
Wir nutzen künstliche Intelligenz (KI) fast täglich, oft ohne es zu bemerken. Beispielsweise verwenden wir eine KI, wenn wir eine Suchmaschine nutzen oder die Sprachsteuerung unseres Smartphones einsetzen. KI ist aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken. Auch gewinnt der Einsatz von KI in der Medizin zunehmend an Bedeutung. Der folgende Artikel fasst zusammen, wo KI in der Medizin konkret eingesetzt wird, welche Vorteile sie speziell Ärzten bietet und welche Herausforderungen bestehen.
Inhaltsverzeichnis
Was ist KI?
Das Europäische Parlament definiert KI als einen Bereich der Informatik. Dabei erhalten technische Systeme wie Computer die Fähigkeit, „menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen und Kreativität zu imitieren.“ Zusätzlich kann eine KI problemorientiert arbeiten. Basierend auf Erfahrungen früherer Aktionen passt sie ihr Handeln entsprechend an.
KI in der Medizin – Aktuelle Einsatzbereiche
Im ärztlichen Alltag zeigt KI ihr Potenzial in einer Vielzahl von innovativen Einsatzbereichen. Die folgenden Beispiele verdeutlichen, wie KI die Medizin schon jetzt revolutioniert und neue Standards setzt.
Virtual Reality Brille im OP
Um bestmöglich auf eine Operation vorbereitet zu sein, setzen sich Ärzte regelmäßig mit Bildgebungsverfahren (Beispiel: CT, MRT) auseinander. Da dreidimensionale bildgebende Verfahren jedoch auf zweidimensionalen Bildschirmen betrachtet werden, helfen diese zum optimalen Studieren des Operationsgebietes nur begrenzt. Mit sogenannten Virtual Reality-Brillen erhalten Chirurgen eine 360-Grad- Umgebungsdarstellung. Dadurch bekommen sie eine bessere Vorstellung davon, wie es im Körperinneren aussieht und können dies im Rahmen der Operationsvorbereitung nutzen.
Krebsdiagnostik in der Radiologie
KI kommt auch in der Radiologie zum Einsatz und hier im Speziellen im Rahmen der Identifizierung von Raumforderungen. Hierbei werden KI-Systeme anhand bereits vorhandener Patientendatensätze trainiert, um zwischen normalen und pathologischen Befunden unterscheiden zu können. Im Anschluss ist die KI auch in der Lage, unbekannte Bilder zu bewerten.
Monitoringsysteme auf Intensivstationen
Spezielle KI-Systeme kommen auch auf den Intensivstationen von Krankenhäusern zum Einsatz hinsichtlich der Frage potenzieller Organtransplantationen. Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden hat gemeinsam mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation (kurz: DSO) und dem Zentrum für Medizinische Informatik ein Tool mit dem Namen DETECT entwickelt. DETECT erkennt mögliche Organspender, indem es die ständig erhobenen Daten der intensivmedizinisch betreuten Patienten nach bestimmten Parametern filtert, die auf einen möglicherweise bevorstehenden irreversiblen Hirnfunktionsausfall hinweisen. Diese Fälle meldet es dann an die zuständigen Transplantationsbeauftragten der jeweiligen Klinik.
Robotic Eye Surgery
In der Augenheilkunde wird KI im Zusammenhang beispielsweise mit der Femtolaser-assistierten Linsenchirurgie eingesetzt. Hierbei handelt es sich um eine Operationsmethode zur Wiederherstellung der Sehschärfe bei Linsentrübung (auch: Grauer Star). Der Femtosekundenlaser ist ein prinzipiell selbstständig arbeitender Roboter, der hochpräzise Schritte ausführt, die vorher programmiert wurden, wobei der Operateur die Schritte des Lasers lediglich überwacht.
Sprachgesteuerte Dokumentation
KI-Systeme werden auch im Rahmen der Dokumentation eingesetzt. Kliniken und Arztpraxen bedienen sich beispielsweise Softwareprogrammen, welche Diktate in Echtzeit transkribieren und hieraus Notizen für die Behandlungsakte oder Briefdokumente erstellen, wodurch administrative Prozesse vereinfacht werden und zu einer deutlichen Zeitersparnis führen.
KI in der Medizin – Weitere Möglichkeiten und Vorteile
Von der Diagnose bis zur Verwaltung: KI bietet Ärzten zahlreiche Hilfen im Alltag. Ob für Diagnose, Behandlung oder Dokumentation – die Möglichkeiten sind vielfältig. Wir stellen weitere Möglichkeiten vor, die sich durch ihre Vorteile für einen flächendeckenden Einsatz der KI in der Medizin anbieten.
Frühere Diagnosestellung
KI-Systeme speichern und analysieren riesige Datenmengen. Dadurch erkennen sie Muster, etwa bei pathologischen Veränderungen in einem EKG, auf radiologischen Aufnahmen (z. B. Röntgen, CT, MRT) oder in Laboruntersuchungen. Dies ermöglicht eine frühere Diagnosestellung und einen schnelleren Therapiebeginn. Ärzte und medizinisches Personal werden so entlastet.
Personalisierte Behandlungspläne
KI kann basierend auf den in den elektronischen Patientenakten hinterlegten Daten, der vorliegenden Bildgebung und den Laborergebnissen individualisierte Behandlungspläne für jeden Patienten erstellen. Darüber hinaus kann angegeben werden, welche Medikamente einem Patienten aufgrund möglicher Vor- oder Begleiterkrankungen nicht gegeben werden sollten – und welche stattdessen besonders geeignet sind. Auch mit welcher Wahrscheinlichkeit bei einem Patienten Wechsel- oder Nebenwirkungen bei der Therapie mit einem bestimmten Arzneimittel auftreten könnten, wenn dieser bereits andere Medikamente einnimmt, lässt sich damit prüfen.
Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen
Insbesondere durch die Übernahme von Verwaltungsaufgaben (Beispiel: Dokumentation) kann KI zu einer Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen beitragen. So bleibt am Ende mehr Zeit für die Behandlung und Betreuung der Patienten. Dass hier ein immenser Bedarf besteht zeigen nicht zuletzt die Ergebnisse unserer Umfrage:
Unterstützung im chirurgischen Bereich
KI kommt immer häufiger auch in der Chirurgie zum Einsatz. Computergesteuerte Roboter (Beispiel: Da-Vinci-Operationseinheit) werden beispielsweise eingesetzt, um hochpräzise Eingriffe im Bauchraum vornehmen zu können und kleinste chirurgische Schnitte durchzuführen, die von freier Hand kaum möglich wären. Hierdurch lassen sich einerseits Tumoren noch genauer entfernen und andererseits das umliegende gesunde Gewebe geschont.
Gezielte Nutzung medizinischer Informationen
KI in der Medizin kann Ärzten und dem medizinischen Fachpersonal dabei helfen, auf benötigte Fachinformationen möglichst schnell zuzugreifen, indem die wichtigsten Informationen aus relevanten Fach- und Forschungsartikeln zum Thema gefiltert und übersichtlich zusammengetragen werden (Beispiel: Nutzung von ChatGPT).
KI in der Medizin – Herausforderungen
Beim Einsatz von KI in der Medizin ergeben sich jedoch auch Gefahren und damit einhergehende Herausforderungen, welche im folgenden Abschnitt auszugsweise dargestellt sind.
Datenschutz und Cyberangriffe
Patientendaten sind personenbezogene Daten und unterliegen daher bei ihrer Verarbeitung der Datenschutz-Grundverordnung (kurz: DSGVO) und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Da die Datenverarbeitung durch KI-Systeme automatisiert und nicht wie üblich durch Personen kontrolliert erfolgt, muss besonders auf die Einhaltung der geltenden Gesetze und Verordnungen geachtet werden. Darüber hinaus bieten KI-Systeme auch eine Angriffsfläche für mögliche Cyberangriffe.
Haftung und Verantwortung
Im Rahmen des zunehmenden Einsatzes der KI im ärztlichen Alltag bleibt es nicht aus, sich mit dem Thema der Haftung auseinanderzusetzen. Grundsätzlich gilt im Rahmen einer medizinischen Behandlung, dass der Arzt dem Patienten eine Behandlung unter Einhaltung des jeweils geltenden medizinischen Standards schuldet. Weicht ein Arzt von der Pflicht, diesen Standard einzuhalten ab, kann der Patient gegebenenfalls Schadensersatzansprüche geltend machen. Hinsichtlich des Einsatzes von KI im Zusammenhang mit medizinischen Behandlungen existieren derzeit noch keine Standards, weswegen Ärzte, die sich dem Einsatz von KI bedienen, dies zwingend unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung der Sorgfaltspflicht tun müssen.
Abhängigkeit von einer Technologie und fehlende Interaktion
KI kann den ärztlichen Alltag zwar maßgeblich erleichtern, dennoch sollte man sich künftig nicht von dieser Technologie abhängig machen, sodass diese schlimmstenfalls die personenbasierte medizinische Expertise ersetzt.
Eine KI ersetzt nicht den zwischenmenschlichen Austausch und die Interaktion zwischen Arzt und /oder medizinischem Fachpersonal und Patient.