Die Arbeit in Kliniken und Praxen ist insbesondere bei hohen Temperaturen herausfordernd. Während des Sommers kann es schwieriger sein, die Bedürfnisse der Patienten/-innen zu erfüllen, da die Hitze sowohl für Pflegekräfte als auch für Patienten/-innen ein Gesundheitsrisiko darstellt. Daher sollten Pflegekräfte sowie Praxismitarbeitende wissen, welche Rechte und Pflichten sie unter sommerlich-heißen Bedingungen am Arbeitsplatz haben.
Dazu gibt es hier sowohl rechtliche Informationen aus arbeitsrechtlicher Sicht für Arbeitnehmer/innen im Gesundheitswesen als auch Tipps, was man als Arbeitnehmer/in bei Hitze im Arbeitsalltag in der Praxis oder Klinik tun kann.
Rechte von Arbeitnehmenden im Gesundheitswesen aus arbeitsrechtlicher Sicht
Aus arbeitsrechtlicher Sicht haben deutsche Arbeitnehmer/innen in allen beruflichen Branchen bestimmte Rechte, um ihre Gesundheit und Sicherheit bei extremen Hitzebedingungen am Arbeitsplatz zu schützen. Die genauen Bestimmungen können jedoch je nach Bundesand, Branche und Arbeitsvertrag variieren.
Im Gesundheitswesen gelten ähnliche arbeitsrechtliche Grundsätze wie in anderen Branchen hinsichtlich des Schutzes der Arbeitnehmer/innen vor Hitzebelastung. Allerdings können aufgrund der besonderen Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen spezifische Bestimmungen gelten. Das heißt, dass die spezifischen Rechte von Arbeitnehmern/-innen im Gesundheitswesen bei Hitzebelastung je nach Einrichtung und individuellem Arbeitsvertrag variieren können. Arbeitnehmer/innen sollten daher unbedingt ihre spezifischen arbeitsrechtlichen Bestimmungen und spezifischen Arbeitsbedingungen konsultieren, um individuelle Informationen zu erhalten.
Im Allgemeinen gelten jedoch die nachfolgenden Rechte für Arbeitnehmer/innen im Gesundheitswesen ungeachtet des Bundeslands, Einrichtung und individuellem Arbeitsvertrag.
Arbeitsschutzgesetze
Die allgemeinen Arbeitsschutzgesetze gelten auch für das Gesundheitswesen. Arbeitgeber/innen haben die Pflicht, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer/innen in Kliniken, Krankenhäusern und Praxen zu gewährleisten, einschließlich Schutz vor Hitzebelastung. Das juristische Problem liegt hier in dem Adjektiv „angemessen“. Das kann von Arbeitsgericht zu Arbeitsgericht und Einzelfall zu Einzelfall nämlich sehr unterschiedlich ausgelegt werden.
Gehören dazu z.B. Jalousien vor großen Fensterflächen, Klimaanlagen, Ventilatoren etc.? Je nach Einrichtung kann das unverhältnismäßig teuer und daher nicht angemessen sein. Wenn z.B. eine kleine Landarztpraxis plötzlich eine Klimaanlage installieren müsste, könnte das finanziell eine zu große Belastung darstellen. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht zwangsläufig, dass große Klinik-Ketten automatisch für flächendeckende Jalousien und Klimaanlagen tief in die Tasche greifen müssen.
Raumtemperatur
Es gibt oft branchenabhängig festgelegte Grenzwerte für die Raumtemperatur am Arbeitsplatz, die nicht überschritten werden dürfen. Im Gesundheitswesen, insbesondere in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, kann es jedoch schwierig sein, die Raumtemperatur aufgrund spezifischer Anforderungen wie z.B. der Sterilität oder der Unterbringung von Patienten/-innen dauerhaft zu senken. In solchen Fällen sollten alternative Maßnahmen ergriffen werden, um die Hitzebelastung für die Mitarbeiter/innen im Gesundheitswesen zu minimieren.
Die konkreten Temperaturgrenzen für Klinikräume können je nach Bundesland, Gesetzgebung und Art der medizinischen Einrichtung variieren. Daher sollten unbedingt immer die geltenden Gesetze, Richtlinien und Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes sowie die individuellen Anforderungen der medizinischen Einrichtung konsultiert werden, um die genauen Temperaturgrenzen für Klinikräume zu erfahren.
Es gibt jedoch einige allgemeine Richtlinien und Empfehlungen, die in den meisten Bundesländern und einrichtungsübergreifend angewendet werden.
- Allgemeine Raumtemperatur: In vielen Bundesländern wird empfohlen, dass die Raumtemperatur in Klinikräumen zwischen 20°C und 24°C liegen sollte. Diese Temperaturspanne wird als angenehm und geeignet für den Komfort von Patienten/-innen und Mitarbeitern/-innen angesehen.
- Operationsräume: In Operationsräumen ist es wichtig, eine präzise Kontrolle der Temperatur zu gewährleisten, um optimale Bedingungen für chirurgische Eingriffe und die Sterilität zu gewährleisten. Die empfohlene Temperatur liegt in der Regel zwischen 18°C und 22°C.
- Intensivstationen: In Intensivstationen ist eine genaue Temperaturkontrolle entscheidend, um die Bedürfnisse der Patienten/-innen, insbesondere solcher mit schweren Erkrankungen oder nach chirurgischen Eingriffen, zu erfüllen. Die empfohlene Temperatur liegt normalerweise zwischen 22°C und 26°C.
- Lagerräume für Medikamente und Labore: Für Lagerräume von Medikamenten und Labore gelten häufig spezifische Temperaturanforderungen, um die Stabilität und Wirksamkeit von Arzneimitteln oder biologischen Proben zu gewährleisten. Diese Anforderungen können je nach Art der Substanzen variieren und sollten entsprechend den geltenden Vorschriften und Richtlinien eingehalten werden.
Pausen und Ruhezeiten
Arbeitnehmer/innen im Gesundheitswesen haben schon unter „normalen Bedingungen“ das Recht auf Pausen und Ruhezeiten. Bei extremen Hitzebedingungen können zusätzliche Pausen oder längere Ruhezeiten gewährt werden, um den Arbeitnehmern/-innen die Möglichkeit zu geben, sich ausreichend zu erholen und zu hydratisieren. Auch hier gibt es jedoch keine einheitlichen juristischen Regelungen, die für alle Kliniken, Krankenhäuser und Praxen gelten. Es ist daher immer gut, die hausinternen Regelungen für Pausen und Ruhezeiten bei besonderer Hitzebelastung zu erfragen.
Schutzkleidung und -ausrüstung
Je nach Aufgabenbereich und Tätigkeit können im Gesundheitswesen spezifische Schutzkleidung und -ausrüstung erforderlich sein, um die Arbeitnehmer/innen vor Hitze zu schützen. Dies kann beispielsweise das Tragen von atmungsaktiver Kleidung oder speziellen leichten Schutzmasken umfassen. Auch hier gelten die individuellen Regelungen der entsprechenden medizinischen Einrichtung.
Im Allgemeinen gilt jedoch folgendes:
- Atmungsaktive Kleidung: In Bereichen, in denen Mitarbeiter/innen Schutzausrüstung tragen müssen, sollte darauf geachtet werden, dass die Kleidung atmungsaktiv ist, um die Luftzirkulation zu ermöglichen und die Wärmeableitung zu erleichtern. Dies kann z.B. bei der Verwendung von Schutzanzügen oder bestimmten Arten von Kitteln relevant sein.
- Klimatisierte Bereiche: In einigen Krankenhäusern können klimatisierte Bereiche vorgesehen werden, in denen Mitarbeiter/innen bei Hitze arbeiten können. Dies kann insbesondere für Räume wie Operationssäle, Intensivstationen oder Labore relevant sein, in denen bestimmte Temperaturen und Luftfeuchtigkeit aufrechterhalten werden müssen.
- Persönliche Schutzausrüstung (PSA): Bei der Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung, wie Masken, Handschuhen oder Schutzbrillen, ist es wichtig, dass die Ausrüstung angemessen belüftet ist, um Hitzestress zu vermeiden. Atemschutzmasken sollten so ausgewählt werden, dass sie sowohl den erforderlichen Schutz bieten als auch eine ausreichende Atmungsaktivität gewährleisten.
- Hydratation: Mitarbeiter/innen sollten Zugang zu ausreichend Trinkwasser haben, um sich bei Hitze angemessen hydratisieren zu können. Arbeitgeber/innen sollten daher sicherstellen, dass Trinkwasser leicht zugänglich ist und regelmäßige Trinkpausen ermöglicht werden.
Schulungen und Informationen
Nicht zuletzt sollten Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen ihre Mitarbeiter/innen über die potenziellen Auswirkungen von Hitzebelastung und die entsprechenden Schutzmaßnahmen informieren. Dies umfasst auch Schulungen zur Erkennung von Hitzesymptomen und zur ordnungsgemäßen Reaktion in Notfällen sowie Schulungen zur ordnungsgemäßen Verwendung von Schutzausrüstung und zur Vorbeugung von hitzebedingten Gesundheitsproblemen.
Können Arbeitnehmende ihre/n Arbeitgebende/n verklagen?
Im Allgemeinen können Arbeitnehmer/innen im Gesundheitswesen ihre/n Arbeitgeber/in verklagen, wenn diese/r sie im Sommer nicht ausreichend vor Hitze schützt, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Die genauen rechtlichen Möglichkeiten können jedoch je nach Bundesland, Arbeitsvertrag, Arbeitsgesetzgebung und individuellen Umständen sehr unterschiedlich sein. Es ist daher wichtig zu beachten, dass die genauen rechtlichen Möglichkeiten von verschiedenen individuellen Faktoren abhängen, einschließlich des geltenden Arbeitsrechts und der besonderen Umstände im Einzelfall.
Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen sind in der Regel dazu verpflichtet, angemessene Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer/innen zu ergreifen, einschließlich Schutz vor Hitzebelastung. Diese sind in entsprechenden Arbeitsgesetzen und Vorschriften sowie meist auch arbeitsvertraglich geregelt. Wenn der/die Arbeitgeber/in diese Verpflichtung verletzt, können daher generell arbeitsrechtliche Verstöße geltend gemacht werden.
In diesem Fall haben medizinische Fachkräfte folgende Möglichkeiten:
- Nachweis von Schäden: Um eine Klage gegen den/die Arbeitgeber/in im Gesundheitswesen einzureichen, muss der/die Arbeitnehmer/in nachweisen können, dass er/sie aufgrund unzureichender Hitzevorsorge am Arbeitsplatz tatsächliche Schäden erlitten hat. Dies können z.B. gesundheitliche Probleme, Verletzungen oder andere nachweisbare negative Auswirkungen sein. Diese sollten schriftlich oder ggf. fotografisch dokumentiert und im Idealfall zusätzlich durch Zeugenaussagen oder ärztliche Atteste abgedeckt sein.
- Interne Beschwerdeverfahren: Es ist ratsam, zunächst interne Beschwerdeverfahren beim/bei der Arbeitgeber/in im Gesundheitswesen einzuleiten, um das Problem direkt anzusprechen und eine gemeinsame Lösung zu finden. Dies kann z.B. in Form von Beschwerden beim/bei der Vorgesetzten, der Personalabteilung oder einem Arbeitssicherheitsausschuss erfolgen, falls vorhanden.
- Rechtliche Beratung: Um die spezifischen rechtlichen Möglichkeiten und Anforderungen zu verstehen, ist es ratsam, sich an eine/n Rechtsanwalt/-anwältin oder eine Arbeitsrechtsberatungsstelle zu wenden. Diese können den individuellen Fall bewerten, relevante Gesetze und Vorschriften prüfen und speziellen rechtlichen Rat geben.
Gesundheitsrisiken durch erhöhte Temperaturen
Erhöhte Temperaturen können zu einem erhöhten Gesundheitsrisiko führen, da der menschliche Körper versucht, die Körpertemperatur auf einem konstanten Niveau zu halten. Wenn die Umgebungstemperatur zu hoch ist, kann der Körper die Wärme nicht mehr effektiv abgeben, was zu einer Überhitzung führen kann. Zusätzlich können hohe Temperaturen die Luftqualität beeinträchtigen, was wiederum zu Problemen der Atemwege und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann.
Gesundheitliche Risiken durch erhöhte Temperaturen, auf die Pflegekräfte bei sich, Kollegen/-innen und Patienten/-innen gleichermaßen achten sollten, sind:
- Dehydration: Bei heißen Temperaturen schwitzt man mehr und kann dadurch leichter dehydrieren. Eine unzureichende Flüssigkeitszufuhr kann zu Schwindelgefühlen, Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Übelkeit und Bewusstlosigkeit führen.
- Hitzekrämpfe: Eine Überhitzung des Körpers kann zu Hitzekrämpfen führen, die durch Muskelkrämpfe in den Beinen, Armen oder Bauchmuskeln gekennzeichnet sind.
- Hitzschlag: Ein Hitzschlag tritt auf, wenn der Körper nicht in der Lage ist, sich ausreichend abzukühlen. Dies kann zu Symptomen wie hohem Fieber, Verwirrtheit, Übelkeit und Bewusstlosigkeit führen und im schlimmsten Fall lebensbedrohlich sein.
- Sonnenbrand: Bei längerer Sonneneinstrahlung ohne ausreichenden Schutz kann es zu Sonnenbrand kommen. Dies kann zu Hautirritationen, Schmerzen, Blasenbildung und Hautkrebs führen.
- Atemprobleme: Bei hohen Temperaturen kann die Luftqualität durch Smog oder Ozonverschmutzung beeinträchtigt werden, was zu Atemproblemen und erhöhtem Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann.
- Erschöpfung: Die Arbeit in einer heißen Umgebung kann zu Erschöpfung führen, was die kognitive und körperliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen und die Fähigkeit zur sicheren Durchführung von Aufgaben beeinträchtigen kann.
- Kreislaufprobleme: Hohe Temperaturen können zu Kreislaufproblemen führen, insbesondere bei älteren oder gesundheitlich beeinträchtigten Menschen. Personen mit einem hohen Risiko für Kreislaufprobleme wie z.B. Menschen mit Bluthochdruck oder Herzproblemen sind besonders gefährdet.
6 Tipps für den Umgang mit Hitze im medizinischen Berufsalltag
Hohe Temperaturen im Sommer kann in v.a. Gesundheitsberufen ein erhebliches Gesundheitsrisiko für die Arbeitnehmer/innen darstellen. Meist arbeiten sie schon während normaler Temperaturen unter hohem Zeitdruck und kommen daher nur selten dazu, z.B. Pausen zu nehmen oder ausreichend zu trinken.
Hier sind einige hilfreiche Tipps für Mitarbeiter/innen in Gesundheitsberufen, die im Interesse des Eigenschutzes eingehalten werden sollten.
- Kleidung: Medizinisches Fachpersonal sollte locker sitzende, atmungsaktive Kleidung tragen, die Schweiß aufnehmen und verdunsten lässt. Unbedingt sollte man synthetische Stoffe und dunkle Farben vermeiden, die Wärme speichern und den Körper aufheizen können.
- Hydratation: Arbeitnehmer/innen im Gesundheitswesen sollten ausreichend Wasser trinken, um hydratisiert zu bleiben. Dabei sollte man koffeinhaltige Getränke wie Kaffee, Energy-Drinks und schwarzen Tee vermeiden, da sie dehydrierend wirken können.
- Klimatisierung: Wenn möglich sollte medizinisches Fachpersonal in klimatisierten Räumen arbeiten oder für eine ausreichende Belüftung mit Ventilatoren sorgen.
- Ernährung: Arbeitnehmer/innen im Gesundheitswesen sollten leichte, gut verdauliche Mahlzeiten essen und schwere, fettige oder würzige Lebensmittel vermeiden. Kleinere Mahlzeiten über den Tag verteilt halten außerdem den Stoffwechsel stabil.
- Pausen: Für medizinisches Fachpersonal sind v.a. bei Hitzebelastung regelmäßig Pausen notwendig, um sich auszuruhen und abzukühlen. Wenn möglich, sollte man sich im Wechsel mit einem/-r Kollegen/-in eine kurze Pause in einem kühlen, schattigen Bereich gönnen.
- Schlaf: Besonders im sommerlichen Nachtdienst kommt Schlaf oft zu kurz, da man während der heißesten Tageszeit schläft, um nachts fit zu sein. Arbeitnehmer/innen im Gesundheitswesen sollten daher z.B. auf kühlende Kissen oder Decken zurückgreifen, um den Schlafkomfort zu verbessern, oder Ventilatoren benutzen.