
Die Gewitter-Saison hat begonnen: Durch die steigenden Temperaturen kommt es zurzeit vielerorts zu Hitzegewittern. Damit man von Blitz und Donner nicht überrascht wird, ist bei Aktivitäten im Freien darum besondere Vorsicht geboten.
Blitzschlag – So wahrscheinlich wie ein Lottogewinn
Laut Statistiken werden in Deutschland jedes Jahr zwischen 30 und 100 Menschen vom Blitz getroffen. Etwa 30 Prozent der Opfer sterben sofort oder an den Folgen ihrer Verletzungen – die meisten jedoch überleben den Blitzschlag.
Da die Arbeit im Freien in den vergangenen Jahrzehnten mehr und mehr abgenommen hat, ist auch die Anzahl von Blitzschlag-Unfällen zurückgegangen. Zu den Hochrisiko-Kandidaten der heutigen Zeit zählen vor allem Angler, Wanderer, Golfer, Schwimmer oder Bootsportler.
Doch was passiert eigentlich, wenn ein Mensch vom Blitz getroffen wird?
Bei einem Blitzeinschlag entlädt sich Starkstrom mit einer Spannung von 100 Millionen Volt oder mehr (Zum Vergleich: Aus der Steckdose kommen in Deutschland 230 Volt). Nur selten schlägt der Blitz direkt in einen Menschen ein. Viel häufiger besteht Kontakt zu einem vom Blitz getroffenen Objekt, oder es kommt zum sogenannten Schrittspannungseffekt. Hier entsteht zwischen den Füßen des Opfers einen Potenzialdifferenz, und Strom fließt durch den Körper. Durch den hohen Widerstand der menschlichen Haut kommt nur ein Bruchteil der Energie auf den Körper übertragen, doch auch diese kann gravierende Folgen haben.
Vielfältige Verletzungsmuster
Medizinisch betrachtet sind Schäden am kardialen Reizleitungssystem und am zentralen Nervensystem die häufigsten und auch gefährlichsten Folgen des Blitzschlags. Die hohe elektrische Spannung kann zum sofortigen Herzstillstand oder zu Herzrhythmusstörungen führen. Da das Nervensystem eine hohe elektrische Leitfähigkeit hat, ist es für Starkstrom besonders empfindlich. Gefürchtet sind hier Schäden des Atemzentrums, aber auch indirekte Schäden durch vom Blitzschlag ausgelöste intrazerebrale Blutungen. Parästhesien, Paralysen, Schäden an Innenohr und Gleichgewichtsorgan sind ebenfalls häufig.
Haut, Weichteile und Muskulatur können von Verbrennungen jeden Grades betroffen sein. Manchmal zeigen sich Strommarken oder farnkrautartige Lichtenberg-Figuren auf der Haut.
Oft kommt es infolge von Muskelschäden sekundär zur Myoglobinurie und zur Crush-Niere.
Das Ohr kann neben Verletzungen des Gleichgewichtsorgans auch durch Trommelfellrupturen geschädigt sein. Am Auge kann eine Cataracta elecrica, der sogenannte Blitzstar, auftreten.
Verletzungen, die durch Blitzschlag entstehen, sind also sehr vielfältig und immer unterschiedlich ausgeprägt. Eine allgemeine Prognose für Betroffene lässt sich darum kaum festlegen. Manche kommen mit geringen Verletzungen davon, andere leiden ihr Leben lang unter den Folgen. Auch psychische Symptome wie Schlaflosigkeit, Vergesslichkeit, Gereiztheit und Angststörungen können nach einem Blitzschlag auftreten.
Blitzschlag behandeln wie einen Starkstromunfall
Aufgrund der Seltenheit von Blitzschlägen gibt es kaum Ärzte, die mit dem Krankheitsbild vertraut sind. Generell gelten dieselben Behandlungsparameter wie nach einem Starkstromunfall: Auch bei subjektivem Wohlbefinden sollen betroffene Personen unbedingt sofort ins Krankenhaus gebracht und überwacht werden, da Schädigungen infolge des Blitzschlags auch erst Stunden später in Erscheinung treten können. Da ein Blitzschlag im Unterschied zum Starkstromunfall nur Sekundenbruchteile dauert, ist auch bei Asystolie die Chance auf eine erfolgreiche Reanimation sehr gut. Die Arbeitsgruppe Blitzschlagverletzungen der Universität Regensburg befasst sich mit diesem seltenen Verletzungsbild.
Sicherheit geht vor
Befindet man sich bei einem Gewitter im Freien, gelten folgende Verhaltensregeln:
- Wasser sofort verlassen, geschützte Orte (Gebäude, Auto) aufsuchen
- Falls dies nicht möglich ist: Ein Tal oder eine Bodensenke aufsuchen. Bergspitzen, Türme, Bäume und alle metallene Gegenstände (Sportgeräte, Pfosten, Zäune, Geländer) müssen gemieden werden.
- Die Beine eng aneinander stellen, in die Hocke gehen, den Kopf einziehen
- Personen sollen mindestens 3 Meter Abstand zueinander halten
Quellen zum Nachlesen:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3361158/ | https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27149604 | https://www.drk.de/presse/aktuelle-pressemitteilungen/meldung/blitzunfall-so-helfen-sie-richtig-1/