
Längst ist die Digitalisierung in der Medizin angekommen. eHealth ist ein modisches Schlagwort, das für eine Vielzahl elektronischer Anwendungen im Bereich Gesundheitsversorgung und medizinische Behandlung steht. Sie reichen von Krankenhaus- und Krankenkasseninformationssystemen über bildgebende Therapie- und Diagnoseverfahren bis hin zu computerunterstützten Operationen oder wissensbasierten Systemen. Um Entwicklung, Betreuung und Betrieb solcher Anwendungen kümmern sich Medizininformatiker/innen. Wir präsentieren hier das Berufsbild.
Inhaltsverzeichnis
Ausbildung Medizininformatiker – Voraussetzungen, Inhalt und Dauer
Medizininformatik benötigt umfassendes und anspruchsvolles Wissen, das üblicherweise in einem Studium erworben wird. Seit 1972 gibt es in Deutschland ein Studienangebot für Medizinische Informatik. Die Uni Heidelberg war – in Zusammenarbeit mit der Heilbronner Hochschule – die erste deutsche Universität, die einen entsprechenden Diplom-Studiengang einrichtete. Etliche weitere Hochschulen und Fachhochschulen folgten diesem Beispiel. Heute schließt man das Medizininformatik-Studium nicht mehr mit dem Diplom, sondern als Bachelor oder Master ab. Es ist auch möglich, sich mit einem allgemeinen Informatik-Studium für eine spätere Tätigkeit als Medizininformatiker zu qualifizieren – insbesondere dann, wenn im Studium Medizininformatik als Schwerpunkt gewählt wird.
Rund zwei Dutzend deutsche Hochschulen – ganz überwiegend in staatlicher Trägerschaft – bieten ein Medizininformatik-Studium an. Es gibt berufsbegleitende (duale) Studiengänge und Studiengänge in Vollzeit. Auch ein Fernstudium – in der Regel berufsbegleitend – ist möglich. Beispielhaft soll hier das Studium “Medizinische Informatik” an der Uni Heidelberg vorgestellt werden. Es steht stellvertretend für ähnlich aufgebaute Studiengänge an anderen Hochschulen.
Das Bachelor-Studium in Heidelberg ist auf sechs Semester angelegt und besteht aus insgesamt 21 Modulen. Die Lehrinhalte umfassen Informatik, Medizin, Medizinische Informatik, Software Engineering, Mathematik und Betriebswirtschaftslehre. Im sechsten Semester erfolgt eine Vertiefung durch ein Wahlpflichtmodul, das aus drei Modulangeboten ausgewählt werden kann. Zusätzlich ist eine Bachelor-Arbeit zu erstellen, die selbständig ein Thema der Medizinischen Informatik bearbeitet und dabei aktuelle Verfahren und Methoden anwendet. Der Abschluss erfolgt als Bachelor of Science. Darauf aufbauend ist ein viersemestriges Master-Studium möglich. Es umfasst sieben Pflicht- sowie vier Wahlpflichtmodule, von denen im dritten Semester zwei auszuwählen sind. Das vierte Semester ist der Masterarbeit vorbehalten. Das Studium schließt mit dem Master of Science ab.
Für ein Medizininformatik-Studium an einer Universität wird die allgemeine Hochschulreife (Abitur) oder eine fachgebundene Hochschulreife benötigt. Bei FH-Studiengängen genügt die Fachhochschulreife.
Medizininformatiker Ausbildung Gehalt
Die Ausbildung zum medizinischen Informatiker wird nicht vergütet. Das Studium muss aus eigener Kraft finanziert werden. Kosten entstehen vor allem für Lebenshaltung, Unterkunft bzw. Fahrten von und zum Studienort, Lehrmittel und (in der Regel überschaubare) Studiengebühren. Wer das Studium neben dem Beruf absolviert, verfügt meist über eine ausreichende finanzielle Basis. Bei Vollzeit-Studenten ist das häufig anders. Hier kann öffentliche Förderung bei der Studienfinanzierung unterstützen:
- BAföG: die Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz richtet sich an Studenten aus einkommensschwächeren Familien. Bei Erfüllung der Voraussetzungen erfolgt die Förderung als Mix aus Zuschüssen und Darlehen.
- KfW-Studienkredit: bietet zinsgünstige Darlehen für Studenten (Höchstalter 44 Jahre) mit monatlicher Auszahlung bis zu 650 Euro;
- KfW-Bildungskredit: ist ein besonders niedrig verzinstes Darlehen zur Finanzierung der Schlussphase eines Studiums oder eines Aufbaustudiums (Master). Hier liegt das Höchstalter bei 35 Jahren. Es sind monatliche Auszahlungen von 100, 200 oder 300 Euro möglich.
Eine weitere Möglichkeit der Studienfinanzierung sind Stipendien – in der Regel nicht rückzahlbare Zuschüsse. Sie werden von zahlreichen Einrichtungen angeboten. Voraussetzung ist eine erfolgreiche Bewerbung und Identifizierung mit den Zielen des jeweiligen Stipendienstifters.
Der Beruf Medizininformatiker – Aufgaben und Tätigkeiten
Medizininformatikern eröffnet sich ein vielfältiges Tätigkeitsspektrum mit einer großen Bandbreite an Arbeitgebern. Stellen bieten:
- IT-Dienstleister, insbesondere Software-Anbieter und Firmen im Bereich Datenbank-Services;
- Einrichtungen des Gesundheitswesens (Krankenhäuser, medizinische Versorgungseinrichtungen, Krankenkassen, Gesundheitsbehörden usw.);
- Pharmaunternehmen und Hersteller medizinischer Geräte;
- Unternehmensberatungen, Firmen mit medizinischem FuE-Schwerpunkt.
Mit einer guten Qualifikation und berufspraktischer Erfahrung bieten sich auch Chancen für berufliche Selbständigkeit.
Medizininformatik bildet eine wichtige Schnittstelle zwischen Medizin und Informationstechnologie. Im digitalen Zeitalter werden Prozesse im Gesundheitswesen und in der Medizin immer stärker durch elektronische Anwendungen unterstützt. Sie reichen von der Kommunikation der verschiedenen Institutionen des Gesundheitswesens über den Schutz sensibler medizinischer Daten bis zur Simulation von operativen Eingriffen oder zu bildgebenden Verfahren bei Diagnosen.
Auch für Künstliche Intelligenz finden sich interessante Einsatzfelder. Medizinische Anwendungs- und Dokumentationssysteme stehen im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Medizininformatikers. Dabei geht es vor allem um Entwicklung, Ausbau, Vernetzung und Pflege von Systemen und Anwendungen. Die Tätigkeit muss sich aber nicht darauf beschränken. Auch im Marketing oder im Vertrieb von Medizininformatik-Lösungen finden sich Aufgaben. Höhere Qualifikationen (Master, ggf. Promotion) bieten Aussicht auf Übernahme von Führungsfunktionen in Unternehmen.
Medizininformatiker Gehalt
Mit einem Medizininformatik-Studium ist man beruflich gut aufgestellt. Es bieten sich vielfältige Einstiegsmöglichkeiten in einem sicheren Job mit Perspektiven und einem guten Verdienst. IT-Fachleute sind allgemein begehrt. In einem Spezialgebiet wie der Medizininformatik, wo noch viel zu tun ist, gilt dies allemal. Die Nachfrage nach entsprechend qualifizierten Fachkräften ist größer als das Angebot – für Berufsstarter eine komfortable Situation. Wer mit einem exzellenten Abschluss punkten kann, hat fast die Qual der Wahl.
Der enge Markt spiegelt sich auch in den Gehältern wider. Vor allem bei längerer Berufspraxis und bei Tätigkeit in der freien Wirtschaft in verantwortlicher Position ist ein deutlich überdurchschnittlicher Verdienst möglich. Stellen finden sich vor allem in größeren Städten und Ballungsräumen, wo die meisten Arbeitgeber ansässig sind.
Die Einstiegsgehälter liegen in einer Größenordnung von 36.000 bis 46.000 Euro pro Jahr. Der akademische Grad, bereits vorhandene Berufspraxis, aber auch der Arbeitgeber spielen beim Verdienst eine Rolle. Bei Behörden oder sozialen Trägern kommen in der Regel die jeweils relevanten Tarifverträge (TVöD, BAT, kirchliche Tarifverträge) zur Anwendung. In Unternehmen – gerade in etablierten – wird oft mehr und auch “außerhalb Tarif” bezahlt. Die genannten Einstiegsgehälter sind nur Orientierungswerte. Ein Jahresgehalt von 70.000 Euro und mehr ist für einen medizinischen Informatiker durchaus keine Utopie. Als Leiter von anspruchsvollen IT-Projekten oder Führungskraft im Management bestehen auch Verdienstchancen, die darüber hinaus reichen.
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