
Für Vertragsärzte besteht gegenüber gesetzlich Versicherten eine Behandlungspflicht gemäß Sozialgesetzbuch (§ 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Je nach Standort und Fachgebiet kann diese Pflicht Hausbesuche und Notfalldienste beinhalten. In gewissen Fällen können Ärzte jedoch die Behandlung verweigern oder abbrechen. Der folgende Artikel erklärt, aus welchen Gründen Behandlungspflicht-Ausnahmen zulässig sind.
Der ärztliche Behandlungsvertrag
Vielen Patienten ist es vielleicht nicht bewusst, aber zu Beginn der Behandlung wird ein Behandlungsvertrag mit dem Arzt oder der Ärztin abgeschlossen, zumeist stillschweigend. Für Patienten ist es relativ einfach, den Behandlungsvertrag aufzulösen: Sie suchen die behandelnden Mediziner einfach nicht mehr auf und brechen die Therapie ab. Vertragsärzte dürfen die Behandlung gesetzlich Versicherter laut § 13 Bundesmantelvertrag (BMV) aber nur in begründeten Fällen ablehnen oder abbrechen.
Behandlungspflicht-Ausnahmen: Sieben Fälle, in denen der Abbruch der Behandlung zulässig ist
Befinden sich Patienten bereits in Behandlung und Ärzte möchten die Behandlung abbrechen, muss dafür ein triftiger Grund vorliegen. Das ist beispielsweise in folgenden Situationen der Fall:
- Die Praxis ist überlastet und die Behandlung würde die Patientenbehandlung beeinträchtigen.
- Ärzten fehlen die nötigen Fachkenntnisse oder die Ausstattung für die Behandlung.
- Es besteht kein ausreichendes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient.
- Patienten verhalten sich ungebührlich, bedrohen zum Beispiel das Praxispersonal oder andere Personen im Wartezimmer.
- Patienten verlangen unwirtschaftliche oder medizinisch nicht indizierte Therapiemethoden.
- Patienten fordern ohne zwingenden Grund einen Hausbesuch außerhalb des üblichen Praxisbereichs, obwohl andere Ärzte in der Nähe sind.
- Patienten beharren auf Sterbehilfe oder den Abbruch einer Schwangerschaft ohne medizinische Indikation.
Weigern sich volljährige Versicherte, in der Praxis die Gesundheitskarte vorzulegen, dürfen Ärzte die Behandlung gemäß Bundesmantelvertrag ebenfalls verweigern (§ 13 Abs. 7 BMV-Ä). Das gilt allerdings nicht, wenn akuter Behandlungsbedarf besteht.
Einen bestehenden Behandlungsvertrag dürfen Ärzte laut Bundesgesetzbuch jederzeit ohne Angaben von Gründen aufkündigen – allerdings nicht im laufenden Quartal (§ 627 BGB). Der Krankenkasse gegenüber muss die Ablehnung einer Behandlung mitgeteilt und auch begründet werden. Patienten werden am besten schriftlich über die Kündigung informiert.
Was gilt für Privatärzte?
Ärzte, die ausschließlich Privatversicherte behandeln, sind nicht an das Vertragsarztrecht gebunden. Sie dürfen die Behandlung daher in der Regel auch ohne Begründung ablehnen. Ebenso müssen sie nicht bis zum Quartalsende warten, bis sie einen Behandlungsvertrag aufkündigen, sondern können die Kündigung jederzeit vornehmen.
Wichtig zu wissen: In Notfällen besteht immer Behandlungspflicht, für Vertrags- sowie auch für Privatärzte. Lehnen Ärzte die Behandlung in einer Notsituation ab, kann dies als unterlassene Hilfeleistung eingestuft werden. Jedoch sind Ärzte nur dazu verpflichtet, unmittelbar erforderliche Maßnahmen zu ergreifen. Behandlungen, die darüber hinausgehen, dürfen sie ablehnen.