
In der fünften Verhandlungsrunde haben sich der Marburger Bund und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) auf einen Tarifkompromiss geeinigt. Ärzte/-innen in kommunalen Krankenhäusern erhalten eine zweistufige lineare Gehaltssteigerung von insgesamt 8,8 Prozent und zusätzlich eine steuerfreie Sonderzahlung zum Inflationsausgleich in Höhe von 2.500 Euro netto.
Lineare Gehaltserhöhung in zwei Stufen
Auch Ärzte/-innen bekommen die Auswirkungen der Inflation zu spüren. Der Marburger Bund startete deswegen zum 1. Dezember 2022 Tarifverhandlungen mit den kommunalen Arbeitgebern, um einen Inflationsausgleich zu erwirken. Die zähen Verhandlungen führten im März und Mai 2023 zu mehreren Warnstreiks. Erst in der fünften Tarifrunde konnten sich die Verhandlungspartner auf einen Tarifkompromiss einigen. Die Eckpunkte für den Tarifvertrag Ärzte (TV-Ärzte/VKA) sehen Folgendes vor:
- Das Gehalt für Ärzte/-innen steigt in zwei Stufen um insgesamt 8,8 Prozent
- Die erste Stufe tritt zum 1. Juli 2023 in Kraft und bringt eine lineare Gehaltssteigerung von 4,8 Prozent
- Zum 1. April 2024 steigen die Gehälter dann erneut um 4,0 Prozent
- Die Entgelte für Bereitschaftsdienste werden im gleichen prozentualen Umfang erhöht
- Zusätzlich erhalten Ärzte/-innen eine steuer- und abgabenfreie Sonderzahlung. Die Inflationsausgleichprämie wird auf zwei Zahlungen von jeweils 1.250 Euro aufgeteilt und in diesem und nächstem Jahr ausbezahlt
Die Laufzeit der Vereinbarung beträgt 18 Monate. Damit können bereits zum 1. Juli 2024 neue Tarifverhandlungen aufgenommen werden.
Marburger Bund: Kompromiss mit Abstrichen
Der Marburger Bund wollte mit den Tarifverhandlungen ursprünglich eine lineare Gehaltssteigerung um 2,5 Prozent erzielen, zuzüglich zu einem Ausgleich für die Inflationsentwicklung seit den letzten Gehaltsverhandlungen im Oktober 2021. Dieses Ziel ist zwar mit der Einmalzahlung in Gesamthöhe von 2.500 Euro nicht ganz erreicht, Verhandlungsführer Christian Twardy zeigt sich mit dem Tarifkompromiss dennoch zufrieden.
Ihm zufolge ist es vor allem dem großen Engagement der Mitarbeiter/innen in den kommunalen Kliniken zu verdanken, dass die VKA zu einer Einigung bewegt werden konnte. Die kommunalen Arbeitgeber hätten sich insbesondere gegen die lineare Erhöhung des Entgelts gewehrt und diese auf das kommende Jahr verschieben wollen. Mit dem Kompromiss können Ärzte/-innen bereits im Sommer 2023 ein substanzielles Gehaltsplus erwarten, zusammen mit der ersten Tranche des Inflationsausgleichs.
Positiv bewertet Twardy auch die kurze Laufzeit der Einigung, die es erlaubt, schnell wieder über die wesentlichen Regelungen des Tarifvertrags zu verhandeln. Die Höhe der ausgehandelten Einmalzahlung sieht er dagegen kritischer. Der Gesamtbetrag reiche kaum aus, um die zurückliegenden Preissteigerungen aufzufangen.
VKA fordert Refinanzierung der steigenden Personalkosten durch den Gesetzgeber
Die VKA begrüßt den Kompromiss in ihrer Presseerklärung ebenfalls. Laut Verhandlungsführer Wolfgang Heyl wird die Bezahlung an kommunalen Krankenhäusern durch mit der Einigung deutlich attraktiver. Er betont allerdings, dass der Tarifabschluss die Krankenhäuser rund 672 Millionen Euro kosten wird. Da sich auch die kommunalen Krankenhäuser in einer inflationsbedingt angespannten Finanzlage befinden, sei die volle Refinanzierung der steigenden Personalkosten durch den Gesetzgeber besonders wichtig.
Bevor der Tarifkompromiss in Kraft tritt, müssen noch die Gremien beider Verhandlungspartner zustimmen. Dafür haben sie bis zum 23. Juni 2023 Zeit. Twardy hat bereits verkündet, die gefundene Einigung den Tarifgremien des Marburger Bundes zur Annahme zu empfehlen.
Der Tarifvertrag TV-Ärzte/VKA
Der Tarifvertrag Ärzte, kurz TV-Ärzte/VKA, gilt für mehr als 60.000 Ärzte/-innen in kommunalen Kliniken im gesamten Bundesgebiet, mit Ausnahme von Berlin. Er teilt sich in vier Entgeltgruppen und sechs Gehaltsstufen. Gemäß der seit Oktober 2021 geltenden Gehaltstabelle verdienen Ärzte/-innen der Entgeltgruppe I und Gehaltsstufe 1 ein Grundentgelt von 4.852,02 brutto im Monat. Ärzte/-innen der Entgeltgruppe I und Gehaltsstufe 6 verdienen ein Monatsbruttogehalt von 6.236,95 Euro. Für Ärzte/-innen der Gehaltsstufe IV gelten nur die Gehaltsstufen I mit 9.435,59 Euro brutto im Monat und Stufe 2 mit 10.110,10 Euro Bruttomonatsgehalt.