Nach Abschluss des Medizinstudiums und dem Erhalt der Approbation sind Mediziner dazu berechtigt, als Assistenzärzte in Weiterbildung zum Facharzt einzusteigen. In Deutschland besteht die Möglichkeit zwischen 34 unterschiedlichen Facharztrichtungen zu wählen. Je nachdem wo die eigenen Interessengebiete liegen, kann man zwischen eher theoretischen oder operativen Fachgebieten wählen. Darüber hinaus unterscheiden sich die einzelnen Fachrichtungen in Hinblick auf die Weiterbildungsdauer und die jeweiligen Ausbildungsprogramme. Wie kommt man perfekt durch die Weiterbildungszeit? Was muss man beachten? Der folgende Artikel fasst wichtige Punkte zusammen, die im Rahmen der Vorbereitung sowie in Bezug auf den Ablauf der Facharztausbildung beachtet werden müssen und liefert wichtige Tipps.
Inhaltsverzeichnis
Weiterbildung zum Facharzt: Tipps zur Vorbereitung
Gewisse vorbereitende Maßnahmen können zur passenden Entscheidung für eine ärztliche Fachrichtung und dem dazugehörigen Ausbildungsprogramm maßgeblich beitragen.
Eigene Fähigkeiten erkennen und wichtige Fragen stellen
Vielleicht konnte man bereits während des Medizinstudiums erste fachliche Vorlieben erkennen oder ist sich bereits sicher, in welchem Fachbereich man sich spezialisieren möchte. Wenn jedoch noch Unklarheiten bestehen, sollte man sich die folgenden Fragen stellen:
• Bin ich eher theoretisch oder handwerklich begabt?
• Bin ich kommunikativ oder passt besser eine Fachrichtung mit wenig Patientenkontakt?
• Wie lange dauert die Weiterbildungszeit um den Facharzttitel in der jeweiligen Fachrichtung zu erhalten?
• Ist der erfolgreiche Abschluss der Weiterbildung überhaupt in der angedachten Zeit möglich?
• Wie groß ist die Konkurrenzsituation in Fachgebiet? Hat ein hohes Maß an Konkurrenz möglicherweise Einfluss auf die Weiterbildungssituation?
• Wie gut ist Fachrichtung mit einer Familie oder meinem möglichen Familienwunsch vereinbar?
• Kann man in der Fachrichtung ausschließlich im Krankenhaus tätig sein oder besteht auch die Möglichkeit einer Niederlassung in eigener Praxis?
• Besteht in Fachrichtung X die Möglichkeit zur Forschungstätigkeit?
• Wie gut sind die beruflichen Aufstiegschancen in der entsprechenden Fachrichtung?
Hospitationen nutzen
Hospitationen können ebenfalls zur Entscheidungsfindung des passenden Weiterbildungsprogramms beitragen. Hierbei können Mediziner für einen vereinbarten Zeitraum in die Tätigkeitsbereiche einer Fachabteilung in einem Krankenhaus Einblick erhalten. Hospitationen werden üblicherweise im Anschluss an ein Vorstellungsgespräch vereinbart, um den potenziellen neuen Mitarbeiter besser kennen zu lernen, sind aber auch unabhängig hiervon möglich. Durch eine Hospitation unabhängig von einem vorherigen Bewerbungsverfahren können sich aber auch direkte Stellenangebote ergeben. Eine Hospitation eignet sich, um einerseits die eigenen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Darüber hinaus kann man jedoch auch einen ersten Eindruck davon erhalten, ob man in ein bestehendes Team passt. Mehr dazu hier:
Passende Weiterbildungsstätte suchen
Das A und O im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung ist ein gute Weiterbildungsstätte. Die folgenden Punkte sind ausschlaggebend im Zusammenhang mit der Suche eines passenden Lehrkrankenhauses:
• Wichtige Informationen zum Weiterbildungsprogramm sowie zu den klinikinternen Ansprechpartnern sind online abrufbar.
• Im Vorstellungsgespräch erhält man Informationen zum Ablauf und der Dauer der Weiterbildung, zu möglichen Rotationen und Entwicklungsmöglichkeiten sowie zur generellen Struktur der Fachabteilung und den derzeit angestellten Ärzten.
• Die Inhalte der Weiterbildung sowie wichtige Formalitäten werden grob erläutert.
• Bestenfalls wird jedem neuen Assistenzarzt ein Tutor zugewiesen.
• Es besteht die Möglichkeit zu jährlichen Evaluationsgesprächen, um den aktuellen beruflichen Entwicklungsstand zu besprechen, künftige Ziele zu definieren und die Weiterbildung in der notwendigen Zeit abzuschließen.
Mehr dazu:
- Facharztausbildung: Wie finde ich die richtige Klinik?
- Wahl des ersten Arbeitgebers – welcher passt zu mir?
Weiterbildung zum Facharzt: Tipps zum Ablauf der Ausbildung
Der Ablauf sowie wichtige Inhalte der ärztlichen Weiterbildung sind im Folgenden übersichtlich dargestellt.
Weiterbildungsermächtigung klären
Laut der (Muster)Weiterbildungsverordnung 2018 in der Fassung vom 29. Juni 2023 muss die Facharztausbildung an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 absolviert werden. Bei den zugelassenen Weiterbildungsstätten handelt es sich um Universitäts- oder Hochschulkliniken oder um von der Ärztekammer zugelassene Einrichtungen der ärztlichen Versorgung, einschließlich der Praxen von niedergelassenen Ärzten. Darüber hinaus muss die fachärztliche Ausbildung unter der Leitung und Aufsicht von Ärzten erfolgen, die im Besitz einer sogenannten Weiterbildungsermächtigung sind. Nicht alle weiterbildungsermächtigten Klinikleiter verfügen über die volle Weiterbildungsermächtigung. In diesen Fällen lassen sich jedoch üblicherweise Regelungen finden und Weiterbildungsassistenten werden zur Komplettierung noch fehlender Weiterbildungsinhalte an andere Kliniken „ausgeliehen“.
An der richtigen Weiterbildungsverordnungen orientieren
Die Inhalte der Facharztweiterbildung orientieren sich zwar an der (Muster)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer, sind jedoch im Speziellen in der Weiterbildungsordnung der Ärztekammern der einzelnen Bundesländer geregelt. Länderspezifische Abweichungen der Weiterbildungsordnung in einem Fachgebiet sind daher vereinzelt möglich. Bei einem Stellenwechsel und Fortführen der ärztlichen Weiterbildung in einem anderen Bundesland sollten man sich daher unbedingt mit den im jeweiligen Bundesland geltenden Regelungen befassen.
Rotationen planen
Die fachärztlichen Weiterbildungsprogramme sehen je nach gewählter Fachrichtung bestimmte Rotationen vor. Hierbei werden die sich in Ausbildung befindlichen Assistenzärzte üblicherweise in einem drei- oder sechsmonatigen Turnus der Stationsarbeit, der Arbeit in der Notaufnahme, einem (speziellen) Operationsteam, der Ambulanz oder der Intensivstation zugeteilt. Diese Rotationen sind notwendig, um die in der jeweiligen Weiterbildungsordnung festgelegten Weiterbildungsziele zu erreichen und abschließend zur Facharztprüfung antreten zu können.
Rotationen in das Forschungslabor sind normalerweise nicht zwingend vorgeschrieben, können jedoch bei besonderem Interesse eingeplant werden. Es kann jedoch vorkommen, dass aufgrund der großen Anzahl von Weiterbildungsassistenten in einer Fachklinik bestimmte Rotationen nicht möglich sind, zum Beispiel die Rotation auf die Intensivstation. In diesem Fall sollte man zeitnah das Gespräch mit dem Vorgesetzten suchen und eine alternative Einsatzmöglichkeit besprechen, sodass keine zeitlichen Verzögerungen der Ausbildung auftreten.
Von Fortbildungen und interkollegialem Austausch profitieren
Die Teilnahme an speziellen Fortbildungsveranstaltungen ist während der ärztlichen Weiterbildung nicht bei jeder Fachrichtung verpflichtend, bietet jedoch die Möglichkeit, beispielsweise bereits erworbene Kenntnisse in einem Intensivkurs zu vertiefen oder Einblicke in neuste Behandlungs- und Therapieverfahren zu erhalten. Viele Kliniken bieten im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung zudem regelmäßig Assistenzarztseminare oder Vortags- und Fortbildungsreihen an, wobei Weiterbildungsassistenten aktuelle Patientenfälle vorstellen, die im Anschluss im Team diskutiert werden. Es ist ratsam an solchen Veranstaltungen regelmäßig teilzunehmen, da sie dem interkollegialen Austausch dienen und man vom Wissen erfahrenerer Kollegen profitieren kann.
Selbstorganisation mit Logbuch optimieren
Die jeweilige Weiterbildungsordnung legt fest, welche Fähigkeiten – diagnostischer und therapeutischer Art – ein Assistenzarzt erfüllen muss, um zur Facharztprüfung zugelassen werden zu können. Die Art und Anzahl der jeweils notwendigen Behandlungen, Untersuchungsmethoden und operativen Eingriffe ist im sogenannten Logbuch hinterlegt. Ebenfalls die geforderten Fortbildungsinhalte sowie die Anzahl der benötigten Evaluationsgespräche mit den Vorgesetzten. Über den Zeitraum der gesamten Ausbildung trägt der Assistenzarzt die erbrachten Fähigkeiten und Leistungen ins Logbuch ein, sodass der Weiterbildungsstand fortlaufend dokumentiert wird. Einmal im Jahr wird das Logbuch im Rahmen eines Weiterbildungsgesprächs durch den Vorgesetzten gegengezeichnet. Ein vollständig ausgefülltes Logbuch ist prinzipiell notwendig, um sich zur Facharztprüfung anmelden zu können. In chirurgischen Fachrichtungen kommt es nicht selten vor, dass nicht alle Interventionen in voller Anzahl absolviert werden können. Um dennoch die Zulassung zur Facharztprüfung zu erhalten, können fehlende Untersuchungen oder Operationen durch das häufigere Absolvieren alternativer Eingriffe ausgeglichen werden.
Chefarztwechsel – was ist zu beachten?
Wenn es innerhalb der Weiterbildungszeit zu einem Chefarztwechsel kommt, bleibt die Weiterbildung hiervon gänzlich unberührt. Damit der neue Vorgesetzte in Kenntnis des Weiterbildungsstands der Assistenten ist, muss der ausscheidende Chefarzt die im Rahmen seiner Verantwortung abgeleistete Weiterbildung der Weiterbildungsassistenten jedoch bestätigen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dem Chef zeitnah das Logbuch inklusive der getätigten Untersuchungen und Interventionen vorzulegen, damit es unterzeichnet werden kann.
Weiterbildung zum Facharzt: Tipps zu Anmeldung und Ablauf der Prüfung
Am Ende der ärztlichen Weiterbildungszeit steht die Facharztprüfung. Hilfreiche Informationen zur Prüfungsvorbereitung und der Anmeldung zur Facharztprüfung sind im Folgenden zusammengefasst.
Facharztreife bescheinigen lassen
Um die Anmeldung zur Facharztprüfung vornehmen zu können, wird neben der festgesetzten Mindestausbildungszeit und dem ausgefüllten Logbuch eine Bescheinigung der Facharztreife benötigt, die von Seiten des Vorgesetzen auszufüllen ist. Das Facharztzeugnis dient der Beurteilung, ob der Weiterbildungsassistent die Ziele der Weiterbildung erreicht hat und folglich zur Facharztprüfung antreten kann.
Facharztprüfung frühzeitig mit vollständigen Unterlagen
Um die Anmeldung zur Facharztprüfung vornehmen zu können, muss der Assistenzarzt die Mindestausbildungszeit absolviert haben, alle vorgeschriebenen Ausbildungsinhalte müssen im Logbuch hinterlegt sein und es muss die Bescheinigung der Facharztreife vorliegen. Die Anmeldung zur Facharztprüfung muss mindestens zwei Monate vor der Prüfung bei der Landesärztekammer erfolgen. Hierbei sind die folgenden Unterlagen vorzulegen:
• Arbeitszeugnisse aller Ausbildungsstätten
• Logbuch
Vorbereitungskurse nutzen
Die Facharztprüfung ist eine rein mündliche Prüfung und dauert normalerweise 30 bis 45 Minuten. Die Prüfungskommission besteht aus drei fachärztlichen Prüfern und einem Prüfungsvorsitzenden. In der Prüfung werden verschiedene Fragen gestellt, die sich je nach Fachrichtung auf bestimmte Krankheitsfälle, Labordiagnostik und bildgebende Verfahren beziehen. Es werden neben den speziellen Fachkenntnissen generelle Grundkenntnisse in den Bereichen Anatomie und (Patho-)Physiologie vorausgesetzt und die zusätzliche Kenntnis von Fachliteratur erwartet. Es besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an Vorbereitungskursen für die Facharztprüfung. Diese Seminare beinhalten die Aufbereitung relevanter Prüfungsthemen, die Simulation von Prüfungsfragen und die Bearbeitung von Fallbeispielen.
Doktorarbeit und Studium: Doppelbelastung nicht unterschätzen
Die meisten Mediziner beginnen bereits während des Studiums mit ihrer Doktorarbeit, um den Doktortitel möglichst mit Abschluss des Medizinstudiums verliehen zu bekommen. Eine Garantie dies zeitlich zu schaffen, besteht jedoch nicht, denn aufgrund der jedes Semester anfallenden Klausuren und der lernintensiven Vorbereitung für das Staatsexamen kann das parallele Verfassen der Doktorarbeit während des Studiums schnell zu einer Doppelbelastung führen. Man kann die Doktorarbeit auch berufsbegleitend verfassen. Einer von zehn Ärzten nimmt diese Möglichkeit in Anspruch. Man sollte für sich selbst abwägen, ob man gegebenenfalls eine Verzögerung des Medizinstudiums riskiert oder stattdessen die arbeitsintensive Mehrbelastung neben dem Berufsalltag in Kauf nimmt. Es bleibt jedoch zu sagen, dass auch ohne Doktortitel unter gleichen Bedingungen mit der ärztlichen Weiterbildung begonnen werden kann.
Unzufrieden mit der Wahl? Fachrichtung wechseln
Es kann vorkommen, dass man im Verlauf der ärztlichen Weiterbildung feststellt, dass man sich nicht für das richtige Fachgebiet entschieden hat. Manch einer zieht die Weiterbildung trotzdem bis zum Ende durch, es besteht jedoch immer die Möglichkeit, die Fachrichtung zu wechseln. Je nach inhaltlicher Nähe der jeweiligen Fachgebiete muss nicht wieder bei null mit den Weiterbildungsinhalten begonnen werden. Häufig können bestimmte Rotationen sowie im Logbuch enthaltene Inhalte angerechnet werden.