Eine positive Unternehmenskultur kann für Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen ein ...

In Deutschland besteht Krankenversicherungspflicht. Dennoch leben rund 143.000 Menschen ohne einen entsprechenden Versicherungsschutz. Das geht aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervor. Damit hat sich die Zahl der Betroffenen seit 2015 fast verdoppelt. Die SPD und Die Linke fordern, einen Finanzierungsfonds für Personen ohne Krankenversicherung einzuführen.
Zahl der Personen ohne Krankenversicherung hat sich seit 2015 fast verdoppelt
Seit 2009 besteht in Deutschland allgemeine Krankenversicherungspflicht. Das bedeutet, jeder, der in Deutschland lebt, muss bei einer gesetzlichen Krankenkasse oder einer privaten Krankenversicherung versichert sein. Doch trotz Versicherungspflicht steigt die Zahl der Menschen in Deutschland, die nicht krankenversichert sind immer weiter an. Gab es im Jahr 2015 noch rund 79.000 Betroffene, waren es 2019 schon 143.000, fast doppelt so viele. Die Zahl der Krankenversicherten liegt bei 78,94 Millionen Personen.
Männer sind deutlich häufiger nicht krankenversichert als Frauen. Besonders groß ist die Gruppe der Menschen ohne Krankenversicherung unter den 20- bis 40-jährigen. Diese Zahlen gehen aus dem Mikrozensus 2019 hervor, den das Statistische Bundesamt Ende Juli 2020 veröffentlicht hat. Der Mikrozensus ist eine jährlich stattfindende, repräsentative Befragung von Haushalten in Deutschland. Die Daten zur Krankenversicherung werden alle vier Jahre erhoben.
Gründe für den fehlenden Krankenversicherungsschutz
Experten schätzen, dass vor allem Selbstständige, Arbeitssuchende und Obdachlose durch das Raster der Krankenversicherung fallen. Über die genauen Gründe ist wenig bekannt. Denn wer seine Krankenkassenbeiträge nicht begleichen kann, verliert nicht gleich den Versicherungsschutz. Die Kassen bemühen sich, für säumige Zahler individuelle Lösungen zu finden. Bei Zahlungsrückstand gilt allerdings ein eingeschränkter Leistungsumfang. Die Krankenversicherung übernimmt dann zum Beispiel nur Behandlungen akuter Krankheiten und Schmerzen oder Notfallbehandlungen nach Unfällen.
Die Verbraucherzentrale Hamburg schätzt, dass die relativ hohen Kosten der Krankenversicherung viele Menschen mit geringerem Einkommen abschrecken. Selbstständige können sich zwar ab etwa 160 Euro im Monat freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse versichern. Doch zu diesem Betrag kommen noch die Beiträge zur Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung hinzu. In der privaten Krankenversicherung zählt derweil nicht das Einkommen, sondern nur das Alter und der Gesundheitszustand. Vor allem ältere Versicherte kommen häufig in Schwierigkeiten, wenn ihre Beiträge im Laufe der Jahre immer weiter steigen.
Rückkehr in die Krankenversicherung ist oft teuer
Die Rückkehr in eine Krankenversicherung ist für Nicht-Versicherte teuer. Bei Rückkehr in die gesetzliche Krankenkasse müssen die entfallenen Beiträge nachgezahlt werden, inklusive Verzugszinsen und Säumniszuschläge. Dabei wird nicht immer der volle Betrag fällig: Für jeden Monat zwischen dem Beginn der Versicherungspflicht und der Anmeldung zahlen Betroffene einen ermäßigten Beitrag von unter 50 Euro. Hinzu kommen die Kosten für die Pflegeversicherung. Diese Konditionen gelten, wenn der Zeitraum ohne Versicherung mehr als drei Monate umfasst, keine Leistungen der Krankenkasse in Anspruch genommen wurden oder die Betroffenen die Kosten für Leistungen zurückzahlen.
Wer freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse versichert ist, muss den vollen Betrag nachzahlen. Lediglich der Säumniszuschlag wird ermäßigt. Nach vier Jahren verjähren die Beitragsschulden in der gesetzlichen Versicherung, außer bei vorsätzlichem Vorenthalten. Der volle Versicherungsschutz tritt erst wieder in Kraft, wenn die säumigen Beiträge erstattet sind. Privatversicherte mit Beitragsrückständen können in den Notlagentarif eintreten. Der bietet allerdings nur beschränkte Leistungen.
Europäische Krankenversicherung als Lösung für Alle ohne Krankenversicherung
Menschen, die keine Krankenversicherung haben, können sich alternativ zur klassischen Krankenversicherung über die „Europäische Krankenversicherung“ absichern. Diese wurde speziell für Menschen geschaffen, die keine Krankenversicherung haben. Im Krankheitsfall soll die EUKV einen ersten Versicherungsschutz bieten und gleichzeitig vor finanziellen Schwierigkeiten durch hohe Arztkosten schützen. Die Europäische Krankenversicherung stellt eine kostengünstige Alternative zur PKV oder GKV dar, denn bei Vertragsabschluss kann der Leistungsumfang individuell festgelegt werden.
SPD und Linke fordern Finanzierungsfonds für Menschen ohne Krankenversicherung
Obwohl es Möglichkeiten zur Rückkehr in die Krankenversicherung gibt, sind die Hürden für viele Betroffene hoch. Ein Anspruch, die säumigen Beiträge in Raten zu begleichen, besteht nicht. Einige Kassen lassen sich bestenfalls für einen Zeitraum von sechs Monaten auf Ratenzahlungen ein. Die Linke-Sozialpolitikerin Sabine Zimmermann und die SPD-Fraktion im Bundestag fordern daher die Einrichtung eines Fonds, über den die Behandlung von Menschen ohne Krankenversicherung finanziert werden soll. Zimmermann fordert weiterhin, Selbstständige mit geringen Einkünften bei den Beitragszahlungen stärker zu entlasten. SPD-Fraktionsvize Bärbel Bas regt zudem eine bundesweite Clearing-Stelle an, bei der Betroffene ihren Versicherungsstatus klären können.