
Einführung einer Landarztquote
Dass es für Deutschlands ländliche Regionen zu wenige Allgemeinärzte gibt, ist mittlerweile bekannt Das Problem wird sich in den kommenden Jahren sogar noch verschlimmern – nämlich dann, wenn viele Landärzte in den verdienten Ruhestand gehen. Doch wie Abhilfe schaffen – kann eine Landarztquote helfen?
Ein Vorschlag von der Gesundheitsministerkonferenz war es, im Medizinstudium eine sogenannte Landarztquote einzuführen. Eine Zusätzliche Quote an Studienplätzen für diejenigen unter den Studierenden, die sich im Gegenzug für einen Studienplatz dazu verpflichten, nach dem Studium als Allgemeinmediziner in einer unterversorgten Region zu arbeiten.
Auflagen bereits im Studium und Strafen bis zu 150.000 Euro
Und zwar nicht nur für einige Monate – sondern für den stattlichen Zeitraum von 8-10 Jahren. Wer die Verpflichtung bricht, soll mit einer Vertragsstrafe von 150.000 € rechnen müssen.
Zusätzlich soll ein PJ-Pflichttertial im Fach Allgemeinmedizin eingeführt werden. Damit würde sich das PJ künftig nicht mehr in Tertiale, sondern in Quartale gliedern.
Unter Ärzten und Medizinstudenten stößt das Konzept auf wenig Gegenliebe: Eine Umfrage des Hartmannbunds ergab, dass die Mehrzahl aller Medizinstudierenden den Zwang zur Allgemeinmedizin ablehnt.
Deutscher Ärztetag hinter den Studenten
Auch der Deutsche Ärztetag stellt sich hinter die Studierenden, und damit gegen die Landarztquote. Die Argumente: Als junger Student könne man die Tragweite einer solchen Entscheidung überhaupt nicht überblicken. Und da ist was dran. Wer denkt schon als Erstsemester an den Arbeitsalltag, der einen in 15 Jahren erwartet? Wer weiß, wie sich Berufs- und Privatleben entwickeln, welche beruflichen Schwerpunkte man später setzen will oder wie der Arbeitsalltag für Landärzte in 15 Jahren aussieht? „Ein solches Instrument würde Medizinstudierende in ihrer Lebensplanung und später bei der Wahl ihres Arbeitsplatzes enorm einschränken“, sagt auch der Präsident der Bundesärztekammer, Professor Montgomery.
Mediziner zweiter Klasse?
Ein weiterer Punkt ist die Gefahr, dass sich aus der Landarztquote Mediziner entwickeln, die als Ärzte zweiter Klasse betrachtet werden. Zum einen darf eine Verpflichtungserklärung nicht bedeuten, dass nun fachlich ungeeignete Studenten zum Studium zugelassen werden. Zum anderen darf das Fach Allgemeinmedizin nicht noch mehr an Reputation verlieren. Light-Mediziner, die als Landärzte herhalten – das ist eine unschöne Vorstellung.
Stärkung der Allgemeinmedizin statt Verpflichtungen und Quoten
Viel sinnvoller als Verpflichtungen, Zwangstertiale und Quotenärzte erscheint es, das Fach Allgemeinmedizin als solches zu stärken. Zu diesem Zweck, entschied der Deutsche Ärztetag, sollen an allen medizinischen Fakultäten Lehrstühle für Allgemeinmedizin eingerichtet werden.
Die Vermittlung von praktischen Fähigkeiten – dem Handwerkszeug eines Allgemeinmediziners – will man stärken. Daneben wurde auch für 1.000 neue Studienplätze in der Medizin gestimmt.
Auch die Auswahl der Studienbewerber soll verbessert werden: auch soziales Engagement soll in die Entscheidung mit einbezogen werden. Teilstudienplätze will man abschaffen, dafür soll bundesweit der nationale Lernzielkatalog Medizin übernommen werden.
Wichtig ist es auch, die Arbeitsbedingungen für Ärzte auf dem Land zu verbessern. Schließlich nützt es wenig, wenn Ärzte nach wenigen Jahren frustriert dem Land wieder den Rücken kehren. Mit Zuckerbrot versucht es jedoch auch die Politik, Ärzte aufs Land zu locken. Das Versorgungsstärkungsgesetz, das 2015 in Kraft trat, enthält folgende Regelung: Wer 5 Jahre in der ambulanten Versorgung auf dem Land arbeitet, der bekommt danach die völlige Niederlassungsfreiheit auch in gesperrten Bereichen und in Ballungsräumen.
Auch die Kassenärztlichen Vereinigungen sind aktiv
Die Kassenärztlichen Vereinigungen mischen auch mit, wenn es um die Sicherung der künftigen landärztlichen Versorgung geht. Die KV Sachsen-Anhalt vergibt 4 Stipendien für ein Medizinstudium an der Privatuni Witten-Herdecke. Die Studierenden verpflichten sich dazu, nach der Ausbildung 10 Jahre lang in Sachsen-Anhalt zu praktizieren.
Sicherlich ist ein bezahltes Studium oder eine zusätzliche Quote bei der Vergabe der Studienplätze ein verlockendes Angebot. Bevor man sich jedoch für viele Jahre als Landarzt verpflichtet, sollte man gründlich in sich gehen und überlegen, ob man so früh eine so folgenschwere Entscheidung treffen möchte.
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