
Eine moderne Arztpraxis zeichnet sich nicht nur durch eine schicke Einrichtung aus. Patienten/innen erwarten darüber hinaus heutzutage einiges: freundliches Personal, gute Erreichbarkeit, kompetente Ärzte/-innen, digitalisierte Abläufe und Services u.v.m. Vor allem digitale Services wie z.B. eine übersichtliche und nutzerfreundliche Homepage mit der Möglichkeit für Online-Terminbuchung und Online-Rezeptbestellung sind heute das absolute Minimum. Trotzdem dürfen auch das Mobiliar, die Dekoration, die Beleuchtung und weitere Annehmlichkeiten vor Ort nicht vergessen werden. Wir haben hier aufbereitet, was die Kennzeichen einer modernen Arztpraxis sind, und bieten eine übersichtliche Checkliste für Patienten/-innen.
Kennzeichen einer modernen Arztpraxis
Patienten/-innen sind sehr verschieden und erwarten daher auch sehr unterschiedliche Dinge von ihrer Arztpraxis. Trotz dieser Individualität lassen sich jedoch meist einige Gemeinsamkeiten feststellen. Eine Online-Befragung von Doctolib-Nutzern/-innen und Patienten/-innen bildete im „Digital Health Report“ (Juni 2022) die folgende Top-3 bei den digitalen Wünschen auf:
- Online-Terminbuchung: 70 Prozent
- Digitale Rezeptbestellung: 60 Prozent
- Digitale Befundübermittlung: 55 Prozent
Das sind jedoch nur die Erwartungen in Bezug auf die Digitalisierung der Arztpraxen. Es bieten sich jedoch noch viele andere Felder, die eigene Arztpraxis den Vorstellungen der Patienten/-innen anzupassen. Laut einer Online-Befragung der DHBW Ravensburg (Mai 2020) sind Patienten/-innen z.B. vor allem persönliche Aspekte wie z.B. freundliches und kompetentes Praxispersonal, Desinfektionsspender im Eingangsbereich, ausreichend Abstand im Wartezimmer und weitere Maßnahmen zum Infektionsschutz wichtig. Das ist nicht nur auf die Corona-Pandemie zurückzuführen: Schließlich sind Patienten/-innen im Wartezimmer meist krank, und niemand möchte sich zusätzlich zu seiner regulären Blutuntersuchung auch noch eine Bronchitis einfangen. Außerdem ist die Patientenorientierung im Rahmen des Qualitätsmanagements in Arztpraxen gemäß § 135a SGB V gesetzlich vorgeschrieben. Es bietet zahlreiche Möglichkeiten, die moderne Arztpraxis auch strukturell zu verbessern.
Ersteindruck
Es gibt keine zweite Chance für einen ersten Eindruck, sagt ein altes Sprichwort. Das stimmt auch beim Betreten der Arztpraxis, denn das Ambiente ist essenziell im erfolgreichen Praxismarketing. Arztpraxen können übersichtlich oder verwirrend, aufgeräumt oder unordentlich, organisiert oder chaotisch und wenig oder sehr ansprechend eingerichtet sein. Natürlich gibt es deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Praxistypen; z.B. richten Gynäkologen/-innen traditionell etwas femininer ein als z.B. Urologen/-innen, Kinderärzte/-innen etwas verspielter als z.B. Proktologen/-innen und Orthopäden/-innen i.d.R. sportlicher als z.B. Psychologen/-innen. Es gibt jedoch übergreifende Gemeinsamkeiten, die für alle Praxistypen gelten.
Eine moderne Arztpraxis jeder Fachrichtung zeichnet sich v.a. durch folgende Merkmale aus:
- Es steht nichts Überflüssiges in den Warte-, Labor- und Sprechzimmern herum. Dekoration ist auf ein Minimum beschränkt und die Wege sind frei.
- Die Praxisräume sind aufgeräumt, sauber und Hygienevorschriften werden eingehalten. Nichts liegt offen herum oder ist sichtbar unordentlich und durcheinander.
- Benötigte Unterlagen (z.B. Informationsflyer, Formulare, Impfausweise, Facharztbefunde, Röntgenbilder, Adressen von Kollegen/-innen, wichtige Kontaktdaten) sind griffbereit. Dies gilt sowohl für Patienten/-innen als auch Ärzte/-innen und Angestellte.
- In einem funktionierenden Qualitätsmanagement-Konzept wurde eindeutig festgelegt, welche Arbeitsweisen einzuhalten sind. Jede/r kennt seine/ihre Aufgaben und erfüllt sie gewissenshaft.
- Die Praxis ist in ihren Abläufen effizient, übersichtlich und möglichst fehlerfrei organisiert. Niemand hat z.B. ständig Leerläufe oder muss permanent Überstunden machen, um seine Arbeit zu schaffen.
- Die Rezeption ist hell, direkt am Eingang, gut zugänglich und stets besetzt, auch wenn gerade viel los ist. Das Personal ist freundlich und zuvorkommend gegenüber eingeschränkten Patienten/-innen, z.B. mit Gehhilfen o.ä.
- Das Wartezimmer ist nicht zugestellt, es sind ausreichend Sitzplätze vorhanden und das Licht ist nicht zu grell. Es sollte außerdem nie so voll mit Patienten/-innen sein, dass alle Plätze besetzt sind, auch nicht zu Stoßzeiten. Ist dies dennoch wiederholt der Fall, muss das Praxismanagement überarbeitet werden.
- Die Behandlungsräume sind aufgeräumt, sauber und nur die Papiere liegen auf dem Tisch bzw. Daten sind auf dem Bildschirm, die für den/die aktuellen Patienten/-in gebraucht werden. Kein/e Patient/in kann z.B. beim Warten auf den/die Arzt/Ärztin die Befunde des/-r Vorgängers/-in herumliegen sehen.
Patientenkommunikation
Die patientenzentrierte Kommunikation mit Patienten/-innen ist eins der wichtigsten Instrumente in Diagnostik und Therapie und steht heutzutage im Vordergrund von modernen Arztpraxen. Bei ihr geht es darum, Patienten/-innen dort abzuholen, wo sie sind, und ihnen einfühlsam und kompetent medizinische Diagnosen und Abläufe verständlich zu erklären. Effektive Patientenkommunikation ist geprägt von Akzeptanz, Empathie, Authentizität und Zuhörvermögen. Daher sollten alle Teamglieder eine positive, wertschätzende Einstellung einnehmen, sowohl gegenüber den Patienten/-innen als auch untereinander.
Kommunikation mit Patienten/-innen sowohl von Seiten der MTA/MFA als auch von Seiten der Ärzte/-innen aus bedeutet:
- Verständigung: Nicht nur selbst reden, sondern auch das Gegenüber reden lassen und verstehen.
- Mitteilung / Information: Sachliche Informationsübermittlung, auch von unangenehmen Neuigkeiten.
- Interesse: Aktives Nachfragen und ehrliches Interesse am ganzheitlichen Gesundheitszustand, nicht nur am konkreten isolierten Körperteil.
- Austausch: Rückfragen zulassen und dazu ermutigen nachzuhaken, Dinge u.U. auch mehrfach und evtl. etwas anders erklären.
Grundsätzlich sollten Patientengespräche mit dem Ziel geführt werden, die Anliegen der Patienten/-innen zu verstehen. Diese fühlen sich dadurch nicht nur als Nummer, sondern als Individuum wahrgenommen, verstanden und ernstgenommen. Damit steigt gleichermaßen die Patientenzufriedenheit und die Bereitschaft von Seiten des/-r Patienten/-in aus, anspruchsvolle Therapievereinbarungen einzuhalten oder schwere Lebensstilanpassungen vorzunehmen.
Für das Team in einer modernen Arztpraxis bedeutet dies:
- Patienten/-innen werden als Person wahrgenommen.
- Der Mensch steht im Mittelpunkt, nicht das kranke Körperteil.
- Aktives Nachfragen und Zuhören schafft Wertschätzung und ermöglicht Verständnis.
- Medizinische Fachausdrücke sollten nur dann verwendet werden, wenn der/die Patient/in sie auch eindeutig versteht; sonst müssen sie verständlich erklärt werden.
- Körpersprache und Tonalität sollten beachtet werden, um z.B. Angst, Zweifel oder Unverständnis zu erkennen und entsprechend darauf zu reagieren.
Digitalisierung
Die Nachfrage von Patienten/-innen nach digitalen Tools in der Medizin wächst kontinuierlich. Außerdem verstärkt derzeit der Gesetzgeber die Digitalisierung der modernen Arztpraxis durch die künftig für Arztpraxen verpflichtende Nutzung der Telematikinfrastruktur (TI). Diese ermöglichen z.B. Anwendungen wie das E-Rezept oder die E-Patientenakte. Auch die digitale Anamnese und Aufklärung steht derzeit hoch im Kurs, ist jedoch (noch) nicht gängige Praxis.
Die beliebtesten digitalen Tools in der modernen Arztpraxis sind derzeit in absteigender Reihenfolge:
- 24-Stunden-Online-Terminbuchung
- E-Rezept
- Elektronische Patientenakte
- Telemonitoring
- Online-Videosprechstunde
- Diagnose-Apps
Durch die Verwendung dieser und weiterer digitaler Tools in der modernen Arztpraxis können vielfältige Vorteile entstehen, z.B. Prozessoptimierung und Entlastung des Praxispersonals durch eine Zunahme von Terminbuchungen von Patienten/-innen. Dies ist ein besonders wichtiger Schritt in die Richtung einer effektiv funktionierenden und prozessoptimierten modernen Arztpraxis, denn wenn die Zeit für Terminbuchungen für MFAs und MTAs entfällt, kann in dieser Zeit Wichtigeres erledigt werden.
Internetauftritt
Die meisten Patienten/-innen informieren sich heute vor einer Terminvereinbarung im Internet über ihre zukünftigen Ärzte/-innen. Eine moderne Arztpraxis bietet ihren Patienten/-innen im Internet daher eine informative, aussagekräftige, übersichtliche, userfreundliche und ansprechend designte Webseite. Dort können Ärzte/-innen individuelle Schwerpunkte nach ihren eigenen Präferenzen setzen und sich so präsentieren, wie sie wahrgenommen werden möchten. Dabei sollte man außerdem darauf achten, dass die Website mobiltauglich optimiert ist, denn viele Patienten/-innen greifen heutzutage über mobile Endgeräte wie Handys und iPads auf Websites zu.
Diese Informationen sollten Patienten/-innen auf der Praxis-Internetseite unbedingt finden können:
- aktuelle Informationen, z.B. gegenwärtige Regelungen zur Corona-Pandemie (Erfordernis Covid-19-Test, FFP2-Maske, Begleitpersonen möglich etc.), Impfangebote oder aktuelle gesundheitspolitische Neuerungen, die Patienten/-innen direkt betreffen
- medizinische Leistungen, das angebotene Behandlungsspektrum und fachliche Schwerpunkte der Arztpraxis
- Selbstzahler-Leistungen wie z.B. Individuelle Gesundheitsleistungen (kurz IGeL): Ultraschall-, spezielle Labor-, Früherkennungsuntersuchungen etc.
- medizinische Ausstattung mit Fotos, Videos und erläuternden Texten vermitteln Patienten/-innen ein Bild von den medizinischen Geräten und der Labortechnik, die in der Arztpraxis zum Einsatz kommen
- Übersicht, welche Diagnosemöglichkeiten und therapeutischen Behandlungen die Praxis anbietet
- Ärzte/-innen-Team ggf. mit Foto und fachlichen Qualifikationen, denn viele Patienten/-innen möchten sich vorab einen Eindruck verschaffen, mit wem sie es in der Praxis zu tun haben werden
- dasselbe gilt aus denselben Gründen für das Praxisteam aller MFA und MTA mit Fotos, Qualifikationen und Zuständigkeiten
- mit einem digitalen Praxisrundgang per Fotos oder Videos können sich Patienten/-innen einen ersten optischen Eindruck von der Ausstattung der Arztpraxis machen
- mehrsprachige Website, wenn z.B. Ärzte/-innen und/oder MFA bzw. MTA Fremdsprachen sprechen oder selbst einen Migrationshintergrund haben; dies kann ggf. ein echter Wettbewerbsvorteil sein
- genauer Standort der Arztpraxis mit Anfahrtswegen (z.B. für Auto, öffentliche Verkehrsmittel wie Zug, Bus, U-Bahn etc.) und Parkplätzen vor Ort sowie behindertengerechte Zugänge etc.
- Sprechzeiten und Kontaktdaten mit E-Mail und Telefonnummer, die prominent platziert auf den ersten Blick zu finden sind
Ausstattung
Die Ausstattung einer modernen Arztpraxis sollte v.a. sauber und professionell sein und ein stimmiges Gesamtbild ergeben. Besonders wichtig bei der Einrichtung ist, dass die Möbel farblich und vom Stil her zueinander passen. Modernität ist dabei nicht so wichtig wie Praktikabilität und Sauberkeit; auch 80er-Jahre-Stühle können z.B. mit neuen Bezügen oder einem Farbanstrich sehr gut aussehen.
Viel Wert sollte bei der Einrichtung auf akkurate Sauberkeit gelegt werden. Das bedeutet, dass z.B. die Empfangstheke immer aufgeräumt und frei von Unreinheiten sein muss. Liegengelassene Papiertaschentücher von Patienten/-innen oder gar unverpackte Blutproben gehören nicht in Patientensichtweite. Auch private Gegenstände der MFAs bzw. MTAs wie z.B. Handys haben dort nichts zu suchen, denn sie wirken unprofessionell und desinteressiert; für Familienfotos oder kleine Reiseandenken gilt das jedoch nicht. Außerdem sollte alles abwaschbar und gut zu desinfizieren sein.
Darüber hinaus ist jede Arztpraxis dazu verpflichtet, einen Hygieneplan zu erstellen, der zwingend folgende Aspekte beinhaltet:
- Händehygiene
- Haut- und Schleimhautantiseptik
- Flächenreinigung und -desinfektion
- Reinigung und Desinfektion von medizinischen Geräten
- Umgang mit Medikamenten
- persönliche Schutzmaßnahmen
- Aufbereitung von Medizinprodukten
- Abfallentsorgung
Bei aller Konzentration auf Sauberkeit sollte die moderne Arztpraxis aber trotzdem nicht zu steril rüberkommen. Dekorationen wie Pflanzen, Gemälde und Skulpturen können dem kühlen „Schlachthof-Charme“ von weißen Wänden entgegenwirken und der Arztpraxis eine persönliche Note verleihen. Poppige Wand- und Möbelfarben kommen vor allem in Kinderarztpraxen gut an, da Kinder sensibler auf Weiß-auf-Weiß-an-noch-mehr-Weiß reagieren als Erwachsene. Aber auch Erwachsene mögen dezenten Einsatz von Farbtönen und auflockernden Einrichtungsakzenten.
Die Beleuchtung in der modernen Arztpraxis sollte weder zu grell noch zu gedimmt sein und eine bestimmte Lux-Zahl (= Einheit für die Beleuchtungsstärke) einhalten: An der Empfangstheke genügen 300 Lux, das Arbeiten an Bildschirmarbeitsplätzen und im Sprechzimmer erfordert hingegen mindestens 500 Lux und direkt über Behandlungsflächen (z.B. Liegen, Laborbereiche etc.) sollten sogar ca. 1.000 Lux herrschen.
Moderne Arztpraxis: Checkliste für Patienten/-innen
Patienten/-innen erkundigen sich im Internet nicht nur nach den Ärzten/-innen in ihrer Umgebung, sondern auch danach, woran man gute und moderne Arztpraxen erkennen kann. Viele gehen nämlich nicht nur danach, ob die Arztpraxis um die Ecke liegt und gut ausgestattet ist, sondern möchten vor allem auch medizinisch gut versorgt sein. Daher gibt es viele Ratschläge und Checklisten im Internet, die Patienten/-innen bei der Auswahl einer für sie geeigneten Arztpraxis helfen sollen.
Die folgende Checkliste ist eine Zusammenstellung diverser Tipps aus dem Internet, die Patienten/-innen dabei helfen soll, eine für sie passende Arztpraxis auszuwählen, in der Sie sich fachlich gut aufgehoben und medizinisch gut betreut fühlen.
- gute Erreichbarkeit mit Auto (inklusive Parkmöglichkeiten), öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß
- freundliche und respektvolle Behandlung von Praxispersonal und Ärzten/-innen; wird häufig über Bewertungsportale abgefragt
- kompetentes Praxispersonal und Ärzte/-innen mit medizinischem Fachwissen auf aktuellem Fachstand, sprich: Fortbildungsveranstaltungen und Qualitätsprogramme werden besucht
- Digitalisierung ist auf dem aktuellen Stand, Termine können online gebucht und Rezepte online nachbestellt werden
- Datenschutzrichtlinien werden eingehalten, Privatsphäre wird beachtet; man steht z.B. am Empfang nicht in Hörweite des Wartezimmers
- verständliche und neutrale medizinische Aufklärung, Information und Beratung
- Ärzte/-innen akzeptieren, dass im Zweifelsfall eine zweite Meinung eingeholt wird, und kooperieren mit anderen Fachärzten/-innen z.B. nach Krankenhausaufenthalten oder bei Facharztbesuchen
Fazit
Die moderne Arztpraxis von heute …
- bietet Patienten/-innen ein hohes Maß an Service.
- bietet Patienten/-innen aktuelle Behandlungsmethoden und Verfahren.
- beherrscht freundliche und kompetente Patientenkommunikation.
- beschäftigt motiviertes und freundliches Personal.
- verfügt über zeitgemäße Innenausstattung (z.B. Möbel, Dekoration, Beleuchtung etc.).
- verfügt über zeitgemäße Medizingeräte (z.B. Ultraschall, Langzeit-EKG-Geräte etc.).
- ist gut organisiert und hat alle Prozesse und Abläufe im Griff.
- setzt auf ständige Weiterbildung und Digitalisierung.
- verfügt über digitale Tools wie z.B. Online-Terminbuchung, -Rezept-Bestellung etc.
- hat einen ansprechenden Internetauftritt und geeignete Marketingmaßnahmen.
- verfügt über ein zeitgemäßes Hygienekonzept.