Als Ehepartner/in in der Arztpraxis zu arbeiten, stellt Ärzte/-innen und ...

Gewusst wie – darum geht es im Umgang mit Patiententypen im Praxis- und Klinikalltag. Wer schon lange mit Patienten zu tun hat, dem ist kaum noch etwas Menschliches fremd. Die Bandbreite an Charakteren ist nicht weniger groß als im “normalen” Leben. Häufig beeinflussen Erkrankung und Ängste das Patientenverhalten nachhaltig. Die Anspannung ist groß und das persönliche Befinden eher bescheiden. Das wirkt sich im Umgang aus. Erfahrene Praxis- und Klinikkräfte wissen darauf einzugehen.
Warum guter Patientenumgang und gute Kommunikation wichtig sind
Patientenkommunikation hat einen medizinischen Zweck: sie ist unerlässlich für die Diagnose, die Feststellung der Befindlichkeit und des Behandlungsfortschritts. Ein gutes Arzt-Patienten-Gespräch ist entscheidend für den Erfolg einer Behandlung. Auch für das Personal in Arztpraxen und Kliniken ist richtiger Umgang mit Patienten ein wichtiger Teil der Arbeit. Medizinische Behandlung und Versorgung bedeuten immer Dienst am Menschen und dazu gehört eine gute Kommunikation.
Medizinisches Know How und Erfahrung sind zwar unverzichtbar, genügen aber alleine nicht – es ist soziale Kompetenz gefordert. Patienten wollen nicht nur mit den berühmten “Zahlen, Daten, Fakten” konfrontiert werden. Sie erwarten auch Empathie und glaubhaft positive Perspektiven bezüglich ihrer Heilung oder der Linderung ihrer Beschwerden. Viele Patienten machen es Gesprächspartnern nicht leicht. Umso wichtiger ist zu wissen, wie man mit bestimmten Verhaltensweisen und Einstellungen am besten umgeht.
Was sind Patiententypen?
Jeder Patient ist eine individuelle Persönlichkeit mit unverwechselbaren Eigenschaften und Charakteristika. Trotz dieser Individualität sind Typisierungen möglich. Eine Typisierung ist in der Soziologie eine auf Personen oder Handlungen bezogene reduzierende Konstruktion bzw. Verallgemeinerung. Zweck ist die bessere Beschreibung und Einordnung einer komplexen und unübersichtlichen Vielfalt. Jede Typisierung geht zwangsläufig mit Informationsverlusten einher.
Das gilt auch für Patiententypen. Es handelt sich um Vereinfachungen, indem man Patienten nach bestimmten, immer wieder beobachteten “typischen” Verhaltensmustern einordnet. Das ist notwendige Voraussetzung dafür, um überhaupt über den Einzelfall hinausgehende Empfehlungen für gute Patientenkommunikation geben zu können. Darum geht es nachfolgend. In diesem Sinne lassen sich folgende Patiententypen unterscheiden:
Patiententyp 1: Der Ängstliche
Ängstliche Patienten sind häufig anzutreffen. Angst ist in einer Situation, in der die persönliche Gesundheit in Frage steht, eine natürliche Reaktion. Hinzu kommt vielfach ein Gefühl des Ausgeliefertseins und der Unsicherheit. Im Krankenhaus ist man aus dem gewohnten Lebensrhythmus herausgerissen, Behandlungen können schwer eingeschätzt werden, eine Operation bedeutet stets Eingreifen in die körperliche Unversehrtheit und ist damit per se angstfördernd.
Der ängstliche Patient fürchtet Diagnosen oder Behandlungen. Er möchte lieber nicht zu viel über sein Leiden erfahren, wirkt unruhig, gestresst und unter hoher Anspannung stehend. Darunter leidet nicht selten die Aufmerksamkeit. Ängstliche Patienten nehmen wichtige Informationen oft nicht vollständig oder richtig auf. Das wirkt sich nachteilig auf die Umsetzung von ärztlichen Verordnungen aus. Bei diesem Patiententyp bedarf es einer besonders einfühlsamen und behutsamen Ansprache, die versucht bestehende Bedenken auszuräumen und Sorgen zu nehmen. Ausführliche und verständliche Erklärungen ohne medizinische Fachtermini helfen, ebenso eindeutigen Festlegungen und Abmachungen – am besten dokumentiert und damit gut nachträglich nachvollziehbar.
Patiententyp 2: Der Argwöhnische
Beim argwöhnischen Patienten ist der Umgang besonders schwierig. Er begegnet Ärzten und medizinischem Personal grundsätzlich mit Misstrauen. Gegebene Auskünfte und Informationen werden in Frage gestellt, zumindest hinterfragt. Der Argwöhnische hat sich im Vorfeld bereits ausführlich selbst informiert. Danach bewertet er die ihm gegebenen Auskünfte und Erklärungen – im Zweifel eher negativ. Leider sind die genutzten Info-Quellen nicht immer fundiert – das “Wissen” stammt oft aus dem Internet oder von medizinischen Laien.
Argwöhnische Patienten bezweifeln häufig die Kompetenz ihres Gegenübers und begegnen diesem zunächst mit großer Skepsis. Auch als Nichtmediziner wollen sie “Herren des Verfahrens” bleiben und mitentscheiden. Diese Hürden können nur überwunden werden, wenn es gelingt, Zweifel auszuräumen und den Patienten mit in die Entscheidung über seine Behandlung einzubeziehen. Eine gute Gesprächsvorbereitung, ausführliche Auskünfte und Erklärungen sowie der explizite Hinweis auf das Mitspracherecht bei Behandlungen tragen dazu bei, Argwohn ab- und Vertrauen aufzubauen.
Patiententyp 3: Der Ausschweifende
Der ausschweifende Patient hat Probleme, “auf den Punkt” zu kommen bzw. dabei zu bleiben. Er berichtet ausführlich über seine Beschwerden – oft mit Hang zur theatralischen Übertreibung – und schweift bei seiner Schilderung gerne ab. Der Gesprächspartner erfährt so ungefragt die ganze Krankengeschichte oder irrelevante Ereignisse aus der Vita des Patienten. Solche Gespräche sind nicht nur zeitraubend, sondern auch wenig zielführend. Dem Patienten ist sein Ausschweifen oft gar nicht bewusst, das ist seine Form der Kommunikation.
Die Herausforderung besteht hier darin, “den Patienten einzufangen” und immer wieder auf den Pfad des eigentlichen Themas zurückzubringen – und zwar so, dass er sich nicht brüskiert fühlt. Das erfordert diplomatisches Geschick und zugleich eine gute Portion Bestimmtheit. Es gilt, die richtige Balance in der Gesprächsführung zu finden. Wertschätzende und anerkennende Äußerungen helfen, eine positive Grundstimmung aufzubauen und erlauben es, manchmal den Redefluss entschlossen zu unterbrechen. Gut sind stets möglichst konkrete Fragen, die wenig Spielraum zum Ausweichen und Abschweifen lassen.
Patiententyp 4: Der Unzufriedene
Unzufriedenheit ist ein typisches Zeichen für innere Unausgeglichenheit und bei Patienten überdurchschnittlich häufig anzutreffen. Wenig überraschend, denn Beschwerden bringen die Psyche von Kranken leicht aus dem Gleichgewicht. Unzufriedene Patienten haben an allem etwas auszusetzen. Sie beobachten ihre Symptome sehr genau und nehmen sie als besonders belastend wahr. Richtet sich die Aufmerksamkeit gerade nicht darauf, wird die Behandlung oder die medizinische Versorgung kritisiert. Nichts ist richtig, alles wird falsch gemacht.
Für Ärzte und medizinisches Personal sind unzufriedene Patienten anstrengend. Es ist oft nicht einfach, die Contenance zu wahren, noch schwerer fällt es, mit dem richtigen Gegenmittel zu antworten: Charme und zuvorkommender Freundlichkeit. Das wirkt in Konfliktsituationen oft “entwaffnend” und entspannt die Atmosphäre nachhaltig. Auf jeden Fall sollte man verbale Auseinandersetzungen vermeiden, besser ist es, dem Patienten emotional entgegenzukommen. Deeskalation statt Eskalation ist angesagt. Letzteres schürt nur die Unzufriedenheit – auf beiden Seiten. Der Unzufriedene will in seiner Befindlichkeit verstanden und akzeptiert werden. Das sollte man sich stets bewusst machen.
Patiententyp 5: Der Penetrante
Es gibt Patienten, die besonders aufdringlich sind. Das zeigt sich zum Beispiel in der Nichtbeachtung eines angemessenen Körperabstands, in unerwünschten Berührungen oder im Übertreten von Schamgrenzen im Gespräch. Der penetrante Patient überschreitet Grenzen – im körperlichen Verhalten und verbal. In vielen Fällen ist eine solche Aufdringlichkeit selbst Teil der Erkrankung. Gerade bei vielen psychischen Krankheiten ist die Fähigkeit zur natürlichen Distanzwahrung und angemessenem Ausdruck eingeschränkt.
Wenn ein Patient zu aufdringlich wird, sollte man daher zunächst stets versuchen, das Verhalten einzuordnen – gehört es zu einer Erkrankung oder ist es unabhängig davon zu sehen? Ist letzteres der Fall, sollte man höflich aber bestimmt zu verstehen geben, dass zu viel Nähe unerwünscht und ein ausreichender Abstand einzuhalten ist. Es kommt dabei auf die Situation und den Patienten an, wie man das in geeigneter Weise ausdrückt – klar und deutlich oder eher subtil und diskret. Manchmal sagen Zeichen und Körpersignale mehr als Worte. Einem psychisch kranken Patienten “ohne Distanz” sollte man nicht ablehnend gegenübertreten, es muss aber nicht jede Grenzüberschreitung akzeptiert werden.
Fazit
Gute Patientenkommunikation fällt dem einen leichter, dem anderen schwerer. Nicht jedem ist es gegeben, in jeder Situation die besten und richtigen Ant(worte)n zu finden. Umso wichtiger ist es, Gesprächsführung und Umgang mit Patienten zu üben. Das gibt Sicherheit und trägt zum Gelingen bei.
1. Orathai Mayoeh/shutterstock.com