
Sind Poolärzte, die freiwillig am Bereitschaftsdienst teilnehmen, als selbstständig oder als angestellt und damit sozialversicherungspflichtig anzusehen? An dieser Frage hatten sich heftige Diskussionen entzündet. Der Deutsche Rentenversicherung Bund und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen haben nun eine Einigung erzielt und den Streit um den Status von Poolärzten beigelegt. Erfüllt der Dienst bestimmte Voraussetzungen, gelten sie als selbstständig.
Diskussion um die Sozialversicherungspflicht
Bei Poolärzten handelt es sich um Mediziner, die freiwillig und ohne Verpflichtung am ambulanten Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen teilnehmen. Dazu gehören etwa Ärzte im Ruhestand sowie Privat- oder Klinikärzte. Für den Bereitschaftsdienst stellen sie eine wichtige Entlastung dar. Um ihren sozialversicherungsrechtlichen Status gab es allerdings seit rund einem Jahr Streit. Im Oktober 2023 entschied das Bundessozialgericht (BSG) im Falle eines Poolarztes aus Baden-Württemberg, dass seine Bereitschaftstätigkeit als abhängige Beschäftigung anzusehen sei (24.10.2023, Az. B 12 R 9/21 R). Als abhängige Beschäftigte wären Poolärzte sozialversicherungspflichtig. Mit diesem Urteil stimmte das BSG der Auffassung der Deutschen Rentenversicherung zu.
Das BSG-Urteil hatte schwerwiegende Folgen: Zahlreiche Kassenärztliche Vereinigungen suspendierten die freiwillig tätigen Mediziner vom Bereitschaftsdienst. Die übrigen Kassenärzte wurden dadurch zu Sonderschichten verpflichtet. In Baden-Württemberg mussten gar Notfallpraxen geschlossen werden. Zugleich ließen die Kassenärztlichen Vereinigungen die Ausgestaltung des Bereitschaftsdienstes von ihren Hausjuristen betrachten.
Selbstständig unter bestimmten Voraussetzungen
Aus der Ärzteschaft wuchs derweil der Druck, eine Ausnahmeregelung für Vertragsärzte im ambulanten Bereitschaftsdienst zu schaffen, analog zur Tätigkeit für Notärzten im öffentlichen Rettungsdienst. Unter Vermittlung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales haben der Deutsche Rentenversicherung Bund und der GKV-Spitzenverband nun eine Einigung für Pool- und Vertragsärzte im Bereitschaftsdienst gefunden. Sie gelten demnach als selbstständig, wenn ihr Dienst bestimmte Voraussetzungen erfüllt:
- Die tatsächlich erbrachten Leistungen werden mit der eigenen Abrechnungsnummer der Ärzte abgerechnet.
- Nutzen die Ärzte die Einrichtungen der Kassenärztlichen Vereinigungen, etwa Praxen, Material, Fahrzeuge und Personal, ist ein angemessenes Nutzungsentgelt zu entrichten. Das gilt auch dann, wenn keine oder nur wenige Versicherte behandelt werden.
- Die Ärzte können sich durch qualifizierte, selbst gewählte Kollegen vertreten lassen.
Wirtschaftliches Risiko wird auf Ärzte übertragen
Diese Regelungen übertragen das wirtschaftliche Risiko des Bereitschaftsdienstes auf die Ärzte. Im Gegenzug sollen sie eine Sicherstellungspauschale von den Kassenärztlichen Vereinigungen erhalten. Diese wird im Voraus und für einen bestimmten Zeitraum für die Bereitschaft eines Vertragsarztes gezahlt, unabhängig von der Vergütung für konkret geleistete Dienste. Das soll vor allem Ärzten in Gebieten zugutekommen, in denen der Bereitschaftsdienst nur selten in Anspruch genommen wird.
Die getroffene Vereinbarung gilt für den vertragsärztlichen Notdienst in Zukunft, aber auch rückwirkend für die Vergangenheit. Das bedeutet: Waren Poolärzte in der Vergangenheit in anderen als den beschriebenen Fallkonstellationen tätig, können sie immer noch als sozialversicherungspflichtig eingestuft werden.