
In der westlichen Welt zählt der Bypass zu den am häufigsten durchgeführten Herzoperationen überhaupt. Mithilfe eines Bypasses hat der Patient die Möglichkeit ein fast uneingeschränktes Leben zu führen, zu dem er ohne diesen Eingriff nicht mehr in der Lage gewesen wäre. Im folgenden Artikel gehen wir detaillierter auf alles Wissenswerte über dieses Verfahren ein.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Bypass?
Als Bypass wird in der Medizin eine Umgehung von Blutgefäßen bezeichnet, die operativ angelegt werden muss. So wird eine Engstelle (Stenose) eines Blutgefäßes umgangen, in dem eine neue Verbindung zwischen Anfang und Ende jener Engstelle geschaffen wird. Die am häufigsten durchgeführte Bypassoperation ist die, die an den Herzkranzgefäßen durchgeführt wird. Extrem verengte oder gar komplett verschlossene Herzkranzgefäße werden hierbei überbrückt. Prinzipiell ist dieser Eingriff aber auch an anderen Blutgefäßen durchführbar.
Offene Operation
Bei einer offenen Bypass-Operation wird der Brustkorb des Patienten vom Chirurg komplett geöffnet. Der Herzbeutel wird daran anschließend ebenfalls geöffnet. Parallel bereitet ein Assistent ein Blutgefäß vor, das als Bypass genutzt werden soll. Hierfür eignen sich beispielsweise eine Beinvene, sowie eine Brustwand- bzw. Unterarmarterie. Um den Bypass so exakt wie möglich zu platzieren, müssen die Herzkranzgefäße still gelegt werden. Dazu wird der Patient an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Die OPCAB-Methode eignet sich gleichermaßen.

Bypass: OPCAB-Methode
Die Herz-Lungen-Maschine (HLM) übernimmt für einen Zeitraum die Funktionen von Herz und Lunge. So lässt sich der Kreislauf während des Eingriffs aufrecht erhalten. Mit Hilfe eines Schlauchsystems wird von der Maschine Blut aus dem Körper abgepumpt. Es wird mit Sauerstoff angereichert und dem Körper wieder zugeführt. Das Herz lässt sich durch eine sogenannte Kardioplegie-Lösung stilllegen.
Bei der OPCAB-Methode (Off-Pump-Coronary-Artery-Bypass) wird eine Herz-Lungen-Maschine hingegen nicht benötigt. Die Oberfläche des Herzens wird durch Stabilisatoren ruhig gestellt. Dadurch ist der Eingriff am schlagenden Herzmuskel möglich.
Minimal-invasive Operation
Im Gegensatz zur offenen Herz-OP, muss bei dieser Methode der Brustkorb nicht freigelegt werden. Zum Applizieren des Bypasses wird ein Endoskop benutzt, für dessen Einführung nur kleine Schnitte erforderlich sind. Die minimal-invasive Operation erfreut sich immer größerer Beliebtheit, da sie schonender für den Patienten ist und sich die Rehabilitationsdauer nach dem Eingriff deutlich kürzer gestaltet. Durch die bedeutend kleinere Wundfläche ist das Infektionsrisiko drastisch reduziert. Ob die minimal-invasive Methode angewendet werden kann, richtet sich nach dem Ausmaß und der Position der Engstelle an den Herzkranzgefäßen, die es zu behandeln gilt.
Bypass – Gründe
Die Indikationen für eine Bypass-OP sind zahlreich und vielseitig. Die häufigsten Gründe für eine Bypass Legung am Herzen sind:
- Die Weitung oder Wiedereröffnung der Herzkranzgefäße mittels Herzkatheteruntersuchung blieb erfolglos
- Hauptstammstenose: ein bis zwei Herzkranzgefäße sind in Mitleidenschaft gezogen und die linke Herzkranzarterie ist an ihrer Basis verengt oder sogar verschlossen
- Dreigefäßerkrankung: alle drei Hauptäste der Herzkranzgefäße sind zeitgleich betroffen
- Der Patient leidet an Diabetes und weist mehrere Stenosen über längere Arterienabschnitte auf
- Mehrere Herzkranzgefäße sind betroffen, wodurch die Pumpfunktion der linken Herzkammer aufgrund von Sauerstoff- und Nährstoffmangel immens eingeschränkt ist
- Die vordere Schlagader zwischen beiden Herzkammern ist an ihrem Anfang stark verengt
Bypass – OP-Vorbereitung
Ehe es zur Bypass-OP kommt, steht eine Reihe von Voruntersuchungen an. Dazu gehört eine gründliche Blutuntersuchung inklusive Blutgruppenbestimmung. Es wird ein Röntgenbild der Lunge angefertigt, sowie ein Lungenfunktionstest angeordnet. Zudem erfolgt eine Ultraschalluntersuchung des Herzens und der Halsgefäße. Unter Umständen wird eine Eigenblutspende des Patienten durchgeführt, um etwaige Blutverluste während der Operation ausgleichen zu können. Im Vorfeld der Operation findet ein detailliertes Aufklärungsgespräch zwischen durchführenden Arzt und Patienten statt. In diesem Gespräch erklärt der Arzt den genauen Hergang und Ablauf des Eingriffs. Der Patient hat die Möglichkeit Fragen zu stellen und Bedenken zu äußern.
Bypass OP – Ablauf
Bei einer offenen Herz OP wird der Patient in Vollnarkose versetzt und meist an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Die Maschine hält den Kreislauf stabil und versorgt den Organismus mit Sauerstoff und sorgt für den Abtransport von Kohlendioxid. Das Herz selbst wird für die Dauer des Eingriffs still gelegt. Der Chirurg öffnet den Brustkorb durch die vollständige Durchtrennung des Brustbeins (mediane Längs-Sternotomie). Danach wird das Brustbein auseinandergeklappt.
Nach dem Öffnen des Herzbeutels werden Hohlvene und Hauptschlagader an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Das Gefäß, dass zur Bildung des Bypasses an anderer Stelle entnommen wurde, näht der Chirurg an die Hauptschlagader und hinter der Stenose des betroffenen Herzkranzgefäßes an. Meist werden hierfür die Vena saphena magna oder parva verwendet. Generell bilden sich jedoch in Venen neue Engstellen bedeutet schneller wieder als in Arterien. Ist die rechte oder linke Brustwandarterie (Arteria thoracica interna) als Bypass verwendbar, so wird diese freigelegt und als Bypassgefäß genutzt. Dieses Blutgefäß hat den Vorteil, dass es eine anatomisch günstige Lage zum Herzen besitzt und sein Abgang von der Schlüsselbeinarterie (Arteria subclavia) nicht verändert werden muss. Somit muss der Chirurg nur die herzseitige Verbindung zum Koronargefäß herstellen. Auch eine Arterie des Armes (Arteria radialis) eignet sich als neues Blutgefäß für den Bypass. Hierbei muss die Arterie sowohl an der Aorta als auch am Herzkranzgefäß befestigt werden, unter Umgehung der Stenose. Im Vorfeld wird überprüft, ob die Durchblutung der Hand auch ohne die Arteria radialis sichergestellt sein wird. Dies geschieht mit Hilfe des sogenannten Allen-Tests. Je nach Umfang der vorhandenen Stenosen, kann der Arzt bis zu vier Bypässe während eines Eingriffs platzieren.
Nach dem erfolgreichen Anbringen des Bypass, werden rechte Herzkammer und rechter Vorhof temporär mit einem Herzschrittmacher verbunden. Die Kardioplegielösung wird ausgespült. Der Chirurg überprüft die Gewährleistung eines störungsfreien Blutflusses. Ist dies gegeben, kann das Blut wieder durch das Herz geleitet werden. Sowohl Herzschrittmacher als auch Herz-Lungen-Maschine können entfernt werden. Der Herzbeutel und der Brustkorb werden nach dem Anlegen von Saugdrainagen wieder geschlossen. Die Saugdrainagen leiten in den ersten Tagen nach der OP, Blut und Wundsekrete nach außen. Um das Brustbein wieder in seine ursprünglichen Position zu bringen, werden sogenannte Drahtcerclagen benutzt. Kräftige Drahtschlingen werden durch die Zwischenrippenräume geführt, um das Sternum zu fixieren.
Wie lange dauert die Bypass OP?
Durchschnittlich kann eine Bypass OP zwischen drei bis sechs Stunden dauern. Die Dauer des Eingriffs wird maßgeblich von der Anzahl der zu setzenden Bypässe bestimmt. Unerwartete Komplikationen können den Eingriff zudem verlängern.
Ist eine Bypass OP schmerzhaft?
Da der Eingriff unter Vollnarkose durchgeführt wird, verspürt der Patient keine Schmerzen.
Bypass – Was ist danach zu beachten?
Direkt nach dem Eingriff erwarten den Patienten ein bis zwei Tage auf der Intensivstation. Ist der Patient in der Lage eigenständig zu atmen, wird das Beatmungsgerät entfernt. Der Patient kann jetzt auf eine normale Station verlegt werden. Nach sieben bis vierzehn Tagen stationärem Aufenthalt im Krankenhaus beginnt die Reha-Phase. Dafür begibt sich der Patient entweder drei bis vier Wochen lang in eine spezielle Herz-Reha-Klinik, oder er unterzieht sich den Rehabehandlungen ambulant von zu Hause aus.
Sollten in der Reha-Phase zuhause folgende Symptome auftreten, muss sofort der Arzt konsultiert werden:
- Fieber
- Herzrasen
- Neu auftretende oder schlimmer werdende Schmerzen im Bereich der Brustwunde
- Rötungen, Blutungen oder Ausfluss aus der Brustwunde
Der gesamte Heilungsprozess nimmt sechs bis zwölf Wochen in Anspruch. In den meisten Fällen kann man nach vier bis sechs Wochen nach der OP bereits wieder arbeiten, Sport treiben und sexuell aktiv werden. Dies sollte jeweils nur unter Absprache mit dem Arzt geschehen.
Wie lange muss ich im Krankenhaus bleiben?
Der Krankenhausaufenthalt kann zwischen sieben bis vierzehn Tagen betragen. Dann wird der Patient entlassen und die Reha-Behandlung schließt sich unmittelbar daran an.
Wann darf ich wieder Autofahren?
Laut Kardiologen ist eine Wartezeit von vier bis sechs Wochen ausreichend, um sich danach wieder ans Steuer zu setzen. Verkehrsmediziner sehen das Ganze etwas strenger. Sie sind der Meinung, dass man mit dem Autofahren mindestens drei Monate warten sollte. Generell ist vom Autofahren abzuraten, wenn nach dem Eingriff und einer Wartezeit von vier Wochen Schmerzen oder Komplikationen bestehen. Vor der ersten Autofahrt sollte in jedem Fall der zu behandelnde Arzt zu Rate gezogen werden.
Wie muss ich mich nach der OP verhalten?
Nach dem Setzen des Bypass geht es zahlreichen Patienten viel besser. Es besteht jedoch das Risiko, dass sich andere Blutgefäße oder die, die als Bypass genutzt wurden, verengen oder sogar völlig verschließen. In diesem Fall muss eine neue Angioplastie oder Bypass Setzung erfolgen.
Somit hängt der langfristige Erfolg einer Bypass OP wesentlich vom zukünftigen Verhalten des Patienten ab. Er ist dafür verantwortlich seine verordneten Medikamente regelmäßig einzunehmen. Diese Medikamente dienen dem Senken des Blutdrucks und des Cholesterinspiegels und beugen Blutgerinnseln vor. Diabetes Patienten müssen auf ihren Blutzuckerspiegel achten und ihre Medikation dementsprechend berücksichtigen.
Zusätzlich gilt es folgende Verhaltensweisen und Empfehlungen zu beherzigen:
- Auf den Genuss von Alkohol und Nikotin verzichten
- Auf fettarme, ausgewogene Ernährung achten
- Abbau von Übergewicht
- Für regelmäßige Bewegung sorgen
- Negativen Stress vermeiden bzw. bewältigen
- Regelmäßige Nachkontrollen in Anspruch nehmen
Bypass – Komplikationen und Risiken
Jeder chirurgische Eingriff besitzt ein gewisses Potential an Risiken und Komplikationen. Natürlich ist dies auch bei einer Bypass-OP nicht auszuschließen. Über die Jahre wurde das Verfahren jedoch konstant optimiert, so dass die Komplikationsrate auf ein bis zwei Prozent gefallen ist. Zu den häufigsten Risiken gehören:
- Herzinfarkt oder Schlaganfall während der OP
- Herzrhythmusstörungen
- Nachblutungen am Herzbeutel
Nachdem der Eingriff erfolgreich absolviert wurde, kann es im Nachgang zu folgenden Komplikationen kommen:
- Störungen der Wundheilung: Blutungen, Infektionen und Schmerzen
- Gerade Raucher sind einem größeren Risiko an einer Lungenentzündung zu erkranken ausgesetzt
- Bei vorheriger eingeschränkter Nierenfunktion kann nach der OP Bedarf an einer Dialyse bestehen
Bypass OP – Nachbehandlung
Wie bereits erwähnt ist die unbedingte Einhaltung der Medikation von großer Bedeutung. Neben den Thrombozytenaggregationshemmern wie beispielsweise Actetylsalicylsäure, verordnet der Arzt außerdem ACE-Hemmer sowie Kalziumkanalblocker und Beta-Rezeptorenblocker. Sie dienen der Behandlung von Bluthochdruck. Für die Stabilisierung des Cholesterinspiegels werden Statine verwendet. Die psychischen Auswirkungen bzw. Belastungen nach so einem Eingriff sollten nicht außer Acht gelassen werden. Viele Patienten leiden nach der Bypass-Operation unter depressiven Verstimmungen. Diese sollten offen beim weiterbehandelnden Arzt angesprochen werden. Meist ist dies der Hausarzt, der psychotherapeutische Hilfestellungen aufzeigen und vermitteln kann. Der Hausarzt kann auch aktiv dabei unterstützen den bisherigen Lebensstil zu ändern. Diese Kooperation zwischen Arzt und Patient kann die „Lebensdauer“ des gelegten Bypass deutlich verlängern.
Leben nach Bypass OP
Die Erfolgsaussichten nach einer Bypass-Operation sind äußerst erfreulich. Bei rund 90 Prozent der Behandelten waren die Arterienbypässe 20 Jahre nach der OP noch immer durchgängig.
Um das Ergebnis der OP so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, ist die Mitwirkung des Patienten unentbehrlich. Durch die Einnahme seiner verordneten Medikamente, regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung und das Wahrnehmen von Nachsorgeuntersuchungen beeinflusst er seine Gesundheit im beachtlichen Umfang positiv.
Unter Berücksichtigung dieser Aspekte kann ein nahezu uneingeschränktes Leben nach der Bypass-Operation stattfinden.
Herzoperationen
1. Coronary bypass surgery, www.maycoclinic.org (Abrufdatum 15.07.2020)
2. Johannes-Martin Hahn: Checkliste Innere Medizin, Thieme Verlag, 5. Auflage, 2007