Immer wieder wird Ärzten von Patienten der Vorwurf gemacht, sie hätten sie über die Konsequenzen eines Eingriffes nicht ausreichend aufgeklärt. Wegen angeblich mangelnder Aufklärung kommt es zu vermehrten Arzthaftungsprozessen. Juristisch gesehen stellt nämlich jeder Eingriff eine Verletzung dar, wenn der Patient nicht eingewilligt hat. Eine ärztliche Behandlung ohne vorherige Aufklärung ist strafbar, ohne Einwilligung des Patienten darf keine Maßnahme durchgeführt werden. Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen. Welche das sind, wie die Rechtsgrundlage aussieht und was Ärzte beachten sollten, wird im folgenden Artikel beschrieben.
Rechtsgrundlage
Die Aufklärung und die darauffolgende Einwilligung des Patienten ist rechtlich sehr genau geregelt. Die Einwilligung ist die Voraussetzung dafür, dass der Eingriff keine Körperverletzung – im Sinne einer Straftat – darstellt. Eine Aufklärung ist demnach eine Voraussetzung für die Einwilligung. Es kann nur dann in eine Behandlung eingewilligt werden, wenn der Patient die Hintergründe kennt. Dazu ist jeder Arzt verpflichtet. Es gibt aber Ausnahmen, besonders im Bereich der Notfallmedizin, aber auch bei Kindern und Jugendlichen oder bei Menschen, die aus speziellen Gründen nicht einwilligungsfähig sind, wie beispielsweise bei Bewusstlosigkeit des Patienten, aus der ein gesundheitlicher Schaden drohen könnte. Eine andere Ausnahme besteht, wenn der Patient ausdrücklich nicht aufgeklärt werden möchte und darauf verzichtet.
Die ärztliche Aufklärung dient nicht nur dem Patienten. Eine schriftliche Aufklärung ist auch deshalb unbedingt für Ärzte zu empfehlen, da man im Nachhinein nachweisen kann, dass der Patient ausreichend aufgeklärt wurde. Sollte es nämlich zu Komplikationen oder gar zum Gerichtsprozess kommen und es liegen keine schriftlichen Dokumente vor, dann haftet der Arzt – selbst, wenn der Eingriff fehlerfrei durchgeführt wurde. In solchen Fällen besteht die Nachweispflicht, dass der Patient auch dann in den Eingriff eingewilligt hätte, wenn er aufgeklärt worden wäre. Selbst bei einer fehlerfreien Behandlung kann ein Schmerzensgeld verlangt werden, wenn ein Aufklärungsfehler beklagt wird. Daher ist die Aufklärung ein großer Spannungsbereich, der von vielen Ärzte als sehr ungerecht empfunden wird.
Behandlungsvertrag oder Einwilligung?
Ein Behandlungsvertrag und die Einwilligung sind rechtlich unterschiedliche Dinge. Der Vertrag regelt die Rechte und Pflichten zwischen Arzt und Patient. Der Arzt muss nach dem Stand der Medizin behandeln und der Patient hat die Behandlung zu bezahlen. Die Einwilligung in eine Behandlung ist zusätzlich vom Arzt einzuholen und unabhängig vom Behandlungsvertrag. Vor jeder Maßnahme ist der Patient darüber aufzuklären – die Maßnahme darf erst beginnen, wenn der Patient eingewilligt hat.
Ab wann muss aufgeklärt und die Einwilligung eingeholt werden?
Eine Aufklärung und Einwilligung ist bei jedem Schritt erforderlich und beginnt schon bei der Diagnose – vor der diagnostischen Maßnahme erfolgt die Aufklärung des Patienten und das Einholen der Einwilligung. Das muss vor jedem CT oder MRT geschehen. Bei der Behandlung geht es dann weiter – auch hier muss darüber aufgeklärt werden, welche Vor- und Nachteile diese mit sich bringt, ob es alternative Methoden oder Risiken gibt. Selbst nach der Durchführung der Behandlung ist eine nachfolgende Aufklärung der Behandlung erforderlich, die den Patienten darauf vorbereitet, wie er sich in Zukunft zu verhalten hat, um den Erfolg der Behandlung zu sichern.
Der Aufklärungszeitpunkt muss so gewählt werden, dass der Patient eine ausreichende Überlegungsfrist hat. Sollten Behandlungen also nicht dringend sein, kann nicht am selben Tag aufgeklärt und operiert werden. Sind die Maßnahmen aber sehr dringlich und besteht Gefahr, dann kann es so weit gehen, dass beispielsweise ein bewusstloser Patient gar nicht aufgeklärt wird. Bei einer kosmetischen Operation, die nicht dringlich oder medizinisch erforderlich ist, muss die Aufklärung mindestens 14 Tage vor dem Eingriff erfolgen.
Kann der Patient die Einwilligung widerrufen?
Ja, der Patient kann die Einwilligung jederzeit widerrufen. Der Widerruf der Einwilligung muss nicht schriftlich erfolgen, eine mündliche Einwilligung reicht vollkommen aus. Der Arzt muss aber darauf bestehen, dass der Abbruch dann schriftlich notiert wird. Patienten haben natürlich auch das Recht, eine Therapie jederzeit abzubrechen.
Natürlich ist dies während einer Operation nicht möglich. Kommt es während einer Operation zu Veränderungen des Eingriffs und ergibt sich die Notwendigkeit eines weiteren Eingriffs, darf dieser durchgeführt werden.
Ablauf und Rahmen eines Aufklärungsgesprächs
Die Aufklärung muss im niedergelassenen Bereich vom behandelnden Arzt persönlich durchgeführt werden. Da in Krankenhäusern die Verträge nicht mit dem konkreten Arzt, sondern dem Krankenhaus bestehen, ist es dort möglich, dass ein Arzt aufklärt und ein anderer operiert. Das muss dann aber offengelegt werden.
Die Aufklärung sollte immer schriftlich dokumentiert sein. Es genügt nicht, den Aufklärungsbogen einfach nur vom Patienten unterschreiben zu lassen, es sollten zusätzliche Notizen und Eintragungen gemacht werden. So ist im Nachhinein klar, dass tatsächlich über die einzelnen Punkte gesprochen wurde.
Die Aufklärung über eine Behandlung ist nicht nur eine rechtliche Pflicht, sondern auch ein wichtiger Moment des Kontaktes mit dem Patienten. Denn genau dann beginnt man, dem Patienten eine ärztliche Maßnahme nahezubringen und verständlich zu machen. Man beginnt den gemeinsamen Weg in eine Therapie oder Untersuchung. Somit ist es auch eine Chance, das Vertrauen des Patienten zu gewinnen und auf dessen Sorgen und Fragen einzugehen. Das Setting spielt dabei keine unwichtige Rolle. Für ein Aufklärungsgespräch, besonders für ein ausführliches, sollte eine angemessene Umgebung vorherrschen – ein ruhiger Raum oder am Bett im Krankenzimmer des Patienten. Dabei sollte auch auf die Privatsphäre geachtet werden, sofern das möglich ist.
In der Regel gilt der Behandlungsvertrag zwischen dem Arzt und dem Patienten und somit findet das Aufklärungsgespräch zu zweit statt. Jedoch kann es sein, dass der Patient es wünscht, beispielsweise bei besonders schweren Eingriffen, dass noch eine weitere Person mit im Raum anwesend ist (z.B. Ehepartner). Das sollte respektiert und vom Arzt möglich gemacht werden, da es für den Patienten eine wichtige Angelegenheit ist, eine Entscheidung zu treffen, bei der viele medizinische Details besprochen werden.
Wortwahl ist entscheidend
Natürlich ist es eine rechtliche Pflicht, den Patienten über Risiken und den Behandlungsablauf aufzuklären, doch sollte statt „Ich muss Sie nun über folgende Dinge aufklären“ eher zu „Ich darf oder ich möchte Sie nun noch informieren“ oder „Ich möchte Ihnen erklären, warum wir diesen Eingriff für notwendig halten.“ Diese Wortwahl gibt die Haltung wieder und vermittelt dem Patienten schon in dem Gespräch ein ganz anderes Gefühl. Es empfiehlt sich auch, zu Beginn einen kurzen Überblick über die Punkte zu geben, die angesprochen werden. Patienten gehen häufig mit einer bestimmten Frage, Angst oder auch Erwartung in ein solches Gespräch. Wenn sie also wissen, dass genau das Thema später im Verlauf noch besprochen wird, sind sie bei den anderen Aspekten noch aufmerksamer. Auch die Möglichkeit für Zwischenfragen sollte gegeben werden.
Eingriff verständlich erklären
Die Beschreibung des Eingriffs ist ein ganz wesentlicher Teil der Aufklärung. Im Rahmen der Aufklärung muss sichergestellt werden, dass der Patient auch tatsächlich versteht, worum es geht. Der Patient muss nach einem mündlichen Gespräch die volle Tragweite der Maßnahme verstehen. Sollte das nicht der Fall sein, dann gilt die Einwilligung als nicht vollständig durchgeführt. Im Fall eines Schaden des Patienten hat dieser dann auch die Möglichkeit, den Schaden einzufordern. Es ist wichtig, in Laiensprache zu bleiben, sodass der Patient folgen kann. Ausnahme ist, wenn der Eingriff beim Patienten schon mehrmals durchgeführt wurde und er Vorwissen mitbringt.
Risiken und Komplikationen ausführlich beschreiben
Risiken und Komplikation sind häufig ein Hauptfokuspunkt für Rückfragen und stellen einen wichtigen Teil der Aufklärung dar. Hier müssen auf jeden Fall alle, im Aufklärungsbogen erwähnten Risiken, erwähnt werden. Es stellt sich die Frage, wie tief man auf die einzelnen Komplikationen eingehen sollte – am ausführlichsten sollte man die Risiken erwähnen, die am häufigsten und am schwerwiegendsten für den Patienten sind oder sein könnten.
Außerdem: Die Tatsache, dass aus rein medizinischer Sicht, eine Maßnahme angezeigt ist, ist noch lange keine Verpflichtung für den Patienten, diese Behandlung auch zuzulassen. Viele Indikationsstellungen sind Empfehlungen, dennoch liegt die Entscheidung in den meisten Fällen immer bei dem Patienten, ob die Maßnahme durchgeführt werden soll.