Der Beruf des/-r Arztes/Ärztin gilt als eine der anspruchsvollsten und herausforderndsten Tätigkeiten im Gesundheitswesen. Die Ausbildung zum/-r Arzt/Ärztin erfordert viele Jahre harter Arbeit und Hingabe. Doch trotz des hohen Aufwands kommt es immer wieder vor, dass neue Ärzte/-innen ihre Stellen frühzeitig kündigen. Dieses Phänomen ist sowohl für die Ärzte/-innen selbst als auch für die Gesundheitseinrichtungen, in denen sie tätig sind, von großer Bedeutung. Um die Gründe hinter diesem Trend zu verstehen und mögliche Lösungen zu finden, ist es wichtig, die verschiedenen Faktoren zu analysieren, die dazu führen, dass neue Ärzte/-innen häufig kündigen.
Dieser Beitrag untersucht die Herausforderungen und Belastungen, mit denen neue Ärzte/-innen konfrontiert sind, und die zu ihrer Entscheidung führen, ihre Stellen aufzugeben.
Studie: Warum gehen neue Mitarbeiter/innen so schnell wieder?
Die Onboarding-Reloaded-Studie 2022 von Softgarden, dem Hersteller einer Bewerbermangement-Software, befasst sich mit einer Studie zum Thema Mitarbeiterkündigungen und Onboarding. Die Studie untersucht die Gründe, warum Mitarbeiter/innen ihre Arbeitsplätze verlassen, und wie das Onboarding-Verfahren dazu beitragen kann, die Mitarbeiterbindung zu verbessern. Laut der Studie ist das Onboarding, also der Einführungsprozess neuer Mitarbeiter/innen, ein entscheidender Faktor für die langfristige Bindung von Mitarbeitern/-innen an ein Unternehmen.
Die Studie identifiziert mehrere Hauptgründe, warum Mitarbeiter/innen kündigen. Einer der wichtigsten Gründe ist das Fehlen einer klaren beruflichen Perspektive und bestimmter Entwicklungsmöglichkeiten. Wenn Mitarbeiter/innen das Gefühl haben, dass es keine Aufstiegsmöglichkeiten oder Weiterbildungsmöglichkeiten für sie gibt, sind sie eher dazu geneigt, das Unternehmen vorzeitig wieder zu verlassen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Verhältnis zu den Vorgesetzten und Kollegen/-innen. Wenn die Beziehung zu ihnen gestört ist oder es Kommunikationsprobleme gibt, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Kündigung.
Des Weiteren spielt das Onboarding eine große Rolle bei der Mitarbeiterbindung. Ein strukturiertes und gut geplantes Onboarding-Programm kann dazu beitragen, dass sich neue Mitarbeiter/innen schneller eingewöhnen, ihre Rolle verstehen und sich mit dem Unternehmen identifizieren. Wenn das Onboarding jedoch schlecht organisiert ist oder es an Unterstützung und Informationen mangelt, steigt die Wahrscheinlichkeit einer vorzeitigen Kündigung.
Die Studie zeigt auch, dass Unternehmen, die sich um ihre Mitarbeiter/innen aktiv kümmern und deren individuelle Bedürfnisse und Erwartungen berücksichtigen, eine höhere Mitarbeiterbindung erreichen. Dazu gehört beispielsweise die Schaffung einer positiven Arbeitsumgebung, die Anerkennung der Leistung der Mitarbeiter/innen und die Förderung einer ausgewogenen Work-Life-Balance.
Doch was bedeutet das für das Gesundheitswesen?
Ärzten/-innen ein gutes Onboarding im Gesundheitswesen bieten
Um junge Ärzte/-innen zu halten und von vorzeitigen Kündigungen abzuhalten, sollten Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen ihren Onboarding-Prozess im Auge behalten. Ein gutes Onboarding im Gesundheitswesen zeichnet sich durch spezifische Merkmale und Maßnahmen aus, die auf die besonderen Anforderungen und Bedürfnisse dieses Arbeitsbereichs zugeschnitten sind. Es ist wichtig, dass die genauen Details und Schwerpunkte des Onboarding-Prozesses im Gesundheitswesen von der Art der Einrichtung und der Position des/-r Mitarbeiters/-in abhängen können. Eine individuelle Anpassung an die Bedürfnisse der Mitarbeiter/innen und der Organisation ist daher entscheidend.
Nachfolgend sind 7 wichtige Aspekte, die ein gutes Onboarding im Gesundheitswesen ausmachen und damit junge Ärzte/-innen langfristig binden.
Strukturierter Einführungsplan
Ein strukturierter Einführungsplan ist entscheidend, um neuen Ärzten/-innen den Einstieg zu erleichtern. Dieser Plan sollte Informationen über das Krankenhaus oder die Klinik, die Station, die Teammitglieder und die Arbeitsabläufe enthalten. Er sollte auch klare Ziele und Erwartungen definieren.
Mentoring-Programm
Ein Mentoring-Programm kann neuen Ärzten/-innen dabei helfen, sich schneller einzuleben und in ihre Rollen zu finden. Durch die Zuweisung eines/-r erfahrenen Mentors/-in können sie Unterstützung und Orientierung erhalten, Fragen stellen und sich an die Arbeitsumgebung und die Abläufe im Gesundheitswesen gewöhnen.
Schulung und Weiterbildung
Um neuen Ärzten/-innen eine solide Grundlage zu bieten, sollten klinik-interne Schulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten bereitgestellt werden. Dies kann sowohl spezifisches Fachwissen als auch Kenntnisse über die Krankenhausrichtlinien, die Patientenbetreuung, den Umgang mit medizinischen Geräten und anderen relevanten Themen umfassen.
Einführung in Compliance und ethische Standards
Im Gesundheitswesen sind Compliance und ethische Standards von großer Bedeutung. Ein gutes Onboarding sollte die neuen Ärzte/-innen über diese Standards informieren, einschließlich Datenschutzbestimmungen, Patientenrechte, Berufsethik und anderen relevanten Vorschriften.
Teamintegration und Zusammenarbeit
Das Onboarding sollte auch Maßnahmen zur Förderung der Teamintegration und Zusammenarbeit umfassen. Neue Ärzte/-innen sollten Gelegenheit haben, ihre Kollegen/-innen kennenzulernen, an Teammeetings und Schulungen teilzunehmen und sich in die Arbeitsabläufe einzufügen.
Feedback und Evaluierung
Regelmäßiges Feedback und Evaluierung sind wichtige Bestandteile eines guten Onboarding-Prozesses. Es ermöglicht den neuen Ärzten/-innen, ihre Leistung zu reflektieren, Fragen zu stellen und Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren.
Unterstützung durch Führungskräfte
Führungskräfte wie z.B. Chefärzte/-innen, Stationsleiter/innen oder Stationsärzte/-innen spielen eine wichtige Rolle im Onboarding-Prozess. Sie sollten den neuen Ärzten/-innen Unterstützung anbieten, klare Erwartungen kommunizieren und ein offenes Kommunikationsklima schaffen.
Ärzten/-innen berufliche Perspektive bieten
Arbeitgeber/innen im Gesundheitssystem können junge Ärzte/-innen halten, indem sie ihnen eine gute Perspektive im Job bieten. Dies erreichen sie am besten, indem sie verschiedene Maßnahmen ergreifen, um ihre berufliche Entwicklung und Zufriedenheit zu fördern. Dabei ist es wichtig, die individuellen Bedürfnisse und Ziele der jungen Ärzte/-innen zu berücksichtigen und einen unterstützenden und entwicklungsfreundlichen Arbeitsplatz zu schaffen.
Nachfolgend werden 5 Möglichkeiten geschildert, wie Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen dies erreichen können.
Karriereentwicklungsmöglichkeiten
Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen können klare Karrierepfade und Entwicklungsmöglichkeiten für junge Ärzte/-innen aufzeigen. Dies kann Aufstiegschancen, Weiterbildungsprogramme, Forschungsmöglichkeiten oder die Möglichkeit zur Spezialisierung umfassen. Es ist wichtig, klare Ziele und Erwartungen zu kommunizieren und den Ärzten/-innen Perspektiven für ihre berufliche Weiterentwicklung zu bieten.
Fort- und Weiterbildung
Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen können junge Ärzte/-innen bei Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen unterstützen, um ihre medizinischen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern. Dies kann die Teilnahme an Konferenzen, Schulungen, Workshops oder auch die Finanzierung von Weiterbildungsprogrammen umfassen. Die Bereitstellung von Möglichkeiten zur fachlichen Weiterentwicklung zeigt den jungen Ärzten/-innen, dass der/die Arbeitgeber/in in ihre Kompetenzen und den Erfolg investiert.
Work-Life-Balance
Eine gute Work-Life-Balance ist für junge Ärzte/-innen von großer Bedeutung, um langfristig motiviert und zufrieden zu bleiben. Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen können flexible Arbeitszeiten, Unterstützung bei der Kinderbetreuung oder die Förderung von Ausgleichsaktivitäten fördern. Die Förderung eines gesunden Gleichgewichts zwischen Beruf und Privatleben kann die Bindung der jungen Ärzte/-innen an den/die Arbeitgeber/in enorm stärken.
Unterstützung bei der Forschung und Publikationen
Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen können junge Ärzte/-innen dabei unterstützen, Forschungsprojekte durchzuführen und Publikationen zu verfassen. Dies kann die berufliche Entwicklung fördern, das wissenschaftliche Profil der Ärzte/-innen stärken und ihnen Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit renommierten Experten/-innen bieten.
Positive Arbeitsumgebung und Teamkultur
Eine positive Arbeitsumgebung und eine unterstützende Teamkultur sind entscheidend, um junge Ärzte/-innen langfristig zu binden. Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen können ein offenes Kommunikationsklima, Teammeetings, Team-Events und Möglichkeiten zur interdisziplinären Zusammenarbeit fördern. Die Schaffung einer Kultur des Respekts, der Zusammenarbeit und des Engagements kann die Zufriedenheit und Motivation der jungen Ärzte/-innen enorm steigern.
Ärzten/-innen ein gutes Verhältnis zu Vorgesetzten und Kollegen/-innen ermöglichen
Um junge Ärzte/-innen zu halten, sollten Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen ihnen ein möglichst gutes Verhältnis zu den Vorgesetzten und Kollegen/-innen ermöglichen. Ein solches Verhältnis erfordert jedoch viel Zeit und Engagement und lässt sich nicht „mal eben so nebenher“ einrichten. Die investierte Zeit und der Aufwand, den dies erfordert, lohnen sich aber: Die Schaffung einer unterstützenden und respektvollen Arbeitsumgebung erhöht nicht nur die Mitarbeiter/innen-Retention (also die Bindung von Mitarbeitern/-innen an die Klinik), sondern sorgt auch für eine angenehme Arbeitsatmosphäre. Diese wiederum wirkt sich positiv auf Krankheitszeiten und Problemgespräche aus.
Ein gutes Verhältnis zwischen jungen Ärzten/-innen und älteren Kollegen/-innen und Vorgesetzten kann durch die nachfolgenden 5 Maßnahmen gefördert werden.
Offene Kommunikation
Eine offene und respektvolle Kommunikation ist der Schlüssel, um Missverständnisse zu vermeiden und ein positives Arbeitsklima zu schaffen. Sowohl junge Ärzte/-innen als auch ältere Kollegen/-innen sollten dazu ermutigt werden, ihre Gedanken, Ideen und Anliegen frei zu äußern. Regelmäßige Teammeetings oder Feedback-Sitzungen können als Plattform dienen, um den Austausch und die Zusammenarbeit zu fördern.
Gemeinsame Fortbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten
Das Angebot gemeinsamer Fortbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten für junge Ärzte/-innen und ältere Kollegen/-innen schafft eine gemeinsame Lernumgebung und fördert den Austausch von Wissen und Erfahrungen. Dies kann in Form von Konferenzen, Workshops oder internen Schulungen stattfinden und dazu beitragen, das Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen den Generationen zu stärken.
Gegenseitiger Respekt und Wertschätzung
Es ist wichtig, dass sowohl junge Ärzte/-innen als auch ältere Kollegen/-innen den Beitrag und das Fachwissen des/-r jeweils anderen respektieren und wertschätzen. Jede/r hat einzigartige Perspektiven und Erfahrungen, die zum Teamerfolg beitragen können. Durch die Anerkennung und Wertschätzung der unterschiedlichen Beiträge können junge Ärzte/-innen und ältere Kollegen/-innen eine positive und kooperative Arbeitsbeziehung aufbauen.
Teamaktivitäten und informelle Zusammenkünfte
Die Organisation von Teamaktivitäten oder informellen Zusammenkünften außerhalb des Arbeitsumfelds kann dazu beitragen, dass junge Ärzte/-innen und ältere Kollegen/-innen sich besser kennenlernen und eine persönlichere Verbindung aufbauen. Dies schafft eine freundliche und unterstützende Atmosphäre.
Gelegenheiten zur Zusammenarbeit und Interaktion
Das Schaffen von Gelegenheiten zur Zusammenarbeit und Interaktion zwischen jungen Ärzten/-innen und älteren Kollegen/-innen fördert den gegenseitigen Austausch und das Lernen voneinander. Dies kann durch gemeinsame Projekte, Fallbesprechungen oder auch die Teilnahme an interdisziplinären Teams erreicht werden.