Die Dokumentationspflicht als Arzt ist zeitaufwändig aber unumgänglich: Sie schützt vor Einwänden durch Prüfgremien oder Patienten. Dabei bildet sie eine wesentliche Nebenpflicht des Behandlungsvertrages. Gesetzlich verankert in § 630f BGB, den Berufsordnungen und dem Bundesmantelvertrag Ärzte, dient die Dokumentation nicht nur der „Beweissicherung“, sondern auch der Effizienz und Transparenz der medizinischen Versorgung. Und zwar indem sie unnötige Wiederholungsuntersuchungen und deren Kosten reduziert.
Dokumentationspflicht Arzt: Rechtliche Grundlagen
Das Patientenrechtegesetz integriert seit 2013 die Dokumentationspflicht fest ins Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) unter Paragraph § 630f. Demnach sind Ärzte verpflichtet, alle medizinisch relevanten Maßnahmen und Ergebnisse akkurat zu dokumentieren, um eine effektive und sichere Patientenversorgung zu gewährleisten. Die Dokumentationspflicht resultiert zudem aus dem Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient. Die gewissenhafte Aufzeichnung jeder medizinischen Intervention sichert eine fachgerechte Fortführung der Behandlung und dient als Grundlage für etwaige rechtliche Ansprüche. Ebenso sind Ärzte dazu verpflichtet, Patienten auf Verlangen Einsicht in die Aufzeichnungen zu gewähren.
Zusätzlich sind Ärzte durch die jeweiligen Berufsordnungen ihrer Bundesländer zur Dokumentation verpflichtet. Die Berufsordnungen der Ärztekammern konkretisieren die Dokumentationspflichten und stellen so sicher, dass Ärzte ihre beruflichen Pflichten erfüllen.
Was müssen Ärzte dokumentieren? – Inhalt und Umfang
Die Dokumentation muss alle Informationen und Behandlungsergebnisse umfassen, die aus fachlicher Sicht für die aktuelle und zukünftige Behandlung des Patienten wichtig sind. Zu diesen Informationen zählen:
- Anamnese: Die gesamte medizinische Vorgeschichte des Patienten
- Diagnosen: Alle festgestellten medizinischen Diagnosen
- Untersuchungen und Ergebnisse: Details zu durchgeführten Untersuchungen und deren Ergebnisse
- Laborergebnisse: Ergebnisse von Bluttests, Urinproben und anderen Laboruntersuchungen
- Befunde: Spezifische medizinische Befunde, die während der Untersuchungen erhoben wurden
- Therapien: Beschreibung der angewandten Therapien, verordnete Medikamente und Eingriffe sowie deren Wirkungen
- Unerwartete Zwischenfälle: Alle unerwarteten Ereignisse während der Behandlung
- Aufklärungen und Einwilligungen: Dokumentation der Patientenaufklärung und der eingeholten Einwilligungen
- Arztbriefe: Kommunikation mit vor- und mitbehandelnden Ärzten
Die Dokumentation muss auch folgende Angaben beinhalten, um die Nachprüfbarkeit sicherzustellen:
- Personalien des Patienten: Vollständige Identifikation des Patienten
- Datum der Behandlung: Das genaue Datum jeder einzelnen Behandlungssitzung
- Behandlungsbeginn und -ende: Zeiten des Beginns und des Endes der Behandlung
- Abweichungen oder Komplikationen: Alle Abweichungen von der Standardbehandlung oder auftretende Komplikationen, insbesondere bei Operationen
Die Einschätzung, ob ein Behandlungsinhalt wesentlich ist und der Dokumentationspflicht unterliegt, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab und muss unter medizinischen Gesichtspunkten beurteilt werden.
Besonderheiten in verschiedenen Fachbereichen
Die Dokumentationspflicht in der Medizin variiert deutlich je nach Fachrichtung. Jeder Fachbereich stellt dabei spezielle Anforderungen. So wird die Qualität der Behandlung und die Einhaltung der Dokumentationspflicht sichergestellt.
In der Chirurgie ist es beispielsweise essenziell, sowohl die Operation als auch die vor- und nachbereitenden Schritte detailliert zu dokumentieren. Inklusive der verwendeten Instrumente und der postoperativen Anweisungen. Psychiatrische Dokumentationen erfordern umfassende Aufzeichnungen über psychische Zustände, Therapiereaktionen und Patienteneinwilligungen, besonders in Krisensituationen. In der Pädiatrie ist zum Beispiel die genaue Erfassung von Entwicklungsstufen, Verhaltensmustern und elterlichen Zustimmungen entscheidend.
Dokumentationspflicht Arzt: Aufbewahrung und Zugriffsrechte
Medizinische Unterlagen müssen gemäß § 630f mindestens zehn Jahre aufbewahrt werden. Bei bestimmten Dokumenten wie Röntgenaufnahmen oder psychiatrische Aufzeichnungen kann eine längere Aufbewahrungsfrist erforderlich sein. Patienten und berechtigte Dritte haben das Recht, Einsicht in die medizinischen Aufzeichnungen zu nehmen, was eine sorgfältige Handhabung des Zugriffsrechts erfordert. Als berechtigt zu zählen sind befugte Angehörige sowie Ärzte, deren Weiterbehandlung nur mit diesen Informationen erfolgen kann.
Dokumentationspflicht Arzt: Form der Dokumentation
Die ärztliche Dokumentation kann sowohl in traditioneller Papierform als auch digital über die elektronische Patientenakte (ePA) erfolgen. Die ePA vereinfacht viele Prozesse im medizinischen Alltag, da sie das schnelle und effiziente Weiterleiten von Dokumenten an Kollegen via E-Mail ermöglicht und gleichzeitig Raum- und Papierbedarf reduziert. Allerdings erfordert die elektronische Form besondere Aufmerksamkeit, um die Integrität der Daten sicherzustellen.
Änderungen in der ePA müssen deutlich markiert werden, sodass sowohl der ursprüngliche Inhalt als auch der Zeitpunkt der Änderung klar erkennbar sind. Dies sichert eine jederzeit präzise und zuverlässige Dokumentation.
Ersetzendes Scannen kommt zum Einsatz, wenn Praxen zwar auf elektronische Dokumentation umgestellt haben, aber dennoch Dokumente wie Arztbriefe in Papierform erhalten. Diese werden eingescannt und elektronisch gespeichert. Es ist jedoch zu beachten, dass eingescannte Dokumente vor Gericht nicht denselben Beweiswert wie das Original besitzen. Daher sollten Ärzte gut abwägen, ob die eingescannten Originale nach dem Digitalisierungsprozess vernichtet oder aufbewahrt werden sollten.
Besondere Anforderungen der elektronischen Dokumentation: Datensicherheit und Datenschutz
Für die elektronische Dokumentation sind spezielle Sicherheits- und Schutzmaßnahmen erforderlich, wie sie in § 10 Abs. 5 der Berufsordnung (BO) und § 630f des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) festgelegt sind. Dazu gehört der Einsatz von fälschungssicherer Software, um die Datenintegrität zu sichern und zu verhindern, dass Unbefugte Zugriff auf die Patienteninformationen erhalten. Ebenso wichtig ist die Sicherstellung, dass Hardware- oder Softwareprobleme nicht zum Verlust oder zur Veränderung der Aufzeichnungen führen. Um die Daten vor unbefugtem Zugriff und Datenverlust zu sichern, sind regelmäßige Backups und Verschlüsselungstechniken gefordert.
Folgen von Dokumentationsmängeln
Die korrekte Dokumentation in der Medizin ist nicht nur eine berufliche Pflicht, sondern auch eine rechtliche Notwendigkeit. Mängel in der Dokumentation können schwerwiegende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen: Unzulänglichkeiten in der medizinischen Dokumentation können zu zivilrechtlichen Klagen, berufsrechtlichen Verfahren und sogar strafrechtlichen Ermittlungen führen.
Die Dokumentation dient als Grundlage für die Rechenschaftspflicht des Arztes gegenüber dem Patienten und ist entscheidend für die Sicherung der Therapie. Es passiert nicht selten, dass Ärzte oder gar Krankenhäuser wegen Behandlungsfehlern verklagt werden. Eine lückenhafte oder fehlerhafte Dokumentation kann im Falle von Behandlungsfehlervorwürfen zu einer Beweislastumkehr führen. Dies bedeutet, dass der Arzt nachweisen muss, dass er keine Fehler begangen hat, anstatt dass der Patient einen Fehler nachweisen muss.
Ein prägnantes Beispiel aus der Rechtsprechung zeigt die Bedeutung einer adäquaten Dokumentation: Bei der Risikoaufklärung muss die Beweislast für ein sachgerechtes Vorgehen beim Arzt liegen. In einem dokumentierten Fall wurden Dokumentationsmängel bei der vom Patienten gerügten Risikoaufklärung festgestellt. In 27 Fällen mussten Ärzte für Gesundheitsschäden haften, da sie den erforderlichen Nachweis für ein ordnungsgemäßes Aufklärungsgespräch nicht erbringen konnten. Eine unzureichende Dokumentation kann nicht nur zivilrechtliche Klagen nach sich ziehen, sondern auch schwerwiegende berufsrechtliche Folgen haben.
Abhängig von der Schwere und Häufigkeit festgestellter Behandlungsfehler können Ärzten standesrechtliche Sanktionen drohen. Diese reichen vom Ruhen der Zulassung bis hin zum teilweisen oder vollständigen Entzug der Approbation. Solche Maßnahmen zielen darauf ab, die Patientensicherheit zu gewährleisten und die Integrität des medizinischen Berufsstands zu erhalten.
Praktische Tipps zur Umsetzung der Dokumentationspflicht
Für eine korrekte und ordnungsgemäße Dokumentation sind folgende Praktiken zu beachten:
- Zeitnahe Dokumentation: Die Dokumentation muss entweder während oder unmittelbar nach der Behandlung erfolgen. Falls dies nicht möglich ist, sollte sie so zeitnah wie möglich nachgeholt werden, um Verzögerungen in der Weiterbehandlung zu vermeiden.
- Eigene Dokumentation für jeden Arzt: Jeder an der Behandlung eines Patienten beteiligte Arzt muss eine eigene Dokumentation erstellen.
- Nachträge: Nachträge zur Dokumentation sind zulässig, müssen jedoch klar als solche gekennzeichnet sein, inklusive Datum und Grund des Nachtrags.
- Verständlichkeit: Die Aufzeichnungen müssen nicht für Laien verständlich sein, sollten jedoch von anderen Medizinern nachvollzogen werden können. Dabei dürfen medizinisch übliche Abkürzungen verwendet werden, sofern sie klar interpretierbar sind.
- Nutzung von Dokumentationssoftware: Der Einsatz spezialisierter Software kann die Dokumentationspraxis verbessern und den Zeitaufwand minimieren. Regelmäßige Schulungen helfen dabei, das Personal mit der Software vertraut zu machen.
- Elektronische Patientenakte (ePA):** Die ePA erleichtert das schnelle Weiterleiten von Dokumenten und reduziert den Raum- und Papierbedarf. Allerdings muss die Datenintegrität besonders gesichert werden.