
Die FSME, oder Frühsommer-Meningoenzephalitis, zählt zu den Sommer- und Reisekrankheiten, für die ein besonders hohes Übertragungsrisiko in großen Regionen von Süd- und Südwestdeutschland besteht. Man muss also nicht nur bei fernen Reisezielen auf der Hut sein.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Frühsommer-Meningoenzephalitis ist eine durch ein gleichnamiges Virus hervorgerufene akute Entzündung des Gehirns, der Hirnhäute und des Rückenmarks.
- Überträger des FSME-Virus sind Zecken.
- FSME tritt in Abhängigkeit von der Aktivität der virustragenden Zecken bevorzugt im Frühjahr und Sommer auf.
- Der Krankheitsverlauf ist biphasisch.
- Bei ca. 1 Prozent aller Betroffenen verläuft die Erkrankung tödlich, bei Kindern ist der Verlauf in der Regel milder.
- Das Risiko einer Schädigung des Gehirns und des Rückenmarks steigt mit zunehmendem Alter: Patienten über 75 Jahre tragen mit bis zu 86-prozentiger Wahrscheinlichkeit bleibende Schäden davon.
- Präventionsmaßnahmen helfen, eine Ansteckung zu vermeiden.
- Immunisierung durch Impfung ist sinnvoll für alle Personen, die in FSME-Risikogebieten wohnen und sich viel in der Natur aufhalten.
Was ist FSME und wie wird es übertragen?
Die Erkrankung FSME, auch „Zeckenenzephalitis“ genannt, wird im mitteleuropäischen Raum hauptsächlich vom „Gemeinen Holzbock“ (Ixodes ricinus) übertragen. Er hält sich in hohem Gras, an Waldrainen und im Gebüsch auf. Dort befällt er überwiegend Kleinsäugetiere wie Mäuse, Vögel und Kleinwild als Hauptwirt. In deren Organismus vermehrt sich das Virus, bevor es über einen Stich einer mit dem Virus infizierten Zecke dann auf den Menschen übertragen wird.
Eine Übertragung von Mensch zu Mensch hingegen ist nicht möglich. Daher sind FSME-Erkrankte auch nicht ansteckend. In Regionen wie dem Baltikum, wo viel Rohmilch (von Ziegen, Schafen oder Kühen) konsumiert wird, ist eine Übertragung durch virusinfizierte Milchprodukte ebenfalls möglich. Hierzulande verhindert die Pasteurisierung effektiv eine Verbreitung des Virus über diese Quelle.
FSME-Risikogebiete in Deutschland
In diesem Jahr wurden 178 Kreise in Deutschland vom RKI zum FSME-Risikogebiet erklärt. Dies erstreckt sich von Baden-Württemberg über Bayern, Südhessen, das südliche Thüringen und Sachsen. Innerhalb dieser FSME-Naturherde treten rund 89 Prozent aller Erkrankungsfälle in Baden-Württemberg und Bayern auf. Man spricht von einer Inzidenz zwischen 0,7 und 2 Fällen pro 100.000 Einwohner pro Jahr. In Deutschland ist die Erkrankung meldepflichtig.
FSME – Symptome
FSME verläuft biphasisch. Zunächst zeigen Infizierte unspezifische Beschwerden, die beispielsweise an eine Sommergrippe denken lassen:
- allgemeines Krankheitsgefühl
- Appetitlosigkeit
- leichtes Fieber mit Kopf- und Gliederschmerzen
In bis zu 90 Prozent der Fälle verläuft diese Phase sogar gänzlich symptomfrei. Im günstigsten Fall ist die Krankheit damit ausgestanden.
Ist dies nicht der Fall, folgt auf eine beschwerdefreie Phase von ungefähr ein- bis zwei Wochen ein erneuter Anstieg des Fiebers mit schwerem Krankheitsgefühl. Nun zeigen sich die spezifischen Frühsommer-Meningoenzephalitis-Symptome, da die durch das Virus hervorgerufene Entzündung sich inzwischen im zentralen Nervensystem ausgebreitet hat:
- Hirnhautentzündung (Meningitis)
- Gehirnentzündung (Enzephalitis)
- Rückenmarksentzündung (Myelitis)
Diese Krankheitsbilder gehen mit hohem Fieber (bis 41 Grad Celsius) und neurologischen Ausfallserscheinungen einher:
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Hör- und Sprachstörungen
- Lähmungen
- Krampfanfälle
- Bewusstseinsstörungen
Typisch ist auch die Nackensteife als Zeichen der Hirnhautbeteiligung.
Diagnose und Behandlung
Einen Schnelltest für FSME gibt es nicht. Dennoch kann das Virus bereits in der ersten Krankheitsphase über einen PCR-Test im Liquor oder im Blut von Betroffenen nachgewiesen werden. Das Problem liegt hierbei eher in der Tatsache, dass die Erkrankung oft nicht frühzeitig genug erkannt wird, da die frühen Krankheitssymptome als banale Erkältung fehlgedeutet werden. Serologisch zeigen sich meist eine Leukozytose, eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und ein erhöhtes C-reaktives Protein.
Der differenzierte Nachweis von Antikörpern ist erst ab Beginn der zweiten Krankheitsphase möglich. Tatsächlich finden sich im Blut etwa 2–4 Wochen nach Zeckenbiss zunächst FSME- spezifische IgM-Antikörper und etwa 1–2 Wochen später auch spezifische IgG-Antikörper. Jedoch kann nur der gleichzeitige Nachweis beider Antikörperklassen zusammen mit entsprechender klinischer Symptomatik und nicht erfolgter Impfung gegen FSME die akute Infektion eindeutig belegen.
Interpretationsschwierigkeiten der Blutwerte in bestimmten Fällen
Probleme tauchen insofern auf, wenn der Patient in der Vergangenheit gegen FSME geimpft wurde, oder eine Infektion bereits durchgemacht hat, da in diesem Fall im Blut nachweisbare IgM- und IgG-Antikörper schwierig zu interpretieren sind. In solchen Fällen muss entweder die Gehirnflüssigkeit der Patientinnen und Patienten auf das Vorhandensein von IgG-Antikörpern gegen das FSME-Virus untersucht werden, oder aber es finden sich Antikörper gegen einen weiteren FSME-Virusbestandteil (das NS1-Protein) im Blut der Erkrankten. Ist eine der beiden Bedingungen erfüllt, kann man davon ausgehen, dass es sich um eine frische FSME-Infektion handelt.
Die Therapie der Frühsommer-Meningoenzephalitis erfolgt rein symptomatisch. Eine kausale Therapie gibt es nicht. Bei leichten Verläufen können fieber- und schmerzlindernde Medikamente eingesetzt werden. Auf eine Gabe von Glukokortikoiden sollte aber wegen der Gefahr einer Verschlechterung der Immunabwehr eher verzichtet werden. Patientinnen und Patienten sollten Bettruhe einhalten. Schwere Verläufe und Komplikationen müssen stationär, gegebenenfalls sogar intensivmedizinisch behandelt werden, um Langzeitschäden vorzubeugen. Bestimmte neurologische Funktionsstörungen erfordern auch krankengymnastische, ergotherapeutische und logopädische Behandlungsmaßnahmen.
Wie kann man Frühsommer-Meningoenzephalitis vermeiden?
Um das Risiko einer FSME-Infektion möglichst gering zu halten, ist es wichtig, auf entsprechende Präventionsmaßnahmen zu achten. Diese fußen auf zwei Pfeilern: einerseits eine wirksame Expositionsprophylaxe, und andererseits einem lückenloser Impfschutz.
- Expositionsprophylax und zeckenabwesende Mittel, um Zeckenbisse möglichst zu vermeiden (siehe Grafik)
- gründliche Überprüfung auf Zecken
- Möglichst schnelle Entfernung der Zecke: Wenn eine Zecke am Körper entdeckt wurde, sollte sie möglichst schnell entfernt werden. Wenn keine spezielle Zeckenzange zur Hand ist, kann auch eine Pinzette oder eine Nadel verwendet werden. Grundsätzlich gilt aber: die Tiere sollten immer im Ganzen entfernt werden! Dazu wird die Zange (wie im folgenden Foto) oder die Pinzette möglichst nah am Hautniveau am Kopf der Zecke angesetzt und anschließend vorsichtig und gerade, gegebenenfalls unter leichtem Rütteln, herausgezogen:
Wichtig ist, die Zeckenkörper nicht zu zerstören, da sich dann die Erreger in die Wunde ergießen können. Auch sollten die Tiere nicht mit Öl oder Klebstoff beträufelt werden, um den Speichelfluss nicht anzuregen und zusätzliche Erreger in die Wunde zu spülen. Ist die Zecke entfernt, sollte die kleine Einstichwunde desinfiziert werden. Gegebenenfalls kann auch mit Kugelschreiber eine runde Markierung um die Stichstelle gezogen werden, um eine eventuell später auftretende Wanderröte dokumentieren zu können.
Impfung gegen FSME
Laut Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) ist eine Immunisierung sinnvoll für alle Personen, die in FSME-Risikogebieten wohnen und sich viel in der Natur aufhalten. Das betrifft Reisende in FSME-Risikogebiete, sofern ein Kontakt zu Zecken wahrscheinlich ist, und bestimmte Berufsgruppen, die besonders exponiert sind (z.B. Jäger oder Förster).
Für eine wirksame Grundimmunisierung sind drei Impfstoffdosen nötig, wovon die zweite im Abstand von ein bis drei Monaten, die dritte im Abstand von fünf bis zwölf Monaten nach der jeweils vorhergegangenen Impfdosis verabreicht werden sollte.
Eine Auffrischimpfung sollte drei Jahre nach der Grundimmunisierung stattfinden. Weitere Auffrischungen werden je nach Lebensalter nach drei bzw. fünf Jahren empfohlen, sofern das Expositionsrisiko weiterhin gegeben ist. Vergessene Auffrischimpfungen sind kein Grund für eine neue Grundimmunisierung, sofern diese lege artis (nach den Regeln der ärztlichen Kunst) durchgeführt wurde!