Sucht heutzutage jemand nach einer Ärztin oder einem Arzt, wird dabei nur noch selten ...

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Wenn der Rücken schmerzt, hohes Fieber auftritt oder sich eine Augenentzündung anbahnt, führt der Weg zum Arzt/zur Ärztin mit dem Wunsch zur Untersuchung, Schmerzlinderung und Behandlung. Patienten/-innen besitzen das Recht auf eine medizinische Behandlung und freie Arztwahl. Doch was ist, wenn der/die Arzt/Ärztin den/die Patienten/-in abweist und eine Behandlung ablehnt? Das kann in jeder niedergelassenen Arztpraxis passieren. Nicht selten werden dann Anwälte hinzugeschaltet, die das Recht betroffener Patienten/-innen auf ärztliche Versorgung vertreten sollen und auf die Behandlungspflicht von Ärzten/-innen pochen. Aber besteht überhaupt eine Behandlungspflicht? Die Frage ist nicht pauschal zu beantworten, denn es kommt auf den Einzelfall sowie die jeweilige Situation an.
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Grundsätzliche Behandlungspflicht
Nach Paragraf 95 Absatz 3, Seite 1 SGB V sind Ärzte/-innen zur medizinischen Versorgung von Patienten/-innen verpflichtet, wenn diese als zugelassene Kassenärzte/-innen praktizieren. An den kassenärztlichen Vertrag sind Ärzte/-innen grundsätzlich erst einmal gebunden. Das betrifft vor allem medizinische Notfälle, wobei Patienten/-innen hier oftmals die Definition eines Notfalls nicht bekannt ist.
Bei einem Notfall im Medizinrecht handelt es sich ausschließlich um lebensbedrohliche Situationen sowie solche, bei denen bleibende Schäden durch das Ausbleiben einer zügigen medizinischen Versorgung die Folge sein können. Dazu zählen beispielsweise Kopfverletzungen nach einem Unfall, Verdacht auf Herzinfarkt oder ein hoher Blutverlust. Die Beurteilung eines Notfalls oder Nicht-Notfalls obliegt ausschließlich dem/der Arzt/Ärztin. Ein Recht auf bevorzugte Behandlung eines/einer Patienten/-in, dessen Gesundheitszustand diese Kriterien nicht erfüllt, besitzt kein Recht auf bevorzugte Behandlung und/oder eine kürzere Wartezeit. Dennoch bleibt die Behandlungspflicht bestehen, es sei denn, Ärzten/-innen liegt ein spezieller Grund für eine Abweisung vor.
Zulässige Abweisungsgründe
Die zulässigen Abweisungsgründe ergeben sich hauptsächlich aus Paragraf 13 des Bundesmantelvertrages für Ärzte/Ärztinnen, der zwischen diesen und der Kassenärztlichen Vereinigung geschlossen wird.
1. Versicherungsnachweis
Die Anspruchsberechtigung zur medizinischen Versorgung können Patienten/-innen ab einem Alter von 18 Jahren verlieren, wenn sie keinen Krankenkassenversicherungsnachweis vor Behandlungsbeginn vorlegen. Das ist in der Regel die elektronische Gesundheitskarte, kann aber auch ein Anspruchsnachweis nach Paragraf 19, Absatz 2 sein. Ärzte/-innen sind nicht behandlungspflichtig, wenn die Kostenübernahme der Arzt- und Behandlungsleistungen nicht gesichert ist. Anders verhält es sich bei Privatpatienten, bei denen Ärzte/innen in Vorleistung gehen.
2. Bestimmte Fachärzte/-innen
Ärzte/-innen bestimmter Fachrichtungen können Patienten/-innen ablehnen, wenn diese ohne Überweisung vorstellig werden. Dazu gehören Mediziner/innen aus den Facharztbereichen Laboratoriumsmedizin und Nuklearmedizin, Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie, Pathologie, Radiologie sowie Strahlentherapie und Transfusionsmedizin. Eine Ausnahme ist in der Radiologie gegeben, wenn die Untersuchung dem Zweck der Früherkennung von Brustkrebs dient.
Eine Behandlungsablehnung kann auch erfolgen, wenn der/die aufgesuchte Arzt/Ärztin nicht über die rechtliche Befugnis einer Behandlung verfügt und/oder die Notwendigkeit einer Behandlung durch eine/n Spezialisten/-in beziehungsweise andere/n Facharzt/-ärztin entscheidet. Das kann beispielsweise die schwangere Patientin mit Verdacht auf Schwangerschaftsdiabetes sein, die vom/von Internisten/-in abgewiesen und an eine/n Gynäkologen/-in verwiesen wird.
3. Patientenverhalten
Prinzipiell handelt es sich bei einem Arzt-Patienten-Kontakt um eine vertraglich vereinbarte Leistung, der beide Seiten zuzustimmen haben. Das heißt: Patienten/-innen haben das freie Arzt-Wahlrecht, aber auch für Ärzte/-innen gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Weder Patienten/-innen noch Ärzte/-innen können zur Behandlung gezwungen werden. Hier gibt der Bundesmanteltarif Medizinern/-innen die Möglichkeit, eine Behandlung aus weiteren Gründen ablehnen zu können, wenn sich diese auf die Unzumutbarkeit beziehen. Allen voran gehen zunehmend häufiger Patientenabweisungen zurück auf ein inakzeptables Patientenverhalten, wie Pöbeleien, Drohungen und Sachbeschädigungen. Sie sind heutzutage keine Seltenheit mehr. Vor allem lange Wartezeiten sorgen immer häufiger für den Unmut von Patienten/-innen. Das müssen Ärzte/-innen nicht hinnehmen und können nach derartigen Vorfällen eine Behandlung ablehnen, sofern es sich nicht um einen Notfallpatienten/-innen handelt.
4. Überlastung
Volle Wartezimmer sind in heutigen Zeiten nahezu Standard in Deutschlands Arztpraxen. Häufig sind es monatelange Wartezeiten für Terminvergaben, die Patienten/-innen auch ohne Termin erscheinen lassen. Ist eine Arztpraxis aber so mit Patienten/-innen gefüllt, dass Ärzte/-innen und medizinische Mitarbeiter/innen an ihre Belastungsgrenze geraten, sind Abweisungen von nachfolgenden Patienten/-innen legitim. Wurde ein/e Patient/in aber bereits angenommen, ist dies einer Art „Vertragsabschluss“ gleichzusetzen und der/die Patient/in kann anschließend nicht abgewiesen werden – sofern keiner der übrigen genannten Gründe für eine Abweisung im Nachhinein zutreffen. Dementsprechend bezieht sich dies rein auf neu hinzukommende Patienten/-innen.
5. Sittenwidrigkeiten
Verlangt ein/e Patient/in eine sitten- und/oder gesetzeswidrige Tätigkeit von einem/r Arzt/Ärztin, ist diese/r sogar dazu verpflichtet, dieser nicht nachzukommen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der/die Patient/in eine Rezeptausstellung ohne eine vorgeschriebene vorherige Konsultation wünscht und dem/der Arzt/Ärztin vorschlägt, diese dennoch nach gesetzlicher Vorgabe abzurechnen. Dies würde eine Aufforderung einer Straftat gleichkommen, was das Vertrauensverhältnis zwischen Patient/in und Arzt/Ärztin stark beeinträchtigen kann. Hier wäre eine Abweisung des/der Patienten/-in die legale Konsequenz.
Behandlungspflicht: Abweisung von Privatpatienten
Anders als bei kassenärztlichen Vertragsleistungen, unterliegen Ärzte/-innen bei Privatpatienten/-innen nicht der Behandlungspflicht. Nach Paragraf 78 des fünften Sozialgesetzbuches steht beiden Parteien das freie Wahlrecht zu. Einer gesonderten Begründung bedarf es seitens der Ärzte/-innen in der Regel nicht. Aber auch hierbei gilt: Notfälle sind davon ausgeschlossen und dürfen nicht abgewiesen werden.