Sind Ärzte/-innen dazu verpflichtet, ihrem Abreitgeber die Aufnahme einer Nebentätigkeit zu melden und diese gegebenenfalls genehmigen zu lassen? Was droht ihnen, wenn sie dies unterlassen und müssen sie unter Umständen einen Teil ihres Verdienstes an ihren Hauptarbeitgeber abgeben? Über diese und weitere Fragen klärt der folgende Artikel auf.
Nebenjob/Nebentätigkeit erklärt
Im Allgemeinen beschreibt eine Nebentätigkeit arbeitsrechtlich jene Beschäftigung, die der/die Arbeitnehmer/in neben dem eigentlichen Hauptberuf ausübt. Die sich aus dem Nebenjob ergebenden Rechte und Pflichten sind denen eines hauptberuflichen Arbeitsverhältnisses gleichgestellt. Zu einem Nebenjob zählt jede Tätigkeit, in welcher ein/e Mitarbeiter/in seine/ihre Arbeitskraft außerhalb seines „normalen“ Arbeitsverhältnisses bereitstellt. Diese Nebentätigkeit übt der/die Arbeitnehmer/in im Kontext eines Werk- oder Dienstvertrages selbstständig oder unselbstständig sowie entgeltlich oder unentgeltlich aus. Dabei ist in den meisten Fällen ein Nebenjob immer mit einer entsprechenden Vergütung verbunden. Ausnahme hiervon bildet die ehrenamtliche Tätigkeit. Diese wird im rechtlichen Kontext ebenso als Nebenjob behandelt, obwohl sie unentgeltlich ausgeführt wird. Ein Nebenjob muss nicht zwangsläufig bei einem Dritten erbracht werden, sondern kann gleichermaßen bei dem Hauptarbeitgeber stattfinden.
Nebentätigkeit: Darauf ist bei einer Aufnahme zu achten
Es gibt viele Gründe, die Ärzte/-innen dazu bewegen, eine zweite Tätigkeit aufzunehmen. Mögliche Motive könnten sein, dass der Nebenjob eine attraktive Möglichkeit darstellt, sein Gehalt aufzustocken oder sich beruflich weiterzuentwickeln. Dies ist grundsätzlich von Gesetztes wegen erlaubt. Das in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes, schützt den Einzelnen, so auch den/die Arzt/Ärztin, in seinem/ihren Entschluss, eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit in dem gewählten Beruf zu ergreifen, beizubehalten oder aufzugeben. Zudem sind Arbeitnehmer/innen ihrem Arbeitgeber grundsätzlich nur in ihrer Arbeitszeit verpflichtet. Die Aufnahme einer Nebentätigkeit kann vom Arbeitgeber also auch nicht so einfach verboten werden und muss, sofern nichts Gegenläufiges vereinbart, auch nicht von ihm genehmigt werden.
Dies ändert sich dann, wenn sich im Arbeitsvertrag etwas anderes vereinbart wurde und aus dem Arbeitsvertrag hervorgeht, dass der Arbeitgeber eine Genehmigung bei seinem Hauptarbeitgeber einholen muss. Darüber hinaus gilt zu beachten, dass durch die Aufnahme einer Nebentätigkeit weder arbeitsrechtliche Pflichten noch berechtigte Interessen des Hauptarbeitgebers verletzt werden dürfen.
Nebentätigkeit: Mögliche Schwierigkeiten
Wenn ein/e Arzt/Ärztin neben seiner/ihrer Haupttätigkeit eine Nebentätigkeit aufnehmen möchte, können sich verschiedene Schwierigkeiten ergeben, die es seinem/ihrem Hauptarbeitgeber/in gestatten, ihm/ihr die Nebentätigkeit zu untersagen. Hier sind einige der üblichen Probleme:
Interessenkollision
Wenn der Nebenjob des Arztes/der Ärztin in Konflikt mit seinem Hauptjob steht, kann dies zu ethischen Fragen führen. Eine Interessenkollision liegt etwa nahe, wenn ein Arzt, der in seinem Hauptjob mit der Beschaffung von Medikamenten betraut ist, nebenberuflich bei einem Pharmakonzern angestellt ist. Ein anderes Beispiel für einen Interessenkonflikt wäre, wenn eine Ärztin, die in einer schulmedizinischen Praxis tätig ist, nebenher bei einem Heilpraktiker arbeitet, der die Schulmedizin strikt ablehnt.
Arbeit bei einem Wettbewerber
Der Arzt/die Ärztin darf in seiner/ihrer Tätigkeit keine loyalitätsverletztende Arbeit ausführen. So darf er/sie nicht bei der Konkurrenz seines Hauptarbeitgebers eine Nebentätigkeit ausführen.
Imageschaden
Ein Problem kann daraus entstehen, wenn die Nebentätigkeit des/der Arbeitnehmers/-in dem öffentlichen Image der Haupttätigkeit schadet. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der/die Arbeitnehmer/in neben seiner/ihrer Anstellung als Arzt/Ärztin in einer Klinik in einem Pharmakonzern angestellt ist.
Zeitmanagement
Die Leistung der Haupttätigkeit kann auch dadurch gefährdet werden, dass der/die Arbeitnehmer/in mit den beiden Anstellungen überlastet ist. Ein/e Arzt/Ärztin hat bereits einen sehr anspruchsvollen Zeitplan, der es schwierig machen kann, einen weiteren Job zu bewältigen. Es ist wichtig, sicherzustellen, dass der Nebenjob nicht die Arbeit im Hauptjob beeinträchtigt oder die Qualität der Patientenversorgung gefährdet. Zudem kann es zum Problem werden, wenn der Nebenjob mehr als acht Arbeitsstunden pro Woche beansprucht. Hier sollte man vor der Aufnahme einer Nebentätigkeit insbesondere auf die Verteilung der Arbeitsstunden achten.
Das Arbeitsgesetzt regelt unter anderem die zeitliche Abstimmung zwischen dem Haupt- und Nebenjob. Zudem gilt, dass zwischen den Arbeitseinsätzen mindestens elf Stunden Pause liegen müssen. Darüber hinaus regelt das Arbeitsgesetzt, dass mehr als 48 Arbeitsstunden pro Woche im Regelfall nicht erlaubt sind. Für alle Ärzte/-innen, die bereits einem Vollzeitjob nachgehen, wird es also schwierig sein, eine Nebentätigkeit aufzunehmen.
Ist die Ausführung der Nebentätigkeit während des Urlaubs erlaubt?
Laut Bundesurlaubsgesetzt dürfen Arbeitnehmer/innen nicht während des Urlaubes einer Nebentätigkeit nachgehen. Der Urlaub soll der Erholung der Beschäftigten dienen. Die bezahlte Freistellung bezweckt die Auffrischung und Regeneration der Arbeitskraft. Nach dem Mindesturlaubsgesetz dürfen Arbeitnehmer/innen während des Urlaubs keine dem „Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten“.
Im Falle einer Krankschreibung ist die Ausführung einer Nebentätigkeit von Gesetztes wegen nicht verboten, darf aber den Genesungsprozess nicht negativ beeinflussen.
Anzeigepflicht bei Aufnahme einer Nebentätigkeit
Grundsätzlich gilt, dass ein/e Arzt/Ärztin vor Aufnahme einer Nebentätigkeit im eigenen Interesse den Arbeitsvertrag darauf prüfen sollte, ob und wie eine Nebentätigkeit anzumelden ist und ob vielleicht sogar eine Genehmigung bei seinem/ihren Hauptarbeitgeber eingeholt werden muss. Auch wenn keine generelle Genehmigungspflicht für die Nebentätigkeit besteht, ist der Arbeitnehmer zumindest verpflichtet, dem Arbeitgeber eine geplante Nebentätigkeit anzuzeigen, soweit hiervon die Interessen des Arbeitgebers tangiert werden können. Hierbei gilt zu beachten, dass auch unentgeltliche und ehrenamtliche Arbeit unter den arbeitsrechtlichen Begriff der Nebentätigkeit fällt.
Arbeitsverhältnisse ohne Tarifvertrag
Oft wird in den Arbeitsverträgen in privatwirtschaftlichen Praxen verlangt, dass man das Vorhaben, eine Nebentätigkeit aufzunehmen, bei seinem/-r Hauptarbeitgeber/in meldet und diese darüber hinaus genehmigen lässt. Im eigenen Interesse sollte der/die Arzt/Ärztin genau nachschauen, was der Vertragsinhalt über den Ablauf der Meldung aussagt. Wird im Vertrag verlangt, dass die Mittteilung in Schriftform erfolgen muss, dann ist der/die Arbeitnehmer/in dazu verpflichtet, die Mitteilung in einem Schreiben mit Unterschrift mitzuteilen. Wird Textform verlangt, so reicht die Mitteilung per E-Mail. Geht aus dem Vertrag keine Form hervor, so reicht auch eine mündliche Mitteilung, allerdings ist der Nachweisbarkeit halber sinnvoller, den schriftlichen Weg zu wählen.
Aus der Mitteilung an den Hauptarbeitgeber müssen die Art, der Umfang, die Dauer und möglicherweise die Höhe der Vergütung hervorgehen, sofern der Arbeitgeber dies im Arbeitsvertrag verlangt. Steht im Vertrag, dass die Mitteilung rechtzeitig erfolgen muss, so bedeutet dies, dass diese grundsätzlich vor Aufnahme der Tätigkeit, außer es ist vertraglich etwas Abweichendes geregelt, angezeigt werden muss. Darüber hinaus muss der/die Arbeitgeber/in zudem genügend Zeit haben, die Mitteilung zu prüfen und gegebenenfalls zu genehmigen oder eingeschränkt zuzulassen.
Tarifliche Arbeitsverträge im Öffentlichen Dienst
In Bezug auf die Aufnahme und Meldepflicht einer Nebentätigkeit sind in den Tarifverträgen im Öffentlichen Dienst meist klarere Vorgaben vorhanden. Im Öffentlichen Dienst gibt es in der Regel Formblätter, die Auskunft darüber geben, was angegeben werden muss. Im Regelfall ist es Pflicht, dem/der Arbeitgeber/in vorher in Schriftform mittzuteilen, dass man eine Nebentätigkeit gegen Entgelt aufnehmen möchte. Allerdings hat der/die Arbeitgeber/in das Recht, seine/ihre Genehmigung zu verweigern, falls der Zeitaufwand für die Nebentätigkeit mehr als ein Fünftel der vollen Dienstzeit entspricht. Zudem gilt zu beachten, dass auf Angestellte im Öffentlichen Dienst eine sogenannte Ablieferungspflicht zukommen kann. Nach dieser Ablieferungspflicht kann der Dienstherr einen Teil der Nebentätigkeitsvergütung von dem/der Angestellten verlangen.
Missachtung der Anzeige- und Genehmigungspflichten: Folgen
Missachtet der/die Arzt/Ärztin die im Arbeitsvertrag geltenden Vorschriften bezüglich Anzeige- und Genehmigungspflicht fahrlässig oder vorsätzlich, kann dies arbeitsrechtliche Konsequenzen wie eine Abmahnung zur Folge haben. Wenn es sich bei der Nebentätigkeit um unerlaubte Arbeit bei einem Konkurrenten handelt, darf der/die Arbeitgeber/in sofortige Unterlassung fordern.
Je nach Schwere des Verstoßes darf der/die Arbeitgeber/in dem/der Arbeitnehmer/in sogar verhaltensbedingt fristgemäß oder fristlos kündigen sowie die Herausgabe der Nebenerwerbsvergütung einfordern. Darüber hinaus kann der/die Arzt/Ärztin zu Schadensersatz verpflichtet werden. Dies kann beispielsweise dann von Relevanz sein, wenn der/die Arbeitnehmer/in einer Nebentätigkeit nachgeht, die ihn völlig überfordert. Wenn er/die dann schwerwiegende Fehler an seiner Hauptarbeitsstelle begeht und im schlimmsten Fall durch sein/ihr Handeln das Wohl des/der Patienten/-in gefährdet, kann der-/diejenige einen Schadensersatzanspruch gegen den/die behandelnde Arzt/Ärztin geltend machen.
In den meisten Fällen sind in den Arbeits- und Tarifverträgen von Ärzten/-innen die Regelungen bezüglich der Anzeige- und Genehmigungspflichten klar und gut verständlich geregelt. Sollte man dennoch Zweifel haben, ist es sinnvoll das konstruktive Gespräch mit dem/der Arbeitgeber/in zu suchen oder gegebenenfalls Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen.