Die Mehrheit der niedergelassenen Haus- und Fachärzte in Deutschland befürwortet eine sogenannte Kontaktpauschale für Facharztbesuche. Auf diese Weise sollen sich Patientenströme besser steuern lassen und Facharztpraxen entlastet werden. Das ist das Ergebnis der Ad-hoc-Erhebung „Im Fokus“, durchgeführt von der Stiftung Gesundheit.
Maßnahmen zur besseren Steuerung von Patientenströmen
Niedergelassene Ärzte in Deutschland warnen schon seit längerer Zeit davor, dass die Praxen vor einem Kollaps stehen. Doch wie lassen sich Patientenströme in der ambulanten Versorgung besser steuern? Das wollte auch die Stiftung Gesundheit wissen und hat 6.000 niedergelassene Haus- und Fachärzte befragt. Ein großer Teil der Befragten spricht sich demnach für eine sogenannte Kontaktpauschale für Facharztbesuche ohne Überweisung aus. Gut zwei Drittel der Ärzte hält diese Maßnahme für sinnvoll (64,9 Prozent), gut die Hälfte befindet sie für umsetzbar (49,2 Prozent).
Eine derartige Kontaktpauschale wurde beispielsweise im März 2024 in einer Studie der Hochschule Aalen und der Otto Bensheim School of Management in Düsseldorf vorgeschlagen. Der Studie zufolge soll die Höhe der Pauschale 15 Euro pro Arztbesuch betragen und für Menschen mit niedrigem Einkommen gedeckelt sein.
Mehr als die Hälfte der Befragten (54,0 Prozent) hält zudem Bonusmodelle für sinnvoll. Sie sollen Patienten einen finanziellen Anreiz bieten, sich zunächst von einem Primär- oder Stammarzt untersuchen zu lassen. 39,1 Prozent der Befragten halten diese Maßnahme auch für umsetzbar. 14,9 Prozent melden dagegen Zweifel an.
Weiterführende Informationen zum Thema Überweisung findet sich hier:
Weitere Vorschläge erhalten weniger Zustimmung
Die weiteren vorgeschlagenen Maßnahmen stoßen auf weniger Zustimmung. Für eine verbindliche hausarztzentrierte Versorgung spricht sich zwar mehr als die Hälfte der Befragten aus (52,8 Prozent), nur 50,2 Prozent geben allerdings an, dass sich diese Maßnahme in ihrer Praxis ohne Einschränkungen umsetzen ließe. Für ein Viertel der Befragten würde eine solche Maßnahme mit erheblichem Mehraufwand verbunden sein. 15,5 Prozent der Befragten sagen, dass sie diese Maßnahme gar nicht umsetzen könnten, da ihre Praxis jetzt schon überlastet sei.
Die Einführung einer generellen Zuzahlung pro Arztbesuch befürworten 52,7 Prozent der Befragten, rund ein Drittel hält diese Maßnahme für umsetzbar.
In den Apotheken sehen die Befragten keine sinnvolle Alternative zur Arztpraxis. Apotheken als erste Anlaufstelle für Patienten zu nutzen, lehnen 83,2 Prozent der niedergelassenen Ärzte/-innen ab. Alternative Anlaufstellen wie Gesundheits-Kioske werden von 69,5 Prozent der Befragten abgelehnt. 60,0 Prozent sprechen sich zudem dagegen aus, die Praxisgebühr wieder einzuführen.
Notfallversorgung: Integrierte Leitstellen als bevorzugte Lösung
Die Stiftung Gesundheit hat niedergelassene Haus- und Fachärzte auch danach befragt, mit welchen Maßnahmen sich die überlaufenen Notfallpraxen und Notaufnahmen entlasten lassen. Die Mehrheit der Befragten befürwortet die Einrichtung von integrierten Leitstellen (ILS) und integrierten Notfallzentren (INZ), wie sie auch das Reformprogramm der Bundesregierung vorsieht. 77,7 Prozent halten ILS für sinnvoll, rund 60 Prozent für umsetzbar. ILS sollen als telefonische oder telemedizinische Anlaufstelle für Patienten dienen und nach einer ersten Einschätzung über die am besten geeignete Notfallmaßnahme entscheiden. INZ im Krankenhaus vereinen eine Notaufnahme, eine Notfallpraxis und einen gemeinsamen Tresen für die Patientenannahme. 72,9 Prozent der Befragten finden diese Maßnahme sinnvoll, für umsetzbar halten sie rund 60 Prozent.
70,5 Prozent der Befragten sprechen sich außerdem dafür aus, dass für die Behandlung in der Notaufnahme oder der Notfallpraxis eine Gebühr anfallen soll. Abermals rund 60 Prozent halten diese Maßnahme für umsetzbar. Die Entwicklung von Anlaufstellen, die durch künstliche Intelligenz (KI) unterstützt werden, sieht dagegen die Mehrheit der Befragten skeptisch: 40 Prozent finden diese Maßnahme nicht sinnvoll, ein Drittel gibt ab, die Sinnhaftigkeit nicht einschätzen zu können.