche ohne Schwellung liegen im Bereich des Möglichen. Nicht immer muss eine kleine Beule deutlich fühl- oder sogar sichtbar sein. Je kleiner der Riss, desto wahrscheinlicher ist das Ausbleiben einer Schwellung.
Mediziner sprechen in solchen Fällen bei fehlender Schwellung auch von einer versteckten Leistenhernie, die von vielen Betroffenen gar nicht bemerkt wird. Es besteht aber die Gefahr, dass sich der Bruch ausweitet. Irgendwann kann sich also eine Schwellung einstellen, vor allem nach schwerer körperlicher Arbeit.
Zunehmende Beschwerden bei Druck auf den Bauchraum
Üblich bei einem Leistenbruch ist es zudem, dass durch Druck auf den Bauchraum sich die Beschwerden verstärken. Dies ist beispielswese der Fall beim Sport, beim Heben schwerer Lasten oder wenn man lange Strecken läuft oder lange steht. Daneben können auch Nießen oder Husten die Schmerzen verstärken.
Hilfreich hingegen ist das Ausruhen insbesondere im Liegen. Gönnt man sich entsprechend viel Ruhe, lassen die Symptome häufig nach.
Welche Arten von Leistenbruch gibt es?
Mediziner unterscheiden diverse Arten von Brüchen, je nachdem, wann, wie und wodurch die Verletzung auftritt. Grundsätzlich ist zwischen angeborenen und erworbenen Leistenbrüchen zu unterscheiden. Im Folgenden werden die wichtigsten Ausprägungen vorgestellt.
Indirekt
Bei einem so genannten indirekten Leistenbruch bewegt sich der Bruchsack durch den inneren Ring der Leiste. Hierbei handelt es sich in aller Regel um angeborene Leistenbrüche. Möglich bei dieser Art von Leistenhernie ist, dass der Bruchsack bei der Frau bis zu den Schamlippen und beim Mann bis in den Hodensack vordringen kann. Die Ursache ist oft ein nicht vollständig verschlossener Leistenkanal.
Direkt
Mediziner sprechen bei einem direkten Leistenbruch von einer erworbenen Hernie. Insbesondere schweres Heben oder starkes Pressen können dazu führen, dass es zu einem Bruch in der Bauchwand kommt. Anders als beim indirekten Bruch schiebt sich der Bruchsack durch die Bauchwand, der Genitalbereich ist demnach nicht betroffen.
Inkarzeriert
Der inkarzerierte Leistenbruch stellt mit einer Einklemmung eine besondere Form dar, die nicht selten zu einer medizinischen Notfallsituation führt. Es kann sein, dass die durch die Bruchstelle herausgetretenen Eingeweide wie z. B. Darmschlingen nicht mehr richtig durchblutet werden. In diesem Fall kann sich ein Darmverschluss bilden, sodass diese Form von Leistenhernie sofort operiert werden muss. Das gilt vor allem, wenn es zu starken Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen und einer stark angespannten Bauchdecke kommt. Ärzte diagnostizieren eine solche eingeklemmte Leistenhernie, wenn sich der Bruchsack nicht zurückschieben lässt.
Unterschiede zwischen Mann, Frau und Kindern
Beim Leistenbruch gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen, insbesondere was die Häufigkeit angeht.
Leistenbruch beim Mann
Leistenbrüche beim Mann kommen deutlich häufiger vor als bei Frauen. Laut Statistik ist das Risiko für Männer bis zu 9 Mal höher als bei Frauen. Etwa jeder fünfte Mann ist im Laufe seines Lebens von einem Leistenbruch betroffen. Generell steigt das Risiko mit zunehmendem Lebensalter, da das Bindegewebe schwächer wird. Eine Sonderform beim Mann ist der so genannte Hodenbruch: Hier gelangt der Bruchsack durch den Leistenkanal bis in den Hodensack, wo er tastbar ist und für Schmerzen oder eine Schwellung sorgen kann.
Im Kindesalter kann es auch zu einer Verwechslung kommen, wenn sich ein vermeintlicher Leistenbruch in Wirklichkeit als Hoden entpuppt, der sich in der Leiste befindet (Stichwort Hodenhochstand).
Leistenbruch bei der Frau
Laut Statistik sind nur etwa 3 von 100 Frauen von Leistenbrücken betroffen betroffen. Das geringere Risiko lässt sich mit der Anatomie des weiblichen Leistenkanals erklären, der zudem enger als beim Mann ist. In Analogie zum Hodenbruch kann es bei Frauen zu einer so genannten Labialhernie kommen. Diese Form des indirekten Leistenbruchs kann sich bis auf die Schamlippen auswirken.
Leistenbruch bei Babys und Kleinkindern
Auch wenn es viele Eltern überrascht, können bereits Baby und Kleinkinder die Diagnose Leistenbruch erhalten. Oft ist die Leistenhernie angeboren, sie wird bei den routinemäßig vorgesehenen Untersuchungen festgestellt. Bis zum Ende des zweiten Lebensjahres sollte sich der Leistenkanal komplett schließen. Ist das nicht der Fall, kann es zu einem indirekten Leistenbruch kommen. Durch die engmaschige Untersuchung von Babys und Kleinkindern erhalten Eltern solche Befunde sehr früh, sodass schnell über die notwendige Behandlung entschieden werden kann. Auch in diesem Alter sind Jungen deutlich häufiger betroffen als Mädchen.
Stellen Eltern eine Wölbung oder Rötung in der Leistengegend fest, sollte eine ärztliche Untersuchung erfolgen. Es ist keine gute Idee, selber auf der Stelle zu drücken: Das sollte nur ein erfahrener Facharzt tun. Sofortiger Handlungsbedarf besteht bei Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Verweigerung der Nahrungsaufnahme und großer Unruhe. Bei Mädchen kann es zu der Komplikation kommen, dass der Bruchsack auch Eierstock und Eileiter enthält.
Leistenbruch – Ursachen und Risikofaktoren
Ein schwaches Bindegewebe und großer Druck im Bauchraum sind die wichtigsten Ursachen für Leistenbrüche. Schweres Heben, Husten und starkes Pressen beim Stuhlgang können eine Leistenhernie auslösen, wenn das Bindegewebe nicht sehr stark ist. Auch Übergewicht und eine Schwangerschaft erhöhen das Risiko, eine Leistenhernie zu erleiden. Krampfadern und Ausstülpungen in den Arterien können Hinweise auf ein schwaches Bindegewebe sein.
Mittlerweile hat die Forschung auch das Rauchen als Risikofaktor für Leistenbrüche benannt, da hierdurch der Bindegewebsstoffwechsel in Mitleidenschaft gezogen wird. Auch chronischer Husten, wie er im Zusammenhang mit der Lungenerkrankung COPD steht, kann das Risiko für eine Leistenhernie erhöhen.
Zusammenfassend lassen sich folgende Risikofaktoren auflisten:
- Hohes Lebensalter
- Männliches Geschlecht
- Rauchen (schädliche Wirkung auf das Bindegewebe)
- Chronische Erkrankungen wie Verstopfung oder COPD
- Genetische Veranlagung
- Übergewicht
- Verletzungen der Bauchwand
- Autoimmunerkrankungen des Bindegewebes (= Kollagenosen)
Leistenbruch – Untersuchungen und Diagnose
Ärzte können Leistenbrüche schnell und sicher diagnostizieren. Dafür reicht meistens eine Tastuntersuchung aus, um die charakteristische Wölbung in der Leistenregion feststellen zu können. Natürlich wird der Arzt auch die Anamnese erheben und nach Schmerzen fragen. Der Arzt stellt einen reponiblen Bruch fest, wenn sich die Auswölbung wieder zurückschieben lässt. Ist das nicht möglich, kann ein eingeklemmter Bruch vorliegen. In diesem Fall sind meistens sofortige Weiterbehandlungsmaßnahmen notwendig. Durch das Abhorchen kann der Arzt insbesondere feststellen, ob an der betroffenen Stelle Darmgeräusche festzustellen sind.
Bei starkem Übergewicht und sehr kleinen Brüchen kann der Einsatz bildgebender Verfahren notwendig sein. Ultraschall, MRT oder Computertomographie können im Einzelfall zum Einsatz kommen, um eine Leistenhernie diagnostizieren oder ausschließen zu können.
Leistenbruch – Behandlung
Die Behandlung eines Leistenbruchs ist eigentlich immer erforderlich, selbst wenn es sich nur um eine kleine Hernie handelt, die (noch) keine Probleme verursacht. Es gilt die Feststellung, dass ein Leistenbruch nicht von alleine heilt. Eine vorhandene Bruchstelle ist und bleibt ein Schwachpunkt, der immer wieder für Probleme und womöglich sogar für einen medizinischen Notfall sorgen kann. Daher sollte eine Leistenhernie immer ärztlich behandelt werden. Nur bei Patienten, die sich in einem sehr schlechten Allgemeinzustand befinden, hat eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung stattzufinden. Eine konservative Behandlung für eine operationsfreie Heilung ist nicht möglich.
Leistenbruch OP
Eine Leistenbruch OP stellt einen Routineeingriff dar und gehört zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen. Die minimal invasive Leistenbruch OP ist für die meisten Patienten sehr schonend. Grundsätzlich lassen sich offene und minimal-invasive Verfahren unterscheiden, um Leistenbrüche operieren zu können.
- Bei einer offenen Operation setzen Chirurgen einen größeren Schnitt und verlagern den Bruch zurück. Netze können zum Einsatz kommen, um mit dem umliegenden Gewebe und der Muskulatur eine stabile Lösung zu schaffen.
- Minimal-invasive Operationstechniken brauchen nur sehr kleine Schnitte, über die spezielle Operationsinstrumente eingeführt werden können. Zur Stabilisierung setzt der Chirurg ein spezielles Netz ein.
Ärzte entscheiden je nach Fall, welche Methode am besten geeignet ist. Aufgrund der sehr guten Verträglichkeit kommen minimal-invasive Verfahren (so genannte Schlüssellochoperationen) immer öfter zum Einsatz.
Hierbei wird zunächst der Bruchsack präpariert, bevor die Bruchlücke mithilfe eines Netzes verschlossen wird. Bei dieser Operationstechnik ist eine Öffnung der Bauchhöhle nicht notwendig.
Verhalten nach Leistenbruch
Besteht der Verdacht auf einen Leistenbruch, sollte schnellstmöglich eine ärztliche Abklärung erfolgen. Es versteht sich von selbst, dass dann schweres Heben etc. tabu sein sollten. Das gilt vor allem bei Druck im Bauchraum bzw. starken Schmerzen in der Leiste.
Nach der Leistenbruch OP sollten Betroffene die verordnete Schonungsphase einhalten und die Nachsorge durchführen lassen. In den ersten Wochen sollte schwere körperliche Arbeit unterlassen werden, um keinen unnötigen Druck auf den Bauchraum auszuüben. Der behandelnde Arzt wird mit Blick auf das Alter und den Gesundheitszustand des Patienten eine angemessene Ruhephase verordnen.
Um Leistenbrüchen zukünftig oder generell entgegenzuwirken, kann Sport zur Stärkung der Bauchmuskulatur einen sehr wirkungsvollen Beitrag leisten. Alles, was das Bindegewebe stärkt und das Körpergewicht reduziert, ist mit Blick auf die Prävention von Leistenbrüchen hilfreich.
Leistenbruch – Prognose
In vielen Fällen ist die Prognose bei einem Leistenbruch sehr gut, da er oftmals harmlos ist und schnell behandelt werden kann. Nach der OP sind Patienten schnell wieder auf den Beinen, mit bleibenden Einschränkungen ist nicht zu rechnen. Je nach genetischer Disposition kann es zu einem Rückfall kommen, wenn sich an derselben oder einer anderen Stelle ein neuer Bruch bildet.
Was die Prognose angeht, so spielt das Lebensalter eine wichtige Rolle: Mit zunehmendem Lebensalter steigt das Risiko deutlich, eine Leistenhernie zu erleiden. Nachfolgende Grafik zeigt die Altersverteilung bei Leistenbrüchen von Frauen.
Sofortiger Handlungsbedarf besteht bei einer Inkarzeration, zumal hierbei die körperlichen Symptome sehr stark sein können. Handelt es sich um einen eingeklemmten Bruch in der Leiste, können mit einem Darmverschluss, einer Bauchfellentzündung oder einer Sepsis (Blutvergiftung) lebensbedrohliche Komplikationen drohen. Ein indirekter Leistenbruch kann dazu führen, dass die Blutzufuhr zu den Fortpflanzungsorganen gestört wird.
Häufige Fragen
- Wie fühlt sich ein Leistenbruch an?
- Wie entsteht ein Leistenbruch?
- Leistenbruch – Welcher Arzt ist zuständig?
- Wie lange dauert eine Leistenbruch OP?
- Wie verhalte ich mich vor einer Leistenbruch OP?
- Leistenbruch – Wie lange krank?
Betroffene klagen oft über ziehende Schmerzen in der Leiste sowie ein unangenehmes Gefühl von Druck im Bauch. Manche merken kaum Beeinträchtigungen, bei anderen können die Schmerzen bis in den Genitalbereich ausstrahlen.
Wenn die Leistenhernie nicht angeboren ist, entsteht sie meistens durch schweres Heben. Es kommt zu einem Bruch in der Leiste bzw. Bauchwand, da es sich anatomisch gesehen um eine Schwachstelle im Körper handelt.
Die Diagnose wird meistens ein Hausarzt bzw. Internist stellen. Für die Behandlung bzw. eine notwendige Operation sind Chirurgen zuständig.
Eine Leistenbruch Operation stellt einen eher kleinen Eingriff dar, der meistens zwischen 30 Minuten und einer Stunde dauert. Es kommt auf die Komplexität und körperlichen Voraussetzungen des Patienten an.
Betroffene sollten sich schonen und nicht schwer heben. Bis zu 6 Stunden vor der Operation sollte keine feste Nahrung mehr eingenommen werden.
Wie lange der Arzt Patienten mit Leistenbruch krankschreibt, hängt von der körperlichen Verfassung und auch der Art der Arbeit ab. Im Regelfall ist mit 1 bis 2 Wochen zu rechnen, im Falle körperlich schwerer Arbeit können es bis zu 6 Wochen sein.
Mehr zu Behandlungen
- Largiader, F.: Checkliste Chirurgie, Thieme Verlag, 9. Auflage, 2007
- Reutter, K.-H.: Chirurgie essentials, Thieme Verlag, 5. Auflage, 2004
- Types and treatments for hernia, https://www.medicalnewstoday.com/... (Abrufdatum 27.01.2023)
- Leistenbruch und Hernien, https://www.albertinen.de/... (Abrufdatum: 27.01.2023)