Die schlechte Nachricht gleich vorweg: Eine Arbeitslosenversicherung für niedergelassene Ärzte gibt es im Gegensatz zu angestellten Ärzten in Deutschland nicht. Wer ein Angebot für eine private Arbeitslosenversicherung für Selbstständige sucht, wird leider nicht fündig werden. Verschiedene Versicherungsunternehmen bieten private Arbeitslosenversicherungen an. Sie richten sich damit allerdings an angestellte Arbeitnehmer und nicht an niedergelassene Ärzte. In Deutschland gibt es aber für Selbstständige die Möglichkeit, freiwillig in die gesetzliche Arbeitslosenversicherung einzuzahlen. Allerdings gibt es Einschränkungen und Bedingungen, die nicht immer auf niedergelassene Ärzte zutreffen.
Inhaltsverzeichnis
Grundlage der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung
Die Arbeitslosenversicherung in Deutschland ist eine gesetzliche Pflichtversicherung, die darauf abzielt, im Falle einer unverschuldeten Arbeitslosigkeit finanzielle Unterstützung zu bieten. Grundsätzlich sind Arbeitnehmer in Deutschland, die einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, automatisch versichert.
Leistungsberechnung und Kosten
Angestellte Ärzte in Kliniken oder Arztpraxen unterliegen wie alle Arbeitnehmer der Sozialversicherungspflicht, zu der auch die Arbeitslosenversicherung zählt. Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung werden automatisch vom Gehalt abgezogen und von den Arbeitgebern an die Sozialversicherungsträger weitergeleitet. Die Beitragssätze betragen derzeit 2,6 % des Bruttolohns (Stand: 2024), wobei die Kosten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt werden.
Wer hat Anspruch und unter welchen Bedingungen?
Um Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben, müssen Ärzte innerhalb der letzten 30 Monate mindestens 12 Monate lang Beiträge zur Arbeitslosenversicherung geleistet haben. Die Berechnungsgrundlage für Ihr Arbeitslosengeld ist Ihr Bruttoeinkommen aus den letzten 12 Monaten. Hierbei wird nur das Arbeitsentgelt berücksichtigt, das in die Arbeitslosenversicherung einbezahlt wurde, also etwa keine Einkünfte aus einem Minijob, und bereits bei Ihrem Austritt aus dem Arbeitsverhältnis abgerechnet war. Um das tägliche Bruttoeinkommen, auch Bemessungsentgelt genannt, zu ermitteln, wird dieser Betrag durch 365 geteilt.
Anschließend werden davon rechnerisch die Lohnsteuer, der Solidaritätszuschlag (sofern fällig) und eine pauschale Abgabe für die Sozialversicherung von 20 Prozent abgezogen. Das daraus resultierende Netto-Entgelt pro Tag bezeichnet man als Leistungsentgelt. Sie erhalten täglich 60 Prozent dieses Leistungsentgelts als Arbeitslosengeld. Dieser Prozentsatz erhöht sich auf 67 Prozent, wenn Sie oder Ihr Ehe-/Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des Einkommenssteuergesetzes haben.
Bezugsdauer
Die Dauer, für die Sie Arbeitslosengeld erhalten, wird durch zwei Faktoren bestimmt:
- Wie lange Sie einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen sind
- Ihr Alter bei Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld
Die Zeiten der Versicherungspflicht müssen in den letzten fünf Jahren liegen. Dabei werden verschiedene versicherungspflichtige Zeiträume zusammengefasst:
Sind Sie unter 50 Jahre alt, können Sie Arbeitslosengeld für maximal 12 Monate beziehen, sofern Sie zuvor mindestens 24 Monate versicherungspflichtig beschäftigt waren.
Ab einem Alter von 50 Jahren steigt die Anspruchsdauer schrittweise auf bis zu 24 Monate an. Der maximale Zeitraum gilt für Arbeitslose ab 58 Jahren, die mindestens 48 Monate versicherungspflichtig waren.
Zusätzliche Absicherung durch private Arbeitslosenversicherung als angestellter Arzt
Eine Arbeitslosigkeit bringt die gesamte finanzielle Planung durcheinander: Weniger Geld aber die laufenden Kosten jedoch bleiben unverändert hoch. Dies kann zu einer finanziellen Lücke von mehreren Hundert Euro pro Monat führen. Eine private Arbeitslosenversicherung (oder Arbeitslosenzusatzversicherung) kann dabei helfen, diese Lücke zu schließen.
Die Kosten hängen von verschiedenen Faktoren ab. Je höher die Absicherung, desto teurer die Versicherung. Kürzere Wartezeiten und längere Laufzeiten erhöhen die Beiträge. Versicherer bewerten unter Umständen das Risiko, dass ein Arzt seine Praxis schließen muss. In bestimmten Fachgebieten oder Regionen kann das Risiko höher eingeschätzt werden. Die monatlichen Kosten für eine private Arbeitslosenversicherung können daher stark variieren, liegen aber typischerweise zwischen 50 und 200 Euro monatlich, je nach Leistungsumfang und individuellen Bedingungen.
Absicherung durch Freiwillige Arbeitslosenversicherung für selbstständige Ärzte
Niedergelassene Ärzte und andere Selbstständige haben im Gegensatz zu angestellten Ärzten normalerweise keinen Zugang zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung, da sie nicht in diese einzahlen. Das bedeutet, dass sie im Fall einer beruflichen Aufgabe oder Insolvenz keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben. Eine private Arbeitslosenversicherung für Selbstständige wird nicht angeboten. Sie können jedoch unter bestimmten Voraussetzungen eine freiwillige Arbeitslosenversicherung abschließen. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
- Sie üben ihre selbstständige Tätigkeit mindestens 15 Stunden pro Woche aus
- Sie kümmern sich während der Elternzeit um ein Kind, das älter als 3 Jahre ist
- Sie absolvieren eine Weiterbildung, um beruflich voranzukommen oder den Beruf zu wechseln
- Sie nehmen eine Anstellung außerhalb der EU, des EWR oder der Schweiz an und arbeiten dort mindestens 15 Stunden pro Woche
Für die genannten Situationen ist eine freiwillige Arbeitslosenversicherung möglich, wenn Sie zusätzlich eine der folgenden Bedingungen erfüllen:
- Sie waren in den 30 Monaten vor Beginn der Tätigkeit mindestens 12 Monate sozialversicherungspflichtig, zum Beispiel in einem Angestelltenverhältnis (oder während einer Ausbildung)
oder
- Sie hatten unmittelbar vor Beginn der Tätigkeit Anspruch auf Arbeitslosengeld oder eine andere Ersatzleistung nach SGB III.
Wichtig: Antragsfrist beachten
Die freiwillige Versicherung dient der Absicherung von Existenzgründern, daher muss der Antrag auf freiwillige Weiterversicherung innerhalb von drei Monaten nach Beginn der selbstständigen Tätigkeit gestellt werden. Diese Frist ist verbindlich; eine nachträgliche Anmeldung ist nicht möglich. Hier können Sie Ihren Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit stellen.
Leistungen und Kosten der Freiwilligen Arbeitslosenversicherung
Im Fall einer beruflichen Aufgabe oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten kann der niedergelassene Arzt dann Arbeitslosengeld I beziehen, sofern er die Voraussetzungen erfüllt. Die Beiträge sind fix und werden jährlich von der Bundesagentur für Arbeit festgelegt. Der monatliche Beitrag richtet sich nach der vollen Bezugsgröße der Sozialversicherung. Daraus ergeben sich für 2024 Beiträge von 91,91 Euro im Westen und 90,09 Euro im Osten Deutschlands. Sie sind einkommensunabhängig. Ausnahme: Bis zum Ende des ersten Kalenderjahres nach Beginn der selbstständigen Tätigkeit zahlt man nur die Hälfte des regulären Beitrags.
Das Arbeitslosengeld aus einer freiwilligen Versicherung bemisst sich nicht anhand der geleisteten Beiträge. Bei Selbständigen, die sich in den zwei Jahren vor ihrer Arbeitslosmeldung freiwillig versichert haben, wird das Arbeitslosengeld auf Basis eines fiktiven Arbeitsentgelts berechnet. Dieses fiktive Entgelt hängt sowohl von der Art der angestrebten Beschäftigung als auch von der dafür erforderlichen Qualifikation ab, auf die sich die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit konzentrieren.
Einschränkungen und Alternativen
Es ist wichtig zu beachten, dass diese freiwillige Versicherung vor allem dazu dient, eine Übergangszeit zu überbrücken und eine Grundabsicherung zu bieten. Für umfassendere Einkommensverluste, insbesondere bei einer kompletten Schließung der Praxis, können alternative Absicherungen wie Rücklagenbildung und diese Versicherungen sinnvoll sein:
Außerdem kann eine Forderungsausfallversicherung sinnvoll sein. Sie zahlt entsprechende Versicherungsleistungen an den Selbstständigen aus, wenn seine Auftraggeber Rechnungen nicht bezahlen. Insbesondere für Existenzgründer mit geringem finanziellem Puffer kann eine solche Versicherung sowie ein Beratungsgespräch mit einem Versicherungsexperten sinnvoll sein.