
Die Arbeitsbelastung von Ärzten an Universitätskliniken ist hoch, doch ihre tatsächliche Arbeitszeit wird oft nicht vollständig erfasst. Trotz klarer Vorgaben in den Tarifverträgen fehlt es vielerorts an verlässlichen Systemen zur Zeiterfassung. Statt transparenter Dokumentation herrschen ungenaue Einträge, fehlende Überstundenanerkennung und wachsender Druck auf das medizinische Personal. Dieser Artikel beleuchtet, wie es um die Arbeitszeiterfassung wirklich steht, welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten, warum das derzeitige System versagt und welche Folgen das für Beschäftigte, Patienten sowie der Zukunft der medizinischen Versorgung hat.
Inhaltsverzeichnis
Arbeitszeiterfassung – Wo treten Fehler auf?
Trotz klarer Vorgaben in den Tarifverträgen ist die Erfassung der Arbeitszeit an vielen Universitätskliniken unvollständig oder fehlt gänzlich. Häufig tragen Ärzte nur ihre Soll-Arbeitszeit in Dienstplanprogramme ein, die tatsächlichen Zeiten bleiben oft außen vor. Laut einer bundesweiten Umfrage des Marburger Bundes dokumentieren 62 Prozent der Befragten Ärzte ihre Arbeitszeit digital, 17 Prozent greifen noch zu Stift und Papier und etwas mehr als vier Prozent erfassen ihre Arbeitszeit überhaupt nicht. Nur 17 Prozent der Befragten nutzen ein wirklich sicheres, elektronisches System, das sie nicht nachträglich verändern können. Das zeigt: Die lückenhafte Erfassung ist kein Einzelfall, sondern ein strukturelles Problem.
Rechtlicher Rahmen
Die Regeln zur Arbeitszeiterfassung sind klar im Tarifvertrag der Länder (TdL) festgelegt. Nach den Tarifverträgen muss die Erfassung der Arbeitszeit von Ärzten auf eine elektronische oder auf eine gleichwertig genaue Weise erfolgen. Dabei zählt die gesamte Anwesenheit am Arbeitsplatz, Pausenzeiten werden abgezogen. Sobald mehr als zehn Stunden an einem Tag gearbeitet werden, muss die Überschreitung der regulären Arbeitszeit gesondert begründet und dokumentiert werden. Zudem gilt: Mehr als 48 Arbeitsstunden pro Woche sind unzulässig. Ärzte haben außerdem das Recht, ihre aufgezeichnete Arbeitszeit jederzeit einzusehen, und zwar ohne Verzögerung.
Kritik an der Arbeitszeiterfassung
Die aktuelle Praxis der Arbeitszeiterfassung an Universitätskliniken steht stark in der Kritik. Die Notwendigkeit, Überschreitungen der Arbeitszeit nachträglich zu melden und zu erklären, macht das System anfällig. Arbeitszeiten werden oft ungenau erfasst, vor allem dann, wenn sie nicht sofort eingegeben werden können. Überstunden müssen in der Regel von den Vorgesetzten genehmigt werden, was dazu führt, dass viele tatsächlich geleistete Stunden gar nicht anerkannt werden. Ärzte stehen dabei häufig unter direktem oder indirektem Druck, ihre Zeiten nicht nachzutragen. Aus Angst vor Kritik oder Nachteilen verzichten viele darauf, ihre Überstunden zu dokumentieren. Die Folge: Wertvolle Arbeitszeit verschwindet, ohne offiziell erfasst zu werden.
Folgen mangelhafter Arbeitszeiterfassung
Die lückenhafte Erfassung der Arbeitszeit hat weitreichende Folgen. Sie belastet nicht nur das Arbeitsklima in den Kliniken, sondern senkt auch die Bereitschaft, Vorgesetzte zu unterstützen. Viele Ärzte verlieren die Motivation für ihren Beruf, manche denken sogar über einen Ausstieg aus der Klinik oder der gesamten Medizin nach. Auch die Patientensicherheit kann leiden. Übermüdung und zu wenig Erholungszeit erhöhen das Risiko für Fehler. Für Forschung, Lehre und Weiterbildung bleibt kaum noch Zeit. Gleichzeitig gerät die Work-Life-Balance aus dem Gleichgewicht mit negativen Folgen für Gesundheit und Zufriedenheit der Beschäftigten.
Fazit
Die aktuelle Praxis der Arbeitszeiterfassung an Universitätskliniken wird den rechtlichen Vorgaben und den realen Belastungen der Ärzte nicht gerecht. Trotz klarer tariflicher Regelungen bleiben viele Arbeitsstunden unerfasst, was gravierende Folgen für Personal, Patientensicherheit und die Zukunft des Berufs hat. Eine präzise, manipulatorische Zeiterfassung ist kein bürokratischer Aufwand, sondern ein notwendiger Schutz für die Gesundheit der Beschäftigten und die Qualität der medizinischen Versorgung. Es braucht dringend ein Umdenken in den Kliniken, hin zu mehr Transparenz, Fairness und Respekt gegenüber der geleisteten Arbeit.













