
Nach dem Vorgänger-Blog war klar, dass das noch nicht alles gewesen sein konnte. Hier kommt die Fortsetzung von Frau Sandmanns Chirurgie-Archetypen – wie immer nicht ganz ernst gemeint und mit herzlichen Grüßen an die Kollegen aus den operativen Disziplinen!
Akrobatik-Alex
Er ist ein Verfechter der perfekten Lagerung. Tisch auf 0 gibt es in seinem Saal nicht – hier wird aufgeklappt, zugeklappt, seitlich gekippt, Beine hoch und Kopf tief gelagert, umgedreht, und alle 5 Minuten nachgelagert. Er selbst steht und sitzt abwechselnd, wechselt während der OP dreimal die Seite und setzt sich zum guten Schluss gerne noch auf den Tisch und fegt dabei mit der halben Pobacke Arterie, Viggo und Pulsoxymetrie gleichzeitig hinfort. Als Sandmann hat man bei Akrobatik-Alex‘ OPs ständig die Fernbedienung in der Hand und kennt hinterher die räumliche Beweglichkeit des menschlichen Körpers in- und auswendig. Narkose machen und Protokoll schreiben ist hier Nebensache, aber zumindest wird es nicht langweilig.
Läster-Louis
Dieser chirurgische Kollege unterhält während seiner Arbeit gerne den ganzen Saal mit spannenden Geschichten über frühere Kolleginnen und Kollegen, deren Ehegatten und –gattinnen, den letzten Kongress, das schlechte Paper seines Forschungskonkurrenten oder allgemein alle Personen, die momentan nicht im Raum sind. Dabei ist er so unverblümt schamlos, dass es ihm womöglich nicht einmal unangenehm wäre, wenn die betreffende Person plötzlich den Saal beträte…was durchaus auch mal vorkommt. Umgekehrt ist Läster-Louis aber auch sportlich, wenn Geschichten über seine eigene Person die Runde machen, frei nach der Devise: What goes around, comes around.
Für interessierte Zuhörer bietet Louis seichte Unterhaltung. Wenn es zu viel wird: Einfach die Tuchklemmen höher setzen und die Lautstärke des QRS-Tons ein wenig steigern.
Ego-Erwin
Vor allen anderen Dingen findet Ego-Erwin eines megageil: Sich selbst. Als absoluter Profi-Angeber hört er sich selbst am liebsten sprechen, sein Lieblingsthema ist er selbst und sein megageiler Lebenswandel. Sein Haus, seine Frau, sein Auto, sein Boot, sein Urlaub und seine Kinder…Ego-Erwin wird nicht müde, sich zu profilieren, obwohl es keiner hören will.
Sogar nach Verbandende lungert er noch im Saal herum, um sein willfähriges Publikum nicht zu verlassen und die letzte legendäre Geschichte noch zu Ende zu erzählen. Dass er vom Sandmann dann oft den Mund verboten bekommt, weil die haarsträubende Heldentat aus Erwins letztem Dienst kein passendes Thema für erwachende Patienten ist, quittiert er oft mit einem beleidigten Abgang.
Ignoranz-Ignatz
Für diesen Zeitgenossen sind Patienten Fleisch, mit dem er arbeiten möchte – nicht mehr und nicht weniger. Standby-Sedierungen in seinem Saal sind eine Katastrophe, da er regelmäßig vergisst, dass seine Patienten wach sind und aktiv am Geschehen teilnehmen. Ignatz flucht wie ein Kesselflicker, reißt schmutzige Witze, schwadroniert über Belanglosigkeiten oder lästert über seine Patienten, kurz: Er tut alles in seiner Macht stehende, um uns Sandmännern die Schamesröte ins Gesicht und das Midazolam in die Spritze zu treiben. Für anästhesiologische Belange hat er nur eingeschränktes Verständnis: Dass die Lagerung auch mal im Sinne des Blutdrucks und nicht nur für seine Bequemlichkeit verändert werden kann, übersteigt seinen Horizont ebenso wie die Tatsache, dass ein durchrelaxierter Patient nicht noch weicher wird, wenn man mehr Relaxans nachkippt. Ignoranz-Ignatz sollte man primär mit Gegenignoranz begegnen – manchmal hilft aber nur eine klare Ansage.
Scherzkeks-Sebastian
Dieser Herr ist ein lustiger Zeitgenosse, der die Stimmung im OP durch kleine Neckereien aufzuhellen versucht. „Uh, jetzt hab ich den Darm perforiert“, „Huch, war da Heparin drin?!“, oder „Oh…die Pleura ist eröffnet!“ sind einige seiner Lieblingsscherze. Dass kleine Sandmänner daraufhin vor Schreck fast in Ohnmacht fallen, panisch ihre Aufsicht anrufen oder anfangen, wild Medikamente aufzuziehen findet der Scherzkeks großartig. Wenn man ihn erst kennen gelernt hat, weiß man, dass er ein Operateur erster Güte ist, und ihm solche Fehlgriffe niemals unterlaufen würden. Schwierig wird es erst, wenn man neben Scherzkeks-Sebastian noch folgenden Herrn im Kollegium hat….
Katastrophen-Karl
Karlchen bringt regelmäßig dieselben Sprüche wie Scherzkeks-Sebastian. Leider versucht er damit nicht, dessen Witze zu kopieren, sondern er meint seine Aussagen todernst. Katastrophen-Karl ist entweder vom Pech verfolgt oder mit anderen Talenten als den operativen gesegnet. Seine Eingriffe dauern immer länger als geplant, und die Sandmann-Fraktion hat von der ersten bis zur letzten Minute Schmerzen im Gesicht und alle Hände voll zu tun. Oft tendiert man bei Karlchen dazu, absolut läppische Eingriffe mit Tubus zu versorgen und voll aufzurüsten…denn hier kann immer alles passieren.
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