Patient-Arzt, Arzt-Patient: Mit Empathie zur erfolgreichen Verständigung
Arzt Patienten Kommunikation – das Arztgespräch – Arbeitsalltag und das natürlichste der Welt, dennoch stellt es beide Parteien immer wieder vor große Probleme. Ein Wörterbuch ausgeben wäre vielleicht manchmal die Lösung: „Patient – Arzt, Arzt – Patient“. Aber geht das nicht auch so? Das geht es – denn wer mit seinen Patienten kommunizieren kann, der hat viel gewonnen. Das Vertrauen, größere Chancen auf Behandlungstreue und damit bessere Chancen auf das erfolgreiche Abschließen einer Therapie zum Beispiel. Damit das gelingt, braucht es den richtigen Mix aus Professionalität, Nähe und Vertrauen und vor allem Menschlichkeit.
Empathische Nähe und professionelle Distanz für die Vertrauensbasis
Patienten sind unglaublich vielfältig, als Arzt weiß man da nie, wen man grade vor sich sitzen hat. Besonders die Anamnese ist aber sehr oft davon abhängig, was der Patient von sich preisgibt. Welche Beschwerden hat er, wo genau und wie äußert sich das, gibt es Faktoren, die das womöglich verstärken? Erst dann kann der Arzt seine Arbeit tun und darüber nachdenken, was der Patient womöglich hat und wie es zu behandeln ist. Besonders bei den nicht offensichtlichen Symptomen ist es deshalb wichtig, dass der Patient alles möglichst genau äußert – das wird er vor allem dann tun, wenn er dem Arzt vertraut. Tut er das nicht, treten hingegen möglicherweise unschöne Nebeneffekte auf, wie eine Falsch-Diagnose oder Wechselwirkungen mit Medikamenten, die nicht in der „Nehmen Sie Medikamente“- Spalte aufgeführt waren? Wie genau ist ein solches Vertrauen zu erreichen?
Das geht vor allem durch die richtige Mischung aus empathischer Nähe und professioneller Distanz. Der Patient muss sich aufgehoben fühlen. Das geht besonders dadurch, dass der Arzt fachliche Kompetenz aufweist. Das heißt nicht, dass er mit Fachbegriffe um sich werfen sollte. Vielmehr geht es darum, die Symptome in den richtigen Zusammenhang einordnen zu können und dem Patienten zu erklären, was gerade in seinem Körper schief läuft und wie es wieder auf den richtigen Weg zu bringen ist. Das beweist Kompetenz und Fachwissen. Empathische Nähe hingegen bedeutet, dass der Arzt sich in den Patienten einfühlen kann und versteht, dass es ihm nicht gut geht. Nur wenn der Arzt dem Patienten das Gefühl gibt, ihn ernst zu nehmen, kann das entstehen.
All das wird sowohl mit Körpersprache als auch mit Worten vermittelt. Ein offener, interessierter Arzt, der aktiv zuhört, den Patienten offen anschaut und ihn ausreden lässt, hat also größere Chancen am Ende des Gesprächs zu verstehen, was bei dem Patienten vor sich geht und natürlich sein Vertrauen zu erwerben.
Arzt Patienten Kommunikation – Verständnis und Informationssicherung
Studien zeigen, dass Patienten besonders bei der Erstaufnahme vorschnell unterbrochen werden. Dadurch gehen dem Arzt womöglich wichtige Informationen verloren. Deswegen besser: Erst zuhören, dann nachfragen. Dadurch wird auch eine Einschätzung des Patienten deutlich, der häufig auch mitteilt, was er denkt was er hat und dadurch viel von sich preisgibt. Daraus lässt sich erschließen ob er eher zurückhaltend ist und vielleicht unangenehme Symptome verschweigen würde oder ob es sich eher um den Typ Hypochonder handelt, der bei mehrmaligen Kopfschmerzen bereits an einen Hirntumor denkt. Beide bedürfen einen unterschiedlichen Umgang, weshalb es sich um wertvolle Informationen handelt.
Geht es um ein emotionales Thema – und Krankheiten wirken sich sehr oft auf die Emotionen des Patienten aus – ist die Anwendung des NURSE-Modells eine Möglichkeit:
Naming: Emotionen benennen
Understanding: Wenn möglich Verständnis für die Emotionen ausdrücken
Respecting: Respekt oder Anerkennung für den Patienten artikulieren
Supporting: Dem Patienten Unterstützung anbieten
Exploring: Weitere Aspekte zur Emotion herausfinden
Dadurch fühlt sich der Patient geschätzt und gut aufgehoben – ein weiterer Pluspunkt für die Vertrauensbasis. Je nachdem, welche Rolle die Emotionen in der Krankheitsgeschichte einnehmen, sollten diese auch damit in Verbindung gebracht werden. Mit der WWSZ-Technik kann dann zusätzlich gesichert werden, dass die aufgenommenen Informationen sich mit der Wahrnehmung des Patienten decken. Durch
Warten
Wiederholen
Spiegeln
Zusammenfassen
Kann der Arzt seine Version dann zurück geben und dadurch feststellen, ob ihm etwas wichtiges entgangen ist oder auch deutlich machen, das bestimmte Dinge als wichtig erachtet werden. Die Ärztekammer Nordrhein nimmt in ihrem Leitfaden zur Kommunikation ein Beispiel mit auf, das dieses Vorgehen sehr leicht verständlich macht:
A.: «Und jetzt machen Sie sich auch Sorgen, dass es bei Ihnen etwas Schlimmes sein könnte …?» [Spiegeln auf Emotion; Benennen der Emotion]
P.: «Ja, es kommt noch dazu, dass meine Mutter in einem ähnlichen Alter wie ich, so ungefähr Mitte 50, im Urlaub auf Mallorca aus heiterem Himmel eine Herzattacke hatte; da sind die dann ganz schnell mit einem Ambulanzflugzeug wieder nach Hause gekommen, und die Ärzte haben gesagt, dass sie nochmal richtig Glück hatte.»
A.: «Na, da kann ich gut verstehen, dass Sie sich Sorgen machen.» [Verständnis zeigen für Emotionen]
Hier wird sowohl Vertrauen verstärkt als auch gesichert, dass alle Informationen übereinstimmen – eine gute Basis zur weiteren Behandlung.
Empfehlungen und das Einbeziehen der Angehörigen
Ist die Anamnese geglückt, der Patient gut aufgehoben ist das bereits eine gute Grundlage, um die weitere Behandlung anzusprechen. Dass dies geschieht, ist zentral im Patientengespräch, denn schließlich möchte er wissen, wie es weiter geht. Gibt es mehrere Möglichkeiten, ist es wichtig, diese neutral, aber möglichst ehrlich dazulegen. Studien haben ergeben, dass Patienten in ihrer Behandlungsentscheidung stark beeinflussbar sind und bereits eine leichte Änderung des Wortlauts zu einer anderen Entscheidung führt. Je nachdem, wie sich der Patient verhält, kann es auch helfen, einen Angehörigen mit in die Entscheidung einzubeziehen.
Wenn es sich dabei beispielsweise um einen Ehe- oder Lebenspartner handelt kann so direkt das Thema auf eine weitere Vorsorge gelenkt werden, die Patienten im Laufe ihres Lebens treffen sollten. Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind wichtige Dokumente, die im Zweifelsfall vor langen Wegen der Bürokratie verschonen und die Handlungsfähigkeit der Angehörigen in einem Notfall aufrechterhalten, wie es auch im Patientenrechtegesetz festgeschrieben ist. Dafür eignen sich vor allem Situationen, in denen es nicht um zu sensible Themen geht, aber dennoch mehrere Personen anwesend sind. Das erleichtert das Gespräch und auch den Umgang damit untereinander – schließlich beschäftigen sich die wenigsten Menschen gerne mit solch unangenehmen Themen.
Wenn ein Arzt als Vertrauens- und Kompetenzperson das anspricht, ist es wahrscheinlicher, dass es bei Zeiten geregelt wird.
Das Internet als Partner und Gegner: Der kritische Patient
Dr. Google ist aus dem Patientengespräch nicht mehr wegzudenken – Fehleinschätzungen und unzureichende Informationen offen anzusprechen, hilft fürs nächste Mal. Dennoch können auch Hinweise auf gute Seiten helfen und dem Patienten Stoff zum Nachlesen bieten.
Etwas, mit dem Ärzte heute rechnen müssen, ist das Internet. Viele Patienten googeln ihre Symptome im Vorfeld und haben bereits ein recht festes Bild davon im Kopf, was sie womöglich haben könnten und wie es zu behandeln wäre. Das ist Vorteil und Nachteil zugleich – denn wenn zu Hause in Ruhe alles eingegeben wird und dem Internet vielleicht auch Sachen angetraut werden, die dem Arzt gegenüber nicht genannt werden, kann es eine Hilfe sein, wenn der Patient seinen Verdacht äußert und auf Nachfrage Symptome dazu kommen, die vorher nicht genannt wurden. Ist es hingegen so, dass der Patient zum Arzt wird und besser wissen will, wie er zu behandeln ist und prinzipiell nur für die Verschreibung der Medikamente in die Praxis kommt, ist es eher schwierig.
Das im Gespräch anzusprechen und etwas in Richtung „Oft ist das Internet keine große Hilfe“ oder „Hier finden Sie gute Informationen“ kann fürs nächste Mal bessere Bedingungen schaffen. Auf der anderen Seite sollte ein Arzt aber genau so offen für die Kritik seiner Patienten sein und offen damit umgehen. So können Risse in der Vertrauensbasis verhindert werden und die Gesprächskompetenz wächst.
Kritische Themen mit Bekannten üben
Geht es um die Ausbildung der Gesprächskompetenz bei schwierigen Themen – der Überbringung schlechter Nachrichten beispielsweise – macht es Sinn, diese Gespräche im Vorfeld mit Kommilitonen, Kollegen oder Bekannten zu üben. Sehr sensible Momente sind in ihrem Verlauf sehr abhängig vom Einfühlungsvermögen des Arztes, dem Tonfall, der Wortwahl. Hier einen groben Plan zu haben und nicht ins Stottern zu geraten, ist viel wert, auch wenn die echte Situation natürlich anders aussehen wird, als die gespielte.
Mit der Zeit wächst dann auch das Selbstvertrauen und das Wissen, wie das Patientengespräch zu steuern ist, auch wenn der Anfang als Assistenzarzt schwierig ist – dennoch: Immer daran zu denken, dass ein Mensch am anderen Ende sitzt, der auf das Wissen des Arztes vertraut und seine Gesundheit in dessen Hände legt. Das macht sensibel und jedes Mal aufs Neue bereit für die Herausforderung.
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