Bei ihrem Jahreskongress in London haben europäische Kardiologen neue Bluthochdruck-Leitlinien festgelegt. Unter anderem haben sie eine neue Kategorie „erhöhter Blutdruck“ eingeführt, die eine frühere intensive Behandlung bei Menschen mit erhöhtem Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen soll. Weiterhin wurde das Behandlungsziel nach unten korrigiert.
Neue Kategorie „erhöhter Blutdruck“ eingeführt
In Europa leiden rund 45 Prozent der Erwachsenen an Hypertonie, umgangssprachlich als Bluthochdruck bezeichnet. In Österreich ist etwa jeder vierte Mensch betroffen. Bluthochdruck gilt als der bedeutendste Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall. In vielen Fällen wird die Krankheit allerdings jahrelang nicht erkannt. Die Experten der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) haben sich auf ihrem Jahreskongress 2024 nun auf neue Leitlinien geeinigt, die das Leben von Betroffenen verändern sollen.
Bislang galten die folgenden Empfehlungen:
- Von einem optimalen Blutdruck ging man bei Werten von weniger als 120 mmHg systolisch (oberer Wert) und weniger als 80 mmHg diastolisch (unterer Wert) aus.
- Als normaler Blutdruck wurden Werte von 120 bis 129 mmHg systolisch und 80 bis 84 mmHg diastolisch bezeichnet.
- Werte zwischen 130 bis 139 mmHg systolisch und 85 bis 89 mmHg diastolisch wurden als „hochnormal“ bezeichnet.
- Von einer Hypertonie spricht man bei Werten von über 140/90 mmHg.
Alle Werte und übersichtliche Tabellen liefert dieser Beitrag:
Am Grenzwert für Hypertonie hat sich nichts geändert. Die ESC-Experten haben die Bluthochdruck-Leitlinien allerdings um die neue Kategorie „erhöhter Blutdruck“ erweitert. „Erhöhter Blutdruck“ besteht demnach bei Werten von 120 bis 139 mmHg systolisch und 70 bis 89 mmHg diastolisch.
Profitieren sollen Betroffene mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Die neue Kategorie soll zeigen, dass sich Bluthochdruck nicht über Nacht entwickelt, sondern über einen längeren Zeitraum hinweg entsteht. Ziel sei es, früher mit einer intensiveren Hypertonie-Therapie zu beginnen, heißt es in einer Aussendung der Fachgesellschaft. Davon sollen insbesondere Betroffene mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen profitieren, etwa Diabetiker, erklärt Bill McEvoy von der Universität von Galway in Irland, einer der Vorsitzenden des ESC-Leitlinien-Komitees. Laut Rhain Touyz von der McGill Universität in Kanada, Co-Autor der ESC-Aussendung, treten die mit Bluthochdruck verbundenen Gesundheitsrisiken schon bei systolischen Werten von 120 mmHg auf.
Bluthochdruck-Leitlinien: Neuer Zielwert für Blutdruckbehandlungen festgelegt
Die aktualisierten Bluthochdruck-Leitlinien enthalten noch eine zweite Änderung: Die Fachgesellschaft hat einen neuen Zielwert für die medikamentöse Behandlung der Hypertonie festgelegt. Bisher galt es als erstes Therapieziel, den Blutdruck Werte von unter 140/90 mmHg erreichen zu lassen. In einem zweiten Schritt sollte der Blutdruck dann auf weniger als 130/80 mmHg eingestellt werden.
Der neue Zielwert liegt nun bei 120 bis 129 mmHg systolisch. Ausgenommen sind lediglich Patienten, die eine Behandlung mit dem niedrigeren Zielwert nicht vertragen oder bei denen andere Umstände gegen eine solche Therapie sprechen. Die Änderung des Zielwerts folgt Studienergebnissen, nach denen eine intensivere Behandlung der Hypertonie bei einem breiten Spektrum von Betroffenen zu besseren Ergebnissen in Verbindung mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen führt.
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