Die allgemeine Patientenversorgung im Krankenhaus besteht ganzjährig rund um die Uhr. Aus diesem Grund ist auch der ärztliche Wochenend-und Feiertagsdienst unerlässlich. Der folgende Beitrag fasst die aktuelle Gesetzeslage für Ärztinnen und Ärzte zusammen und bietet einen Überblick über die möglichen Arbeitszeitmodelle vieler deutscher Kliniken.
Arbeitsbedingungen medizinischer Berufe in Deutschland
Das europäische Arbeitszeitgesetz erlaubt, dass man maximal 48 Stunden in der Woche arbeiten darf und schließt hierbei sowohl die Tag- als auch die Bereitschaftsdienste mit ein.
Die offizielle Arbeitszeit in deutschen Krankenhäusern und die tatsächlich geleistete Arbeitszeit pro Woche variieren sehr. Eine 48-Arbeitsstunden-Woche erscheint in der Medizin daher utopisch: Ärzte/-innen können von der sogenannten Opt-Out-Regelung Gebrauch machen, welche ermöglicht, dass auch mehr als 48 Stunden pro Woche gearbeitet werden kann/darf, allerdings innerhalb von sechs Monaten durchschnittlich maximal 56 Stunden pro Woche. Dieser Opt-Out-Regelung muss schriftlich zugestimmt werden.
Arbeitszeitmodelle in deutschen Kliniken: Dienstmodelle und Schichtsysteme
Im Krankenhaus werden folgende Arbeitszeitmodelle unterschieden: das Dienstmodell und das Schichtsystem.
Am gängigsten in deutschen Krankenhäusern ist das Dienstmodell, das die Dienste Tag-, Spät-, Nacht-, Ruf-, 24-Stunden-Bereitschafts-, Wochenend- und Feiertags- sowie Hintergrunddienst umfasst. Im Folgenden die Begriffserklärung zu den jeweiligen Diensten:
Tagdienst
Der Tagdienst ist ein normaler Arbeitstag mit der im Arbeitsvertrag festgelegten Stundenanzahl. Im Tagdienst muss eine Pause beinhaltet sein. Bei einer Arbeitszeit von acht Stunden ist eine Pause von 30 Minuten vorgeschrieben.
Spätdienst
Als Spätdienst bezeichnet man den verlängerten Tagdienst eines einzelnen Arztes/einer einzelnen Ärztin. Man betrachtet den Spätdienst als eine vorübergehende Entlastung des 24-Stunden-Dienstes beispielsweise durch Übernahme operativer Notfälle.
Nachtdienst
Wie aus dem Namen bereits hervorgehend, erfolgt die Arbeit nachts. Der Arbeitsbeginn ist hierbei erst abends und die Arbeit erstreckt sich über die Nacht oder morgens (24-Stunden-Dienst) bis zum nächsten Morgen.
24-Stunden-Dienst
Der 24-Stunden-Dienst ist eine Kombination aus Tag- und Nachtdienst und beinhaltet Ruhephasen je nach Möglichkeit.
Bereitschaftsdienst
Im Bereitschaftsdienst hält sich der Arzt/die Ärztin vor Ort im Krankenhaus auf und steht für anfallende Aufgaben zur Verfügung. Jede Arbeitsstunde des Bereitschaftsdienstes wird gleich vergütet, unabhängig davon, ob man gearbeitet hat oder nicht.
Rufdienst
Im Rufdienst muss der Arzt/die Ärztin telefonisch erreichbar sein, um sich – sofern nötig –sofort in die Klinik zu begeben und arbeiten zu können. In diesem Fall fällt die Vergütung der geleisteten Arbeit höher aus als die Zeit der Erreichbarkeit.
Wochenend- und Feiertagsdienst
Im Wochenend-und Feiertagsdienst fällt die ärztliche Besetzung in den Krankenhäusern im Vergleich zu unter der Woche schwächer aus. Je nach Abteilungsgröße muss ein Arzt/eine Ärztin sowohl die Notfallambulanz als auch die Stationen abdecken.
Hintergrund-Dienst
Der Hintergrund-Dienst betrifft vor allem (Funktions-)Oberärzte/-ärztinnen und/oder Chefärzte/-ärztinnen, die für Assistenzärzte/-ärztinnen im Bereitschaftsdienst zur Beratung und Hilfe zur Verfügung stehen.
Marburger Bund: Freie Wochenenden
Ärztliche Wochenend- und Feiertagsdienste sind zwar unerlässlich, können aber bedingt durch die ohnehin schon schlechten Arbeitsbedingungen in der Medizin, der Work-Life-Balance zusätzlich schaden.
Der Marburger Bund hat neue Regelungen veröffentlicht, um dieser Situation entgegenwirken zu können: Seit dem 1. Januar 2020 besteht für Ärztinnen und Ärzte der Anspruch auf Gewährung von mindestens zwei freien Wochenenden im Monat, sofern Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft angeordnet werden. Hierbei sei es unbedeutend, ob das Dienstmodell nur Bereitschaftsdienst in Kombination mit Vollarbeit, auch Rufbereitschaft oder eine Kombination mit Schichtdienst vorsieht. Frei bedeutet, dass man keine Arbeitsleistung, sprich weder eine regelmäßige Arbeit noch Bereitschaftsdienste oder Rufbereitschaft anordnen darf.
Unter „Wochenende“ wird der Zeitraum zwischen Freitag, 21, bis zum darauffolgenden Montag, 5 Uhr, verstanden. Sofern von einer Gefährdung der Patientenversorgung auszugehen ist, kann von der Regelung „Zwei Wochenenden pro Monat“ Abstand genommen werden, es muss aber zumindest ein Wochenende im Monat immer frei bleiben.
Die Ausnahme vom Grundsatz „Zwei Wochenenden frei“ kann man beispielsweise machen, wenn Personalmangel wegen plötzlichen erheblichen Krankenstands besteht. Eine allgemeine personelle Unterbesetzung rechtfertigt allerdings nicht, freie Wochenenden nicht zu gewähren.
Wochenend- und Feiertagsdienst: Zuschläge für Ärztinnen und Ärzte
Folgende Angaben zu möglichen Zuschlägen an Wochenend- und Feiertagsdiensten hält der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) vom 30. Oktober 2006 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 7 vom 7. März 2020 fest.
Der Abschnitt II Arbeitszeit, §6 Regelmäßige Arbeitszeit, Punkt (3) besagt: „Die Arbeitszeit an einem gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, wird durch eine entsprechende Freistellung an einem anderen Werktag bis zum Ende des dritten Kalendermonats ausgeglichen, wenn es die betrieblichen Verhältnisse zulassen; der Ausgleich soll möglichst aber schon bis zum Ende des nächsten Kalendermonats erfolgen. Kann man einen Freizeitausgleich nicht gewähren, erhalten die Ärzte je Stunde 100 v.H. des Stundenentgelts. Stundenentgelt ist der auf eine Stunde entfallende Anteil des monatlichen Entgelts der jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe nach der Entgelttabelle. In den Fällen des Satzes 4 steht der Zeitzuschlag von 35 v.H. (§ 8 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe d) zu.“
Punkt (5) besagt: „Die Ärzte sind im Rahmen begründeter betrieblicher/dienstlicher Notwendigkeiten verpflichtet, Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht-, Schichtarbeit sowie – bei Teilzeitbeschäftigung aufgrund arbeitsvertraglicher Regelung oder mit ihrer Zustimmung – Überstunden und Mehrarbeit zu leisten. Ärzte, die regelmäßig an Sonn- und Feiertagen arbeiten müssen, erhalten innerhalb von zwei Wochen zwei arbeitsfreie Tage. Hiervon soll ein freier Tag auf einen Sonntag fallen.“
Der §8 Ausgleich für Sonderformen der Arbeit nennt in Punkt (1) Folgendes: „Ärzte erhalten neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung Zeitzuschläge. Die Zeitzuschläge betragen – auch bei Teilzeitbeschäftigten – je Stunde
- a) für Überstunden: 15 v.H.
- b) für Nachtarbeit: 20 v.H.
- c) für Sonntagsarbeit: 25 v.H.
- d) bei Feiertagsarbeit
- ohne Freizeitausgleich: 135 v.H.
- mit Freizeitausgleich: 35 v.H.
- e) für Arbeit am 24. Dezember und am 31. Dezember jeweils ab 06:00 Uhr: 35 v.H.
- f) für Arbeit an Samstagen von 13 bis 21 Uhr 20 v.H.
des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 der jeweiligen Entgeltgruppe. Beim Zusammentreffen von Zeitzuschlägen nach Satz 2 Buchstabe c bis f wird nur der höchste Zeitzuschlag gezahlt. Auf Wunsch der Ärzte können, soweit die betrieblichen/dienstlichen Verhältnisse es zulassen, die nach Satz 2 zu zahlenden Zeitzuschläge entsprechend dem jeweiligen Vomhundertsatz einer Stunde in Zeit umgewandelt (faktorisiert) und ausgeglichen werden. Dies gilt entsprechend für Überstunden als solche.“