Amputationen sind schwerwiegende Eingriffe und irreversible Verluste von Körperteilen. In Deutschland finden schätzungsweise 60.000 bis 80.000 Amputationen pro Jahr statt, Männer sind dabei deutlich häufiger betroffen als Frauen. Einen Großteil aller Amputationen machen Mikroamputationen aus – die Entfernung kleiner Gliedmaßen wie der von Zehen und Fingern.
Inhaltsverzeichnis
Was eine Amputation ist, wie sie abläuft und welche Ursachen für eine Amputation vorliegen können, darüber informiert der folgende Artikel. Außerdem wird auf mögliche Risiken und Komplikationen eingegangen und was nach einem solchen Eingriff beachtet werden muss.
Was ist eine Amputation?
Unter einer Amputation versteht man eine teilweise oder komplette Entfernung von Extremitäten. Ein solcher Eingriff erfolgt dann, wenn die vorab durchgeführten Therapien keine Erfolge erzielt haben und es keine andere Möglichkeit gibt, das betroffene Körperteil zu erhalten. Der Eingriff wird durchgeführt, wenn ersichtlich ist, dass es ohne eine Amputation zu schweren gesundheitlichen Folgen für den Patienten kommen könnte. Besonders betroffen sind die Gliedmaßen – und hier insbesondere die Arme und Beine. Amputationen sind immer die Folge von schweren Erkrankungen, unerwünschten Krankheitsverläufen oder Unfällen.
Man unterscheidet Mikroamputationen und große Amputationen. Bei den Mikroamputationen werden kleine Gliedmaßen (Zehen, Finger) entfernt, während es bei den großen Amputationen zur Entfernung des ganzen Armes oder Beines kommt.
Wann wird eine Amputation gemacht?
Mögliche Ursachen für eine Amputation sind:
- akute oder chronische Durchblutungsstörung
- Minderdurchblutung und Minderversorgung des betroffenen Gewebes
- Infektion des betroffenen Gewebes
- Unfälle, Stürze, Traumata
- Therapiemaßnahmen erzielen keine Verbesserung
- angeborene Fehlbildungen
- Krebserkrankung
Die Amputation erfolgt immer dann, wenn die bestehende Erkrankung lebensbedrohlich ist. Auch nach schweren Unfällen und Verletzungen mit offenen Brüchen, wenn eine Zerstörung von Nerven und Blutgefäßen vorliegt, kommt es zu einer solchen Entscheidung. In diesen Fällen muss sehr schnell gehandelt werden, ebenso bei sehr rasch ausbreitenden Infektionen.
Amputation bei Gefäßerkrankungen
Bei vielen Amputationen liegt eine arterielle Verschlusskrankheit vor, eine krankhafte Verengung der Arterien in den Extremitäten. Die Hauptursache für diese Durchblutungsstörung ist die Arteriosklerose, die oft den ganzen Körper betrifft – angefangen bei den kleinen Gefäßen, die deutlich schneller verkalken. Die Risikofaktoren sind Übergewicht, Rauchen, Diabetes mellitus, hoher Blutdruck und erhöhte Blutfettwerte.
Amputation bei Diabetes mellitus
Bei an Diabetes mellitus-erkrankten Patienten kann es im Laufe der Erkrankung zu unerwünschten Komplikationen kommen. Schlecht eingestellte Blutzuckerwerte, das Voranschreiten der Gefäßverengung (Arteriosklerose) und bestehende Wunden und Infektionen können zu dem Diabetischen Fußsyndrom führen. Dabei kommt es zu trockener und rissiger Haut, einem verminderten Schmerzempfinden und einer verstärkten Hornhautbildung am Fuß. Außerdem können sich kleinere Wunden und Druckstellen entwickeln, die sich mit Krankheitserregern infizieren können. Wird eine Infektion zu spät festgestellt, kann es zu einer Amputation kommen.
Es kommt vor, dass die stadiengerechte Behandlung des Diabetischen Fußes im Vorhinein nicht genügend durchgeführt wird und es dadurch zu verfrühten Amputationen kommt. Die richtige Behandlungsmethode mit Infektionsbekämpfung und Wiederherstellung der Durchblutung sollte daher immer gegeben sein, erst bei schlimmen Wundverhältnissen ist die Amputation als letzte Option durchzuführen.
Amputation bei Krebs
Die Amputationsrate bei Tumoren und Krebserkrankungen sinkt, sie sind seltener geworden. Durch die Entfernung von Extremitäten kann meist verhindert werden, dass sich bösartige Krebszellen in weitere Körperteile ausbreiten. Die meisten Amputationen werden dabei nicht vom Tumor erzwungen, sondern sind Folge einer extremitäten-erhaltenden Operation. Besonders Infektionen von Tumorprothesen erzwingen häufig die Amputation als letzte Option.
Amputation bei Unfällen
Die meisten Amputationen finden aufgrund von Unfällen, Stürzen und Traumatas statt, die meisten davon sind Verkehrsunfälle, aber auch landwirtschaftliche Unfälle, Sportunfälle und Unfälle mit Kettensägen. Besonders untere Extremitäten sind davon sehr betroffen. Die entstandenen Verletzungen sind dann so stark, dass durchtrennte Nerven und Blutgefäße nicht mehr miteinander vernäht werden können.
Amputation – Ablauf
Vor jeder Amputation einer Extremität werden umfangreiche Untersuchungen und Tests durchgeführt. Dazu zählen Blutabnahme, die körperliche Untersuchung und das ausführliche Anamnesegespräch mit Feststellen der Schwere der Erkrankung. Um die Durchblutung der Gefäße darzustellen, werden Ultraschall- und/oder Röntgenuntersuchungen (Angiographie) durchgeführt. Diese Ergebnisse sowie Techniken und Ursachen für eine Amputation werden dann mit dem Patienten besprochen.
Ist die Entscheidung für eine Amputation gefallen und notwendig, muss die Amputationshöhe bestimmt werden, die jeweils von der Lokalisation des Gefäßverschlusses abhängig ist. In einigen Fällen kann jedoch erst während der Operation entschieden werden, in welcher Höhe amputiert werden muss. Überwiegend wird aber vorab geplant, wie viel an Gewebe und Knochen entfernt wird.
Der Eingriff erfolgt unter Vollnarkose. Das zu entfernende Körperteil wird vom Blutfluss abgetrennt und betäubt. So können mögliche, später auftretende Phantomschmerzen abgemildert werden. Das Ziel jeder Amputation ist es, die Beweglichkeit des Patienten und somit die Gelenke und Muskeln so gut es geht zu erhalten.
Amputation Fuß
Fußamputationen teilt man in zwei Arten ein:
- Minoramputation – kleine Amputation, bei der der Mittelfußknochen und Zehen entfernt werden
- Majoramputation – jede größere, höher gelegene Amputation
Damit der Patient nach dem Eingriff weiterhin gut stehen und gehen kann, versucht der Arzt, möglichst wenige Knochen zu entfernen. Bei kleineren Erkrankungen gelingt das gut, indem zunächst „nur“ Zehen entfernt werden, bei fortschreitenden Erkrankungen muss die Amputation dann bei einigen Betroffenen jedoch höher angesetzt werden. In allen Fällen bleibt aber das Sprunggelenk erhalten. So kann der Patient mit einer maßangefertigten Prothese den Fuß wieder belasten.
Amputation Bein
Bei der Beinamputation wird der Unterschenkel nicht oberhalb, sondern unterhalb des Kniegelenks entfernt. Meist bleibt ein circa zehn Zentimeter langer Stumpf unterhalb des Knies bestehen.
Erfolgt eine Amputation des Oberschenkels, kann der Knochen auf jeder Höhe abgetrennt werden. Meist geschieht der Schnitt aber nahe des Knies, da sehr viele Knochen am Muskel ansetzen. Das ermöglicht eine bessere Beweglichkeit am Oberschenkelstumpf.
Amputation Arm
Bei einer Amputation an der Hand wird immer versucht, die Greiffunktion des Patienten weiterhin zu erhalten. Beim Entfernen von einzelnen Fingern gibt es dabei die Möglichkeit, die Mittelhand zu spalten. So können Betroffene mit viel Training auch nach dem Eingriff Gegenstände fassen und greifen.
Ähnlich ist diese Methode am Unterarm. Nach der Amputation werden Elle und Speiche so getrennt, dass sie wie zwei Finger fungieren. So können Patienten ebenfalls weiterhin Gegenstände greifen.
Wird im Bereich des Ellenbogens, Oberarms und Schulter amputiert, muss möglichst viel von der Muskulatur erhalten bleiben, um die Beweglichkeit des Stumpfes im Anschluss sicherzustellen.
Vernähen des Stumpfes
Nach Entfernung der Knochen und des Weichgewebes wird der Knochenstumpf abgerundet. Im Anschluss wird ein Hautlappen um ihn gelegt und vernäht.
Die Gestaltung und Formung des Stumpfes ist sehr wichtig, denn dieser wird später die Prothese tragen. Daher sollte er weder schmerz- noch verletzungsgefährdet sein. Es muss dabei auf folgendes geachtet werden:
- Glättung der Knochenkanten
- gute Polsterung des Stumpfes (es wird genügend Haut gelassen, um die Wunde ohne Spannung vernähen zu können)
- Berücksichtigung der verlaufenden Nerven
- Hautnarbe außerhalb der Belastungszone
Amputation – Risiken und Komplikationen
Die Grunderkrankung sind nach einer Amputation nicht automatisch geheilt – das gilt besonders bei Gefäßerkrankungen und Diabetes mellitus. Daher sollten Komplikationen, so gut es geht, vermieden werden. Mögliche Komplikationen sind:
- Wundheilungsstörung
- Wundinfektion
- Nachamputation
- Amputation an einer anderen Extremität
Man muss besonders auf Entzündungszeichen achten – Schmerz, Rötung, Schwellung, Überwärmung und Funktionseinschränkung. Auch Haltungsschäden und Druckgeschwüre durch eine schlecht sitzende Prothese können Komplikationen nach einem Eingriff sein.
Wichtig: Bei Vorerkrankungen, die das Gefäßsystem und die Durchblutung stören, ist der gesamte Körper betroffen. Das heißt, das auch besonders das Herz und das Gehirn von der Erkrankung betroffen sind. Daher ist die Kontrolle der Risikofaktoren nicht nur für die betroffene Körperstelle wichtig, sondern eben auch für einen gesunden Herzkreislauf.
Nach Amputation – Was gibt es zu beachten?
Nach einer Amputation, besonders nach einem großen Eingriff, ist das Leben des Patienten verändert und er mag kurz danach auf die Hilfe Angehöriger angewiesen sein. So ein Eingriff ist eine seelische Belastung und sollte nicht unterschätzt werden. Daher wird in vielen Fällen eine anschließende Rehabilitation empfohlen, in der die körperlichen, aber auch seelischen Beschwerden aufgearbeitet werden. Die Heilung einer Amputation ist langwierig und kann einige Monaten dauern, etwa 1,5 Jahre nach dem Eingriff ist die Wundheilung abgeschlossen und die Narbe hat ihre endgültige Form erreicht. Erst dann ist die prothetische Versorgung möglich.
Der Patient muss nach der Operation geschult werden, wie die richtige Wundpflege gelingt. So können zusätzlichen Schädigungen vorgebeugt werden.
Schmerzen nach Amputation
Im Bereich des Stumpfes können nach der Amputation Schmerzen auftreten. Das können dauerhafte Druckschmerzen sein oder auch sehr einstechende Schmerzen. Ursachen dafür sind:
- neuropathische Schmerzen (Nervenschädigungen) – im Bereich des Stumpfes verlaufen Nervenfasern, an denen sogenannte Neuromen entstehen können
- Durchblutungsstörungen – oft daran zu erkennen, dass sich der Stumpf kalt anfühlt.
- ein nicht passender Schaft und eine schlecht sitzende Prothese
- Narbenschmerzen
Es gibt zwei Arten von Schmerzen – Phantomschmerzen und Stumpfschmerzen. Während die Phantomschmerzen bislang ungeklärte Schmerzen und Sinneswahrnehmungen des amputierten Körperteils sind, treten die Stumpfschmerzen nach dem Eingriff direkt am Stumpf auf. Das können Wundschmerzen, Infektionen und Blutergüsse sein. Die Schmerzen können heftig und ganz plötzlich auftreten, in einigen Fällen auch chronisch verlaufen. Bei ihnen steht die Beseitigung der ihr zugrundeliegenden Ursachen an erster Stelle, bei den Phantomschmerzen steht die Schmerzbehandlung im Vordergrund. Als Therapieverfahren eignen sich Massagen und Krankengymnastik.
Stumpfpflege
Nach einer Ober- oder Unterschenkelamputation wird der Stumpf mit Bandagen umwickelt. So werden Wassereinlagerungen vermieden und der Stumpf wird auf eine mögliche Prothese vorbereitet. Diese Bandage wird durchgehend vom Patienten getragen. Wichtig dabei: Eine zu eng angelegte oder verrutschte Bandage sollte sofort korrigiert werden, nur so lassen sich Schmerzen und Wundheilungsstörungen rechtzeitig umgehen.
Für die richtige Hauthygiene sollte der Stumpf täglich mit Wasser und milder Seife gewaschen werden. Es kann zu einer vermehrten Schweißdrüsenabsonderung kommen, warmes Wasser hilft dabei, die Ausscheidungen zu entfernen. Ein warmes Stumpfbad mit kalten Güssen trainiert die Gefäße. Die Stumpfhaut sollte immer sorgfältig abgetrocknet werden. Da die Haut durch den Eingriff sehr gereizt ist, muss außerdem auf Verfärbungen, offene Stellen und Narbenbildung geachtet werden.
Wie lange im Krankenhaus?
Bei kleineren Amputationen (Zehen) kann der Patient in der Regel nach 10 bis 14 Tagen wieder nach Hause. Bei einer großen Amputation (besonders bei Ober- und Unterschenkel) kann der Krankenhausaufenthalt bis zu 4 Wochen andauern.
Fußpflege
Es sollte auf eine entsprechende Fußpflege geachtet werden, möglichst auf eine medizinische Fußpflege (Podologie). Bei selbstständiger Durchführung kann durch das Verwenden von Scheren und anderen Hilfsmittel das Risiko einer Infektion oder Verletzungsgefahr bestehen. Beine und Füße sollten täglich auf Risse und Wunden kontrolliert werden. Die Zehenzwischenräume sollten möglichst trocken gehalten werden. Besonders zu enge und einschnürende Kleidung sowie einengende Socken sollte man meiden. Besonders bei einem Diabetischen Fußsyndrom sollten Patienten auf sehr warme und kalte Anwendungen an den Beinen und Füßen verzichten (Wärmflasche, Kirschkernkissen, Eisbeutel). Es besteht sonst auch hier Verletzungsgefahr. Sehr trockene Haut kann mit harnstoffhaltigen Cremes gepflegt werden.
Blutdruck beobachten
Patienten mit hohem Blutdruck wird empfohlen, täglich morgens und abends ihren Blutdruck zu kontrollieren. Blutdruck-Tagebücher eignen sich gut, um gemessene Werte einzutragen und die Übersicht zu behalten.
Bei einer Diabetes-Erkrankung
Diabetes-Patienten sollten sich an den festgelegten optimalen Blutzuckerwert halten. Außerdem ist es wichtig, den Wert regelmäßig zu messen – bei Insulin vor der Insulingabe, bei Medikamenten jeweils morgens. Auch hier eignet sich ein Blutzucker-Tagebuch. Außerdem sollten die Geräte regelmäßig auf ihre Funktion kontrolliert werden, das kann im Sanitätshaus, in der Apotheke oder direkt beim Arzt erfolgen.
Mobilisation und Belastbarkeit
Nach einem Eingriff ist es wichtig, dass der Patient beweglich bleibt. Gezielte Übungen mit Physiotherapeuten und die richtige Lagerung im Bett sind wichtig, damit sich die Muskeln und das Gelenk nahe des Stumpfes nicht verkürzen oder steif werden. Leichte Bewegungen und Atemübungen unterstützen auch die Stabilisierung des Herzkreislauf-Systems. Nach einer Fuß-Amputation kann ein Entlastungsschuh hilfreich sein, um die betroffene Stelle zu unterstützen.
Ernährung
Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle – sowohl bei der Vorbeugung als auch bei der Nachsorge. Besonders bei Gefäßerkrankungen, Diabetes, Übergewicht und hohen Blutfettwerten sollten Patienten auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung (salzreduziert) achten. Sie dient nicht nur zur Behandlung der Vorerkrankung, sondern unterstützt auch die Wundheilung. Auf Alkohol und Rauchen sollte verzichtet werden, auch zur Behandlung der Vorerkrankungen sollte man den Alkohol- und Tabakkonsum dauerhaft einschränken. Wer an Übergewicht leidet, sollte dieses reduzieren.
Soziales Umfeld
Es ist wichtig, dass das soziale Umfeld der Betroffenen über die Erkrankung informiert und gebeten wird, bei gemeinsamen Unternehmungen Rücksicht auf den gesundheitlichen Zustand zu nehmen. Betroffene sollten trotz Einschränkung so gut es geht in Kontakt bleiben und eine gesunde Lebensweise mit Aktivitäten, Bewegung und Begegnung beibehalten. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen hilft, besonders bei großen Amputationen ist psychologische Hilfe zu empfehlen, um den Selbstwert zu steigern. Ebenfalls steht Patienten die Unterstützung des Sozialdienstes und anderer Hilfsprogramme zur Verfügung, um sich über geeignete Wohnungen, Hilfsmittel und berufliche Veränderungen zu informieren.
1. Niethard, F. U., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Duale Reihe Orthopädie und Unfallchirurgie, Thieme Verlag, 6. Auflage, 2009
2. J. Rüdiger Siewert: Basiswissen Chirurgie, Springer Medizin Verlag, 2007
3. Die Amputation, www.bmab.de (Abrufdatum: 18.11.2020)
4. Durchblutungsbedingte Amputationen – Informationsbroschüre für betroffene Patienten, www.klinikum.uni-heidelberg.de (Abrufdatum: 18.11.2020)