Ärztinnen und Ärzte haben bezüglich der Rentenversicherung verschiedene Möglichkeiten und Wahlrechte. Neben der gesetzlichen Rentenversicherung stehen privatrechtliche und betriebliche Alternativen zur Verfügung. Während im ärztlichen Versorgungswerk eine Pflichtmitgliedschaft besteht, kann für die gesetzliche Rentenversicherung eine Befreiung beantragt werden.
Inhaltsverzeichnis
Gesetzliche Rentenversicherung (DRV) für Ärzte
In Deutschland gibt es eine “3-Säulen-Alterssicherung”.
Die erste Säule ist die gesetzliche Rentenversicherung (DRV), welche eine Pflichtversicherung für alle erwerbstätigen Angestellten in Deutschland ist. Ärzte können sich jedoch von dieser befreien lassen, die Vor- und Nachteile dazu werden in diesem Artikel beschrieben.
Daneben gilt für Ärzte und anderen Kammerberufe wie Apotheker oder Architekten die Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgung. Diese wird durch die berufsständischen Versorgungswerke organisiert. Die berufsständischen, ärztlichen Versorgungswerke sind auf Landesebene angesiedelt (z.B. Bayerische Ärzteversorgung oder Versorgungswerk der Landesärztekammer Hessen) und sollen neben der DRV die Pflicht-Grundversorgung im Alter abdecken.
In der zweiten Säule ist die betriebliche Altersversorgung eingegliedert. Die Beiträge werden hier in der Privatwirtschaft vom Arbeitgeber gezahlt oder durch Entgeltumwandlung vom Arbeitnehmer. Im öffentlichen Dienst übernimmt der Staat die Arbeitgeberrolle. In diesen Bereich fallen beispielsweise Pensionskassen oder Direktversicherungen.
Die dritten Säule ist der Bereich der privaten Altersvorsorge, also den ergänzenden Alterssicherungen. Hier sind beispielsweise Lebensversicherungen, Festgeld, Sparbuch oder Fonds, ETFs und Aktien angesiedelt sowie die Riester-Rente.
Grundsätzlich sind Assistenzärzte Pflichtmitglieder in der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV). Es ist aber möglich, sich von der DRV befreien zu lassen. Die Gründe für eine Befreiung und die Vorgehensweise erläutern wir Euch im nächsten Abschnitt.
Befreiung aus der Deutschen Rentenversicherung als Arzt
Warum kann eine Befreiung aus der Deutschen Rentenversicherung als Arzt Sinn machen? Das System der DRV basiert auf dem sogenannten Umlageverfahren, d.h. die Beitragseinnahmen werden unmittelbar in Form von Rentenleistungen wieder ausgegeben. Damit besteht in diesem System keine Möglichkeit, Beitragseinnahmen gewinnbringend anzulegen. Zudem erschwert der demographische Wandel zunehmend die Finanzierbarkeit der DRV.
Im Jahr 2024 muss die gesetzliche Rentenversicherung die Rentenzahlungen für rund 21,5 Millionen Rentner durchführen. Die Deutsche Rentenversicherung finanziert sich dabei einerseits durch die Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber, andereseits trägt auch der Staat Deutschland zur Finanzierung bei, indem er Steuermittel in Form von Bundeszuschüssen und anderen Bundesmitteln bereitstellt. Im Jahr 2023 belief sich dieser Betrag auf insgesamt etwa 112,4 Milliarden Euro. Inwiefern die gesetzliche Rente auch zukünftig sichergestellt ist, hängt von Demographie, Anzahl Beitragszahlern, Beitragshöhe und Bundeszuschuss ab. Es gibt also viele Faktoren, deren Entwicklung nicht klar ist.
Bei der Anmeldung zum ärztlichen Versorgungswerk bekommt Ihr mit den Anmeldeunterlagen auch den Befreiungsantrag für die Deutsche Rentenversicherung. WEnn man sich für eine Befreiung von der Rentenversicherung entscheidet, ist es wichtig diesen Antrag möglichst rasch zu stellen, denn Beiträge, die in die DRV eingezahlt werden, werden nicht zurückerstattet bzw. nur in Form einer Rente zurückgezahlt.
Wichtig: Auch bei einem Jobwechsel ist jedesmal wieder ein neuer Antrag auf Befreiung von der DRV zu stellen.
Pflichtmitgliedschaft im ärztlichen Versorgungswerk (ÄVW)
Die Besonderheit: als Mediziner seid Ihr auch Pflichtmitglied im ärztlichen Versorgungswerk (ÄVW). Sobald Eure Zeit als Assistenzarzt beginnt, müsst Ihr Euch bei Eurem zuständigen Versorgungswerk melden und bekommt die Anmeldungsunterlagen.
Aktuell gibt es 89 Versorgungswerke in Deutschland mit mehr als 950.000 Mitgliedern. Knapp die Hälfte der Beitragszahler sind Ärzte. Eine Übersicht über alle ärztlichen Versorgungswerke gibt es unter https://www.abv.de/aerzte.html. Entscheidend für die Auswahl des Versorgungswerkes ist der Standort des Arbeitgebers.
Unter dem Grundsatz “Sicherheit geht vor Rendite” werden in das ÄVW eingezahlte Beiträge zum Großteil in festverzinsliche Wertpapiere mit festen Laufzeiten angelegt. Durch die finanziellen Mittel stellt das ärztliche Versorgungswerk eine Grundversorgung dar, die jedoch ebenfalls an ihre Grenzen kommt und Lücken mit sich bringt. So beispielsweise, dass im Falle einer Berufsunfähigkeit nur gezahlt wird, sofern eine vollständige Berufsunfähigkeit in Verbindung mit der Aufgabe der ärztlichen Tätigkeit vorliegt. Mehr dazu im folgenden Absatz und den Nachteilen der ärztlichen Versorgungswerke.
Gründe und Vorteile für die Befreiung aus der Rentenversicherung
- Vermeidung doppelte Beitragszahlung
- Rücklagenbildung durch das ÄVW (Das ÄVW hat im Gegensatz zur DRV die Möglichkeit, die Beiträge anzulegen)
- Jede Generation sorgt im ÄVW für ihr eigenes Alter vor, das heißt für Euch: höhere Renditen und dadurch eine höhere Altersrente als in der DRV.
Nachteile der ärztlichen Versorgungswerke
- Die Leistungen stellen auch hier nur eine Grundversorgung im Alter sicher
- Unzureichende Leistung bei Berufsunfähigkeit (Leistung nur bei 100% = vollständiger Berufsunfähigkeit und gleichzeitiger Aufgabe der kompletten ärztlichen Tätigkeit)
- Unterschiedliche Leistungen je Versorgungswerk
Private Altersvorsorge als Alternative und Ergänzung
Eine private Altersvorsorge bietet neben der begrenzten staatlichen Möglichkeiten durch die Deutsche Rentenversicherung und des ärztlichen Versorgungswerkes zusätzliche Sicherheit. Neben Versicherungen wie einer BU für Ärzte oder dem Sparen auf Tagesgeld und co. bietet eine private Rentenversicherung verschiedene Vorteile.
Sparen für das Alter
Das monatliche Sparen von Geld und Anlage auf einem Tagesgeld- oder Festgeldkonto kann ein Bestandteil einer Altersvorsorge sein. Ja früher man damit anfängt, desto desto niedriger ist die monatliche Sparrate, um Euch später den gewünschten Lebensstandard zu sichern, durch den Zinseszins-Effekt. Als Richtwert haben sich in der Literatur 10% des verfügbaren Einkommens als Sparbetrag etabliert. Allerdings ist dieser Wert nur als grober Richtwert zu betrachten und für jeden Einzelnen ist eine individuelle Einschätzung im Hinblick auf die zentralen Einflussfaktoren (Miete/Wohnung, Konsum und Sparen) notwendig.
Beispiel: Werden monatlich 150 Euro angespart über 30 Jahre und als Tagesgeld mit 2% verzinst, stehen am Ende des Zeitraums c.a. 160.000 Euro zur Verfügung. Bei weiterer Verzinsung könnte man c.a. 20 Jahre lang 800 Euro pro Monat als Rente entnehmen, bis das Geld aufgebruacht ist.
Private Rentenversicherung
Die private Rentenversicherung bietet gegenüber dem Tagesgeld den Vorteil, dass eine lebenslange Zahlung garantiert ist.
Daneben bietet die private Rentenversicherung steuerliche Vorteile bei der Auszahlung, wenn keine steuerliche Förderung in der Ansparphase statt fand. Es erfolgt die sogenannte Ertragsanteilbesteuerung nach § 22 EStG. Der Ertragsanteil hängt vom Alter bei Renteneintritt ab. Je später man in Rente geht, desto niedriger fällt dieser Anteil aus. Dieser berechnete Ertragsanteil der Rente muss dann mit dem individuellen Steuersatz versteuert werden.
Beispielsweise mit dem 65. Lebensjahr beträgt der Ertragsanteil 18%. Hat man eine Rente von 2.000 Euro, werden davon nur 360 Euro versteuert. Beträgt der persönliche Steuersatz 25%, ist also nur eine Steuer von 90 Euro fällig.
Berufsunfähigkeitsversicherung als Ausgleich
Der Abschluss einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) kann als Ergänzung dienen zum Ausgleich der mangelnden Absicherung im ÄVW (eine gute private BU leistet bereits ab 50% Berufsunfähigkeit = man kann also halbtags weiter arbeiten und die ärztliche Tätigkeit muss nicht aufgegeben werden).
Mehr dazu und ausführliche Informationen im Infoartikel zum Thema Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärzte.