
Bei der Wahl ihres Arbeitgeber ist Oberärzten eine ausgeglichene Work-Life-Balance wichtiger als ein hohes Gehalt. Das ist eines der Ergebnisse einer Rochus Mummert Umfrage unter Oberärzten an Universitätskliniken. Die Mehrheit der Befragten findet die Arbeit an einem Uni-Klinikum attraktiv, viele Umfrageteilnehmer kritisieren allerdings, nicht ausreichend auf Führungsaufgaben vorbereitet zu sein.
Work-Life-Balance wichtigstes Kriterium bei der Wahl des Arbeitgebers
Im Wettbewerb um die besten Köpfe müssen sich Kliniken einiges einfallen lassen, um für Ärztinnen und Ärzte interessant zu sein. Worauf achtet der medizinische Nachwuchs bei der Wahl des Arbeitgebers? Welche Kriterien müssen die Kliniken erfüllen und welchen Karriereweg streben Oberärzte an? Diese Fragen stellte die Rochus Mummert Healthcare Consulting GmbH im Sommer 2017 insgesamt 450 Oberärzte an 12 deutschen Universitätskliniken. Im Frühjahr 2018 wurden die Ergebnisse vorgestellt.
Rund zwei Drittel der befragten Oberärzte waren Männer, ein Drittel Frauen. 46 Prozent arbeiten in operativen Fachgebieten, 54 Prozent im konservativen Fachgebiet. Unabhängig von Geschlecht und Fachgebiet äußerten alle Teilnehmer eine deutliche persönliche Präferenz für die Auswahl ihres Arbeitgebers: Als wichtigstes Kriterium steht eine ausgeglichene Work-Life-Balance auf Platz 1. Die Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit ist den meisten Befragten wichtiger als ein hohes Gehalt.
Bei den Männern steht eine gute Bezahlung auf Platz 2, bei den Frauen ist es die Nähe zum Wohnort. Wichtig ist den Studienteilnehmern zudem, dass sie Familie und Beruf unter einen Hut bekommen. Weniger wichtig oder vielleicht auch unbekannt sind sogenannte Dual-Career-Angebote, die Karrieremöglichkeiten für hochqualifizierte Paare eröffnen.
Karriere an der Uni-Klinik ist nach wie vor attraktiv
Welche Erwartungen haben Oberärzte darüber hinaus an ihren Arbeitgeber? Auf Platz 1 steht bei Männern wie Frauen ein hochwertiges medizinisches Leistungsspektrum. Wichtig finden viele Umfrageteilnehmer zudem die Mitarbeiterorientierung der Kliniken. Weiterhin zeigt die Studie, dass die Mehrheit der befragten Ärzte großen Wert auf die Gleichbehandlung von privat und gesetzlich versicherten Patienten legt. Auf den hinteren Plätzen steht die Berücksichtigung christlicher Werte. Daraus lässt sich schließen, dass konfessionelle Krankenhäuser im Wettstreit um qualifiziertes Personal keinen besonderen Vorteil genießen.
Wie stellen sich die Mediziner nun ihren Karriereweg vor? Die Mehrheit der Befragten nimmt ihre Position als Oberarzt einer Universitätsklinik als attraktive Position wahr. So äußern sich 63 Prozent der Studienteilnehmer. 64 Prozent könnte sich auch eine Stelle als dauerhafte universitäre Sektionsleitung vorstellen. Eine Chefarztposition außerhalb der Uni-Klinik ist für 52 Prozent der Befragten attraktiv. Als etwas überraschend beurteilt Studienleiter Dr. Henrik Räwer das Ergebnis, dass nur 39 Prozent der befragten Ärzte ein Amt als Professor oder Professorin als primäres Karriereziel angeben. Eine Niederlassung als Arzt könnten sich 32 Prozent der Befragten vorstellen, eine Position im nicht kurativen Management dagegen nur 22 Prozent. Relativ unattraktiv erscheint den meisten auch eine Juniorprofessur. Nur elf Prozent der Befragten gibt dies als eine attraktive Karriereoption an.
Wie die Ergebnisse zeigen, möchte die Mehrheit der befragten Oberärzte weiterhin im medizinischen Bereich an einer Universitätsklinik tätig sein. Auf diesem Feld sehen die Befragten auch ihre größten Kompetenzen. Viele Studienteilnehmer könnten sich allerdings auch den Wechsel an ein Versorgungskrankenhaus vorstellen, sofern die Arbeitsbedingungen besser sind. Punkten können Kliniken, die ihrem Personal geregelte Arbeitszeiten und eine generelle Vertragssicherheit bieten.
Oberärzte wünschen sich bessere Vorbereitung auf Führungsaufgaben
Die Rochus Mummert-Studie wollte auch herausfinden, ob sich die Befragten gut auf ihre Führungsposition als Oberarzt vorbereitet fühlen. Die Antworten decken eine latente Unzufriedenheit mit der Karrierevorbereitung und Mitarbeiterführung an den Uni-Kliniken auf.
Nur rund ein Viertel der Befragten fühlt sich gut auf eine Chefarztposition vorbereitet. Mehr als 45 Prozent geben ihrer Klinik in dieser Hinsicht eine schlechte Note. Gut 21 Prozent sind mit der Vorbereitung auf eine universitäre Karriere zufrieden, fast die Hälfte meint allerdings, dass die Kliniken hier bessere Arbeit leisten könnten. Nachholbedarf besteht laut den Befragten vor allem bei betriebswirtschaftlichen Themen. Nur 40 Prozent fühlen sich in betriebswirtschaftlichen Fragen kompetent oder sehr kompetent. Besser beurteilen die Befragten ihre eigenen Führungsqualitäten. Rund 90 Prozent bewerten diese mit kompetent oder sehr kompetent. 77 Prozent der Befragten halten sich zudem in Sachen Prozessoptimierung für kompetent oder sehr kompetent.
Was bedeutet die Umfrageergebnisse nun für die Kliniken? Wollen Uni-Kliniken und Krankenhäuser die besten Nachwuchskräfte gewinnen, ist ein hohes Oberarzt Gehalt allein kein ausreichender Anreiz. Darüber hinaus müssen auch die Rahmenbedingungen stimmen und die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben sowie Arbeit und Familie möglich machen.
Quelle:
Rochus Mummert Studie