
Ab dem 1. Juli 2023 sollen Patienten/-innen in Deutschland das E-Rezept nutzen können. Nach ersten Testphasen und mehrmaligen Verzögerungen kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nun den offiziellen Start an. Bis Ende Juli sollen 80 Prozent aller Apotheken mit den notwendigen Lesegeräten ausgestattet sein. Wer kein Smartphone besitzt, kann einen Ausdruck vorlegen.
Start nach mehrfachen Verzögerungen
Das E-Rezept soll endlich alltagstauglich werden. So kündigte es Lauterbach gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland an. Apotheken sind bereits seit dem vergangenen September in der Lage, die elektronischen Rezepte einzulösen und mit den Krankenkassen abzurechnen. Sämtliche Nutzungsschritte wurden in Testphasen geprüft. Dennoch hat sich der offizielle Start des E-Rezepts mehrfach verzögert. So wurde etwa der Test in der einzigen Pilotregion in Westfalen-Lippe seit Herbst 2022 nicht mehr fortgeführt.
Jetzt soll es allerdings losgehen mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Lauterbachs Ankündigung zufolge sollen Patienten/-innen ab dem 1. Juli 2023 E-Rezepte in den Apotheken mit ihrer Versichertenkarte abrufen können. Dafür müssen sie nur ihre elektronische Gesundheitskarte (eGK) in die entsprechenden Lesegeräte stecken. Das elektronische Rezept liege dann bereits in der Datenbank vor.
Apotheken und Ärzte/-innen warnen vor falschen Versprechungen
Der Deutsche Apothekerverband (DAV) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) warnen davor, dass Lauterbachs Äußerungen missverständlich seien. Apotheken seien bereits seit September 2022 an die Telematikinfrastruktur (TI) angebunden und technisch in der Lage, elektronische Rezepte zu empfangen, betont Anke Rüdinger, stellvertretende Vorsitzende des DAV. In ausgedruckter Form oder über die Gematik-App übermittelt, können Apotheken elektronische Rezepte bereits jetzt beliefern. Lauterbachs Äußerungen beziehen sich lediglich auf den Einlöseweg über die eGK. Rüdinger schätzt, das bis Ende Juli alle Apotheken diesen Einlöseweg anbieten können. Fraglich ist es aus ihrer Sicht aber, ob auch Ärzte/-innen den neuen Verordnungsweg nutzen werden.
Hier setzt auch die Kritik der KBV an Lauterbachs Äußerungen an. Derzeit sei noch unklar, wie genau E-Rezepte in Verbindung mit der eGK eingelöst werden könnten, erklärt Dr. Sibylle Steiner aus dem KBV-Vorstand. Zudem solle laut Beschluss der Gematik die Einführung stufenweise erfolgen, mit Start in Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein. Die Aussagen Lauterbachs erwecken allerdings den Eindruck, dass ab dem 1. Juli 2023 alle Arztpraxen bundesweit elektronische Rezepte ausstellen könnten.
Vereinfachte Abläufe, Abkehr von der Zettelwirtschaft
Das Ziel des E-Rezepts besteht darin, Abläufe in Arztpraxen und der Apotheke zu vereinfachen und sich von der Zettelwirtschaft im Gesundheitswesen zu verabschieden. Wer beispielsweise ärztliche Beratung per Videosprechstunde einholt, soll sich direkt ein elektronisches Rezept ausstellen und aufs Smartphone schicken lassen können. Der Gang zur Arztpraxis entfällt damit. In den Apotheken soll die elektronische Variante das Einlösen von Rezepten vereinfachen und die Ausgabe von Medikamenten sicherer machen. Unter anderem soll die elektronische Variante ein mehrfaches Einlösen von Rezepten verhindern und damit dem Medikamentenmissbrauch vorbeugen, erklärt die Bundesregierung.
So funktioniert das E-Rezept
Patienten/-innen stehen für die Nutzung des E-Rezepts verschiedene Optionen zur Wahl. Zum einen können Sie sich die elektronischen Rezepte digital aufs Smartphone senden lassen und über eine entsprechende App ihrer Krankenkasse verwalten. Über die App lassen sich E-Rezepte an die Apotheke senden. Auf diese Weise können sie auch in einer Online-Apotheke eingelöst werden. Voraussetzung für die Verwendung der App sind eine NFC-fähige elektronische Gesundheitskarte und die Versicherten-PIN. Beides erhalten Patienten/-innen von ihrer Krankenkasse. Sofern Apotheken die technischen Voraussetzungen erfüllen und über die notwendigen Lesegeräte verfügen, können E-Rezepte dort direkt durch Vorlage der eGK eingelöst werden.
Die Datenübermittlung erfolgt über die Telematikinfrastruktur (TI) im Gesundheitswesen. Über dieses sichere Informations- und Kommunikationsnetz sind Arztpraxen, Krankenhäuser, Apotheken und weitere Leistungerbringer des Gesundheitssystems miteinander verbunden.
Wer kein eigenes Smartphone besitzt, soll das E-Rezept dennoch nutzen können. Dafür benötigen Patienten/-innen bestimmte Zugangsdaten, die ihnen in der Arztpraxis als Papierausdruck ausgehändigt werden. Dieser Ausdruck ist dann wie gewohnt in der Apotheke vorzuzeigen.
E-Rezepte sollen darüber hinaus neue digitale Anwendungen ermöglichen, etwa an die Einnahme von Medikamenten erinnern, einen Medikationsplan bereitstellen oder Wechselwirkungen der verschriebenen Medikamente mit anderen Arzneimitteln prüfen. Neben verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sollen in Zukunft auch weitere medizinische Leistungen wie Heilmittel, Hilfsmittel und die häusliche Krankenpflege auf elektronischem Wege verordnet werden.