
Andere auf Fehler hinzuweisen, ist nie leicht. Bei Kritik an Kollegen bewegt man sich oft auf noch dünnerem Eis. Gleichzeitig können nicht angesprochene Schwierigkeiten aber zu noch größeren Problemen führen, Reibungen und Konflikte verstärken oder im Krankenhausalltag sogar zu gefährlichen Situationen für Patienten führen. Klar ist nämlich: Egal ob Unpünktlichkeit, schlampige Dokumentation oder Unhöflichkeit – ohne angemessene Kritik wird sich höchstwahrscheinlich nichts ändern. Wichtig ist daher, sich eine respektvolle Formulierung zurechtzulegen und einen geeigneten Moment zu suchen, um Kollegen konstruktiv zu kritisieren.
Inhaltsverzeichnis
Kritik an Kollegen – Die richtige Einstellung
Kritik an Kollegen sollte man prinzipiell mit der Intention führen, die Stimmung im Arbeitsumfeld zu verbessern und die Arbeit für alle zu erleichtern. Man sollte also die Kollegen auf keinen Fall bloßstellen oder aufziehen. Vielmehr ist es wichtig, ihnen höflich und lösungsorientiert gegenüberzutreten. Am besten mit dem klaren Ziel vor Augen, eine gute Lösung für alle zu kreieren. Schließlich macht jeder mal Fehler und von einer guten Fehlerkultur können alle profitieren.
Kritik an Kollegen – Ein privates Gespräch suchen
Ein Konfliktgespräch unter Kollegen sollte stets im richtigen Rahmen stattfinden. Unter vier Augen kann eine möglichst angenehme Atmosphäre erzeugt werden, in der sich keiner der Beteiligten gestresst oder unter Druck gesetzt fühlt. In einem vertraulichen Rahmen ist es wahrscheinlicher, dass beide Parteien unvoreingenommen ihre Standpunkte darlegen können, ohne sich von außen beeinflussen zu lassen. Durch das persönliche Gespräch lässt sich eine lösungsorientierte Diskussion führen, die das Vertrauen zwischen den Kollegen stärkt und späteren Spannungen im Team entgegenwirkt. Zudem verhindert es, dass Konflikte eskalieren oder unnötige Öffentlichkeit erhalten, was das Arbeitsklima negativ beeinflussen könnte.
Bei Kritik an Kollegen mit konkreten Beispielen arbeiten
Mit der Formulierung von konkretem und möglichst konstruktivem Feedback kann man Missverständnissen vorbeugen und Verbesserungen möglich machen. Statt allgemeiner Aussagen ist es hilfreicher, beim Kritisieren von Kollegen konkrete Beispiele zu nennen. Dies hilft dem Empfänger, den Fehler nachzuvollziehen und sich gezielt zu verbessern.
- Schlecht: „Du machst das schlecht!“
- Gut: „Beim letzten Patientenbericht haben die medizinischen Angaben gefehlt, was die weitere Behandlung erschwert hat.“
Ich-Botschaften verwenden
Jedes Feedback ist zu einem gewissen Grad subjektiv. Um Kollegen beim Ansprechen von kritischen Situationen nicht zu diffamieren, hilft es, die eigenen Aussagen in Ich-Botschaften zu formulieren, anstatt eine pauschale Aussage für alle zu nutzen. Damit kann man verhindern, dass sich der Empfänger angegriffen oder gekränkt fühlt und erreicht eher eine Lösung.
- Schlecht: „Wenn Du Deine Unterlagen hier liegen lässt, findet niemand irgendwas!“
- Gut: „Um den Überblick über die Patienten zu behalten, ist mir ein geordneter Arbeitsplatz wichtig. Könnten wir uns darauf einigen, dass wir alle unsere Materialien aufräumen, sobald wir sie nicht mehr brauchen?“
Konstruktive Vorschläge anbieten
In Konfliktgesprächen unter Ärzten ist es wichtig, konstruktive Vorschläge anzubieten, um nicht nur das Problem zu benennen, sondern auch Lösungen zu finden. Statt sich nur auf das, was schiefgelaufen ist, zu konzentrieren, sollten konkret umsetzbare Ideen eingebracht werden, wie der Prozess verbessert werden kann. Beispielsweise könnte man sagen „Es wäre hilfreich, die Kommunikation zwischen den Abteilungen zu verbessern, um die Effizienz zu steigern.“ Solche Vorschläge fördern auch beim Kritisieren von Kollegen eine lösungsorientierte Atmosphäre, in der alle Beteiligten aktiv an der Verbesserung des Arbeitsablaufs mitwirken können.
- Schlecht: „Unsere Übergaben sind unbefriedigend!“
- Gut: „Vielleicht könnten wir in Zukunft regelmäßige Übergabegespräche einführen, um Missverständnisse zu vermeiden.“
Auf den Tonfall achten
Der Tonfall in einem Gespräch kann schon zu Beginn über Erfolg oder Misserfolg der Konfliktbewältigung entscheiden. Ein respektvoller, sachlicher und ruhiger Ton ist wichtig. Er trägt dazu bei, dass alle Beteiligten sich gehört fühlen und offen für Lösungen sind. Das zeigt, dass der Sender offen für Anmerkungen des Empfängers ist und seine Arbeit wertschätzt. Ein aggressiver oder herablassender Ton führt hingegen zu Abwehrhaltung und Eskalation, wodurch konstruktive Diskussionen verhindert werden. Ein neutraler und wertschätzender Ton fördert ein positives Gesprächsklima und ermöglicht es, auch schwierige Themen anzusprechen, ohne dass Emotionen die sachliche Auseinandersetzung überschatten.
- Schlecht: „Ist ja klar, dass Du das wieder so machst…“
- Gut: „Ich verstehe, dass Dir diese Vorgehensweise liegt, aber wollen wir nicht gemeinsam daran arbeiten, ein Vorgehen zu finden, von dem alle profitieren?“
Positive Aspekte hervorheben
Eine konstruktive Gesprächsgrundlage entsteht, wenn sich alle Teilnehmenden abgeholt und wertgeschätzt fühlen. Dafür gehört zu den Feedback-Regeln, bei Kritik an Kollegen immer auch positive Aspekte anzusprechen. Das Hervorheben positiver Leistungen sorgt dafür, dass sich die Gesprächspartner nicht nur auf die Kritik konzentrieren, sondern auch ihre Beiträge und Fähigkeiten anerkannt wissen.
- Schlecht: „Du arbeitest viel zu langsam und bringt das ganze Team durcheinander. Du hältst Dich nicht an Absprachen und machst ständig Fehler. Es ist wirklich anstrengend, mit Dir zusammenzuarbeiten.“
- Gut: „Ich schätze, dass Du Dir viel Zeit für die Patienten nimmst, was eine sehr einfühlsame Betreuung ermöglicht. Allerdings führt das manchmal zu Verzögerungen im Ablauf, die das gesamte Team belasten. Vielleicht könnten wir versuchen, uns in bestimmten Situationen besser abzustimmen, damit wir gemeinsam den Zeitplan einhalten können.“
Unter Berücksichtigung dieser Regeln ist das nächste Problem wahrscheinlich schneller gelöst als man denkt!