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Ähnlich wie in den Rechtswissenschaften zählt auch die Medizin als ein beliebtes Konzept, wenn es um Fernsehserien geht. Welchen Einfluss haben Arztserien eigentlich auf die Medizin? Können Studierende der Humanmedizin von Dr. House und Co. profitieren? Mehr zu dem Thema im folgenden Beitrag zum Nachlesen.
Eigenschaften berühmter Arztserien
Arztserien sind Fernsehserien, die von Ärztinnen und Ärzten und/oder medizinischem Personal handeln und deren Alltag in Arztpraxen oder im Krankenhaus widerspiegeln. In der Regel wird ein Team dargestellt, dessen Mitglieder in engen Beziehungen zueinander stehen und unterschiedliche komplizierte „Fälle“ behandeln müssen.
Themen von Arztserien sind unter anderem das konkrete medizinische Vorgehen begleitet von ethischen Problemen, Herausforderungen zwischenmenschlicher Art (Arbeitsbeziehungen zwischen ChefärztInnen, OberärztInnen, AssistenzärztInnen, Familie, Freundschaft) sowie Konflikte mit Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen. Tod, schwere Krankheiten, Leid, Gesundheit und Glücklichsein liegen in Arztserien dramaturgisch eng beieinander. Auch können politische, religiöse und ethische Themen wie Rassismus, Diskriminierung, Religionsfreiheit, Sterbehilfe, Palliativmedizin etc. in Arztserien behandelt werden.
Seit Jahrzehnten boomen Arztserien und erfreuen sich auch bei Studierenden der Humanmedizin großer Beliebtheit. Die Liste der Arztserien ist lang und kann regelmäßig um neue Arztserien ergänzt werden. Eine Übersicht über Serien mit und um Ärztinnen und Ärzte verschafft der folgende Link: Arzt Serien und Filme mit und um Ärzte – die Top 50 Liste mit Links.
Amerikanische und deutsche Arztserien – Die Unterschiede
Während deutsche Formate im Hinblick auf Arzt- und Krankenhausserien eher kritisiert werden, erfahren US-Serien dagegen viel Lob und Anerkennung. Beim Zusammentreffen auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie in Berlin hatten sich Mediziner/innen und Medienwissenschaftler/innen einst die Frage gestellt, ob das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen im Bereich Gesundheit und Bildung mehr bieten und Beispiel von den USA mit dem Format „Dr. House“ nehmen könne. In amerikanischen Fiction-Fernsehformaten sei die Gesundheitsaufklärung so vorbildlich, da hier seitens der nationalen Gesundheitsbehörde den Drehbuchschreibern medizinische Beratung angeboten werde.
Der Professor an der Phillipps-Universität Marburg (Leiter des Zentrums für unerkannte und seltene Erkrankungen), Jürgen Schäfer, wünscht sich dies auch für Deutschland, da seiner Meinung nach viel Potential bei der Gesundheitsaufklärung verschenkt werde. Auch unter Medienwissenschaftler/innen ist eine ähnliche Meinung vertreten, wenn es um deutsche Arztserien geht. In Deutschland gäbe es „kein ausdrückliches Verständnis dafür, dass Fernsehunterhaltung bilden soll“, so die Ansicht der Medienwissenschaftlerin an der Technischen Universität Berlin, Marion Esch.
Realitätsverlust in Arztserien
Von der Magie der Ärzte- und Krankenhaus-Serien fehlt im Praxis- und Klinikalltag leider jede Spur: Engagierte Ärztinnen und Ärzte, die rund um die Uhr im Einsatz sind, stets medizinische Disziplin beherrschen und darüber hinaus auch noch ausreichend viel Zeit für ihre Patientinnen und Patienten haben, werden auf dem Bildschirm gezeigt. Leider entspreche dies nicht der Realität, sodass Serienfans „falsche“ Erwartungen bzw. hohe Erwartungen haben, wenn sie einen Arztbesuch haben.
Unter dem Vorzeichen „Fiktion“ – die Schaffung einer eigenen Welt; „etwas, was nur in der Vorstellung existiert; etwas Erdachtes“ gehören die Geschichten aus den Fernsehserien von zum Beispiel „In aller Freundschaft“, „Grey’s Anatomy“, „Familie Dr. Kleist“ usw. Unter Umständen kann es bei Serienfans in Vergessenheit geraten, dass Vieles einfach fiktional bleibt, auch wenn Handlungen in Serien theoretisch möglich sein können. Was „echten“ Ärztinnen und Ärzten in der Realität fehlt ist vor allem Zeit. Unzufriedenheit bei Patientinnen und Patienten, die es aus Arztserien anders kennen und es auf dem Bildschirm anders erlebt haben, kann möglicherweise vorprogrammiert sein.
In Arztserien zu bemängeln ist auch die Darstellung von „Realitätsverlust“ und „Halbwissen“: So gehe aus Studienergebnissen hervor, dass beispielsweise in Bezug auf den Erfolg von Wiederbelebungsversuchen unrealistische Darstellungen gemacht werden: In der Analyse von „Grey’s Anatomy“ und „Dr.House“ erhielten in 91 Folgen insgesamt 46 Patienten eine Herz-Lungen-Wiederbelebung, wovon ca. 50 Prozent dauerhaft überlebten.
In der Realität sieht es anders aus: nur 25 Prozent überleben eine Herz-Lungen-Wiederbelebung. Ein weiteres Beispiel für „Realitätsverlust“ und „Halbwissen“ ist es, mit einem 3D-Drucker neue Organe zu drucken: in Grey’s Anatomy zum Beispiel ein Neugeborenenherz – leider realitätsfern; hier ist die Rede vom sogenannten „Grey’s Anatomy Effect“. Die Implantation von gedruckten Organen ist eine schöne Vorstellung, bleibt derzeit aber noch Zukunftsmusik.
An dieser Stelle auch ein interessanter Beitrag zum Thema „Ärzte im Fernsehen – das Märchen vom Alleskönner“ unter folgendem Link: Ärzte im Fernsehen – das Märchen vom Alleskönner!.
Wissen aus Fernsehserien: das „Dr. House-Seminar“
Medizinische Inhalte könnten zu einem Fortbildungsobjekt werden, damit auch Studierende der Humanmedizin von TV-Formaten profitieren und beim Zuschauen lernen und sich weiterbilden können. Das US-Format „Dr. House“ bietet sich – aufgrund der fachlichen Qualität der Serie im Hinblick auf die stimmigen Diagnosen und gut recherchierten Fälle – in diesem Zusammenhang besonders gut an: In der US-Serie geht es um rätselhafte Erkrankungen, die der zynische Diagnostiker Dr. House aufzuklären und zu behandeln versucht.
Der Professor an der Phillipps-Universität Marburg (Leiter der Zentrums für unerkannte und seltene Erkrankungen), Jürgen Schäfer, nahm deshalb einige Folgen der Serie in seinen Lehrplan auf: Studierenden der Humanmedizin wird nun das „Dr.House-Seminar“ angeboten, in dem ungewöhnliche Fälle und ihre Differenzialdiagnosen thematisiert werden. Die Resonanz auf das Seminar war durchweg positiv: Motivation, Interesse und Lernerfolg nahmen bei den Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmern zu. Aus diesem Grund fordern Medienwissenschaftler mehr Medizin- und Gesundheitsaufklärung im Fernsehen, die realitätsnah ist, um nicht nur zu unterhalten, sondern auch zu bilden.
Einfluss von Arztserien auf ihre jüngeren Fans
Insbesondere die jüngeren Generationen stehen unter dem Einfluss der beliebten Arzt- und Krankenhausserien: Manche Zuschauerinnen und Zuschauer möchten dann auf jeden Fall Humanmedizin studieren, andere dagegen erst recht nicht. Aber nicht nur der aufkommende Wunsch nach einem Studium in Humanmedizin kann bestehen, sondern auch die Entwicklung bestimmter Eigenschaften:
Einige Serienfans mutieren möglicherweise zu Hypochondern und bilden sich Krankheiten, von denen sie auf dem Bildschirm erfahren haben, ein, oder entwickeln große Ängste vor Krankheiten. Andere Serienfans meiden unter Umständen nun auch erst recht den Arztbesuch. Aus einer Studie mit 162 Patienten ist hervor gegangen: Diejenigen, die häufig Arztserien schauten, hatten viel mehr Angst vor geplanten Operationen, als diejenigen ohne Arztserien-Hintergrund.
Fazit
Auch wenn man Personen und Handlungen in Arzt- und Krankenhausserien versucht, realitätsnah wie möglich darzustellen, sind trotz allem einige Darstellungen und Beinahe-Tragödien nicht unbedingt mit der Realität vereinbar und dienen primär dazu, Spannung aufzubauen, damit die Zuschauerinnen und Zuschauer die Serien auch weiterverfolgen.
Dass Studierende der Humanmedizin von Arztserien durchaus profitieren können, beweist die Serie „Dr. House“, die als fachlich qualitativ positiv bewertet wird und sogar im Lehrplan aufgenommen worden ist.