
Was ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
Immer wieder stößt man auf den Begriff Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Einige Kollegen und Bekannte haben sie, andere wieder nicht. Man selbst hat – vor allem noch während des Studiums – oftmals keine Zeit oder Interesse sich damit auseinander zusetzen. Allein der Begriff klingt schon kompliziert.
Dass du dich damit auseinandersetzen solltest, wollen wir dir anhand des Info-Artikels aufzeigen. Wir möchten erst einmal beleuchten, was diese Versicherung ist, was sie kann und wann sie sinnvoll ist.
Was ist also eine Berufsunfähigkeitsversicherung:
Ganz einfach gesagt - eine Versicherung, die dich davor schützt in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten, falls du deinen Beruf nicht mehr ausüben kannst. Je nach Absicherung kannst du damit deinen gewohnten Lebensstandard finanzieren oder dich zumindest grundlegend absichern.
Wer benötigt eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
Grundsätzlich kann man sagen, dass jeder, der nach 1961 geboren ist, eine BU gebrauchen kann. Denn ab diesem Jahrgang bekommt man bei Berufsunfähigkeit nur noch eingeschränkte Leistungen
Als erstes sollten wir uns jedoch anschauen, wie es überhaupt zu einer Berufsunfähigkeit kommen kann. Nach einer Studie der Morgen & Morgen GmbH aus dem Jahr 2015, liegen Nervenkrankheiten auf Platz 1.
- 28,64 % Nervenkrankheiten / Psyche
- 21,41 % Erkrankung des Skeletts und des Bewegungsapparates
- 16,35 % Krebs und andere bösartige Geschwüre
- 15,52 % Sonstige Erkrankungen
- 9,48 % Unfälle
- 8,60 % Erkrankungen des Herzens und des Gefäßsystems
Als Mediziner ist man natürlich ebenfalls besonderen Gefahren ausgesetzt wie dem Risiko einer Infektionskrankheit.
Unzureichende Absicherung über das Versorgungswerk
Als Arzt gehört man zu einer Berufsgruppe, die zu den Kammerberufen zählt. Mit dieser Zugehörigkeit genießt man auch eine grundlegende Absicherung bei Berufsunfähigkeit. Die Höhe der BU-Rente ist in der Regel aber nicht ausreichend, um den gewohnten Lebensstandard zu halten.
Versorgungswerkmitglieder sind zwar über ihre Versorgungsanstalten gegen den Fall der "vollständigen" Berufsunfähigkeit abgesichert. Jedoch muss in den meisten Fällen die berufliche Tätigkeit komplett eingestellt werden, um eine BU-Rente dauerhaft aus dem Versorgungswerk zu erhalten. Als Beispiel kann man das folgende Szenario heranziehen: Ein Chirurg verletzt sich die Hand und kann nicht mehr operieren. Da er nun theoretisch jedoch weiterhin in einer Praxis für Allgemeinmedizin arbeiten könnte, würde das Versorgungswerk keine 100 % Berufsunfähigkeit feststellen und somit keine Unterstützung leisten.
Für weitere Informationen und Adressen über die ärztlichen Versorgungswerke kann man www.abv.de besuchen.
Auf was muss man bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärzte achten?
Umfassender Schutz bei 50 % BU
Wie im vorhergehenden Kapitel beschrieben, sichern Versorgungswerke in der Regel nur bei 100 % Berufs-/Erwerbsunfähigkeit ab. Viele Versicherer schützen bereits bei 50 % - beispielsweise die Deutsche Ärzteversicherung.
Verzicht auf abstrakte Verweisung
Der Verzicht auf abstrakte Verweisung gewährleistet, dass ihr nicht trotz eines ausgeübten Arztberufes plötzlich für andere Arbeiten eingesetzt werden könnt, die nichts mehr mit der eigentlichen Expertise zu tun haben. Könnt ihr euren Beruf nicht mehr ausüben, so seid ihr auch berufsunfähig.
Keine Meldefrist und rückwirkende Leistung
Keine Fristen bedeutet für euch, dass ihr auch nachträglich eine Berufsunfähigkeit anmelden könnt. So kann es bei einer Erkrankung vorkommen, dass ihr erst nach monatelanger Behandlung und ReHa herausfindet, dass die Erkrankung dauerhaft ist. Wenn es ungünstig läuft, habt ihr in dieser Zeit einen Lohnausfall, den ihr jedoch in einem solchen Falle von der Versicherung rückwirkend zum Schadenzeitpunkt erstattet bekommt.
Infektionsklausel
Als Mediziner solltet ihr auf die Infektionsklausel achten, die in der Regel bei Medizinertarifen vorhanden sein sollte. Bei einem möglichen Berufsverbot durch eine Infektion würde eure Rente der Berufsunfähigkeit dennoch gezahlt werden.
Auslandsklausel (Umzug ins Ausland)
Falls ihr mit dem Gedanken spielt - oder es euch zumindest vorstellen könntet - einmal aus beruflichen Gründen ins Ausland zu ziehen, so achtet darauf, dass dies auch so im Vertrag möglich ist und der Versicherungsschutz weiterhin besteht.
Dynamische Anpassung der Rente
Bei vielen Anbietern können Kunden von vornherein eine Dynamisierung vereinbaren, die auch dem Inflationsausgleich dient. In diesem Fall erhöht sich die abgesicherte BU-Rente automatisch in regelmäßigen Schritten. Der große Vorteil liegt aber vor allem darin, dass der Versicherte für diese automatische Vertragsänderung nichts tun muss, es wird auch keine erneute Gesundheitsprüfung fällig.
Nachversichern ist möglich
Tipp: So genannte Nachversicherungsgarantien bei Bedarf nutzen. Sehen die Versicherungsbedingungen dies vor, lässt sich die Rentenhöhe bei besonderen Ereignissen wie Heirat, Geburt eines Kindes oder Jobwechsel nachträglich anpassen. Eine erneute Gesundheitsprüfung ist dann ebenfalls nicht erforderlich.
Der Berufsunfähigkeitsschutz muss mitwachsen
Die Bedeutung einer Berufsunfähigkeitsversicherung hängt auch davon ab, ob sie im Ernstfall ausreicht. Also: Regelmäßig prüfen, ob der Schutz noch zum Lebensstandard passt – insbesondere nach Ereignissen wie Familiengründung.
Konkrete Beispiele für Fallstricke und für die Risikoprüfung
Folgend werden konkrete Beispiele angezeigt, die aufzeigen wann die Versicherung abgeschlossen werden sollte - und was den Abschluss einer Versicherung erschwert oder sogar verhindert.
Eine ergänzende Berufsunfähigkeitsversicherung ist für jeden sinnvoll, dessen Lebensunterhalt von der Arbeitskraft abhängig ist. Logischerweise ist dies bei allen Menschen der Fall, die aktiv einer Arbeit nachgehen und damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Um sich vor Berufsunfähigkeit zu schützen, entscheidet der Gesundheitszustand maßgeblich darüber, ob und zu welchem Preis eine Absicherung möglich ist. Insbesondere Krankheiten und Unfälle können in jedem Alter passieren und somit einen späteren Versicherungsabschluss teurer gestalten oder unmöglich werden lassen.
Daher ist es generell sinnvoll, solch einen Vertrag so früh wie möglich abzuschließen.
Was fällt unter die Risikoprüfung? Gesundheit, Hobby, Sport?
Besonders wichtig ist beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung darauf zu achten, welche Auswirkungen scheinbare Nebensächlichkeiten auf die Tarife einer BU haben und welche sogar zu einem Ausschluss führen können.
Medizinische Fallbeispiele
1. Fall: Student, 29 Jahre, Kreuzbandriss
Peter zieht sich bei einem Fußballspiel einen Kreuzbandriss im linken Kniegelenk zu und musste operiert werden. Seit die Fäden gezogen sind, ist er beschwerdefrei.
Auswirkung auf BU-Absicherung
Eine Absicherung ist hier nur noch mit einem Ausschluss des linken Kniegelenkes möglich. Hier spricht man von einer „Defektheilung“, was bedeutet, dass der ursprüngliche Zustand des Gelenkes nie wiederhergestellt werden kann und Folgeschäden immer möglich sind.
2. Fall: Berufsstarterin, 26 Jahre, Verspannungen im Nacken
Sandra ließ sich während der Erstellung ihrer Abschlussarbeit einmalig sechs Massagen wegen Verspannungen im Nackenbereich verschreiben.
Auswirkungen auf BU-Absicherung
Zwar konnte Sandra von den meisten Gesellschaften zu normalen Konditionen abgesichert werden. Allerdings erhielt sie auch Angebote mit einem Ausschluss der Wirbelsäule.
3. Fall: Arzt, 30 Jahre, Hodenkrebs
Jürgen erhielt die Diagnose „embryonales Karzinom“ im Rechten Hoden. Musste operativ entfernt werden, im Anschluss: Behandlung mit Chemotherapie. Die Behandlung war nach einigen Monaten abgeschlossen.
Auswirkungen auf BU-Absicherung
Eine normale Annahme ist hier nicht möglich. Jürgen erhält je nach Gesellschaft einen Ausschluss oder Zuschlag zwischen 50% und 75% (= Mehrbeitrag gegenüber „Normalbeitrag)
4. Fall: Student, 23 Jahre, 198cm, 130kg, Übergewicht
Das Gewicht von Sven entspricht einem Body Mass Index (BMI) von 33.
Auswirkungen auf BU-Absicherung
Eine normale Annahme ist hier nicht möglich. Sven erhält je nach Gesellschaft einen Zuschlag zwischen 50% und 75%. Ab einem BMI von 30 wird i.d.R. ein Zuschlag fällig.
5. Fall: Student, 28 Jahre, Angststörung (Psychose)
Die Belastung durch das Studium hat bei Jens eine Angststörung (Psychose) ausgelöst. Obwohl Jens seit 2010 symptomfrei ist, nimmt er allerdings noch Medikamente ein.
Ende 2015 wollte sich der Jens gegen Berufsunfähigkeit versichern. Dies war nicht möglich: Ablehnung bei allen angefragten Versicherern.
Risikoreiches Hobby
Bei Antragstellung sind neben den Angaben zum Gesundheitszustand auch Fragen zu aktuellen
Hobbys und Sportarten zu beantworten. Hinweis: Nimmt man nach Vertragsabschluss
ein neues Hobby auf, ist eine Nachmeldung nicht nötig. Diese sind dann zuschlagsfrei mitversichert, sofern kein grundsätzlicher Ausschluss im Bedingungswerk verankert ist.
Beispiel: Kite-Surfen
Tina betreibt, wenn es ihre Zeit zulässt, Kite (auf dem Wasser; im Meer) surfen – eine Wassersportart, in der es häufig zu Unfällen kommt.
Auswirkungen auf BU-Absicherung
Egal in welchem Umfang das Hobby betrieben wird, kommt es immer zu einem Zuschlag oder einem Ausschluss.
Beispiel: Tauchen
Marina hat einen Tauchschein und geht mehrmals im Jahr im Urlaub tauchen.
Auswirkungen auf BU-Absicherung
Tauchen führt nicht grundsätzlich zu einer Erschwernis. Taucht man beispielsweise nur bis 20 Meter Tiefe und mit Pressluft, ist i.d.R. eine normale Annahme möglich. Bei Tauchen mit Pressluft und Nitrox, Tauchtiefen ab 40 Meter, Wracktauchen etc. kommt es i.d.R. zu einem Ausschluss oder einem Zuschlag bis 100%. Strömungstauchen, Eistauchen, Streckentauchen und ähnliches führt häufig zu einer Ablehnung.
Wann sollten Ärzte eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen?
Du denkst über den Abschluss einer BU nach, weißt aber nicht, wann der richtige Zeitpunkt ist? Bei einer BU ist es im Prinzip einfach: "umso früher, umso besser und günstiger".
Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Abschluss zum günstigsten Zeitpunkt, denn Jüngere sind in der Regel gesünder und haben daher bessere Chancen auf Absicherung ohne Einschränkungen
- Es gibt stark vergünstigte Studententarife
- Maximale Absicherung für Studenten von bis zu 2.000 Euro im Monat
- Anpassung der Absicherung zum Berufsstart ohne erneute Gesundheitsprüfung möglich
Je früher, desto besser. Solange du jung und gesund bist, steigst du zu idealen Bedingungen ein. Denn nie wieder zahlst du so wenig für so viel Absicherung. Und wenn du ins Berufsleben eintrittst, kannst du deine Absicherungshöhe deinem Einkommen anpassen wie im letzten Abschnitt beschrieben.