
Mit einem Festakt in der Alten Börse Leipzig hat der Hartmannbund am 14. September 2025 sein 125-jähriges Bestehen gefeiert. Am historischen Gründungsort würdigten Vertreter aus Politik und Gesundheitswesen sowie andere die Rolle des Verbandes als Stimme der Ärzteschaft. Zugleich warfen sie einen kritischen Blick auf die Geschichte des Bunds und die Herausforderungen der Zukunft.
Aufarbeitung der NS-Vergangenheit: Kein Verdrängen mehr
Unter dem Motto „Von der Leipziger Idee zur gesamtdeutschen Stimme der Ärzteschaft“ stand nicht nur der Blick zurück im Fokus. Neben der feierlichen Würdigung der Gründung durch Hermann Hartmann im Jahr 1900 wurden auch unbequeme Kapitel der Verbandsgeschichte aufgearbeitet. Insbesondere die Rolle während der NS-Zeit. Der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, sprach sich für eine konsequentere historische Aufarbeitung aus. Bisher sei die NS-Vergangenheit nicht ausreichend beleuchtet worden. In einer Rede betonte er, dass der Verband sich zu seiner Verantwortung bekennen müsse. Eine vom Hartmannbund in Auftrag gegebene Untersuchung soll dabei helfen. Der Medizinhistoriker Prof. Dr. Heiner Fangerau stellte erste Ergebnisse vor und machte deutlich: Der Verband war kein Opfer, sondern habe in der NS-Zeit aktiv ausgegrenzt – insbesondere jüdische und nicht-arische Ärzte.
Gesundheitssystem im Umbruch: Mut zur Reform
Neben der kritischen Rückschau standen aber auch aktuelle gesundheitspolitische Fragen im Mittelpunkt. Prof. Dr. Hendrik Streeck, Bundestagsabgeordneter und Drogenbeauftragter der Bundesregierung, rief zu einer grundlegenden Reform des Gesundheitssystems auf. Gesundheit sei zunehmend zur Ware geworden, das System funktioniere nicht mehr gerecht. „Wir müssen an die Wurzel gehen“, so Streeck. Er forderte eine ehrliche Debatte über den sinnvollen Einsatz von Ressourcen und warnte vor einer „Vollkasko-Mentalität“ in der medizinischen Versorgung.
Mut, Zusammenhalt und Freiberuflichkeit waren wiederkehrende Themen des Festakts. Peter Klotzki, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Freien Berufe, hob die Rolle des Arztberufs als freier Beruf hervor und sprach sich gegen eine zunehmende Bürokratisierung aus. Gerade in Krisenzeiten brauche es starke Gemeinschaften statt Misstrauensverwaltung. Der sächsische KV-Vorsitzende Dr. Stefan Windau erinnerte an den Mut der Leipziger Bürger im Herbst 1989 und appellierte an die ärztliche Selbstverwaltung, sich offen für Reformen zu zeigen. Die ärztliche Versorgung dürfe nicht geistig verelenden, mahnte er mit Blick auf Hermann Hartmanns einstigen Einsatz gegen die wirtschaftliche Verelendung der Ärzteschaft.
Reinhardt betonte abschließend die Bedeutung des Verbands als berufsübergreifende Stimme: Die Freiberuflichkeit und der gemeinsame Wertekanon der Ärzteschaft seien Teil der „DNA des Hartmannbundes“. Man dürfe sich nicht in Einzelinteressen verlieren, sondern müsse das große Ganze im Blick behalten – auch angesichts der zunehmenden Herausforderungen im Gesundheitswesen.
Foto: Sebastian Willnow/Hartmannbund













