
Fast 1,6 Millionen Menschen in Deutschland brauchen täglich eine Stunde zur Arbeit oder mehr. Berufspendler wohnen an einem Ort, arbeiten aber an einem anderen. Doch ist Pendeln für Ärzte tatsächlich besser als Umziehen – sowohl für das Privatleben als auch für die Gesundheit?
Wieso pendeln so viele Menschen in Deutschland?
Eine Auswertung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung gibt wieder, dass insbesondere Manager überwiegend große Strecken zwischen Wohn- und Arbeitsplatz zurücklegen. Ein Grund liegt darin, dass die Infrastruktur in Deutschland so gut ausgebaut ist. Denn neben dicht vernetzten Autobahnen gibt es ebenso gut ausgebaute schnelle Zugverbindungen.
Darüber hinaus werden die Mieten in (Innen-)Städten immer höher. Die Kaufpreise steigen ebenfalls. Dadurch ist es für manche Ärzte mit Familien nicht möglich, in Städten weiterhin wohnen zu bleiben. Dazu kommt, dass Partner nicht mehr an denselben Orten eine Beschäftigung finden.
Mit der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes wünschen sich überdies Ärzte eine Konstante im Leben. Schließlich sind unbefristete Verträge nicht mehr selbstverständlich. Flexible und vermehrt Arbeitszeiten werden auch vom heutigen Arbeitsmarkt abverlangt.
Insbesondere Führungskräfte sind beispielsweise international gefragt und pendeln häufig. Mithin verstärkt sich dann der Wunsch nach einem vertrauten Zuhause, in welchem man sich wohlfühlt. Die Konsequenz daraus zeigt eine Befragung von Führungskräften einer Personalberatung unter 2500 Teilnehmenden aus diesem Jahr. Demnach würde nur ein Drittel für den Traumjob lange Zeit separat von der Familie leben. Im Kontrast dazu wären im Jahr 2014 noch 50% der Befragten dafür bereit gewesen.
Auto und Zug beim Pendeln gleichauf
Während laut einer aktuellen ZEIT Online Studie 35% der ca. 5.850 Befragten mit dem Auto zur Arbeitsstätte fahren, nutzen 34% den Zug. 16% der Teilnehmenden entscheiden sich für den öffentlichen Personennahverkehr.
Hierbei ist die Entfernung ausschlaggebend. Der ÖPNV wird zwischen 5 und 20 Kilometern ausgewählt, zwischen 20 und 60 Kilometern kommt das Auto zum Einsatz. Ist die Strecke noch länger, steigt der Anteil der Pendler wieder, welcher Zug fährt.
Forschung spricht sich gegen das Pendeln aus
Was ist nun besser – Pendeln oder doch Umziehen? Natürlich scheinen die direkten Kosten eines Wohnortwechsels zuerst einmal geringer. Vor allem als Arzt mit einer Familie erscheint das Umziehen schwieriger. Durch das Pendeln bleibt der Partner sowie der Lebensmittelpunkt vor Ort. Falls Kinder im Spiel sind, müssen diese nicht aus ihrem bisherigen Umfeld gerissen werden.
Nichtsdestotrotz sind Mobilitätsforscher der Ansicht, dass Pendeln auf Dauer negative gesundheitliche Folgen habe. Dies liege einerseits an der verlorenen Zeit zu Hause, welche das Pendeln zum Krankenhaus mit sich bringt. Erschöpfung könne auftreten, worunter die Beziehungen innerhalb der Familie Schaden nehmen können.
Ferner ist das Stressniveau bei Pendlern, welche täglich lange Strecken zurücklegen, größer. Bekommt ein Pendler seinen Anschlusszug nicht oder steckt im Stau fest, werden mehr Stresshormone ausgeschüttet als bei einem Kampfpiloten im Einsatz. Dies fand ein britischer Forscher heraus. Finde dieser Stress demzufolge jahrelang statt, könne sich das negativ auf die Gesundheit von Ärzten auswirken.
Zum Arzt gehen Pendler jedoch nicht. Dafür reiche oft die Zeit nicht aus. Dies sei allerdings fundamental, da sie unter einer Vielzahl von Symptomen leiden. Diese sind hier aufgeführt:
- Rückenschmerzen
- Kopfschmerzen
- Bluthochdruck
- Magenbeschwerden
- Schlafstörungen
- Alkoholkonsum
- Reizbarkeit
Umzug belastet im Gegensatz nur temporär
Ein Umzug ist selbstverständlich mit Strapazen verbunden. Mobilitätsforscher stellen fest, dass der Stresspegel noch bis zu anderthalb Jahre nach dem Umzug zunehme. Doch Pendler sind dahingegen dauerhaft überbelastet – der Umzug stellt nur eine temporäre Anstrengung dar.
Kliniken bevorzugen aus diesem Grund häufig Mitarbeitende, die sich entscheiden, nah an ihrer Beschäftigungsstelle zu leben. Es wird zudem die Empfehlung ausgesprochen, dass ab einem bestimmten Punkt Manager Einfluss ausüben sollen.
Dadurch würden sie den Kulturwandel vorantreiben. Mediziner, die sich gegen einen Umzug aussprechen, haben demgemäß weniger Chancen. Langjährige Ärzte haben allerdings bessere Perspektiven, einen Job außerorts zu erhalten, da sie schon an diese Lebensweise gewöhnt sind.
Von erstmaligen Pendlern, welche eine längere Reise zur Arbeit auf sich nehmen müssen, sind Personaler nicht überzeugt. Sie gehen davon aus, dass dies fehlschlägt. Das ist insbesondere dann ärgerlich, wenn der Bewerber geeignet für die Stelle gewesen wäre. Aus Forschungs- und Personalersicht ist ein Umzug auf Dauer also lukrativer.
Nichtsdestotrotz muss das nicht bedeuten, dass jeder Arzt direkt umziehen sollte. Es sollte lediglich darüber nachgedacht werden, ob es sich lohnt. Kann man die Zeit beispielsweise im Zug genießen, indem man Musik hört oder liest, ist Pendeln zumutbar.
Ein Kompromiss für Fernpendler könnte Homeoffice bei bürokratischen Aufgaben darstellen. Viele Ärzte entlastet es immens, einen Tag nicht weit fahren zu müssen. Auch bei der Rufbereitschaft als Form des Bereitschaftsdienstes gilt, dass der Arzt nicht im Krankenhaus anwesend sein muss.
Demnach darf der Mediziner sich an einem Ort aufhalten, welchen er selbst auswählt. Allerdings muss man hierbei berücksichtigen, dass man währenddessen jederzeit die Arbeit aufnehmen können muss. Aus diesem Grund sollten Fernpendler mit Rufbereitschaftsdienst einen Umzug in Erwägung ziehen.
Verspätungen oder Staus gelassen hinzunehmen ist ein weiterer wichtiger Punkt, um nicht schon ausgelaugt zu sein, bevor die Arbeit überhaupt begonnen hat.