
In Zeiten von Fachkräftemangel rückt ein Thema zunehmend in den Vordergrund: die Gehaltsangabe in Stellenanzeigen. Während einige Unternehmen offen und transparent mit den angebotenen Gehältern umgehen, bleiben viele andere weiterhin vage oder schweigen komplett. Diese Unsicherheit hat weitreichende Konsequenzen – sowohl für Unternehmen als auch für Bewerberinnen und Bewerber. In diesem Beitrag beleuchten wir, warum Gehaltstransparenz in Stellenanzeigen wichtig ist, welche Unsicherheitsfaktoren bestehen und welche Vorteile eine klare Kommunikation des Gehalts mit sich bringt.
Gehaltsangaben in Stellenanzeigen: Oft noch ein Tabuthema
Trotz der zunehmenden Diskussion über Gehaltstransparenz bleibt die Gehaltsangabe in vielen Stellenanzeigen ein Tabuthema. In den Jahren 2019 bis 2023 gaben nur etwa 20 % der Arbeitgeber in Deutschland das Gehalt in ihren Stellenanzeigen an. Damit bildet Deutschland im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern das Schlusslicht. Dies mag überraschen, insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Mehrheit der Bewerber klare Gehaltsangaben bevorzugt. Doch warum bleibt dieses Thema so oft unausgesprochen?
Ein Hauptgrund liegt in der Angst der Arbeitgeber, potenzielle Bewerber durch zu niedrige Gehaltsangaben abzuschrecken. Ein weiterer Aspekt ist die Befürchtung, dass bestehende Mitarbeitende durch die Offenlegung des Gehaltsangebots in Konflikt geraten könnten, insbesondere wenn sie erfahren, dass Neueinsteiger womöglich besser entlohnt werden. Diese Faktoren führen dazu, dass viele Unternehmen weiterhin auf Gehaltsangaben in ihren Stellenanzeigen verzichten.
Unsicherheitsfaktoren bei fehlender Gehaltsangabe
Die fehlende Gehaltsangabe in Stellenanzeigen führt auf Seiten der Bewerber zu erheblichen Unsicherheiten. Ohne konkrete Gehaltsinformationen wird der Bewerbungsprozess oft zum Glücksspiel, bei dem es erst im Vorstellungsgespräch zu einer Klärung der Gehaltsfrage kommt. Diese Unsicherheit kann potenziell qualifizierte Kandidaten davon abhalten, sich auf eine Stelle zu bewerben, da sie das Risiko einer enttäuschenden Gehaltsverhandlung vermeiden wollen.
Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass sie möglicherweise hochqualifizierte Fachkräfte verlieren, die sich aufgrund der fehlenden Transparenz für ein anderes Angebot entscheiden. Darüber hinaus kann der Zeit- und Ressourcenaufwand für den Rekrutierungsprozess steigen, wenn Kandidaten erst nach mehreren Gesprächsrunden aus dem Rennen genommen werden, weil sich die Gehaltsvorstellungen als unvereinbar herausstellen.
Gehaltstransparenz: Darum ist sie wichtig
Bewerber legen immer mehr Wert auf klare und ehrliche Informationen über die Vergütung, bevor sie sich für eine Stelle entscheiden. Diese Offenheit ist nicht nur ein Zeichen von Fairness, sondern auch ein strategischer Vorteil für Unternehmen. Gehaltstransparenz kann dazu beitragen, die Attraktivität eines Unternehmens zu steigern, qualifizierte Talente anzuziehen und gleichzeitig das Vertrauen der bestehenden Mitarbeitenden zu stärken. Darüber hinaus fördert sie Chancengleichheit und hilft, Ungerechtigkeiten und Diskriminierung am Arbeitsplatz zu reduzieren. Die folgenden Abschnitte erläutern die wichtigsten Vorteile der Gehaltstransparenz.
Mit Gehaltstransparenz die Attraktivität der Arbeitgebermarke stärken
Eine offene Kommunikation über das Gehalt trägt erheblich zur Stärkung der Arbeitgebermarke bei. Unternehmen, die ihre Gehaltsstrukturen transparent machen, signalisieren Vertrauen und Fairness. Dies kann besonders in einem hart umkämpften Arbeitsmarkt ein entscheidender Vorteil sein, um die besten Talente anzuziehen. Bewerber schätzen Ehrlichkeit und Klarheit, was die Attraktivität des Unternehmens steigert.
Zeit und Kosten im Rekrutierungsprozess sparen
Die Transparenz von Gehaltsangaben kann den Rekrutierungsprozess erheblich effizienter gestalten. Wenn das Gehalt bereits in der Stellenanzeige klar kommuniziert wird, können Bewerber sofort einschätzen, ob die Stelle finanziell ihren Vorstellungen entspricht. Dies reduziert die Anzahl an ungeeigneten Bewerbungen und sorgt dafür, dass der Rekrutierungsprozess schneller und zielgerichteter abläuft. Dadurch sparen Unternehmen sowohl Zeit als auch Kosten.
Mitarbeiterbindung und Zufriedenheit erhöhen
Transparente Gehaltsangaben wirken sich positiv auf die Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit aus. Wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, dass sie fair entlohnt werden und das Gehaltssystem nachvollziehbar ist, sind sie eher bereit, langfristig im Unternehmen zu bleiben. Dies führt zu einer geringeren Fluktuation und stabileren Teams, was sich wiederum positiv auf die Produktivität und das Arbeitsklima auswirkt.
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Gehaltsangabe fördert Chancengleichheit
Gehaltstransparenz ist auch ein wichtiger Schritt zur Förderung von Chancengleichheit und Gerechtigkeit im Unternehmen. Studien zeigen, dass intransparentere Gehaltsstrukturen häufig zu Ungleichheiten führen, etwa durch unbewusste Vorurteile oder Verhandlungsgeschick. Im März 2023 gaben rund 24 % der niedrigen bezahlten Stellen das Gehalt an, während es bei hoch bezahlten Stellen lediglich knapp 11 % waren. Dieses Phänomen ist auch in anderen Ländern zu beobachten. Die Entwicklung ist problematisch, da die Gehaltsverhandlungen hinter verschlossenen Türen stattfinden und eben zum Nachteil von Frauen und Minderheiten ausfallen könnten.
Indem Unternehmen Gehälter offen angeben, schaffen sie gleiche Bedingungen für alle Bewerber, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder anderen Faktoren. Dies trägt zu einer gerechteren Arbeitsumgebung bei und kann das Risiko von Diskriminierung verringern.
Zu guter Letzt: Die neue EU-Richtlinie einhalten
Mit der Einführung der neuen EU-Richtlinie sind Arbeitgeber nun zur Gehaltsangabe in ihren Stellenanzeigen verpflichtet. Diese Maßnahme zielt darauf ab, eine fairere Vergütung und mehr Gerechtigkeit am Arbeitsplatz zu fördern.
Die EU-Richtlinie soll insbesondere die anhaltende Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen bekämpfen. Aktuell verdienen Männer in Europa durchschnittlich 13 % mehr als Frauen, und in einigen Ländern, wie Österreich, liegt der Unterschied sogar bei fast 19 Prozent. Durch die verpflichtende Gehaltstransparenz wird dieses Ungleichgewicht adressiert, und Arbeitnehmer erhalten das Recht, die Gehälter ihrer Kollegen einzusehen.
Unternehmen haben bis Juni 2026 Zeit, diese Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Ein Verstoß gegen diese Vorgaben kann zu erheblichen Sanktionen führen, weshalb es für Arbeitgeber von zentraler Bedeutung ist, sich an diese neuen Regelungen zu halten.
Fazit
Die Gehaltsangabe in Stellenanzeigen ist ein wichtiger Faktor für die erfolgreiche Rekrutierung und Bindung von Mitarbeitenden. Transparenz bei den Gehältern stärkt nicht nur die Arbeitgebermarke, sondern fördert auch Chancengleichheit und Gerechtigkeit im Unternehmen. Arbeitgeber, die offen mit ihren Gehaltsstrukturen umgehen, sparen Zeit und Kosten im Rekrutierungsprozess und erhöhen die Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden. Angesichts des aktuellen Arbeitsmarktes sollten Unternehmen daher nicht zögern, dieses Tabuthema zu brechen und Gehaltstransparenz in ihren Stellenanzeigen zu gewährleisten.
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