Das sogenannte Sabbatjahr bezeichnet eine berufliche Auszeit. Gründe für ein Sabbatjahr, auch unbezahlter Urlaub oder „Sabbatical“ genannt, sind hierbei vielfältig. Ist die berufliche Auszeit auch als Mediziner/in möglich? Ein Sabbatjahr nicht nur für Lehrer und Beamte, sondern auch für Ärztinnen und Ärzte? Ein Überblick zum Sabbatical als Arzt.
Was ist ein Sabbatjahr?
Der Begriff Sabbatjahr ist gemäß der Tora ein sogenanntes Ruhejahr: nachdem in der biblischen Grundlegung das Ackerland sechs Jahre bebaut wurde, wird es ein Jahr brach liegen gelassen. Das hebräische Wort „sabat“ bedeutet übersetzt „inne halten“. In der Arbeitswelt ist das Sabbatjahr oder der aus den USA stammende Begriff Sabbatical ein Arbeitsmodell für einen längeren sogenannten Sonderurlaub, auch unbezahlter Urlaub genannt.
Eine mehrmonatige oder sogar einjährige Auszeit vom anstrengenden Klinikalltag scheint eine schöne Vorstellung zu sein, die durchaus möglich ist und für eine ausgewogene Work-Life-Balance sorgen kann. Ein Jahr der Ruhe und beruflichen Auszeit kann genutzt werden, um neue Kräfte zu sammeln oder sich neu zu orientieren. Ein Sabbatjahr kann auch als eine vorbeugende Maßnahme zum Tragen kommen, um ein drohendes Burn-out zu verhindern.
Der positive Effekt nach dem Sabbatical als Arzt: die Motivation, nach der Pause vom Beruf, hinterher effektiver und produktiver zu arbeiten. Die Gründe für eine berufliche Auszeit sind vielfältig, jeder hat hier sicherlich seine eigene Motivation: Erholung, Reisen, Weiterbildung, Erziehung, Soziales Engagement oder private Gründe können für eine selbst verordnete Ruhezeit infrage kommen.
Sabbatical als Arzt – Für wen eignet sich die berufliche Auszeit?
Anfänglich hat sich das sogenannte Sabbatjahr auf den Hochschulbereich beschränkt und eine befristete Freistellung vom Lehrbetrieb bedeutet. Inzwischen ist das Arbeitsmodell aber auch in anderen Branchen verankert und kommt für eine ausgewogene Work-Life-Balance zum Einsatz, damit auch der Arbeitgeber zur Energiegewinnung und Ausgeglichenheit beisteuern kann und die Möglichkeit eines Sabbatjahres gewährt.
Einen gesetzlichen Anspruch hat man in Deutschland aber leider nicht. Für Lehrer, Angestellte im öffentlichen Dienst und Beamte stehen Gesetze zur Verfügung, die das Planen einer längeren Arbeitspause erleichtern können. Wer allerdings ein Sabbatjahr einlegen möchte, sollte dieses im Vorfeld gut planen und Rücksprache mit dem Arbeitgeber halten.
Im Übrigen muss das Sabbatjahr als Arzt nicht unbedingt ein Jahr lang dauern, sondern kann flexibel gestaltet und individuell festgelegt werden – natürlich auch immer in Absprache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Auszeit vom Krankenhaus und raus aus dem Hamsterrad
Es gibt auch Ärzte, die das Sabbatjahr nutzen und aus dem berüchtigten Hamsterrad aussteigen, nachdem sie sich ausgebrannt, überarbeitet und gestresst fühlen und eine Auszeit vom Klinikalltag benötigen, um nicht selbst psychisch oder physisch krank zu werden. Die Erkenntnis, sich einzugestehen, dass man eine längere Arbeitspause braucht, sollte nicht länger als Schwäche, sondern viel mehr als Stärke angesehen werden.
Gerade im Arztberuf, in welchem Pflichterfüllung und ethische Verpflichtung eine wichtige Rolle spielen, sollte es legitim werden, es als Pflicht zu sehen, auch an die eigene Gesundheit zu denken und einen Gang zurück zu treten.
Sabbatical – Vor- und Nachteile
Das Sabbatical als Arzt bietet sowohl Vorteile als auch Nachteile. Einige genannte Vorteile und Nachteile im Folgenden im Überblick:
Sabbatical als Arzt – Vorteile:
- Erholung und Burnout-Prävention
- Erhalt des Jobs trotz langer Auszeit (in Abhängigkeit des jeweiligen gewählten Sabbatical-Modells)
- Umgehen von Arbeitsplatzabbau
- Weiterbildung
- Private Gründe: Familienphase / Eigene Projekte
- Berufliche Neuorientierung
Sabbatical als Arzt – Nachteile:
- Lohnverzicht oder geringeres Einkommen (in Abhängigkeit des jeweiligen gewählten Sabbatical-Modells)
- Fehlkalkulation und Entstehung von Schulden
- Geringerer Lebensstandard
- eventuell Probleme beim Wiedereinstieg
- Karriereknick und Einbußen von Karrieremöglichkeiten
- Jobverlust
Sabbatical als Arzt – Bedenken und Kritik
Wer als Ärztin oder Arzt den Gedanken hegt, eine Auszeit zu nehmen und dies auch öffentlich bekannt gibt, wird nicht unbedingt auf Verständnis treffen. Ganz im Gegenteil: In der heutigen Leistungsgesellschaft stoßt man in diesem Fall vielmehr auf Vorurteile und gilt unter Umständen als nicht fleißig, kaum belastbar, nicht zielstrebig oder ziellos.
Als Ärztin oder Arzt sollte man sich scheinbar nur mit „Medizin“ befassen und keine anderen Interessen haben – diese Gedanken spuken immer noch in vielen Köpfen. Daher scheint es nicht verwunderlich zu sein, dass die Idee von einem Sabbatjahr, einer Auszeit im Arztberuf, nicht vorstellbar und kaum institutionalisiert ist. Was in anderen Berufszweigen geachtet ist, wird im Arztberuf leider noch zu oft missachtet bzw. verachtet.
Der Wunsch nach einer Auszeit sollte gut geplant und auch begründet werden können. Bezüglich der Planung sollte man sich erarbeiten, wie man sich vorstellt, wie die Arbeit während der eigenen Abwesenheit aufgefangen wird (schließlich fehlt eine Arbeitskraft, die beim heutigen Mangel an Fachkräften im Gesundheitssystem, ohnehin schon kaum kompensiert werden kann). Wie bereits erwähnt muss es natürlich nicht immer ein Ruhejahr sein: für viele Ärztinnen und Ärzte kann auch die Vorstellung von einem sogenannten „Ruhequartal“ Zufriedenheit bringen.
Sabbatjahr als Arzt – Welche Modelle gibt es?
Sofern ein Sabbatical infrage kommt, gibt es eine Auswahl sogenannter Sabbatical Modelle, welche zu realisieren sind. Folgende Modelle im Überblick:
- Sabbatical durch unbezahlte Freistellung
- Sabbatical per Sonderurlaub
- Sabbatical durch Lohnverzicht
- Teilzeitmodell
- Sabbatical dank Arbeitszeitguthaben
- Sabbatical per Zeitwertguthaben
- Sabbatical durch Kündigung
Sabbatical durch unbezahlte Freistellung
Dieses Modell stellt nahezu das simpelste Modell dar, denn in diesem Fall erfolgt eine Freistellung von der Arbeit, welche allerdings auch unbezahlt ist, sprich es liegt ein sogenanntes „ruhendes Arbeitsverhältnis“ vor.
Theoretisch kann eine derartige Auszeit vom Beruf unbegrenzt lange realisierbar sein. Der Nachteil als Arbeitnehmer/in: Eine Kranken- und Pflegeversicherung sowie Renten- und Arbeitslosenversicherung ist nicht mehr durch den Arbeitgeber gewährleistet, sodass man sich in dieser Zeit selbst darum kümmern muss. Für das Unternehmen stellt das Modell „Sabbatical durch unbezahlte Freistellung“ das günstigste Modell dar, da es mit keinerlei Kosten für das Unternehmen verbunden ist.
Sabbatical per Sonderurlaub
Sofern die Dauer des Sabbaticals nicht länger als vier Wochen beträgt, ist eine Genehmigung durch den Vorgesetzten denkbar und kann als „Sonderurlaub“ genehmigt werden. Der Vorteil an diesem Modell: Während der Beurlaubung werden die Sozialversicherungsbeiträge nach wie vor durch den Arbeitgeber übernommen, allerdings ist auch ein Sonderurlaub unbezahlt. Länger als vier Wochen darf die Dauer des Sonderurlaubs nicht betragen, da das Beschäftigungsverbot ansonsten als unterbrochen gilt. Von Vorteil ist aber, dass der Jahresurlaub im Anschluss an den Sonderurlaub dazu genommen werden kann, sodass das Sabbatical als Arzt auf insgesamt zwei Monate verlängert werden kann.
Sabbatical durch Lohnverzicht
Eine weitere Option ist das Sabbatical, das sich über Lohnverzicht finanziert. Ein Beispiel: Während der Beschäftigung als Vollzeitkraft lässt man sich sechs Jahre lang nicht das volle Gehalt ausbezahlen, sondern nur sechs Siebtel; der Verzicht auf ein Siebtel des Gehalts kann über sechs Jahre lang angespart werden. Im siebten Jahr kann eine einjährige Auszeit genommen werden und es werden weiterhin die (angesparten) sechs Siebtel als Gehalt ausgezahlt. Das Arbeitsverhältnis bleibt in diesem Fall, trotz einjähriger Auszeit in diesem Sabbatical-Modell bestehen und es besteht weiterhin Versicherungsschutz, was positiv zu bewerten ist.
Teilzeitmodell
Bei dem Teilzeitmodell wird vor Beginn des Sabbaticals eine Teilzeitbeschäftigung vereinbart, aber in Vollzeit gearbeitet. Das Gehalt entspricht dem Gehalt einer Teilzeitbeschäftigung. Der Lohn, den der Arbeitgeber einbehalten hat, wird mit dem Sabbatjahr in der sogenannten „Freistellungsphase“ wieder ausbezahlt.
Folgende Bedingungen müssen erfüllt sein, damit das Teilzeitmodell nach dem Teilzeitgesetz genehmigt werden kann: eine Beschäftigung von mindestens sechs Monaten und ein Betrieb, das mehr als 15 Mitarbeiter/innen beschäftigt. Trotz allem kann ein Teilzeitanspruch seitens des Vorgesetzten aufgrund von betrieblichen Gründen abgelehnt werden.
Sabbatical dank Arbeitszeitguthaben
Das Sabbatical dank Arbeitszeitguthaben stellt das heute verbreitete Modell dar. Auf einem Arbeitszeitkonto werden über mehrere Jahre Überstunden angesammelt, die nicht ausbezahlt, sondern auf einen Schlag als „Freizeitausgleich“ genommen werden können. Die Dauer des Sabbaticals entspricht der Anzahl an Überstunden, die man gesammelt hat sowie der Möglichkeit, auch Minusstunden nehmen zu dürfen, sprich: nicht geleistete Überstunden im Vorfeld bereits anrechnen zu lassen und im Nachhinein dann Mehrarbeit zu leisten.
Der Vorteil dieses Modells besteht darin, dass während der Auszeit kompletter Sozialversicherungsschutz besteht und volle Bezüge erhalten werden. Voraussetzung für dieses Modell: Die Überstunden müssen offiziell erfasst und auf einem Konto festgehalten werden.
Sabbatical per Zeitwertguthaben
Dieses Modell ähnelt dem Modell des vorangegangenen beschriebenen Modells mit der Ergänzung, dass nicht nur die Überstunden angesammelt werden, sondern auch Weihnachtsgeld, Bonusauszahlen sowie nicht genutzte Urlaubstage auf dem sogenannten „Langzeitkonto“ oder „Lebensarbeitszeitkonto“ angespart und für das Sabbatical genutzt werden können. Auch hier besteht Sozialversicherungsschutz.
Wichtig ist, dass diese Regelung im Arbeitsvertrag schriftlich festgehalten wird und auch eine schriftliche Absicherung gegen Firmenpleite besteht. Denn sonst droht der Verlust aller angesparten Werte bei einer Insolvenz.
Sabbatical durch Kündigung
Diese Variante stellt mit Abstand die radikalste Option dar: Als Arbeitnehmer kündigt man seinen Job und nimmt sich eine berufliche Auszeit von einer beliebigen Dauer. Nicht selten wird das Sabbatical durch Kündigung genutzt, um sich beruflich neu zu orientieren und sich beispielsweise selbstständig zu machen. Die „Auszeit“ bzw. die sogenannte Lücke im Lebenslauf ist sicherlich in einer späteren Bewerbung gut zu begründen. Darüber hinaus erfordert die Überlegung einer Selbstständigkeit Startkapital, weshalb dieses Sabbatical-Modell gut durchdacht werden sollte.
Experten raten zum Abschluss eines Sabbatical-Vertrags
Damit man während des Sabbaticals und insbesondere nach dem Sabbaticals noch in den Beruf zurück kehren kann, empfiehlt es sich, dies in einem sogenannten Sabbatical-Vertrag rechtlich abzusichern.
Dieser Vertrag sollte folgende Punkte beinhalten:
- Länge und Beginn des Sabbatjahrs bzw. der Dauer der beruflichen Auszeit
- Übergabe und Dokumentation der bisherigen Aufgaben
- Angabe über die (eventuelle) Vergütung während der Freistellung
- Regelungen zu den möglichen Versicherungsleistugen
- Ausschluss oder Anrechnung von Krankheitstagen innerhalb des Sabbaticals
- Erreichbarkeit während des Sabbaticals
- Kündigungsschutz während der Abwesenheit
- Angabe über die Aufgaben und die berufliche Position nach der Rückkehr
Sabbatjahr als Arzt – Finanzierung und Checkliste
Umfragen zufolge würden sich 72 Prozent der deutschen Bevölkerung ihr Sabbatical über Rücklagen und Ersparnisse finanzieren, was bedeutet, dass eine berufliche Auszeit schon sehr lange im Voraus geplant werden muss, damit auf entsprechende gebildete Rücklagen zurückgegriffen werden kann. In den oben dargestellten Sabbatical-Modellen sind Informationen zur Finanzierung zu entnehmen.
Zusammengefasst existieren prinzipiell drei Finanzierungsmodelle:
- teilweiser Gehaltsverzicht im Vorfeld
- Ansammeln von Überstunden
- unbezahler Sonderurlaub/Freistellung
Zunächst hängt es vom Arbeitgeber ab, welcher Lösung bzw. welchem Modell zugesagt wird, sodass keine Pauschalisierung stattfinden kann.
Fazit: Auch im Arztberuf braucht man manchmal eine Auszeit
Die Gründe für ein gewünschtes Sabbatjahr sind vielfältig. Auch Ärztinnen und Ärzte brauchen manchmal eine längere Auszeit vom Beruf, wobei die Ursache hierfür nicht immer das zu nennende Burn-out-Syndrom sein muss. Die Möglichkeit, sich zu regenerieren, Kräfte zu sammeln, sich neu zu orientieren und persönlich zu wachsen, sollte auch Ärztinnen und Ärzten gewährt werden. Die Zeit der Selbstreflexion, der Selbsterkenntnis und der Begegnung mit dem eigenen Ich ist etwas, wofür im hektischen Klinik- oder Praxisalltag zu oft leider keine Zeit bleibt.